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  • · Gebäudeversicherung

    Regressanspruch des Gebäude-VR wegen fehlerhafter Montage einer Photovoltaikanlage

    Bild: © Twopictures - stock.adobe.com

    | Lässt sich nicht feststellen, dass der Bauunternehmer eine Photovoltaikanlage sach- und fachgerecht montiert hat, besteht ein Regressanspruch des Gebäude-VR. So entschied es das LG Köln. |

    1. Anlage wird bei Sturm vom Dach gerissen

    Auf dem Dach eines Betriebsgebäudes des VN war eine Photovoltaikanlage montiert. Bei einem Sturmtief wurde diese abgerissen, auf das Nachbargebäude geschleudert und zerstört. Der Gebäude-VR regulierte den Schaden. Die Kosten hierfür verlangt sie von dem Fachunternehmen erstattet, das die Anlage ursprünglich montiert hatte.

     

    Dazu behauptet sie insbesondere, dass die Anlage nicht sach- und fachgerecht montiert worden sei. Die Photovoltaikanlage sei nur mittels ihres Eigengewichts auf dem Dach aufgesetzt und mit dem Dach nicht mechanisch verbunden gewesen. Zur Fixierung der beidseitigen Modulfelder seien seitens des Herstellers zudem Ballastierungssteine vorgesehen. Die tatsächlichen Böengeschwindigkeiten zum Schadenzeitpunkt hätten unterhalb der Normböengeschwindigkeit für die Windzone 1 und der Geländekategorie Il gelegen.

    2. OLG sieht Pflichtverletzung bei der Montage

    Dieser Argumentation ist das LG Köln gefolgt (9‌.5‌.25‌, 18 O ‌254‌/‌23, Abruf-Nr. 250051). Es hat den Unternehmer verurteilt, 75.000 EUR Ersatz zu zahlen.

     

    ‌Nach der Urteilsbegründung steht dem VR der geltend gemachte Schadenersatz aus übergegangenem Recht zu. Der VN hat gegen den Beklagten einen Schadenersatzanspruch aus dem Werkvertrag über die Installation einer Photovoltaikanlage. Da der VN diesen Schaden ersetzt hat, ist dieser Anspruch des VN auf den VR als Gebäudeversicherer übergegangen (§ 86 VVG).

     

    Nach dem gesamten Inhalt der Verhandlungen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das LG zu dem Ergebnis gekommen, dass die fehlerhafte Montage der Photovoltaikanlage aufgrund gänzlich oder aber in Teilen fehlender Ballastierungssteine ursächlich für das Abheben und die Zerstörung der Anlage im Sturmtief gewesen ist.

     

    a) Es greift der Beweis des ersten Anscheins

    Dabei ist die Montagepflichtverletzung vorliegend bereits nach dem sogenannten Beweis des ersten Anscheins zulasten des Unternehmens zu vermuten. Dieser greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist. Anwendungsfälle des sogenannten Anscheinsbeweises im Werkvertragsrecht sind dabei nach der Rechtsprechung unter anderem objektive Pflichtverletzungen, auch Montagefehler.

     

    Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Beklagte die sach- und fachgerechte und damit auch die sturmsichere Errichtung der Photovoltaikanlage geschuldet. Der Umstand, dass die Photovoltaikanlage unstreitig im Sturm von dem Dach abgehoben wurde, spricht dafür, dass sie gerade nicht sturmsicher montiert wurde. Dies gilt zwar nicht, wenn ein außergewöhnliches Naturereignis vorliegt, dem auch ein fehlerfrei errichtetes oder sorgfältig unterhaltenes Werk nicht standhalten kann. Dies ist dagegen nur bei einem Orkan im Binnenland mit dort bisher nicht gemessenen Windstärken der Fall. Hierauf stützt sich der Beklagte auch nicht.

     

    b) Anscheinsbeweis muss erschüttert werden

    Sodann begründet das LG weiter, dass derjenige, zu dessen Lasten zunächst von einem Beweis des ersten Anscheins auszugehen ist ‒ hier der Beklagte ‒ sodann Tatsachen ausreichend nachvollziehbar substanziiert vortragen und ggf. nachweisen muss, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit für einen anderen als den typischen Hergang ergibt. Nur dann würden wieder die allgemeinen Beweisregeln (d. h. die volle Beweislast des Anspruchstellers, hier der Klägerin) eingreifen.

     

    Der Beklagte hat im vorliegenden Fall dagegen lediglich pauschal unter Berufung auf bundesweit bzw. sogar im Ausland ‒ nicht aber für den konkreten Schadensort ‒ gemessene Windböen des Sturmtiefs behauptet, dass diese mit Windstärke 12 und ggf. noch höher aufgetreten sein könnten. Zudem hat er das vom VR vorgelegte Windgutachten nicht ausreichend in Abrede gestellt, wonach es an dem konkreten Schadensort im maßgeblichen Zeitpunkt lediglich zu Böen mit einer maximalen Windgeschwindigkeit von 100 km/h, also 10 Bft. gekommen sei.

     

    Im Übrigen hat der Beklagte auch keine sach- und fachgerechte Befestigung der Photovoltaikanlage nachweisen können. Die Kammer hat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Inbegriff der mündlichen Verhandlung nicht feststellen können, dass der Beklagte sog. Ballastierungssteine in ausreichender Anzahl verwendet hat. Die Angaben des Beklagten in der persönlichen Anhörung als auch des von ihm benannten Zeugen stünden in Widerspruch zu den Angaben des vom VR vorgerichtlich hinzugezogenen Gutachters als Zeugen, der weiter angehörten Zeugen und den Ausführungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen. Danach sind insbesondere keinerlei ‒ obwohl zu erwarten gewesen ‒ Abdrücke von Ballastierungssteinen auf dem Hallendach wahrnehmbar gewesen.

     

    Der Beklagte habe daher den Anscheinsbeweis nicht widerlegen können.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beim Anwaltsregress des Rechtsschutz-VR gilt der Anscheinsbeweis nicht: VK 24, 213
    Quelle: Ausgabe 09 / 2025 | Seite 157 | ID 50509564