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  • · Fachbeitrag · Gruppenunfallversicherung

    Hierauf muss bei der Änderung einer Begünstigung geachtet werden

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte

    Wird in einem Gruppenunfallversicherungsvertrag vereinbart, dass für den Fall des Unfalltods eines Mitarbeiters (versicherte Person) des Unternehmens (VN) die gesetzlichen Erben des Mitarbeiters bezugsberechtigt sind, soweit keine andere Bestimmung getroffen wurde, so muss eine Mitteilung der Änderung der Bezugsberechtigung gegenüber dem VR erfolgen. Eine bloße Anzeige gegenüber dem Unternehmen ist nur ausreichend, wenn vereinbart wurde, dass das Unternehmen Änderungen der Bezugsberechtigung mit Wirkung auch für den VR entgegennehmen kann (BGH 26.6.13, IV ZR 243/12, Abruf-Nr. 132412).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der VN, ein großer Arbeitgeber, hatte für seine Mitarbeiter eine Gruppenunfallversicherung abgeschlossen. Danach sollten im Todesfall die Erben 
bezugsberechtigt sein. Der Versicherte änderte auf einem Formular des 
Arbeitgebers die Bezugsberechtigung dahin, dass nunmehr seine Lebensgefährtin L begünstigt sein sollte. Das teilte er dem Arbeitgeber auf einem entsprechenden Formular mit, das zu den Personalakten genommen wurde. Nach dem Unfalltod des Versicherten widerriefen die Erben die Bezugsberechtigung und teilten dies dem VR mit. Der VR hinterlegte die Versicherungssumme, woraufhin L die Erben auf Freigabe verklagte.

     

    Damit hatten sie in der Berufungsinstanz Erfolg: Das OLG Schleswig entschied, dass die Erben sich treuwidrig verhalten würden, wenn sie sich auf eine formale Rechtslage beriefen. Aufgrund des wirksamen Schenkungsvertrags zwischen dem Erblasser und L seien die Erben, die gem. §§ 1922, 1967 BGB in diesen Vertrag eingetreten seien, zur Rückerstattung der Versicherungssumme an L verpflichtet. Der BGH hat dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

     

    • Im Streit zweier Forderungsprätendenten über die Auszahlung hinterlegten Geldes steht dem wirklichen Rechtsinhaber gegen den anderen Prätendenten ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Herausgabe zu, denn Letzterer hat auf Kosten des wahren Gläubigers rechtsgrundlos die Stellung eines Hinterlegungsbeteiligten erlangt (BGH VersR 08, 1054). Wer wirklicher Rechtsinhaber ist, entscheidet das materielle Recht.

     

    • Zutreffend geht das Berufungsgericht zunächst davon aus, dass bei Verfügungen unter Lebenden zugunsten Dritter auf den Todesfall zwischen dem Deckungsverhältnis - hier dem im Rahmen des Gruppenunfallversicherungsvertrags abgeschlossenen Vertrag zwischen dem Arbeitgeber des Erblassers und dem VR zugunsten des Erblassers als Versichertem mit der Möglichkeit der Einräumung eines Bezugsrechts für Dritte - und dem Zuwendungsverhältnis (Valutaverhältnis) zwischen dem Verfügenden und dem Begünstigten unterschieden werden muss. Beide Rechtsverhältnisse unterliegen allein dem Schuldrecht, erbrechtliche Bestimmungen finden insoweit keine Anwendung.

     

    • Hier ist davon auszugehen, dass der Erblasser der L die Bezugsberechtigung für den Todesfall im Deckungsverhältnis nicht wirksam eingeräumt hat. Die von einem Verstorbenen zu Lebzeiten begründete Bezugsberechtigung für die Todesfallleistung aus einer Lebensversicherung (oder hier einer Unfallversicherung, vgl. § 185 i.V.m. §§ 159 f. VVG) verschafft dem Begünstigten im Versicherungsfall eine im Deckungsverhältnis jedenfalls insoweit unentziehbare Rechtsstellung, als die Erben des VN bzw. hier des Versicherten die Bezugsberechtigung nicht mehr ändern oder widerrufen können. Dies ergibt sich für das widerrufliche Bezugsrecht aus der Regelung des § 159 Abs. 2 VVG. Voraussetzung hierfür ist eine wirksame Einräumung der Bezugsberechtigung durch den Berechtigten noch zu dessen Lebzeiten. Bei der Bestimmung der Bezugsberechtigung, ihrem Widerruf sowie ihrer Abänderung handelt es sich um einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen, die gemäß § 130 Abs. 1 BGB erst wirksam werden, wenn sie dem VR zugegangen sind. Eine Vereinbarung über das Bezugsrecht lediglich zwischen dem VN bzw. hier dem Erblasser als Versichertem sowie dem Bezugsberechtigten entfaltet nur schuldrechtliche Wirkungen im Valutaverhältnis, während im Deckungsverhältnis eine Vereinbarung zwischen VN oder Versichertem und VR erforderlich ist.

