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  • · Fachbeitrag · P-Konto

    Pauschalfreigabe ist unzulässig

    | Freigabeanträge nach § 850k Abs. 4 ZPO spielen in der gerichtlichen Praxis eine große Rolle. Immer wieder fällt dabei auf, dass Gerichte pauschal Beträge freigeben, ohne hierbei korrekt die Voraussetzungen dafür zu prüfen. |

    1. Typischer Praxisfall

    Das folgende Beispiel stammt aus der Gerichtspraxis:

     

    • Beispiel

    Schuldner S. beantragt, nach § 850k Abs. 4 ZPO den Teil seines Einkommens, der den unpfändbaren Betrag seiner laufenden Einkünfte betreffend das P-Konto ... übersteigt, freizugeben und die Pfändung insoweit aufzuheben bzw. den pfändungsfreien Betrag entsprechend zu erhöhen. Auf das gepfändete Konto gehen nachgewiesenermaßen folgende monatliche Leistungen ein:

     

    • Leistungen nach dem SGB II in Höhe von ... EUR
    • Nachzahlungen von SBG II-Leistungen in Höhe von ... für die Monate März bis Mai 2019.

     

    Zudem sind dem Konto weitere Gelder gutgeschrieben:

     

    • Rückbuchung bzgl. mobilcom-debitel in Höhe von 30,37 EUR mangels ausreichender Kontodeckung
    • Rückbuchung bzgl. Amazon-Payments Europe S.C.A in Höhe von 30,31 EUR mangels ausreichender Kontodeckung
    • Rückbuchung bzgl. Fitnessstudio in Höhe von 60 EUR mangels ausreichender Kontodeckung
     

    2. Die richtige Vorgehensweise

    Bei der Freigabe durch das Vollstreckungsgericht ist wie folgt zu unterscheiden:

     

    • Sozialleistungen: Insbesondere solche Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für zurückliegende Zeiträume sind bei der Bemessung des pfändungsfreien Betrages den Leistungszeiträumen zuzurechnen, für die sie gezahlt werden (BGH VE 18, 56).
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    • Der BGH wendet hierbei die Grundsätze für die Pfändung von Arbeitseinkommen an. Es ist für Arbeitseinkommen i. S. d. § 850c ZPO allgemein anerkannt, dass Nachzahlungen (anteilig) dem Monat zugeschlagen werden, für den (und nicht: in dem) sie erfolgen. Der Nachzahlungsbetrag ist also auf den Nachzahlungszeitraum aufzuteilen und es ist zu überprüfen, ob in dem jeweiligen Monat der Pfändungsfreibetrag überschritten ist. Der BGH (VE 13, 2) hat nämlich bzgl. der Pfändbarkeit von Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SBG II (Arbeitslosengeld II) entschieden, dass diese Ansprüche ebenfalls gemäß § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen nach §§ 850c ff. ZPO pfändbar sind.
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    • Nachdem somit für Arbeitseinkommen die Aufteilung von Nachzahlungen auf die jeweiligen Monate des Nachzahlungszeitraumes allgemein anerkannt ist und der BGH für Nachzahlungen von Sozialleistungen nach dem SGB II bereits ausgeführt hat, dass diese ebenfalls monatsweise aufzuteilen sind, kann für andere Nachzahlungen ‒ insbesondere von Sozialleistungen ‒ nichts anderes gelten.
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    • Rückbuchungen: Hierbei handelt es sich um Gutschriften, weil das Konto zur Begleichung der Rechnungen keine ausreichende Deckung auswies. Dabei gilt: Ergibt eine Addition der Gutschrift-Rückbuchungen mit den sonstigen Gutschriftbeträgen (Hartz IV, Rente, etc.), dass der dem Schuldner zustehende monatliche Freibetrag gemäß § 850k Abs. 1, 2 ZPO nicht überschritten wird, ist an den Schuldner auszuzahlen. Ergibt sich hingegen, dass eine Zusammenrechnung der Beträge den monatlichen Freibetrag überschreitet, steht der überschießende Betrag dem Gläubiger zu.

    3. Handlungsempfehlung

    Im Rahmen eines Schutzantrags nach § 850k Abs. 4 ZPO muss der Schuldner dem Vollstreckungsgericht seine antragsbegründenden Tatsachen nachweisen. Insbesondere muss er darlegen, dass es sich bei dem gepfändeten Konto um ein P-Konto handelt. Hierzu muss er eine entsprechende Bescheinigung seiner Bank vorlegen, aus der auch der für ihn geltende Freibetrag hervorgehen muss.

     

    Des Weiteren muss er den Eingang der Gelder, die er zur Freigabe beantragt, nachweisen. Hierzu muss er Kontoauszüge vorlegen.

     

    PRAXISTIPP | In der Regel stellt das Vollstreckungsgericht die Zwangsvollstreckung zunächst einstweilen bis zur endgültigen Entscheidung ein und hört den Gläubiger zu dem Antrag des Schuldners an, indem es diesem eine Abschrift des Antrags übersendet. Gläubiger sollten dabei unbedingt darauf achten, dass im Rahmen der Anhörung nicht nur der Schuldnerantrag, sondern auch sämtliche diesem vorzulegenden Nachweisurkunden beigefügt sind. Berufen Sie sich als Gläubiger hierbei auf den allgemein im ZPO-Verfahren (die Zwangsvollstreckung ist ein solches Verfahren!) anwendbaren § 133 Abs. 1 S. ZPO. So können Sie zugleich dem Vorwurf einer unzulässigen Ausforschung entgegenwirken.

     

    Sollte sich der Rechtspfleger weigern, die o. g. Unterlagen zuzusenden, fordern Sie die Gerichtsakte zur Einsicht an. Da Zwangsvollstreckungsangelegenheiten i. d. R. als Eilsache behandelt werden, wird man sich ggf. weigern, diese in das Büro des Gläubigers zu versenden. Beantragen Sie daher vorsorglich, die Akte im Wege der sog. Amtshilfe auf die Geschäftsstelle Ihres Wohnsitzgerichts zu übersenden. Dort können Sie dann die Akte einsehen und ggf. kopieren.

     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2019 | Seite 144 | ID 45990534