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  • · Fachbeitrag · Forderungspfändung

    Das Eigentümerwohnungsrecht ist pfändbar

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Um der Vollstreckung zu entkommen, sind Schuldner oft einfallsreich. So kommt es vor, dass sich ein Schuldner als Grundstückseigentümer ein Wohnungsrecht im Grundbuch eintragen lässt, um dadurch mögliche Interessenten in einem Zwangsversteigerungsverfahren abzuschrecken oder aber in einem potenziellen Insolvenzverfahren die Verwertung der Immobilie durch den Insolvenzverwalter zugunsten der Insolvenzmasse zu verhindern. Der BGH hat nun zum Vorteil von Gläubigern einem solchen Vorgehen eine klare Absage erteilt. |

    Entscheidungsgründe

    Der BGH hat nämlich entschieden, dass die Bestellung eines Wohnungsrechts am eigenen Grundstück zulässig ist. Wenn dann noch Grundstückseigentümer und Wohnungsberechtigter personenidentisch sind, sei es durch eine anfängliche Bestellung des Wohnungsrechts als Eigentümerrecht, sei es durch eine nachträgliche (Wieder-)Vereinigung von Wohnungsrecht und Eigentum in einer Person (§ 889 BGB), muss sich der Wohnungsberechtigte für die Pfändung so behandeln lassen, als habe er es gestattet, die Ausübung des Wohnungsrechts einem anderen zu überlassen. Infolgedessen ist ein Eigentümerwohnungsrecht stets pfändbar (BGH 2.3.23, V ZB 64/21, Abruf-Nr. 234759).

    Relevanz für die Praxis

    Obwohl die Entscheidung in einem Insolvenzverfahren ergangen ist, ist sie auch auf die Einzelzwangsvollstreckung zu übertragen.

     

    Unpfändbarkeit des Wohnungsrechts

    Das Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) als beschränkt persönliche Dienstbarkeit ist gemäß § 1092 Abs. 1 S. 1 BGB nicht übertragbar und deshalb nicht pfändbar (§ 851 Abs. 1, § 857 Abs. 1 ZPO). Eine Ausnahme besteht aber, wenn die Überlassung der Ausübung an einen anderen nach § 1092 Abs. 1 S. 2 BGB gestattet ist (§ 857 Abs. 3 ZPO).

     

    Durchführung der Pfändung

    Die Pfändung erfolgt nach §§ 857, 829 ZPO. Da es sich um ein drittschuldnerloses Recht handelt, wird die Pfändung mit Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Schuldner als Eigentümer und gleichzeitigem Wohnungsberechtigten wirksam (§ 857 Abs. 2 ZPO).

     

    PRAXISTIPP | Dennoch ist es ratsam, den Schuldner in Modul D als Drittschuldner einzutragen, um dort eine Zuweisung zum Modul K vornehmen zu können. Eine Eintragung dort ist für das Entstehen eines Pfändungspfandrechts unschädlich.

     

    Beachten Sie | Wegen seiner Unveräußerlichkeit, die auch in der Zwangsvollstreckung Bestand hat, darf der Pfändungspfandgläubiger das Wohnrecht nicht zu seiner Befriedigung verwerten, sondern es nur zu diesem Zweck ausüben. Dies schließt eine Überweisung des Stammrechts selbst zur Einziehung oder an Zahlungs statt nach § 857 Abs. 1, § 835 Abs. 1 ZPO ebenso aus, wie eine anderweitige Verwertung durch Versteigerung oder freien Verkauf (BGH NJW 06, 1124). Der Gläubiger darf also im Modul L kein Kreuz setzen.

     

    • Modul L
     

     

    • Schritt 1: Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (Anlage 4)
     

     

    • Anlage: sonstige Anordnungen

    Dem Gläubiger wird die Befugnis zur Ausübung der sich aus dem Wohnrecht ergebenden Rechte überwiesen.

     

    ( ) Alternativ: Zur Ausübung des Wohnrechts wird die Verwaltung durch das Vollstreckungsgericht angeordnet (§ 857 Abs. 4 ZPO). Zum Verwalter wird Herr/Frau … bestellt. Der Verwalter hat die Berechtigung, die Sache in Besitz zu nehmen, die Grundstücksnutzungen in Geld umzusetzen und den nicht für die Verwaltung benötigten Erlös an den Gläubiger bis zur Befriedigung seines Anspruch abzuliefern bzw. für den Gläubiger und den Schuldner gemeinsam zu hinterlegen. Seine Vergütung wird auf monatlich … EUR festgesetzt.

     
    • Anlage zu Modul K

    Gepfändet wird der angebliche Anspruch des Schuldners an dem am Grundstück, Gemarkung …, Flurstück …, Nr. …, eingetragen im Grundbuch von … beim Amtsgericht …, Blatt …, in Abteilung II lfd. Nr. … eingetragenen Wohnrecht.

     
    • Schritt 2: Beschlussentwurfsformular (Anlage 5)
     

     

    PRAXISTIPP | Reicht der Platz im Modul K und M nicht aus, ist es bei softwareintegrierten Formularen zulässig, den Umfang zu erweitern (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ZVFV) . Nutzen Sie die vom BMJ zur Verfügung gestellten Formulare, dürfen Sie eine Anlage verwenden. Dann müssen Sie im Pfändungsantrag der Anlage 4 darauf hinweisen.

     
    • Schritt 3: Forderungsaufstellung (Anlage 4)

    Es ist zwingend die Forderungsaufstellung der Anlage 7 oder 8 beizufügen.

