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  • · Nachricht · Vollstreckungspraxis

    Titelschuldner falsch bezeichnet: Und nun?

    | Immer wieder kommt Folgendes vor: Der Gläubiger erwirkt gegen den Schuldner, z. B. „Peter Müller“, einen Titel und vollstreckt anschließend in den Lohn (Anspruch A). Der Arbeitgeber als Drittschuldner gibt im Rahmen der Drittschuldnererklärung an, dass die Pfändung nicht anerkannt wird, da der Schuldner nicht bekannt sei. Eine Recherche des Gläubigers ergibt, dass der Name des Schuldners fehlerhaft war und z. B. hätte „Petra Müller“ lauten müssen. Der Gläubiger lässt daraufhin den Titel sowie den PfÜB nach § 319 ZPO berichtigen. Der Berichtigungsbeschluss wird nun dem Drittschuldner erneut zugestellt. Das Problem: Zwischenzeitlich sind diesem zwei weitere PfÜB zugestellt worden, die dem Pfandrecht des Gläubigers vorgehen. Ist nun auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Zustellung des „zunächst falschen“ PfÜB abzustellen und hat der erste Gläubiger damit gegenüber den beiden anderen das bessere Pfandrecht? |

     

    Ja. Nach § 319 ZPO muss das Gericht Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die im Urteil vorkommen, jederzeit von Amts wegen berichtigen. Dies bedeutet: Eine Berichtigung ist möglich, wenn feststeht oder erkennbar ist, wer als Partei gemeint war, und Interessen Dritter durch die Berichtigung nicht berührt werden (BGH NJW-RR 08, 582; BAG NJW 07, 2877; NJW 09, 1293; Zöller/Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 319 Rn. 17). Die Identität der Partei, zu der das Prozessrechtsverhältnis begründet worden ist, muss feststehen und durch die Berichtigung gewahrt bleiben (BGH NJW 07, 518; BGHReport 03, 1168; Zöller/Feskorn, a. a. O.).

     

    Die Berichtigung wirkt auf den Zeitpunkt der Urteilsverkündung bzw. auf den Zeitpunkt der Titelschaffung zurück. Von nun an ist ausschließlich der Titel in berichtigter Fassung maßgebend (BGH NJW 84, 1041; NJW 94, 2832). Die Neufassung ist so zu behandeln, als hätte sie von Anfang an gegolten.

     

    Dies bedeutet: Die berichtigte Fassung ist für alle mit dem Titel verbundenen Rechtswirkungen vom Zeitpunkt der Verkündung an maßgebend (Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl., § 319 Rn. 16). Ab Erlass des Berichtigungsbeschlusses kann die Vollstreckung für die Zukunft nur nach Maßgabe der berichtigten Fassung des Titels betrieben werden (Zöller/Feskorn, a. a. O.).

     

    MERKE | Für den o. g. Fall gilt also: Die Berichtigung des PfÜB wirkt auf den Zeitpunkt des PfÜB-Erlasses zurück. Folge: Der Drittschuldner muss den fehlerhaften Ursprungsbeschluss als erstrangig (§ 804 Abs. 3 ZPO) für die Zukunft gegenüber den späteren Pfändungen bewerten.

     

    Zahlungen, die der vermeintlich besserrangige Pfändungsgläubiger durch den Drittschuldner erhalten hat, muss dieser ggf. nach den Grundsätzen einer ungerechtfertigten Bereicherung dem besseren Pfandgläubiger herausgeben (§ 816 Abs. 2 BGB).

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2020 | Seite 75 | ID 46417624