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  • · Fachbeitrag · § 10b EStG

    Spendenabzugs- und Rücktragsbeschränkung sind verfassungsgemäß

    | Die Abzugs- und Rücktragsbeschränkung für Zuwendungen wie Spenden und Mitgliedsbeiträge ist verfassungsgemäß, so entschied jetzt das FG Münster. |

     

    Sachverhalt

    Streitig war, ob ein festgestellter Zuwendungsvortrag auf die Vorjahre zurückgetragen oder auf die 20 %-Kappungsgrenze des § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verzichtet werden kann.

     

    Das FA stellte bei der verstorbenen Steuerpflichtigen, die vom Kläger beerbt worden war, den verbleibenden Zuwendungsvortrag nach § 10b Abs. 1 EStG auf den 31.12.2016 i. H. v. 38.055 EUR fest. Dieser errechnete sich wie folgt: Verbleibender Zuwendungsvortrag zum 31.12.2015 i. H. v. 37.625 EUR zzgl. in 2016 geleistete Zuwendungen nach § 10b EStG i. H. v. 10.390 EUR abzüglich für 2016 abgezogene Zuwendungen i. H. v. 9.960 EUR.

     

    Hiergegen legte die Steuerpflichtige Einspruch ein und beantragte, den verbleibenden Zuwendungsvortrag nicht vollständig auf 2017 vorzutragen, sondern diesen ‒ soweit die 20 %-Kappungsgrenze aus § 10b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG überschritten sei ‒ in entsprechender Anwendung von § 10d Abs. 1 und 2 EStG auf die Vorjahre 2006 ‒ 2002 bis zum endgültigen Verbrauch zurückzutragen und diese Bescheide entsprechend zu berichtigen.

     

    Entscheidung

    Das FG hat dies verneint und die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen ausdrücklich festgestellt. Der allgemeine Gleichheitssatz i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG bindet den Steuergesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, der gebietet, die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten. Dies gilt insbesondere im Einkommensteuerrecht, das auf die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Steuerpflichtigen hin angelegt ist.

     

    Bei der Auswahl des Steuergegenstands belässt der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber ebenso wie bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Steuerwürdigkeitsregelungen beruhen wesentlich auf politischen Wertungen, die nach dem GG der Legislative zustehen und von ihr im Wege der Gesetzgebung getroffen werden müssen. Die Entscheidung des Gesetzgebers ist aus diesem Grund nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf sachwidrigen, willkürlichen Erwägungen beruht.

     

    Bei den in § 10b EStG getroffenen Regularien hat der Gesetzgeber lediglich von seinem Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht und verschiedene Abzugstatbestände unterschiedlich ausgestaltet.

     

    Dass § 10b Abs. 1 EStG nicht jedem Einzelsachverhalt gerecht wird und damit auch nicht der vorliegenden Sachverhaltsbesonderheit, bei der die beim Rechtsvorgänger noch nicht als Sonderausgaben berücksichtigten Zuwendungen nach dessen Tod wegen fehlender Rücktragsmöglichkeit endgültig keine Berücksichtigung mehr finden können, widerspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

     

    Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl von Einzelfällen in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleichgeartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die tatsächlich durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden.

     

    Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Begünstigungen oder Belastungen können in einer gewissen Bandbreite zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung nach oben und unten pauschalierend bestimmt werden.

     

    Dass sich aufgrund des Todes der Erblasserin die Spendenbeträge i. H. v. 32.055 EUR nicht mehr auswirken können, führt zwar zum endgültigen Verlust der Abzugsmöglichkeit. Hierin liegt eine Abweichung vom Regelfall, der es grundsätzlich ermöglicht, die Zuwendungsüberschüsse in die folgenden Veranlagungszeiträume vorzutragen.

     

    Das Motiv für die Änderung des § 10b Abs. 1 EStG im Jahre 2007 war jedoch ausweislich der Gesetzesbegründung die Vereinfachung und Anpassung an den Spendenabzug bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer, bei denen ein Zuwendungsrücktrag auch vor 2007 nicht möglich war. Dies zeigt, dass es dem Gesetzgeber hier in erster Linie um eine Verwaltungsvereinfachung ging, welche eine Typisierung und damit Außerachtlassung des streitgegenständlichen Sachverhalts zulässig erscheinen lässt.

     

    Seit 2007 folgt aus § 10b Abs. 1 Satz 9 EStG, dass abziehbare Zuwendungen, die die Höchstbeträge nach Satz 1 überschreiten oder die den um die Beträge nach § 10 Abs. 3 und 4, § 10c und § 10d EStG verminderten Gesamtbetrag der Einkünfte übersteigen, im Rahmen der Höchstbeträge in den folgenden Veranlagungszeiträumen als Sonderausgaben abzuziehen sind. Dies hatte das FA im Streitfall berücksichtigt, indem es ‒ entsprechend § 10d Abs. 4 EStG ‒ auf den 31.12.2016 einen verbleibenden Zuwendungsvortrag festgestellt hat. Der Wortlaut sieht einen Zuwendungsrücktrag hingegen eindeutig nicht vor.

     

    Das FG hat die Revision ausdrücklich nicht zugelassen. Das Urteil ist rechtskräftig.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 46969416

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