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  • · Fachbeitrag · Vollstreckungskosten

    Wenn einer von mehreren Mietern vor Räumung auszieht ...

    | Oft ergeht gegen mehrere beklagte Mieter ein Urteil, wonach diese als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die gemeinschaftliche Wohnung zu räumen und an den Gläubiger herauszugeben. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, erteilt der Gläubiger dem Gerichtsvollzieher einen Räumungsauftrag. Zieht einer der ehemaligen Mieter dann freiwillig vor der Zwangsräumung aus, wird gegen die anderen vollstreckt. Doch kann der Gläubiger die Vollstreckungskosten auch gegen den Schuldner festsetzen lassen, der freiwillig geräumt hat? Ja ‒ sagt das LG Frankfurt. |

     

    Bei einer gesamtschuldnerischen Haftung ‒ wie hier ‒ ist jeder der Schuldner gemäß § 421 S. 1 BGB verpflichtet, die ganze Leistung zu bewirken (LG Frankfurt 10.6.15, 2 T 2-9 T 162/15, Abruf-Nr. 185992). Die ganze Leistung besteht darin, die Wohnung vollständig zu räumen. Sie beschränkt sich nicht darauf, dass ein Mieter nur die eigenen Sachen entfernt.

     

    Beachten Sie | Im Rahmen der Kostenfestsetzung muss sich der Vollstreckungsauftrag gegen sämtliche Schuldner als Gesamtschuldner richten, auch wenn einer bzw. mehrere Schuldner bereits freiwillig geräumt haben.

     

    Die Entscheidung ist von derjenigen zu unterscheiden, bei der nur gegen einen Mieter vollstreckt wird, der allerdings freiwillig räumt (LG Koblenz VE 15, 146; LG Koblenz DGVZ 06, 71; LG Mannheim NZM 99, 956; Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, 7. Aufl., § 788 Rn. 8.26). Danach gilt: Wird keine Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt, weil der Schuldner bereits vor Beginn der Vollstreckung freiwillig geräumt hat, können die Kosten mangels Notwendigkeit nicht festgesetzt werden.

     

    Beachten Sie | Dies gilt aber nur, wenn der Schuldner frühzeitig den Gerichtsvollzieher informiert, um damit zu erreichen, dass der Räumungsauftrag zurückgenommen wird (AG Geldern DGVZ 03, 76). Hat der Schuldner also den Gerichtsvollzieher nicht informiert, bzw. zu kurzfristig (z. B. einen Tag vor dem Räumungstermin oder am selben Tag), hat der Schuldner es selbst herbeigeführt, dass Kosten als notwendig und erstattungsfähig entstehen.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Zwangsvollstreckung gegen mehrere Schuldner stellt „mehrere Angelegenheiten“ i. S. d. §§ 15, 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG dar. Insofern können Sie pro Schuldner jeweils eine 0,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 RVG VV beanspruchen. Der Wert bemisst sich hierbei nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 RVG und zwar nach dem Wert der herauszugebenden Sache; der Gegenstandswert darf jedoch den Wert nicht übersteigen, mit dem der Herausgabe- oder Räumungsanspruch nach den für die Berechnung von Gerichtskosten maßgeblichen Vorschriften zu bewerten ist. Insofern ist hier als Höchstgrenze der Jahresmietwert anzusetzen (§ 41 Abs. 2 S. 1 GKG). Der Gegenstandswert hinsichtlich der Anwaltsvergütung für die Räumungsvollstreckung fällt daher nicht höher aus als für den Räumungsprozess.

     
    Quelle: Ausgabe 08 / 2016 | Seite 137 | ID 44147190