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  • 01.07.2005 | Schuldrecht

    Was Sie bei der Kündigung eines Darlehensvertrags beachten müssen

    von RiLG Frank-Michael Goebel, Koblenz/Rhens

    Darlehensverträge werden einerseits zwischen Unternehmern und Verbrauchern mit Kreditinstituten geschlossen, andererseits aber auch allein zwischen natürlichen Personen, häufig im Rahmen enger persönlicher Beziehungen. Werden diese persönlichen Beziehungen notleidend, wird der Anwalt oft mit der Realisierung des Rückzahlungsanspruchs beauftragt, während er sich sonst häufig auf der Passivseite befindet. Nachfolgend soll erläutert werden, unter welchen Voraussetzungen eine Rückzahlungspflicht aus einem Darlehensvertrag begründet werden kann.  

     

    Rückzahlungsverpflichtung von Fälligkeit abhängig

    Ein gewährtes Darlehen ist nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Die Frage nach der Fälligkeit beantwortet sich danach, ob das Darlehen befristet oder unbefristet gewährt wurde.  

     

    • Soweit das Darlehen befristet gewährt wurde, ist es mit dem Ablauf des letzten Tags der Frist zur Rückzahlung fällig.

     

    Praxishinweis: Der Rechtsanwalt muss in diesem Fall also den Darlehensnehmer lediglich unter Fristsetzung zur Rückzahlung des Darlehens auffordern. Damit befindet sich der Darlehensnehmer in Verzug und der Darlehensgeber kann ggf. einen höheren Zins, zumindest aber Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach §§ 286, 288 BGB verlangen.

     

    • Wird das Darlehen gleichwohl vor Ablauf der Kündigungsfrist gekündigt oder zahlt es der Darlehensnehmer vorzeitig zurück – was ihm nach der gesetzlichen Regelung des § 271 Abs. 2 BGB möglich ist –, kann der Darlehensgeber eine Vorfälligkeitsentschädigung nur verlangen, d.h. den abgezinsten Ersatz der ihm entgangenen Zinsen, wenn eine solche vorzeitige Rückzahlung vertraglich ausgeschlossen wurde. Bei Banken ist dies regelmäßig der Fall, nicht aber unter Privaten.

     

    Praxishinweis: Beachtet werden muss allerdings, dass der Ausschluss der vorzeitigen Rückzahlung die besonderen Kündigungsrechte des Darlehensnehmers nach § 489 BGB nicht ausschließen kann. Soweit es sich nicht um ein öffentliches Darlehen handelt, kann die Kündigungsmöglichkeit nach § 489 Abs. 4 BGB nämlich nicht durch Gesetz ausgeschlossen oder erschwert werden. Entsprechend kann in diesen Fällen auch keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt werden. § 489 BGB ist also nicht dispositiv. Danach kann der Darlehensnehmer kündigen:

     

    • mit einer Kündigungsfrist von einem Monat, wenn die Zinsbindungsfrist vor dem Rückzahlungszeitpunkt abgelaufen ist;

     

    • unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten, frühestens sechs Monate nach der Darlehensvalutierung, wenn es sich um ein nicht durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichertes Verbraucherdarlehen handelt;

     

    • spätestens zehn Jahre nach der Darlehensvalutierung oder der letzten Vereinbarung über die Rückzahlung oder den Zinssatz mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten;

     

    • unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten, wenn der Darlehensvertrag einen veränderlichen Zinssatz hat.

     

    Neben der Kündigungserklärung muss der Darlehensnehmer nach § 488 Abs. 3 BGB den geschuldeten Betrag binnen zwei Wochen seit dem Wirksamwerden der Kündigung zurückgezahlt haben. Unterläßt er dies, gilt die Kündigung als nicht erfolgt.

     

    • Wurde das Darlehen dagegen unbefristet gewährt, setzt die Fälligkeit des Darlehens nach § 488 Abs. 3 BGB, in dem mit der Schuldrechtsreform der frühere § 609 BGB aufgegangen ist, seine Kündigung voraus.

     

    Darlehensgeber muss Kündigungsregeln nach dem Vertrag beachten

    In welcher Form und in welcher Frist gekündigt werden muss, richtet sich in erster Linie nach dem Darlehensvertrag. Schon beim Abschluss eines Darlehensvertrags müssen die Parteien deshalb erwägen, ob längere oder kürzere Kündigungsfristen ihren jeweiligen Interessen entsprechen. So muss ein Darlehensnehmer darauf achten, dass bei nur geringen liquiden Mitteln ebenso wie bei außerordentlich niedrigen Zinsen eine längere Kündigungsfrist vereinbart wird, während er bei hohen Zinsen ein Interesse haben kann, in kurzer Zeit zu kündigen, um dann den Kreditgeber zu wechseln.  

