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  • · Fachbeitrag · § 73 AO

    Berücksichtigung der Übernahme von Körperschaftsteuer durch die Organgesellschaft

    | Die Aufwendungen der Organgesellschaft für die Haftung von Steuerschulden des Organträgers fallen nicht unter das Abzugsverbot des § 10 Nr. 2 KStG . Sie sind jedoch als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren. |

     

    Sachverhalt

    Zwischen der Organgesellschaft und der Organträgerin bestand bis zum 31.12.2000 eine körperschaftsteuerliche Organschaft. Im Jahr 2005 wurden die Geschäftsanteile der Organgesellschaft an andere Gesellschafter veräußert. Über das Vermögen der Organträgerin wurde im Jahr 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet.

     

    Das FA teilte der Organgesellschaft im Oktober 2009 mit, dass es sie für rückständige Körperschaftsteuer der Organträgerin nach § 73 AO in Anspruch nehmen wolle. Im Juni 2010 vereinbarten die Beteiligten eine tatsächliche Verständigung über die Haftung der Organgesellschaft für rückständige Körperschaftsteuer 1999 bis 2000 der Organgesellschaft i. L. Danach sollte die Haftung für die Körperschaftsteuer 1999 0 EUR betragen und rund 220.000 EUR für die Körperschaftsteuer 2000.

     

    Im Jahresabschluss zum 31.12.2009 bildete die Organgesellschaft im Hinblick auf die drohende Haftungsinanspruchnahme eine Rückstellung i. H. v. 220.000 EUR. Sie vertrat die Auffassung, sie könne die Haftungsschulden nach § 73 AO abziehen, denn es handele sich nicht um Steuern i. S. des § 10 Nr. 2 KStG.

     

    Das FA rechnete den zurückgestellten Betrag dagegen unter Hinweis auf § 10 Nr. 2 KStG außerbilanziell dem Gewinn der Organgesellschaft hinzu. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erstinstanzlich erfolglos.

     

    Entscheidung

    Die Revision war erfolglos. Aufwendungen einer Organgesellschaft aufgrund einer Haftungsinanspruchnahme für Körperschaftsteuerschulden des Organträgers nach § 73 AO fallen nach Auffassung des BFH zwar nicht unter das Abzugsverbot des § 10 Nr. 2 KStG. Eine Hinzurechnung ist aber nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG vorzunehmen.

     

    Erläuterung

    Von der außerbilanziellen Hinzurechnung nach § 10 Nr. 2 KStG werden Haftungsschulden nicht erfasst. Denn die AO unterscheidet sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrer Systematik zwischen Steueransprüchen (Steuerschulden) und Haftungsansprüchen (Haftungsschulden) als Verpflichtungen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO). Diese Differenzierung ist nach Meinung des BFH auch für die Auslegung von § 10 Nr. 2 KStG maßgebend.

     

    Die Aufwendungen waren dennoch außerbilanziell hinzuzurechnen, sodass die Entscheidung des FG im Ergebnis zutreffend war. Die mit der Rückstellung verbundene Gewinnminderung werde ‒ so der BFH ‒ neutralisiert, weil dem Jahresergebnis der Klägerin der entsprechende Betrag außerbilanziell als vGA gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 KStG wieder hinzugerechnet werde. Der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags mit dem beherrschenden Gesellschafter ist nach Auffassung des BFH stets durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft würde die Gesellschaft nicht gegenüber einem gesellschaftsfremden Dritten verpflichten, ihren gesamten Gewinn an diesen abzuführen und zusätzlich das Risiko zu übernehmen, für dessen Steuerschulden zu haften (§ 73 AO). Die Eingehung einer solchen Verpflichtung durch die Organgesellschaft sei wirtschaftlich nur mit dem vorrangigen Konzerninteresse zu erklären. Sie sei folglich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Dem stehe auch nicht entgegen, dass das Organschaftsverhältnis zum Zeitpunkt des Eintritts der Vermögensminderung nicht mehr bestanden habe.

     

    Die Übernahme von Körperschaftsteuer durch die Organgesellschaft ist damit als vGA außerbilanziell hinzuzurechnen. Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.

     

    Eine Vermögensminderung tritt regelmäßig durch die Passivierung der Rückstellung für die drohende Haftungsinanspruchnahme ein, die sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Da ein (möglicher) gesamtschuldnerischer Ausgleichsanspruch der Klägerin gegen ihre Organträgerin gemäß § 426 BGB nicht werthaltig war, konnte offenbleiben, ob ein solcher Anspruch zu einer ‒steuerlich unbeachtlichen ‒ Rückgängigmachung einer bereits eingetretenen Vermögensminderung führt (ständige Rechtsprechung des BFH) oder eine Vermögensminderung von Anfang an unterbleibt, weil ein derartiger Ausgleichsanspruch als sog. Vorteilsausgleich anzusehen wäre.

     

    PRAXISTIPP | Die Entscheidung lässt folgende Schlussfolgerung zu: Aufwendungen, die die Organgesellschaft ausschließlich infolge des Gewinnabführungsvertrags übernimmt, sind durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Sie führen daher ‒ soweit die weiteren Voraussetzungen von § 8 Abs. 3 S. 2 KStG vorliegen ‒ zu einer vGA.

     

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 45893304

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