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  • · Fachbeitrag · Vollstreckungskosten

    Zug um Zug Vollstreckung: Angebot der Gläubiger-Gegenleistung durch Gerichtsvollzieher

    • 1. Der Gläubiger eines Titels, der eine Vollstreckung nur Zug um Zug erlaubt, kann die für das Angebot der Gegenleistung durch den Gerichtsvollzieher entstehenden Gerichtsvollziehergebühren im Regelfall als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung von dem Schuldner erstattet verlangen.
    • 2. Gleiches gilt für die Anwaltskosten, die durch die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe bei der Beauftragung des Gerichtsvollziehers ausgelöst werden.

    (BGH 5.6.14, VII ZB 21/12, Abruf-Nr. 142173)

     

    Sachverhalt

    Die Parteien streiten über die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwalts- und Gerichtsvollzieherkosten. Der Gläubiger G. betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil, durch das der Schuldner S. zu einer Zahlung Zug um Zug gegen Aushändigung von Inhaberschuldverschreibungen verurteilt worden war. G. erteilte über seine Verfahrensbevollmächtigten dem Gerichtsvollzieher den Auftrag, die Inhaberschuldverschreibungen der Hauptzahlstelle des Schuldners in F. anzubieten. Auf Bitten des Gerichtsvollziehers übersandten die Verfahrensbevollmächtigten des G. zusätzlich einen Vollstreckungsauftrag, mit dem neben der Andienung der Inhaberschuldverschreibungen die Pfändung und - für den Fall der Fruchtlosigkeit - die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung beantragt wurde. Über das erfolglose Angebot der Inhaberschuldverschreibungen benachrichtigte der Gerichtsvollzieher den G. mit Schreiben vom 15.1.09, in dem er zugleich auch den Annahmeverzug des S. beurkundete.

     

    Das Vollstreckungsgericht hat die von den Verfahrensbevollmächtigten des G. abgerechneten Gebühren in Höhe von 1.574,97 EUR ebenso wie die durch den Gerichtsvollzieher abgerechneten Gebühren in Höhe von 18 EUR als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung angesehen und als erstattungsfähig festgesetzt. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des S. hat das Beschwerdegericht den Beschluss des AG abgeändert und den Festsetzungsantrag des G. zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte G. die Entscheidung des AG wiederhergestellt wissen. Der BGH hob den Beschluss auf und verwies die Sache an das Beschwerdegericht zurück.

     

    Praxishinweis

    Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.d. § 788 Abs. 1 ZPO sind alle Aufwendungen, die gemacht werden, um unmittelbar die Vollstreckung aus dem Titel vorzubereiten oder die einzelnen Vollstreckungsakte durchzuführen (BGH VE 06, 91; BGH AGS 05, 416 m. Anm. Mock). Notwendig sind solche Kosten, wenn sie für eine Maßnahme angefallen sind, die der Gläubiger zum Zeitpunkt ihrer Vornahme bei verständiger Würdigung der Sachlage zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für erforderlich halten durfte (BGH VE 13, 99).

     

    Der Entscheidung ist daher zuzustimmen. Denn das Gesetz gibt dem Gläubiger in § 756 ZPO ausdrücklich die Möglichkeit, die ihm nach dem Titel obliegende Gegenleistung durch den Gerichtsvollzieher anbieten zu lassen und damit die Voraussetzungen für den Vollstreckungsbeginn aus der Zug um Zug Verurteilung zu schaffen. Wenn der Gläubiger diesen Weg wählt, dann muss er auch die hierfür anfallenden Gerichtsvollzieherkosten im Regelfall als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung von dem Schuldner erstattet verlangen können, zumal der Schuldner mit Erlass eines Zug um Zug Titels weiß, dass der Gläubiger jederzeit Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn einleiten kann.

     

    Um deshalb Nachteile aus der drohenden Vollstreckung zu vermeiden, ist der Schuldner gehalten, initiativ tätig zu werden und gegenüber dem Gläubiger seine freiwillige Leistungsbereitschaft im Austausch gegen die ihm aufgrund des Zug-um-Zug-Titels gebührende Gegenleistung zu signalisieren.

     

    Aufgrund des geltenden Veranlasserprinzips, sind die für das Angebot der Gegenleistung durch den Gerichtsvollzieher entstehenden Gerichtsvollziehergebühren durch den Schuldner veranlasst, denn dieser hat es zur Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen kommen lassen (BGH VE 06, 91).

     

    So liegt es hier: Die Kosten für den beauftragten Gerichtsvollzieher sind angefallen, weil ein Vorgehen der Gläubiger nach § 756 Abs. 1 ZPO zur Durchsetzung des Titels notwendig geworden ist.

     

    Gleiches gilt auch in Bezug zu den aufgewendeten Anwaltskosten, die durch die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe bei der Beauftragung des Gerichtsvollziehers ausgelöst wurden. Gläubiger dürfen nämlich die Einschaltung ihrer Verfahrensbevollmächtigten für die Beauftragung des Gerichtsvollziehers bei vernünftiger Würdigung der Sachlage auch für objektiv erforderlich halten. Somit sind auch die Kosten anwaltlicher Hilfe bei der Durchführung der Zwangsvollstreckung regelmäßig als notwendig anzusehen (BGH VE 06, 91; Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 788 Rn. 7).

     

    Zu beachten ist aber in diesem Zusammenhang auch, dass bei besonders einfach gelagert Fällen eine Notwendigkeit der aufgewendeten Kosten nicht besteht. Der BGH (FamRZ 03, 1921; NJW 10, 3029) hat dies einerseits von der Schwierigkeit der im konkreten Fall zu bewältigten Rechtsmaterie und andererseits von den persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen des Gläubigers abhängig gemacht. Im vorliegenden Fall der Zug-um-Zug-Vollstreckung, sieht der BGH diese Einfachheit aber gerade nicht.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Kosten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung nach Aufhebung eines Vollstreckungsbescheids, VE 11, 216
    • Der Vollstreckungsauftrag bei der Zug-um-Zug-Verurteilung, VE 04, 156
    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 151 | ID 42860550