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  • · Nachricht · Veräußerungsgewinn für das Arbeitszimmer

    BFH setzt der Verwaltung Grenzen für die Annahme privater Veräußerungsgeschäfte

    von Dr. Stephan Peters, Warendorf

    Die Einrichtung eines steuerlich anerkannten Arbeitszimmers führt bei dem Verkauf der selbst bewohnten Eigentumswohnung nicht zur Annahme eines privaten Veräußerungsgeschäfts.

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin erzielte als Lehrerin Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit. Im Jahr 2012 erwarb die Klägerin eine Eigentumswohnung. In ihrer Eigentumswohnung hatte die Klägerin ein häusliches Arbeitszimmer. Die für das Arbeitszimmer geltend gemachten Aufwendungen erkannte das Finanzamt stets mit dem Höchstbetrag i. H. v. 1.250 EUR an. Im Juli 2017 veräußerte die Klägerin die Eigentumswohnung einen anteilig auf die Grundfläche des Arbeitszimmers entfallenden Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften i. H. v. rund 10.000 EUR. Das Finanzamt unterwarf den auf das Arbeitszimmer entfallenden Veräußerungsgewinn der Einkommensteuer. Nachdem der Einspruch keinen Erfolg hatte, klagte die Klägerin erfolgreich vor dem Finanzgericht. Das Gericht verwies zur Begründung auf die Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Danach sind Veräußerungsgeschäfte von Wirtschaftsgütern insbesondere dann von der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft ausgenommen, wenn sie im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.

     

    Gegen diese Entscheidung legte das Finanzamt Revision ein.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Revision blieb ohne Erfolg. Gemäß § 22 Nr. 2 EStG zählen zu den sonstigen Einkünften zwar auch die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG. Dazu zählen grundsätzlich auch Gewinne aus der Veräußerung von Grundstücken, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Zu Recht habe das Finanzgericht jedoch im vorliegenden Fall erkannt, dass der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG greift.

     

    Hintergrund

    Der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG kennt zwei Alternativen, in denen Veräußerungsgeschäfte i. S. d. Nr. 1 ausnahmsweise kein privates Veräußerungsgeschäft begründen.

     

    1. Alternative: Das veräußerte Wirtschaftsgut wurde im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

     

    2. Alternative: Das Wirtschaftsgut wurde im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

     

    Vor dem Hintergrund dieser Ausnahmeregelungen folgten die Richter beim Bundesfinanzhof der Einschätzung des Finanzgerichts. Weil das häusliche Arbeitszimmer in der im Übrigen selbst bewohnten Eigentumswohnung befand, liegt auch bzgl. dieses Arbeitszimmer eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ vor. Anhaltspunkte, wonach ein häusliches Arbeitszimmer von der Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausgenommen werden sollte, seien nicht ersichtlich, so die Richter beim Bundesfinanzhof. Im Ergebnis konnte sich die Klägerin daher vollumfänglich auf die Freistellungsregelung berufen.

     

    Beachten Sie | Um in den Genuss der Freistellungsregelung zu gelangen muss das veräußerte Objekt zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sein. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht der Fall, wenn die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlassen wird, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen (BStBl II 2017, 1192). Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass der Steuerpflichtige das Gebäude selbst nutzt. Die gemeinsame Nutzung mit Familienangehörigen oder einem Dritten ist unschädlich. Begünstigt sind auch Wohnungen, die nur zeitweilig vom Steuerpflichtigen bewohnt werden. Voraussetzung ist dann allerdings, dass die Wohnung dem Steuerpflichtigen auch in der nicht genutzten Zeit zur Verfügung steht. Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden, sind daher ebenfalls begünstigt.

     

    Zeichnet sich ein entsprechender zeitlicher Vorlauf ab, kann die Steuerbefreiung auch als gestalterisches Ziel formuliert werden. Dabei ist zu beachten, dass der zeitliche Umfang der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ nicht als strenge Frist zu verstehen ist.

     

    • Beispiel

    A erwirbt im Jahr 2015 eine Eigentumswohnung, die er anschließend vermietet. Das Mietverhältnis endet im Dezember 2019. Im Januar 2021 veräußert A die Wohnung. Von Dezember 2019 bis Januar 2021, also für einen Zeitraum von maximal 14 Monaten, hat A die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

     

    Dieser Zeitraum reicht aus, um die Freistellung in Anspruch nehmen zu können. A hat die Wohnung im Jahr der Veräußerung (Jahr 2021) und in den beiden vorangegangenen Jahren (2020 und 2019) zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Dies ist ausreichend (BMF-Schreiben, BStBl I 2000 Satz 1383). Voraussetzung ist nicht, dass die Wohnung für ein ganzes Jahr zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.

     

    FAZIT | Mit seiner Entscheidung hat der Bundesfinanzhof der bisherigen Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung einen Riegel vorgeschoben. Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesfinanzministerium auf die nun veröffentlichte Entscheidung reagieren wird. In offenen Fällen sollte die Möglichkeit eines Einspruchs geprüft werden.

     

    Fundstelle

     

    Hinweis | Dieser Beitrag wurde vom Autor nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst, sondern gibt ausschließlich die persönliche Auffassung des Autors wieder.

    Quelle: ID 47541855

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