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  • · Fachbeitrag · Immobilienverkauf

    Steuer-1 × 1 zum privaten Veräußerungsgeschäft

    | Die Sachbearbeiter in den Finanzämtern und Betriebsprüfer widmen sich beim Verkauf von privaten Immobilien mit Vorliebe der Frage, ob ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinn von § 23 EStG vorliegt. Auf der Seite der Steuerberatung stellt sich wiederum die Frage, mit welchen Argumenten man die Besteuerung des Gewinns aus dem Immobilienverkauf abwenden kann bzw. mit welchen Überlegungen ein privates Veräußerungsgeschäft bereits vor dem Verkauf vermieden werden kann. |

     

    Grundsätze zum privaten Veräußerungsgeschäft bei Immobilienverkäufen

    Ein privates Veräußerungsgeschäft beim Verkauf einer im Privatvermögen gehaltenen Immobilie liegt nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG dann vor, wenn der Zeitraum zwischen Kauf und Verkauf der Immobilie weniger als zehn Jahre beträgt.

     

    Ausnahme: Der Gewinn aus dem Immobilienverkauf innerhalb des Zehnjahreszeitraums muss nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG nicht versteuert werden, wenn die Immobilie

     

    • im Zeitraum zwischen Kauf bzw. Fertigstellung und Verkauf ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken des Eigentümers genutzt wird oder
    • wenn die Immobilie im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren durch den Eigentümer zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.

     

    PRAXISTIPP | Wann eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken angenommen werden kann und wann die Ausnahmeregelung nicht greift, kann einem ausführlichen Schreiben des BMF aus dem Jahr 2000 entnommen werden, das in seinen Grundzügen noch gültig ist (BMF 5.10.00, IV C 3 ‒ S 2256 ‒ 263/00).

     

    Unschädliche Zwischenvermietung

    Wird eine Immobilie verkauft, die bislang ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde und wird die Immobilie kurz vor dem Verkauf innerhalb des Zehnjahreszeitraums noch zu eigenen Wohnzwecken genutzt, darf das FA den Gewinn aus dem Immobilienverkauf nicht besteuern, so ein BFH-Urteil vom 3.8.2019 (IX R 10/19). Die Richter gingen sogar noch einen Schritt weiter und stellten klar, dass es für die Ausnahmeregelung zum privaten Veräußerungsgeschäft ausreicht, wenn folgende Konstellationen nachgewiesen werden können:

     

    • Im Jahr des Verkaufs: Es genügt, wenn die Immobilie im Jahr des Verkaufs an einem Tag zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.
    • Im Jahr vor dem Verkauf: Hier muss nachgewiesen werden, dass die Immobilie das ganze Jahr durchgehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.
    • Im zweiten Jahr vor dem Verkauf: In diesem Jahr reicht wiederum die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken an einem einzigen Tag im Jahr aus.

     

    PRAXISTIPP | Die Finanzverwaltung hat dieses steuerzahlerfreundliche Urteil grundsätzlich anerkannt (BMF 17.6.2020, IV C 1 ‒ S 2256/08/10006:006). Doch in der Praxis dürfte der Nachweis der Eigennutzung der verkauften Immobilie im Jahr des Verkaufs und im zweiten Jahr vor dem Verkauf problematisch sein, wenn die Immobilie in diesen Jahren tatsächlich nur an einem einzigen Tag zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Hier ist für Nachweise zu sorgen. Denkbar ist die Meldebestätigung der Gemeinde oder eine Bestätigung von bisherigen oder neuen Mietern, wann diese eingezogen sind.

     

    Ausnahmeregelung: Leerstand im Dreijahreszeitraum

    Wie bereits erwähnt muss der Sachbearbeiter oder Prüfer im FA das steuerzahlerfreundliche Urteil des BFH vom 3.9.2019 anerkennen, wenn Sie die geforderte Eigennutzung im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren nachweisen können.

     

    Doch was passiert, wenn die Immobilie im Jahr vor dem Verkauf nicht durchgehend vom 1.1. bis zum 31.12. des Jahres zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, sondern vorübergehend leer steht?

     

    Die Antwort auf diese Frage findet sich im BMF-Schreiben vom 17.6.2020. In diesem Fall kippt die Ausnahmeregelung und der Veräußerungsgewinn muss im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts versteuert werden.

     

    • Beispiel

    Ein Immobilieneigentümer möchte im Oktober 2020 eine Immobilie verkaufen, die er im Jahr 2017 gekauft hat. Der voraussichtliche Verkaufsgewinn beträgt 140.000 EUR. Die Immobilie wurde bis März 2018 zu eigenen Wohnzwecken genutzt und bis Ende des Jahres vermietet. Nach Auszug der Mieter stand die Immobilie in den Monaten Januar bis Februar 2019 leer und wurde danach vom Eigentümer bis Ende September 2020 zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

     

    Folge: Im Jahr des Verkaufs und im zweiten Jahr vor dem Verkauf sind die Voraussetzungen für die Eigennutzung erfüllt. Im Jahr vor dem Verkauf wurde die Immobilie jedoch nicht das ganze Jahr über zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Das Finanzamt besteuert damit den Veräußerungsgewinn i. H. v. 140.000 EUR.

