· Fachbeitrag · § 3 EStG
Steuerfreiheit der Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen
| Die Beitragserstattungen der Deutschen Rentenversicherung Bund i. S. d. § 210 SGB VI sind als „andere Leistungen“ steuerbare Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG . Sie können deshalb nicht zugleich „negative Sonderausgaben“ sein. Sie sind jedoch gemäß § 3 Nr. 3 Buchst. b EStG steuerfrei. |
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige hatte als Arbeitnehmerin in den Jahren 2010, 2011 und 2013 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet. Auf ihren Antrag hin erstattete die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) mit Bescheid vom 24.3.2017 gemäß § 210 Abs. 1a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) Beiträge i. H. v. 2.781,26 EUR. Die Erstattung überstieg ihre geleisteten Arbeitnehmerbeiträge um rund 17 EUR.
Das FA minderte die Altersvorsorgeaufwendungen der Steuerpflichtigen um den Erstattungsbetrag.
Entscheidung
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der Klage statt und entschied, die Beitragserstattung sei steuerbar, aber nach § 3 Nr. 3 Buchst. b EStG steuerfrei. Entsprechend entschied auch der BFH im Revisionsverfahren.
Die Beitragserstattungen der DRV sind als Einnahmen i. S. d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG anzusehen. Es handelt sich um eine „andere Leistung aus den gesetzlichen Rentenversicherungen“, die hier von der DRV erbracht wird. Eine einmalige Kapitalleistung ist eine „andere Leistung“ i. S. d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, wenn sie Teil der Basisversorgung ist. Die streitgegenständlichen Beitragserstattungen gemäß § 210 Abs. 1a SGB VI stellen auch „andere Leistungen“ der DRV dar.
Folge der Qualifikation der Erstattungen nach § 210 Abs. 1a Satz 1 SGB VI als „andere Leistungen“ gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ist die Steuerbarkeit dieser Zahlungen. Insbesondere zeigen die Änderungen in § 3 Nr. 3 EStG, dass der Gesetzgeber zumindest nunmehr von einer Steuerbarkeit ausgeht.
Die streitgegenständlichen Beitragserstattungen der DRV sind jedoch steuerfrei gemäß § 3 Nr. 3 Buchst. b EStG. Nach dieser Vorschrift sind u. a. die Erstattungen von zu Recht gezahlten Beiträgen an den Versicherten nach § 210 SGB VI steuerfrei. Diese werden, wie im Streitfall, nach Ablauf einer Wartefrist von 24 Kalendermonaten seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht ausgezahlt, wenn nicht erneut eine Versicherungspflicht eingetreten ist (§ 210 Abs. 2 SGB VI).
Das Jahressteuergesetz 2007 führte zu einer Neufassung der Steuerbefreiungsvorschrift und einer Präzisierung ihres Anwendungsbereichs. Der BFH sieht sich durch diese Gesetzesänderung zudem in seiner Auffassung bestärkt, dass die Erstattung der Rentenversicherungsbeiträge gemäß § 210 Abs. 1a SGB VI als steuerbare Einnahmen zu qualifizieren sind. Da sich die Steuerfreistellung gemäß § 3 Nr. 3 Buchst. b EStG ausdrücklich auch auf Erstattungen nach § 210 SGB VI bezieht, liefe sie leer, wenn man diese nicht als steuerbar ansähe. Ein solches Leerlaufen einer Vorschrift gilt es in der Regel zu verhindern.
Da eine Beitragserstattung gemäß § 210 Abs. 1a Satz 1 SGB VI vorliegt, sind die Zahlungen der DRV an die Steuerpflichtige im Streitjahr gemäß § 3 Nr. 3 Buchst. b EStG steuerfrei, und zwar in Höhe der insgesamt von der DRV ausgezahlten Beträge. Zwar ist die Erstattung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Rentenversicherung der Höhe nach gemäß § 210 Abs. 1a, Abs. 3 Satz 1 SGB VI auf die geleisteten Arbeitnehmerbeiträge begrenzt. Doch geht der BFH in Bezug auf den übersteigenden Betrag von rund 17 EUR von einem bloßen Fehler aus, der der Gesamtzahlung nicht den Charakter der (steuerfreien) Beitragserstattung nimmt.
Eine Verrechnung der Beitragserstattungen mit den Altersvorsorgeaufwendungen der Steuerpflichtigen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG kommt nicht in Betracht. Denn die Beitragserstattungen sind keine „negativen Sonderausgaben“. Zur Klarstellung weist der BFH darauf hin, dass in der Steuerbarkeit der Beitragserstattung an den Versicherten nach § 210 SGB VI, die als Leistung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 1 EStG anzusehen ist, der grundlegende Unterschied zu den Beitragserstattungen anderer Sozialversicherungen liegt, etwa zu denen der gesetzlichen Krankenversicherungen. Deren Leistungen sind zwar gemäß § 3 Nr. 1a EStG ebenfalls steuerfrei, können aber keiner Einkunftsart zugeordnet werden, sodass sich dort die Frage nach dem Vorliegen „negativer Sonderausgaben“ durchaus stellen kann.
Fundstelle
- BFH 7.7.20, X R 35/18, iww.de/astw, Abruf-Nr. 219760