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  • · Fachbeitrag · § 4 EStG

    Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes zur Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags

    Der zur Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags nicht abziehbarer Schuldzinsen (§ 4 Abs. 4a EStG) anzuwendende typisierte Zinssatz von 6 % der Überentnahmen des Wirtschaftsjahres begegnet auch im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG (Beschluss 8.7.21, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) zur Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Vollverzinsung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, so das FG Düsseldorf.

     

    Entscheidungsgründe

    Das FG Düsseldorf hält den gesetzlich typisierten Zinssatz des § 4 Abs. 4a EStG für zutreffend und verfassungsrechtlich unbedenklich. § 4 Abs. 4a EStG bezweckt, die nicht zum Betriebsausgabeabzug zugelassenen Zinsaufwendungen in pauschalierter Art und Weise festzustellen. Die Typisierung dient einem Vereinfachungszweck, welcher die in der Abkehr vom Individualmaßstab liegende Gleichbehandlung von Ungleichem (namentlich infolge der je nach genauem Entnahmezeitpunkt verschiedenen Finanzierungslaufzeit) vor Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigt. Insbesondere erspart sie dem Steuerpflichtigen wie der Verwaltung eine genaue umfangmäßige und zeitanteilige Zuordnung der angefallenen Zinslasten, die sich letztlich nur bei einer liquiditätsbezogenen Betrachtungsweise leisten ließe. Die Typisierung erweist sich als technische Bedingung der praktikableren kapitalbezogenen Sichtweise.

     

    Das BVerfG hat mit Beschluss vom 8.7.2021 (1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, BGBl 21, 4303) über die Verfassungsbeschwerden betreffend die Vollverzinsung nach den §§ 233a, 238 Abs. 1 AO entschieden, Typisierung bedeute, bestimmte in wesentlichen Elementen gleichgeartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen.

     

    Der Gesetzgeber dürfe sich dabei grundsätzlich am Regelfall orientieren und Besonderheiten, die tatsächlich durchaus bekannt sind, generalisierend vernachlässigen. Er könne auch bei der Auswahl des Zinsgegenstands und der Bemessung des Zinssatzes typisierende Regelungen treffen und sich dabei in erheblichem Umfang von Praktikabilitätserwägungen mit dem Ziel der Einfachheit der Zinsfestsetzung und -erhebung leiten lassen. Das muss umso mehr gelten, als es sich bei den streitgegenständlichen Zinsen nicht um eine Zusatzleistung über die ohnehin schon zu entrichtende Steuer handelt, sondern um eine pauschalierende Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen. Aus der außerbilanziellen Hinzurechnung muss sich noch nicht einmal eine Abgabenlast ergeben.

     

    Die vor dem Hintergrund der Entscheidung des BVerfG vom 8.7.2021 geäußerte Kritik einer mit 6 % übermäßigen Verzinsung der Überentnahmen hält das FG für ungerechtfertigt, weil der Nachteil durch einen entsprechenden Vorteil ‒ gleiche Behandlung von Einlagen und Gewinnen ‒ bei pauschalierender Betrachtung aufgehoben wird. Zudem hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit einer abweichenden, die Verzinsung vermeidenden Gestaltung, d. h. er hat die Wahl, ob er Überentnahmen tätigt und damit den Zins- und Hinzurechnungstatbestand bewusst eintreten lassen will. Der Zinssatz führt zudem jedenfalls dann zu durchaus angemessenen Ergebnissen, wenn die Überentnahme sehr früh im Jahr erfolgt ‒ jedenfalls vor dem Hintergrund der bezweckten Pauschalierung und im Hinblick auf den Vereinfachungseffekt.

     

    Soweit die generell als noch vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umfasste Typisierung im extrem gelagerten Einzelfall jedoch zu grob sachwidrigen Ergebnissen führt, können ggf. Billigkeitsmaßnahmen in Betracht kommen.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 49431826

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