     

    • Hier wussten von dem geänderten Bezugsrecht bis zum Tod des Versicherten nur der Arbeitgeber und der VN, nicht jedoch der VR. Mit dem Tod ist das Bezugsrecht in das Vollrecht erstarkt, ein Widerruf deshalb ausgeschlossen. Die wirksame Begründung einer Bezugsberechtigung zugunsten der L im Deckungsverhältnis kommt allerdings auch ohne Benachrichtigung des VR dann in Betracht, wenn der VR und der VN vor Eintritt des Versicherungsfalls wirksam vereinbart haben, dass der VN ihm mitgeteilte Änderungen der Bezugsberechtigung mit Wirkung für den VR - sei es als Empfangsbote, sei es als Stellvertreter - entgegennehmen kann. Eine 
solche Vereinbarung zwischen VR und Arbeitgeber ließ sich hier jedoch nicht feststellen. Entsprechend konnte diese Ausnahme der Klägerin nicht zugute kommen.

     

    • Der Hinweis des Berufungsgerichts, die Erben verhielten sich treuwidrig, weil L durch einen wirksamen Schenkungsvertrag begünstigt sei, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat übersehen, dass für ein Schenkungsversprechen gemäß § 518 Abs. 1 S. 1 BGB notarielle Form vorgeschrieben ist. Eine Heilung des Formmangels nach § 518 Abs. 2 BGB kommt nur in Betracht, wenn der VN - bzw. hier der Erblasser als Versicherter - einem Dritten wirksam bereits zu seinen Lebzeiten eine unwiderrufliche Bezugsberechtigung eingeräumt hat oder eine widerrufliche Bezugsberechtigung bis zu seinem Tod nicht widerruft. Hier fehlt es aber mangels Anzeige an den VR schon an einer wirksamen Bezugsrechteinräumung.

     

    Praxishinweis

    Der BGH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung und wendet sie nun auch auf Gruppenunfallversicherungen an. Das Bezugsrecht ist erst wirksam eingeräumt, wenn dessen Änderung dem VR angezeigt worden ist. Allerdings können die Parteien des Versicherungsvertrags wirksam vereinbaren, dass die Anzeige des Versicherten einer Gruppenunfall- oder Gruppenlebensversicherung an den VN, in der Regel also an den Arbeitgeber, genügt. Ob dies der Fall ist, ist dann eine Frage des Einzelfalls.

     

    Wenn das Bezugsrecht nicht wirksam eingeräumt worden ist, der VR also regelmäßig an die Erben zahlen muss, kommt es für die Frage des Behaltendürfens durch diese auf das Valutaverhältnis, also die rechtliche Grundlage für die (unwirksame) Einräumung des Bezugsrechts, an. Hierbei wird es sich meistens um einen Schenkungsvertrag handeln (§ 516 BGB), der allerdings meist formunwirksam ist (§ 518 Abs. 1 BGB). Eine Heilung nach § 518 Abs. 2 BGB setzt Bewirken des Bezugsrechts voraus, was im Streitfall nur für den Fall im Raum stand, dass der Arbeitgeber (VN) im Versicherungsvertrag als Empfangsvertreter oder -bote für den VR eingesetzt gewesen ist.

     

    Oft genug setzt der Erblasser, wobei gleichgültig ist, ob dieser VN oder Versicherter ist, den Betreffenden aber nicht einmal von der Einsetzung als 
Begünstigter in Kenntnis.

     

    • Auch dann gilt, dass für die Frage des Behaltendürfens das Valutaverhältnis entscheidend ist. In solchen Fällen liegt aber nicht einmal ein formunwirksamer Vertrag vor. Es liegt vielmehr gar kein Vertrag vor. Selbst wenn der VR unterrichtet ist, die Einsetzung als Vermächtnisnehmer also wirksam ist, müsste Letzterer den Betrag an die Erben zurückerstatten.

     

    • Die Rechtsprechung hilft in solchen Fällen mit der Konstruktion, dass der VN bzw. der Versicherte mit der Einsetzung als Bezugsberechtigter 
diesem ein Schenkungsangebot macht, das der VR dem Begünstigten als Bote nach dem Tode mitteilen soll und von diesem dann stillschweigend angenommen werden kann. Der Vertrag ist formlos wirksam, weil mit Abschluss bereits vollzogen. Allerdings können die Erben die Botenvollmacht des VR widerrufen. Ein die Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen 
bildender Schenkungsvertrag kommt nur zustande, wenn das durch den VR - meist in Form der Benachrichtigung über die Einsetzung als Begünstigter - als Bote übermittelte Schenkungsangebot zugegangen ist, bevor die Vollmacht von den Erben widerrufen worden ist (vgl. Benkel-Hirschberg, ALB- und BUZ-Kommentar, 2. Aufl., § 13 ALB, Rn. 117). In solchen Fällen besteht, jedenfalls wenn die Interessen der Erben wahrzunehmen sind, sofortiger Handlungsbedarf! Es empfiehlt sich, immer die etwa 
erteilte Vollmacht gegenüber dem VR zu widerrufen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Zur Zulässigkeit eines rückwirkend vereinbarten Leistungsausschlusses in einer 
Gruppen-Rechtsschutzversicherung: BGB VK 13, 157
    • Bezugsberechtigung der „Ehefrau“ bei mehrfach verheiratetem VN: OLG Bamberg VK 11, 23
    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 187 | ID 42341621