     

    So wird verwertet

    Da sich der Wohnungsberechtigte (Schuldner) für die Pfändung so behandeln lassen muss, als habe er es gestattet, die Ausübung des Wohnungsrechts einem anderen zu überlassen, ist somit § 857 Abs. 3, 4 ZPO zu beachten.

     

    MERKE | Da eine Überweisung nur zum Zweck der Ausübung erfolgen kann, ist dies für Gläubiger vor allem bei Miet- bzw. Pachtobjekten interessant. Denn der Grundstückseigentümer als Inhaber des Wohnungsrechts darf die Räumlichkeiten, wenn er sie denn selbst nicht bewohnt, vermieten bzw. verpachten. Aufgrund der Ausübungsbefugnis stehen dem Gläubiger in diesem Fall die Miet- bzw. Pachteinnahmen zu. Der Schuldner muss den Zugriff auf die aus dem Wohnungsrecht fließenden Ansprüche dulden.

     

    § 857 Abs. 4 S. 2 ZPO bietet daher die Möglichkeit, die Verwertung insbesondere für den Fall der Eigennutzung durch die Anordnung einer Verwaltung zu konkretisieren (BGH NJW 06, 1124). Hiernach kann das Vollstreckungsgericht im Rahmen der Zwangsvollstreckung in ein Nutzungsrecht besondere Anordnungen erlassen, die an §§ 146 ff. ZVG anzulehnen sind.

     

    Eine solche Anordnung beinhaltet zweckmäßigerweise den § 150 Abs. 2, § 152 Abs. 1, § 154 f. ZVG entsprechende Regelungen. Hierzu gehört die Ermächtigung des Verwalters, sich den Besitz des mit dem Wohnrechts belasteten Grundstücks zu verschaffen, die Anordnung an diesen, die Grundstücksnutzungen in Geld umzusetzen und den nicht für die Verwaltung benötigten Erlös an den Gläubiger bis zur Befriedigung seines Anspruchs abzuliefern.

     

    Beachten Sie | Der eine solche Ermächtigung des Verwalters zur Besitzverschaffung enthaltende Beschluss ist Vollstreckungstitel gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, der notfalls mithilfe des Gerichtsvollziehers durchsetzbar ist.

     

    Dilemma: Schuldner als Grundstückseigentümer kann sich zur Wehr setzen

    Nur ein (Fremd)Schuldner, der das mit dem Wohnungsrecht belastete Grundstück selbst bewohnt und der nicht auch zugleich Grundstückseigentümer ist, kann sich gegen eine solche Verwaltungsanordnung (auch nicht unter Berufung auf ein Wohnrecht) nicht entsprechend § 149 Abs. 1 ZVG wehren. Denn diese Vorschrift, die in der Zwangsverwaltung einen Fall der Unterhaltsgewährung aus Billigkeitsgründen darstellt, wirkt allein zugunsten des Schuldners als Eigentümer (BGH NJW 95, 2846). Folge: Gerade in den vom BGH entschiedenen Fällen kann sich der Schuldner also als Grundstückseigentümer u. U. auf § 149 Abs. 1 ZVG berufen. Folge: Wohnt der Schuldner somit zurzeit der Beschlagnahme auf dem Grundstück, sind ihm die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume zu belassen.

     

    Umkehrschluss: Sind die Räume entbehrlich, werden sie also nicht zum Wohnen benötigt, sind sie dem Verwalter gegen Entgeltzahlung zu überlassen. Der Schuldner muss ‒ wie im Fall einer Drittvermietung- oder verpachtung ‒ an den Verwalter eine Miete bzw. Pacht zahlen.

     

    Grundbuchberichtigungsantrag nicht vergessen

    Auf eine Eintragung der Pfändung ins Grundbuch kommt es nicht an. Sie ist jedoch zu empfehlen. Denn sonst besteht die Gefahr, dass das Pfandrecht vereitelt wird. Oder es wird dadurch beeinträchtigt, dass der Schuldner auf sein Wohnungsrecht verzichtet, dieses löschen lässt oder das Ausübungsrecht einem Dritten überlässt.

     

    Die Eintragung der Pfändung hat u. a. zur Folge, dass zu einer eventuellen Löschung des Wohnungsrechts außer der Bewilligung des Schuldners auch die des Gläubigers notwendig ist (BGH WM 74, 324).

     

    MERKE | Dem Grundbuchamt ist das Wirksamwerden der Pfändung in der Form des § 29 GBO nachzuweisen.

     

    Musterformulierung / Grundbuchberichtigungsantrag auf Eintragung der Pfändung

    An das AG

     

    ‒ Grundbuchamt ‒

     

    Betr: Grundbuch von …, Blatt …, Flurstück …

     

    In der Zwangsvollstreckungssache

     

    Vollstreckungsgläubiger

     

    gegen

     

    Vollstreckungsschuldner

     

    zeige ich an, dass ich den Gläubiger vertrete.

     

    Namens und in Vollmacht desselben beantrage ich,

     

    • die Pfändung des im Grundbuch von (genaue Bezeichnung) eingetragenen Eigentümerwohnungsrechts in Abt. II Nr. … im Grundbuch berichtigend einzutragen.

     

    Begründung

    In der Anlage überreiche ich den Pfändungsbeschluss des … vom …, Az. … nebst Zustellungsnachweis über die Pfändung des im Antrag näher bezeichneten Wohnungsrechts und bitte deshalb um die berichtigende Eintragung der Pfändung.

     

    Rechtsanwalt

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2023 | Seite 155 | ID 49620316