     

    Praxishinweis: Die Muster-AGB der Banken sehen in Nr. 19 Abs. 2 und die Muster-AGB der Sparkassen in Nr. 26 Abs. 1 eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Bank für unbefristete Kredite vor. Darin ist allein die Verpflichtung begründet, auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht zu nehmen. Nach Nr. 18 der AGB der Banken kann der Kunde den Kredit jederzeit kündigen, wenn dieser keine konkrete Frist enthält.  

     

    Ohne Kündigungsregelung gilt die gesetzliche Kündigungsfrist

    Haben die Parteien im Darlehensvertrag selbst keine Kündigungsregelung getroffen, gilt die gesetzliche Kündigungsregelung des § 488 Abs. 3 S. 2 BGB. Danach kann das Darlehen sowohl vom Darlehensnehmer als auch vom Darlehensgeber binnen einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Die frühere Differenzierung zwischen Darlehen über und unter 200 EUR hat der Gesetzgeber mit der Schuldrechtsreform aufgegeben.  

     

    Praxishinweis: Schuldet der Darlehensnehmer keine Zinsen, ist er nach § 488 Abs. 3 S. 3 BGB auch ohne Kündigung zur Rückzahlung des Darlehens berechtigt.  

     

    Musterformulierung: Kündigung des Darlehensvertrags

    Herrn/Frau  

    Mustermann, Anschrift  

     

     

    Kündigung des Darlehensvertrags  

     

     

    Sehr geehrte(r) Frau/Herr Mustermann,  

    ausweislich der in der Anlage beigefügten Originalvollmacht zeige ich an, Herrn/Frau ... zu vertreten.  

     

    Sie haben mit meinem Mandanten am ... einen Darlehensvertrag über ... EUR nebst Zinsen in Höhe von ... Prozent geschlossen. Das Darlehen wurde am ... ausgezahlt. Derzeit valutiert das Darlehen noch  

    • in voller Höhe nebst Zinsen seit dem Auszahlungszeitpunkt,
    • in voller Höhe, nachdem bisher regelmäßig allein die Zinsen gezahlt wurden,
    • in Höhe eines Betrags von ... EUR nebst Zinsen in Höhe von ...Prozent seit dem ...,
    • ...

     

    Der Darlehensvertrag ist unbefristet geschlossen worden, eine Kündigungsfrist ist nicht enthalten. Wegen der weiteren Einzelheiten darf ich auf die Ihnen vorliegende schriftliche Darlehensurkunde Bezug nehmen.  

     

    Namens und in Vollmacht meines Mandanten  

     

    k ü n d i g e  

     

    ich hiermit den Darlehensvertrag im Rahmen der gesetzlichen Kündigungsfrist nach § 488 Abs. 3 S. 2 BGB von drei Monaten zum  

     

    ... (Datum)  

     

    Ich habe Sie Namens und in Vollmacht meines Mandanten aufzufordern, den Darlehensbetrag einschließlich der bis zum Zahlungstag aufgelaufenen Zinsen in der vorgenannten Frist, jedoch spätestens bis zum  

     

    ... (Datum)  

     

    auf das Konto ... bei der ...-Bank (BLZ ...) zu überweisen.  

     

    Schon jetzt weise ich darauf hin, dass ich nach fruchtlosem Fristablauf gehalten bin, die Rückzah-lungsverpflichtung gerichtlich geltend zu machen. Ungeachtet dessen sind Sie nach fruchtlosem Fristablauf verpflichtet, Zinsen in Höhe von mindestens fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach §§ 286, 288 BGB zu zahlen. Vor diesem Hintergrund bitte ich, für eine fristgerechte Rückzahlung Sorge zu tragen.  

     

    gez. Rechtsanwalt  

     

    Anlage: Originalvollmacht  

     

     

    Praxishinweis: Der Darlehensgeber trägt im Prozess die volle Beweislast für den Zugang der Kündigungserklärung. Daher muss auf eine Dokumentation des Zugangs geachtet werden. Dies kann durch eine förmliche Zustellung, ein Einschreiben/Rückschein oder auch durch die Übergabe seitens eines als Zeugen zur Verfügung stehenden Boten geschehen. Der Bote muss sich aber über den Inhalt des übergebenen Schreibens informieren.  

     

    Außer durch eine schriftliche und ausdrückliche Kündigung, kann diese auch konkludent ausgesprochen werden durch  

    • die Erhebung der Klage auf Rückerstattung des Klagebetrags,
    • die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO in der das Darlehen gewährt wurde,
    • die Aufrechnung gegen einen Anspruch des Darlehensnehmers gegen den Darlehensgeber.

     

    Quelle: Ausgabe 07 / 2005 | Seite 109 | ID 94478