     

    Veräußerungsgewinn für häusliches Arbeitszimmer steuerpflichtig?

    Veräußert ein Eigentümer sein Eigenheim innerhalb des Zehnjahreszeitraums seit dem Kauf, das er seit dem ersten Tag zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat, kann es passieren, dass das FA einen Teil seines Veräußerungsgewinns dennoch besteuern möchte.

     

    Das liegt daran, dass das Finanzamt bei Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken verneint und deshalb den auf das Arbeitszimmer entfallenden Veräußerungsgewinn nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG besteuert. Das steht schwarz auf weiß im BMF-Schreiben vom 5.10.2000 in Rz. 21.

     

    Diese arg fiskalische Auffassung greift übrigens nicht nur, wenn ein Arbeitnehmer für sein häusliches Arbeitszimmer im Eigenheim Werbungskosten abziehen darf, sondern auch dann, wenn der Werbungskostenabzug wegen der Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b in Verbindung mit § 9 EStG ausgeschlossen ist.

     

    PRAXISTIPP | In dieser Angelegenheit ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. In einem Revisionsverfahren hat der BFH zu klären, ob diese Verwaltungsauffassung rechtens ist (BFH, IX R 27/19 anhängig). Gegen nachteilige Einkommensteuerbescheide helfen vorerst nur ein Einspruch und ein Antrag auf Ruhen des Einspruchsverfahrens nach § 363 Abs. 2 AO.

     

    Eigennutzung auch bei unentgeltlicher Überlassung?

    Überlässt ein Eigentümer seine Immobilie unentgeltlich einem Kind, für das er Anspruch auf Kindergeld oder den Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG hat, gilt diese unentgeltliche Überlassung wie eine Nutzung der Immobilie zu eigenen Wohnzwecken (BMF 5.10.00, IV C 3 ‒ S 2256 ‒ 263/00, Rz. 23).

     

    Die unentgeltliche Überlassung an andere ‒ auch unterhaltsberechtigte ‒ Angehörige stellte dagegen keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar.

     

    • Beispiel

    Die Eltern erwerben am auswärtigen Studienort eines Kindes mit Kindergeldanspruch eine Studentenbude, die nach dem Studium ‒ also innerhalb des Zehnjahreszeitraums ‒ wieder veräußert werden soll. Sie fragen sich, ob sie die Immobilie dem Kind vermieten und die Vermietungsverluste steuersparend geltend machen sollen oder ob die Immobilie unentgeltlich überlassen werden soll.

     

    Fazit: Angesichts der unterstellten Eigennutzung der Immobilie während des Studiums sollte die Immobilie besser unentgeltlich überlassen werden, weil in diesem Fall die Gewinne aus dem geplanten Immobilienverkauf steuerfrei vereinnahmt werden können.

     

    Beachten Sie | Überlässt ein Immobilieneigentümer einem Kind, für das er noch Kindergeld erhält, eine Immobilie unentgeltlich und in dieser Immobilie lebt auch der andere Elternteil (nach Scheidung oder Trennung), sieht das FA darin keine Eigennutzung im Sinn von § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. In diesem Fall steht die unentgeltliche Überlassung an den anderen Elternteil im Vordergrund.

     

    Trennung von Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartnern

    Überlässt ein Ehegatte bzw. ein Lebenspartner im Rahmen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft dem anderen Ehegatten bzw. Lebenspartner nach der Trennung seinen hälftigen Anteil an der gemeinsamen Immobilie, so liegt hinsichtlich des unentgeltlich überlassenen Anteils grundsätzlich keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor.

     

    Fußstapfentheorie bei Schenkung oder Erbschaft

    Erbt ein Steuerzahler eine Immobilie oder bekommt er eine Immobilie geschenkt und möchte diese innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf veräußern, gilt die sogenannte Fußstapfentheorie.

     

    Das bedeutet im Klartext: Bei unentgeltlicher Übertragung einer Immobilie wird die Eigennutzung des Rechtsgängers dem Rechtsnachfolger als solche zugerechnet (BMF 5.10.00, IV C 3 ‒ S 2256 ‒ 263/00, Rz. 26).

     

    Beachten Sie | Sollte die Immobilie vor der Erbschaft bzw. Schenkung durch den Erben bzw. Beschenkten unentgeltlich oder entgeltlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sein, sind diese Zeiten im Sinn von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG als Fremdnutzung zu werten.

     

    Fundstellen

    • BMF 17.6.20, IV C 1 - S 2256/08/10006:006, Abruf-Nr. 217220
    Quelle: Ausgabe 09 / 2020 | Seite 656 | ID 46757220

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