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  • · Fachbeitrag · Vollmacht

    Die Prozessvollmacht muss auch den gegnerischen Haftpflichtversicherer benennen

    | Eine Vollmacht die nur den Schädiger, aber nicht die Haftpflichtversicherung als Gegner aufführt, genügt im Prozess des Geschädigten gegen die Haftpflichtversicherung (ohne prozessuale Beteiligung des Schädigers) nicht. Hierauf wies das Amtsgericht Münster hin. |

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    In einer Verkehrsunfallsache verklagte der Geschädigte den gegnerischen Fahrzeughalter und dessen Kfz-Haftpflicht-VR. Die vorgelegte Prozessvollmacht seines Anwalts lautete auf „D ./. Z“. Keine der Parteien trägt jedoch den Namen Z oder firmiert darunter. Z war der Fahrer des gegnerischen Fahrzeugs zum Unfallzeitpunkt.

     

    Das Amtsgericht Münster stellte fest, dass die Klage bereits nicht wirksam erhoben wurde (23.1.20, 48 C 3675/19, Abruf-Nr. 216349). Es liegt keine ordnungsgemäße Vertretung des Klägers vor. Damit fehlt eine Prozesshandlungswirksamkeitsvoraussetzung. Aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Bevollmächtigung sind die Prozesshandlungen des Vertreters ex-tunc unwirksam. Damit ergreift der Mangel der Vollmacht bereits die Erhebung der Klage, sodass diese als unzulässig abzuweisen ist.

     

    Die von den als Bevollmächtigte des Klägers auftretenden vollmachtlosen Vertretern vorgelegte Vollmacht ist nicht geeignet, die Bevollmächtigung durch den Kläger nachzuweisen.

     

    • § 80 ZPO dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Er soll gerade auch dem Schutz vor einer unberechtigten Vertretung durch nicht ordnungsgemäß bevollmächtigte bzw. vor einer unberechtigten Inanspruchnahme durch nicht ordnungsgemäß Bevollmächtigte dienen. Daher ist er im Hinblick auf die an die Bestimmtheit der Vollmacht zu stellenden Anforderungen streng auszulegen. Bereits aus dem Umstand, dass die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten zu reichen ist (vgl. § 80 ZPO), lässt sich die Bedeutung der Vollmacht ableiten. Erforderlich ist, dass aus der Vollmacht selbst unzweifelhaft die Bevollmächtigung für das Verfahren hervorgeht. Daran fehlt es hier bereits deshalb, da die Beklagte in der Vollmachtsurkunde weder genannt wird, noch aus der Bezeichnung des Gegners hervorgeht, dass die Bevollmächtigung sich auf mehrere Gegner bezieht.

     

    • Soweit die als Bevollmächtigte des Klägers auftretenden vollmachtlosen Vertreter vortragen, dass Herr Z der Unfallverursacher und VN des Beklagten sei, kann die Richtigkeit dieser Behauptung dahinstehen. Auch wenn dieser Vortrag als zutreffend unterstellt wird, lässt sich daraus nicht ableiten, dass sich die Bevollmächtigung im Hinblick auf eine Inanspruchnahme des Beklagten erstreckt.

     

    • Die strengen Anforderungen an die Bestimmtheit der Vollmacht führen auch nicht zu einer Benachteiligung des Klägers. Sie sind in keiner Weise lediglich als „bloße Formalität“ anzusehen. Schließlich wird gerade das Interesse des Klägers geschützt, nicht von einem von ihm nicht Bevollmächtigten vertreten zu werden. Dies bewahrt den Kläger vor dem einem Prozess stets innewohnenden Kostenrisiko sowie materiell der Rechtskraft fähigen (für ihn nachteiligen) Entscheidungen über den Streitgegenstand. Demgegenüber sind die mit der Anforderung einer ordnungsgemäßen und bestimmten Vollmacht verbundenen Unannehmlichkeiten für den Kläger lediglich marginal. So hätte hier der Kläger ohne Weiteres eine weitere, nunmehr hinreichend bestimmte, Vollmacht vorlegen können, um sämtliche Zweifel an der Bevollmächtigung zu beseitigen. Indem dies hier unterbleibt, führt das Verhalten des Klägers bzw. der als Bevollmächtigte des Klägers auftretenden vollmachtlosen Vertreter natürlich erst recht dazu, dass Zweifel an einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung entstehen bzw. diese verstärkt werden.

     

    Relevanz für die Praxis

    Der VR wird sich freuen. Er hat es hier geschafft, die Klage auf einem Nebenkriegsschauplatz abzubügeln.

     

    Die Entscheidung lehrt daher, auch in vermeintlich unwichtigen Dingen wachsam und sorgfältig zu sein. Achten Sie darauf, Ihre Vollmachten entsprechend vollständig auszustellen. Da bei Mandatsannahme und Unterzeichnung der Vollmacht oft der gegnerische VR noch gar nicht bekannt ist, kann es schon helfen, die Formulierung „u. a. , gegnerischer VR“ in die Vollmacht aufzunehmen.

     

    Übersicht / Folgen der unwirksam erhobenen Klage

    Das sind die Folgen der unwirksam erhobenen Klage:

     

    • Für den Kläger sind damit keine nachteiligen Wirkungen mit dem Urteil verbunden. Die Entscheidung ist nicht der materiellen Rechtskraft fähig (§ 322 Abs. 1 ZPO). Daher kann der Kläger die Ansprüche jederzeit wieder gegen den Beklagten geltend machen.

     

    • Die Kosten des Rechtsstreits sind nicht dem Kläger, sondern seinem vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen. Wurde die Klage wegen des Vollmachtsmangels abgewiesen, sind die Kosten des Rechtsstreits nämlich abweichend von §§ 91 ff. ZPO demjenigen aufzuerlegen, der das Auftreten des vollmachtlosen Vertreters veranlasst hat. Dies ist hier der vollmachtlose Vertreter selbst, da er in Kenntnis des Vollmachtsmangels handelt. Das galt im vorliegenden Fall umso mehr, da er trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts keine ordnungsgemäße Vollmachtsurkunde zum Nachweis seiner Bevollmächtigung vorgelegt hatte.

     

    • Schließlich kann der Kläger von seinem Anwalt auch den weiteren Schaden ersetzt verlangen, der durch das vollmachtlose Auftreten entstanden ist (§§ 675, 611, 280 BGB). Ein klarer Regressfall also, der ohne größeren Aufwand vermeidbar war.
     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2020 | Seite 111 | ID 46463226