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Pfändbarkeit der Energiepreispauschale
| Die Frage, ob die Energiepreispauschale (EPP) kraft Gesetzes unpfändbar ist, ist nicht im Insolvenzverfahren, sondern auf dem Prozessweg zu klären. Gleiches gilt für den Streit zwischen Schuldner und Insolvenzverwalter, ob die EEP eine atypische Sozialleistung darstellt und deshalb dem sozialrechtlichen Pfändungsschutz unterfällt (BGH 24.7.25, IX ZB 32/23, Abruf-Nr. 250525 ). |
Im Streitfall musste der BGH entscheiden, ob die EPP kraft Gesetzes unpfändbar ist und welches Gericht hierüber zu befinden hat. Im Streit stand, ob im eröffneten Insolvenzverfahren gemäß § 122 S. 2 EStG unpfändbar ist oder als atypische Sozialleistung dem Pfändungsschutz des § 54 SGB I unterliegt. Das Insolvenzgericht hatte zugunsten des Schuldners entschieden und die Pauschale freigegeben.
Der BGH hob diese Entscheidung auf. Er stellte klar, dass die Unpfändbarkeit der Energiepreispauschale nicht im Insolvenzverfahren, sondern auf dem Prozessweg zu klären ist. Das Insolvenzgericht ist nach § 36 Abs. 4 S. 1 InsO nur zuständig, wenn die Pfändbarkeit nach den dort in Bezug genommenen Normen der ZPO eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts erfordert. Da die Unpfändbarkeit nach § 122 S. 2 EStG kraft Gesetzes eintritt, besteht daher keine Kompetenz des Insolvenzgerichts, hierüber verbindlich zu befinden. Gleiches gilt für die Frage, ob die EPP eine Sozialleistung i. S. d. § 54 SGB I ist; auch dies ist im Prozessverfahren zu klären.
Ein Pfändungsschutz nach §§ 850 ff., 850i ZPO oder § 765a ZPO kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die EPP weder Arbeitseinkommen noch eine vom Schuldner erzielte Einkunft darstellt, sondern eine aus öffentlichen Mitteln finanzierte Leistung (§ 113 EStG).
Die Klarstellung des BGH erschwert eine pauschale Inanspruchnahme des Pfändungsschutzes durch Schuldner. Dadurch wird das Risiko reduziert, dass Insolvenzgericht bzw. Insolvenzverwalter dem Schuldner Vermögenswerte automatisch zuweisen. Hierdurch wird letztlich die Masse und damit eine ggf. höhere Quotenzuteilung der Insolvenzgläubiger gestärkt. Gläubiger profitieren auch dadurch, dass mögliche Unpfändbarkeiten im Einzelfall nachgewiesen und durchgesetzt werden müssen, was die Rechte der Insolvenzmasse wahrt und dem Insolvenzverwalter mehr Handlungssicherheit gibt.
Beachten Sie | Mit dem Auslaufen der EPP und der zwischenzeitlichen Einführung des § 122 S. 2 EStG (BGBl. I 22, 2294; VE 23, 37) ist die konkrete Streitfrage über die Pfändbarkeit der EPP gegenstandslos geworden. Die Entscheidung behält jedoch grundsätzliche Bedeutung für zukünftige staatliche Einmalzahlungen oder Krisenhilfen (z. B. Klimageld, Entlastungsprämien). Sie stellt klar, dass die Abgrenzung zwischen Insolvenz- und Prozessgerichtsbarkeit bei der Beurteilung der Pfändbarkeit kraft Gesetzes maßgeblich bleibt und somit für vergleichbare Leistungen weiterhin relevant ist. Rein praktisch kann sie auch eine Rolle spielen, wenn Gläubiger oder Verwalter Forderungen für pfändbar halten, Schuldner jedoch das Gegenteil behaupten und beide Seiten unterschiedliche gerichtliche Instanzen anrufen.