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  • · Fachbeitrag · Vollstreckungspraxis

    Vollstreckungs-Tipp des Monats

    | Viele Menschen üben neben ihrer Beschäftigung oder im Ruhestand ein Ehrenamt aus. Dabei erhalten die Ehrenamtlichen häufig auch Gelder. Ob diese pfändbar sind, hängt davon ab, ob ein tatsächlich entstandener Aufwand abgegolten oder Verdienstausfall ausgeglichen wird. Unsere Leserin, Gudrun Bauer, Bürovorsteherin, Berlin, berichtete uns von einem Fall, in dem der Schuldner ehrenamtlich in einem Tischtennisverein tätig war. |

     

    • Vollstreckungs-Tipp des Monats: Ehrenamt schützt nicht vor Vollstreckung

    Unsere Leserin bearbeitete die Vollstreckung gegen Schuldner S. schon länger. Er zahlte seit zwei Jahren Raten. S. war gelernter Bankkaufmann, hatte sich später zum Fachberater für Finanzdienstleistungen weitergebildet und dann selbstständig gemacht. Er beriet seitdem kleine Unternehmen, Stiftungen und Vereine in Finanzfragen. Nun beklagte er jedoch die Corona-Krise. Er habe Verdienstausfall „auf ganzer Linie“ erlitten. Bei ihm sei „nichts mehr zu holen“.

     

    Unsere Leserin hatte häufig gegen Selbstständige vollstreckt. Mehrfach hatten diese Einkommen oder Aufträge verschwiegen. Ob S. auch so ein „Spezialist“ war? Unsere Leserin googelte los. Schnell entdeckte sie ein Foto des S. auf der Website eines Tischtennisvereins an seinem Wohnort. Unter der Rubrik „Ehrenamtliche Helfer“ lächelte er in die Kamera. In einem kurzen Statement berich-tete er, dass er sich im Verein um „die Finanzen“ kümmere. Ehrenamt sei für ihn Ehrensache und daher helfe er auch noch in weiteren Vereinen.

     

    Das war ein Ansatzpunkt für weitere Recherchen. Und tatsächlich: Ein Lauf- und ein Heimatverein führten S. ebenfalls auf deren Websites als „Unser Mann für die Finanzen“ und „Schatzmeister (ehrenamtlich)“. War S. wirklich so vielseitig interessiert oder hatte er gar ein „Herz aus Gold“? Oder versuchte er, seine ‒ behaupteten ‒ Corona-bedingten Einkommensverluste durch diese Aktivitäten zu kompensieren? Oder handelte es sich schlichtweg um verheimlichte Hinzuverdienste. Ein weiteres Problem: Ob ein Ehrenamt entschädigt wird, wissen Außenstehende, wie unsere Leserin, meist nicht. Zwar kannte sie die Regelung, wann Gelder aus einem Ehrenamt pfändbar sind oder nicht (VE 17, 131). Aber weitere Einzelheiten zu S. in diesem Zusammenhang waren ihr unbekannt. Was nun?

     

    Unsere Leserin pokerte. Sie schrieb S. und deutete dabei nur an, dass sie um dessen Aufwandsentschädigungen wisse und welche vollstreckungsrechtlichen Konsequenzen drohen könnten. Unsere Leserin war selbst überrascht, als S. die Raten sofort wieder zahlte und sogar freiwillig Auskunft über seine Einkünfte erteilte. Unsere Leserin vermutet, dass S. befürchtete, es könne in den Vereinen bekannt werden, dass er Schuldner ist oder dass sogar ein Gerichtsvollzieher vorbeischaut.

     

     

    Oft sind es ungewöhnliche Vollstreckungsmethoden oder sogar Zufälle, die helfen, dem Schuldner auf die Schliche zu kommen und die Vollstreckung erfolgreich zu beenden. Diese Fälle sammeln wir und veröffentlichen sie an dieser Stelle im Leser-Erfahrungsaustausch. Schildern auch Sie uns Ihren „schönsten Fall“. Wird er veröffentlicht, erhalten Sie ein Einsenderhonorar von 50 EUR. Unsere Anschrift: IWW Institut, Redaktion „Vollstreckung effektiv“, Aspastraße 24, 59394 Nordkirchen, Fax: 02596 922-99, E-Mail: ve@iww.de.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2020 | Seite 182 | ID 46809317