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  • · Fachbeitrag · Prozessrecht

    Pflegeversicherung: Für Klage auf Fortbestand eines Vertrags ist das Sozialgericht zuständig

    | Für die Feststellung des Fortbestands eines Versicherungsvertrags bezüglich der Pflegeversicherung (Tarif PVN) sind gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 2 SGG die Sozialgerichte zuständig. Auf diese wichtige prozessuale Frage wies das OLG Stuttgart hin. |

     

    Sachverhalt

    Der VN möchte mit seiner Klage den Fortbestand eines Kranken- und Pflegeversicherungsvertrags festgestellt wissen. Der VR hatte diesen aus wichtigem Grund wegen unerlaubter Handlung des VN gekündigt.

     

    Das LG hat einen Teil des Verfahrens abgetrennt. Dieser Teil betraf die Feststellung des Fortbestands des Versicherungsvertrags bezüglich der Pflegeversicherung (Tarif PVN). Das LG hat insoweit den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht verwiesen. Die sofortige Beschwerde des VN hiergegen blieb erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG Stuttgart entschied, dass für die vom VN begehrte Feststellung des Fortbestands des Versicherungsvertrags bezüglich der Pflegeversicherung (Tarif PVN) gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 2 SGG die Sozialgerichte zuständig sind (30.8.16, 7 W 37/16, Abruf-Nr. 188520).

     

    Relevanz für die Praxis

    Private Kranken- und Pflegeversicherungsverträge werden meist von den VR im Paket angeboten. Kommt es zum Streit, müssen sie gleichwohl einzeln betrachtet werden. Das gilt insbesondere für den Rechtsweg, wenn mit der Klage der Fortbestand des Versicherungsvertrags festgestellt werden soll.

     

    Mit der folgenden Musterformulierung können Sie die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit begründen. Inhaltlich stützt sie sich auf die Argumentation des OLG Stuttgart.

     

    Musterformulierung / Pflegeversicherung und Rechtsweg

    In Sachen ... / ...

     

    begründe ich die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit wie folgt:

     

    Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über Streitigkeiten, die in Angelegenheiten der sozialen und der privaten Pflegeversicherung nach dem SGB XI entstehen. Dies gilt ausdrücklich auch für privatrechtliche Streitigkeiten in diesen beiden Zweigen der Pflegeversicherung (§ 51 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 SGG). Um eine solche Streitigkeit handelt es sich vorliegend.

    Nach der Rechtsprechung des BSG (NZS 07, 34) ist mit Blick auf die Entstehungsgeschichte der Neuregelung des § 51 SGG von einer von den Sozialgerichten zu entscheidenden Rechtsstreitigkeit auszugehen, wenn es sich um Angelegenheiten nach dem SGB XI handelt. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob die Vorschriften, mit denen die streitige Rechtslage zu klären bzw. auszulegen sind, zumindest im Grundsatz im SGB XI geregelt sind. Dies kommt insbesondere auch darin zum Ausdruck, dass die Benennung der sozialen und privaten Pflegeversicherung sowohl in § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG als auch in Abs. 2 S. 2 dieser Vorschrift jeweils um den Klammerzusatz („Elftes Buch Sozialgesetzbuch“) ergänzt worden ist. Damit soll klargestellt werden, in welchem Umfang die Sozialgerichte zur Entscheidung berufen sein sollen (BSG, a.a.O.).

     

    • Angelegenheiten „nach dem SGB XI“ sind danach sowohl Angelegenheiten der sozialen als auch der privaten Pflegeversicherung. Beide Zweige der Pflegeversicherung sind im SGB XI gesetzlich durch öffentlich-rechtliche Vorschriften des Sozialrechts geregelt. Zwischen beiden besteht ein enger Zusammenhang in der Weise, dass sie auf einer Versicherungspflicht beruhen und die Leistungen der privaten Pflegeversicherung den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach Art und Umfang gleichwertig sein müssen (§ 23 Abs. 1 S. 2 SGB XI).

     

    • Die Rechtswegzuweisung des § 51 Abs. 1 S. 2 SGG bezieht sich auf den gesamten Bereich des Leistungs- und Leistungserbringungsrechts des SGB XI - aber immer nur insoweit, als dabei Vorschriften des SGB XI ausgelegt werden (BSG, a.a.O.; Wolff-Dellen in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, Rn. 64 zu § 51).

    Nach diesen Maßstäben handelt es sich vorliegend um eine Streitigkeit nach den Vorschriften des SGB XI. Ob und inwieweit der streitgegenständliche Versicherungsvertrag (auch) bezüglich des Tarifs PVN (Pflegeversicherung) außerordentlich gekündigt werden konnte, beurteilt sich maßgebend auf der Grundlage einer Auslegung der Vorschrift des § 110 Abs. 4 SGB XI und der damit im Zusammenhang zu sehenden Normen der §§ 22, 23 SGB XI. Insbesondere wird auch darüber zu befinden sein, ob eine außerordentliche Kündigung vorliegend deshalb möglich war, weil die gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 SGB XI bestehende Versicherungspflicht und der daraus resultierende Kontrahierungszwang aufgrund der (gleichzeitig) erfolgten außerordentlichen Kündigung des Krankenversicherungsvertrags entfallen war.

     

    Mithin handelt es sich um eine Streitigkeit, die die genannten Normen des SGB XI betrifft, für die der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg VK 14, 152). Dass neben den bezeichneten sozialrechtlichen Vorschriften gegebenenfalls auch privatrechtliche Normen (§ 314 BGB) zur Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung heranzuziehen sind, steht dem nicht entgegen.

     

    Die Musterformulierung greift zum einen in den Fällen, in denen Sie den VR vor der Zivilgerichtsbarkeit vertreten. Als VN-Vertreter müssen Sie entsprechend argumentieren, wenn sich das angerufene Sozialgericht für unzuständig hält. Diese Musterformulierung finden Sie auch zum Download auf der VK-Homepage vk.iww.de im Downloadbereich unter der Rubrik Personenversicherung -> Private Krankenversicherung.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2017 | Seite 20 | ID 44258277