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  • · Fachbeitrag · Gerichtsvollziehervollstreckung

    Lieferung eines herauszugebenden Gegenstands an einen im Vollstreckungstitel bezeichneten Ort

    | Es kommt oft vor, dass ein Schuldner verurteilt wird, einen bestimmten Gegenstand an einen bestimmten Ort zu liefern. Bislang war fraglich, wie ein solcher Anspruch zu vollstrecken ist. Der BGH (7.1.16, I ZB 110/14 ; Abruf-Nr. 183612 ) hat nun entschieden, dass der Anspruch auf Lieferung eines herauszugebenden Gegenstands zu einem im Vollstreckungstitel bezeichneten Ort der Herausgabevollstreckung nach § 883 ZPO unterliegt. |

     

    1. Bisherige Rechtslage

    Im Wesentlichen wurden zu dem o. g. Problem drei Ansichten vertreten:

     

    • Teilweise wurde befürwortet, auf die Pflicht zur Organisation des Transports, soweit sie eine vertretbare Handlung darstellt, § 887 ZPO anzuwenden; § 887 Abs. 3 ZPO stehe dem nicht entgegen, weil diese Vorschrift sich allein auf die eigentliche Herausgabe beziehe (OLG Zweibrücken OLGR 01, 70).

     

    • Weiter wurde vertreten, ein Verschaffungstitel habe jedenfalls eine der Vollstreckung nach § 888 ZPO unterfallende nicht vertretbare Handlung zum Gegenstand, wenn der Transport der Sache - wie etwa die Überführung eines Kfz über eine lange Strecke - sehr aufwendig und riskant sei (Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 883 Rn. 9; Schneider, MDR 83, 287).

     

    • Die Pflicht, eine bewegliche Sache zu versenden oder zu verbringen, wurde schließlich auch als ein die Herausgabevollstreckung nach § 883 ZPO nicht hindernder Umstand angesehen, weil ihr gegenüber der Herausgabepflicht keine relevante eigenständige Bedeutung zukomme (RGZ 36, 369; OLG Frankfurt MDR 83, 325; AG Osnabrück DGVZ 66, 91; Schilken, DGVZ 88, 49).

     

    2. Neue Rechtslage

    Der BGH hat sich der letzten Ansicht angeschlossen. Die titulierte Pflicht, die herauszugebende Sache zu versenden, oder zu verbringen hat danach gegenüber der Herausgabepflicht keine eigenständige Bedeutung. Denn nach § 883 ZPO muss der Gerichtsvollzieher die Sache nicht nur dem Schuldner wegnehmen, sondern sie auch dem Gläubiger übergeben; die Übergabe ist somit Bestandteil der Herausgabevollstreckung.

     

    Die Entscheidung ist richtig. Sie führt dazu, dass der Gerichtsvollzieher das zuständige Vollstreckungsorgan bleibt und die Sache nicht auf das Prozessgericht übergeht. Dies bringt dem Gläubiger vor allem einen Zeitgewinn.

     

    Hiermit wird aber in der Zwangsvollstreckung das Ergebnis des Erkenntnisverfahrens keineswegs hinfällig und der Schuldner entgegen des Tenors im Urteil davon entlastet, die Sache zu verbringen. Denn indem der Gerichtsvollzieher die Sache verbringt, wird zum einen die titulierte Pflicht durchgesetzt. Zum anderen sind die hierfür aufgewendeten Kosten notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung gemäß § 788 ZPO, die daher der Schuldner tragen muss.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2016 | Seite 65 | ID 43902652