Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Verfahrensrecht

    Einstweilige Einstellung der Vollstreckung bei Nichtzulassungsbeschwerde

    | Einstweilige Einstellungen der Zwangsvollstreckung spielen in der Praxis eine wichtige Rolle. Der BGH hat sich nun mit einer solchen nach Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde befasst. Er bestätigt, dass sie das letzte Hilfsmittel des Schuldners sein muss. |

     

    Relevanz für die Praxis

    In seiner Entscheidung hat der BGH folgenden Leitsatz aufgestellt (29.11.16, VI ZR 25/16, Abruf-Nr. 190495):

     

    Hat der Beklagte glaubhaft gemacht, dass ihm die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil im Sinne des § 719 Abs. 2 ZPO bringen würde, und steht nicht fest, dass die Nichtzulassungsbeschwerde oder die mit ihr beabsichtigte Revision keine Aussicht auf Erfolg haben, da im gegenwärtigen Verfahrensstadium der Ausgang des Nichtzulassungsbeschwerde- bzw. Revisionsverfahrens noch offen ist, so ist die Zwangsvollstreckung auf Antrag des Beklagten einstweilen gegen Sicherheitsleistung einzustellen, wenn nicht ein überwiegendes Interesse des Klägers entgegensteht (Abruf-Nr. 190495).

     

    Hat der Schuldner nicht alle Möglichkeiten genutzt, seine Interessen zu wahren, ist weiter zu vollstrecken (BGH ZUM 15, 53; GRUR 12, 959; WM 10, 328). Vollstreckungsschutz ist daher verweigert worden, wenn es der Schuldner versäumt hatte, im Berufungsrechtszug einen Schutzantrag nach § 712 ZPO zu stellen oder beim Übergehen eines derartigen Antrags durch das Berufungsgericht Urteilsergänzung gemäß §§ 716, 321 ZPO zu beantragen (BGH NJW-RR 14, 969). Gläubigervertreter sollten sich daher mit den Voraussetzungen des § 719 ZPO - speziell im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 5 S. 2 i. V. m. § 719 Abs. 2 ZPO; BGH WM 14, 681) - auseinandersetzen:

     

    • Den Schutzantrag darf im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nur ein beim BGH zugelassener Rechtsanwalt - als Sachantrag in der mündlichen Verhandlung - stellen (BGH JurBüro 10, 53). Die Tatsachen sind glaubhaft zu machen. Es müssen eine statthafte Nichtzulassungsbeschwerde und ein Rechtsschutzinteresse vorliegen. Ist die Nichtzulassungsbeschwerde nicht zulässig, weil die Beschwerdegrenze nicht erreicht wird, die Nichtzulassungsbeschwerde nicht zugelassen ist oder die Frist nicht eingehalten wurde, kommt eine Einstellung von vornherein nicht in Betracht.

     

    • Wird Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts eingelegt, ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Vollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn sie dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Allein der Umstand, dass die Vollstreckung das Prozessergebnis vorwegnehmen würde, ist kein unersetzlicher Nachteil im Sinne des § 719 Abs. 2 ZPO (BGH NJW 96, 197).
    •  
    • MERKE | Wann der Schuldner durch die Zwangsvollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil erleidet, kann nur anhand des Einzelfalls entschieden werden. Ein solcher Nachteil wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn durch die Vollstreckung bereits endgültige Verhältnisse geschaffen sind, die auch bei einem Erfolg des Rechtsmittels fortbestehen würden, da sie aus der Natur der Sache nicht abänderbar sind (BGH WRP 79, 715). Jedenfalls wird man sagen können, dass der nicht zu ersetzende Nachteil eine erhebliche, das übliche Maß übersteigende Einbuße an Gütern sein muss.

       

     

    • Ein überwiegendes Gläubigerinteresse steht der Einstellung der Zwangsvollstreckung in jedem Fall entgegen, wenn der Schuldner durch die Einstellung erreichen könnte, dass das angefochtene Urteil seine materiellen Wirkungen zum Nachteil des Gläubigers einbüßen würde (zum überwiegenden Gläubigerinteresse BGH NJW 96, 197). Ausreichend ist hingegen schon, dass glaubhaft gemacht ist, dass die dem Gläubiger aus einer Verzögerung der Zwangsvollstreckung entstehenden Schäden mindestens ebenso hoch sind, wie die Schäden, die dem Schuldner bei einer Fortsetzung der Zwangsvollstreckung drohen.
    Quelle: Ausgabe 03 / 2017 | Seite 39 | ID 44465819