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  • · Fachbeitrag · § 23 EStG

    Zeitpunkt der Anschaffung eines Grundstücks

    | Verpflichtet sich in einem notariellen Grundstückskaufvertrag ein „Benenner“, innerhalb einer bestimmten Frist dem Veräußerer des Grundstücks Erwerber für Miteigentumsanteile an dem Grundstück zu benennen oder aber am Ende der Frist selbst Erwerber für alle Miteigentumsanteile zu werden, für die er noch keine Erwerber benannt hat, so ist keine Wollensbedingung, sondern eine aufschiebende Potestativbedingung vereinbart worden. Das Datum des notariellen Vertrags gilt als Datum der Anschaffung i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 für die Miteigentumsanteile, hinsichtlich derer sich der Benenner später selbst als Erwerber benannt hat oder hinsichtlich derer er bei Fristablauf Erwerber geworden ist. |

     

    Grundsatz

    Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nr. 2 EStG) sind gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u. a. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung sind grundsätzlich die Zeitpunkte maßgebend, in denen die obligatorischen Verträge abgeschlossen wurden.

     

    Entsprechend dem Normzweck, innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen, kann von einer Verwirklichung des Grundstückswerts nur gesprochen werden, wenn die Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist bindend abgegeben worden sind. Der Vertragsabschluss muss innerhalb der Veräußerungsfrist für beide Parteien bindend sein.

     

    Entscheidung

    Im Streitfall wurde die Steuerpflichtige nach dem Vertrag vom 21.9.2000 zwar automatisch zur Erwerberin. Es lag aber in ihrer Macht, einseitig ohne Mitwirkung des Verkäufers und der anderen Vertragsbeteiligten jemanden zu benennen und so ihre Erwerbspflicht nicht zum Entstehen gelangen zu lassen. Diese Möglichkeit endete erst mit der Erklärung vom 25.2.2001. Erst ab diesem Zeitpunkt ab dann konnte sie sich nicht mehr einseitig vom Vertrag lösen, sondern hätte die Zustimmung des Veräußerers und der übrigen Beteiligten gebraucht.

     

    Es handelte sich hierbei um eine sog. Potestativbedingung und damit grundsätzlich um eine mögliche Bedingung i. S. v. § 158 BGB. Bezüglich ihres künftigen Verhaltens ist die Vertragspartei hier zwar frei, die an ihr Verhalten geknüpfte Rechtsfolge tritt aber unabhängig davon ein, ob sie zu diesem Zeitpunkt noch gewollt ist oder nicht. Entscheidend ist, dass die Vertragspartei bei Abschluss des Rechtsgeschäfts ihre spätere Bindung für den Fall ihres künftigen Verhaltens gewollt hat.

     

    Bei einer Potestativbedingung ist zwar das Geschehen vom Willen einer Person, ggf. auch des Verpflichteten, abhängig, nicht aber die an das Geschehen geknüpfte Rechtswirkung, die zwingend und automatisch als Folge eines bestimmten Geschehens eintritt. Lediglich dann, wenn die Wirksamkeit vom Belieben des Verpflichteten abhängig sein soll (sog. Wollensbedingung), wird keine Bedingung i. S. v. § 158 BGB angenommen, weil in Wahrheit noch keine Rechtsbindung eingetreten ist. Dies gilt dann, wenn der Verpflichtete nach seinem Belieben frei erklären kann, ob das Geschäft gelten soll oder nicht. Hier will ein Vertragspartner überhaupt noch nicht gebunden sein. Es fehlt noch an der Geltungserklärung, die ein Rechtsgeschäft zustande kommen lässt. Eine reine Wollensbedingung ähnelt einer (bloßen) Option bzw. ist als solche auszulegen.

     

    Im Streitfall lag zwar eine Potestativbedingung, aber keine Wollensbedingung vor. Die Steuerpflichtige konnte zwar mit ihrem Verhalten auf das Geschehen Einfluss nehmen, die Rechtsfolgen (Käuferstellung, Kaufpreiszahlungspflicht) des Geschehens (Benennung bzw. Nichtbenennung bis Frist-ablauf) aber nicht mehr ändern. Insoweit hatte sie sich schon durch den ersten Vertrag wirksam gebunden, sodass es bereits am 21.9.2000 zu einer Anschaffung kam und nicht erst am 20.8.2001, sodass die Veräußerung des Objekts am 25.2.2011 außerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 EStG lag.

     

    Beachten Sie | Das FG hat die Revision zugelassen, da es klärungswürdig und klärungsbedürftig erscheint, ob auch Potestativbedingungen Bedingungen i. S. d. BFH-Rechtsprechung sind und in diesem Zusammenhang, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Benennungsrechte zu vertraglichen Bindungen und damit Anschaffungsgeschäften i. S. v. § 23 EStG führen.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 47018668

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