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  • · Fachbeitrag · Kfz-Kaskoversicherung

    Ist Sachverhalt nicht aufklärbar, kann Unfall trotzdem erwiesen sein

    | In der Kaskoversicherung ist der Versicherungsfall „Unfall“ erwiesen, wenn feststeht, dass die Schäden nach Art und Beschaffenheit nur auf einem Unfall im versicherten Zeitraum beruhen können. Dies gilt auch, wenn der Sachverhalt im Einzelnen nicht aufgeklärt werden kann und der Unfallhergang so, wie er vom VN geschildert wurde, zumindest im Detail nicht stattgefunden haben kann. |

     

    1. Grundsatz zur Darlegungs- und Beweislast

    So entschied es das OLG Karlsruhe (6.4.21, 12 U 333/20, Abruf-Nr. 221695). Es wies in seiner Entscheidung zunächst auf den Grundsatz hin, dass der VN bei der Kaskoversicherung zwar darlegen und beweisen muss, dass ein „Unfall“ im Sinne der Versicherungsbedingungen stattgefunden hat. Gelingt dem VN dieser Nachweis, trifft den VR die Beweislast in vollem Umfang, dass der VN oder einer seiner Repräsentanten den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Die Unfreiwilligkeit des Schadensereignisses gehört nämlich nicht zum Begriff des Unfalls (vgl. OLG Saarbrücken 11.12.20, 5 U 8/20; OLG Sachsen-Anhalt 7.2.13, 4 U 16/12; OLG Köln 15.6.04, 9 U 164/03; BGH 25.6.97, IV ZR 245/96).

     

    2. Sachverhalt kann nicht aufgeklärt werden

    Kann der Sachverhalt im Einzelnen nicht aufgeklärt werden, steht jedoch fest, dass die Schäden nach Art und Beschaffenheit nur auf einem Unfall im versicherten Zeitraum beruhen können, reicht diese Feststellung allerdings aus, um die Einstandspflicht des VR zu begründen (vgl. OLG Saarbrücken, a. a. O.). Dies gilt letztlich auch, wenn sich der Versicherungsfall so, wie er geschildert wurde, nicht ereignet haben kann.

     

    Die Klage ist dagegen abzuweisen, wenn feststeht, dass der behauptete Unfall, aus dem Ansprüche gegen den VR hergeleitet werden, an der angegebenen Unfallstelle und unter den angegebenen Bedingungen nicht stattgefunden haben kann, sondern nur anderswo und unter anderen Bedingungen (vgl. OLG Stuttgart 17.11.16, 7 U 34/16; OLG Sachsen-Anhalt, a. a. O.; OLG Köln, a. a. O.; Klimke in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl., AKB 2015 A.2.2.2 Rn. 10).

     

    MERKE | Es gelten bei der Kaskoversicherung damit nicht die Regeln zum vorgetäuschten Unfall im Haftpflichtprozess (vgl. auch OLG Sachsen-Anhalt, a. a. O.), nach denen zunächst der Geschädigte den äußeren Tatbestand der Rechtsgutsverletzung beweisen muss (vgl. grundlegend BGH 13.12.77, VI ZR 206/75, BGHZ 71, 339) und er damit auch nachweisen muss, dass der Schadenshergang in der nach Ort und Zeit beschriebenen Weise stattgefunden hat (vgl. OLG Köln 22.6.17, I-8 U 19/16; OLG Saarbrücken 18.10.11, 4 U 462/10).

     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2021 | Seite 136 | ID 47441941