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  • Vollstreckungspraxis

    Die Vollstreckung des Zwangsmittels bei der Vollstreckung zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung

    von RiLG Frank-Michael Goebel, Koblenz/Rhens

    Die Verpflichtung des Schuldners zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung wird nach § 888 ZPO durch die Festsetzung eines Zwangsgelds oder von Zwangshaft auf Antrag des Gläubigers beim Prozessgericht durch diesen vollstreckt (s.S. 18-22). Damit der Schuldner tatsächlich zur Vornahme der allein von seinem Willen abhängigen Handlung angehalten wird, muss das jeweilige Zwangsmittel auch durchgesetzt werden.

    Der Zwangsmittelbeschluss muss dem Schuldner zugestellt werden

    Der Beschluss über die Festsetzung des Zwangsgelds und der ersatzweisen Zwangshaft ist dem Schuldner ebenso wie der Beschluss über die Festsetzung der Zwangshaft nach § 329 Abs. 3 ZPO von Amts wegen zuzustellen. Als Voraussetzung der weiteren Vollstreckung muss der Gläubiger dies kontrollieren und sich nach § 169 Abs. 1 ZPO eine Zustellbescheinigung erteilen lassen.

    Für den Zwangsmittelbeschluss ist eine Vollstreckungsklausel nötig

    Der Zwangsmittelbeschluss bedarf auch einer Vollstreckungsklausel, da er und nicht der Ausgangstitel Grundlage der Beitreibung des Zwangsgelds bzw. der Vollstreckung der Zwangshaft ist (Schuschke/Walker, Vollstreckung, 3. Aufl., § 888 Rn 41; Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 888 Rn. 13; Gottwald , Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 888 Rn. 21; a.A. Baumbach/Lauterbach, ZPO, 61. Aufl., § 888 Rn. 18; LG Kiel DGVZ 83, 156).

    Tipp: Zur Vermeidung einer verzögerten Vollstreckung sollte sich der Gläubiger jedoch nicht auf diese Streitfrage einlassen, da das gesamte Verfahren beim Prozessgericht erster Instanz betrieben wird und daher die Klausel nach § 724 ZPO ohne spürbaren Zeitverlust erlangt werden kann. Wendet sich dagegen der Schuldner gegen die ohne Vollstreckungsklausel betriebene Zwangsvollstreckung mit der Erinnerung nach § 766 ZPO wegen eines behaupteten Verstoßes gegen § 750 ZPO, ist der Zeitverlust gravierender. Die Kosten-Nutzen-Relation spricht also dafür, stets eine Vollstreckungsklausel zu beantragen.

    Die Beitreibung des Zwangsgelds erfordert einen Antrag des Gläubigers

    Die Beitreibung des Zwangsgelds erfolgt nur auf Antrag des Gläubigers beim jeweiligen Vollstreckungsorgan und nicht von Amts wegen (BGH NJW 83, 1859; OLG Frankfurt JurBüro 86, 1259; LAG Hamburg NZA 85, 373; OLG Hamm FamRZ 82, 185; a.A. OLG München NJW 83, 947; LG Koblenz MDR 83, 851; Baumbach/Lauterbach, a.a.O., Rn. 18).

    Das beigetriebene Zwangsgeld steht allerdings nicht dem Gläubiger, sondern der Staatskasse zu (BGH NJW 83, 1859). Hierbei ist zu beachten, dass die Vollstreckung nach den allgemeinen Regeln der Vollstreckung einer Geldforderung, also durch den Gerichtsvollzieher nach §§ 803 ff. ZPO, den Rechtspfleger als Vollstreckungsgericht im Rahmen der Forderungspfändung nach §§ 828 ff. ZPO oder mittels Immobiliarvollstreckung erfolgt.

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    Praxishinweis: Kann das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden, wird dies vom Vollstreckungsorgan mit der Fruchtlosigkeitsbescheinigung bescheinigt. Der Gläubiger kann in diesem Fall die ersatzweise angeordnete Zwangshaft vollstrecken. Wurde sie bei der Festsetzung des Zwangsgelds nicht unmittelbar angeordnet, kann der Gläubiger dies gesondert beim Prozessgericht beantragen (Gottwald, Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., Rn. 23; Schuschke/Walker, Vollstreckung, 3. Aufl., Rn. 41 a.E.).

    Auch die Zwangshaft wird nur auf Antrag des Gläubigers vollstreckt

    Hat der Gläubiger das Zwangsgeld beigetrieben, ohne dass der Schuldner die unvertretbare Handlung vorgenommen hat, kann er die Festsetzung eines höheren Zwangsgelds beim Prozessgericht beantragen und dies vollstrecken. Dies kann er bis zur Festsetzung von Zwangshaft anstelle eines Zwangsgelds (s. o., S. 23) fortsetzen. Die angeordnete originäre Zwangshaft wird dann ebenso wie die ersatzweise für den Fall der fehlenden Beitreibbarkeit des Zwangsgelds festgesetzte Ersatzzwangshaft nur auf Antrag des Gläubigers vollstreckt. Der Gläubiger muss den ihm vom Prozessgericht zu übersendenden Haftbefehl dem Gerichtsvollzieher übergeben, der nach § 888 Abs. 1 S. 3 ZPO die Verhaftung nach den Bestimmungen der §§ 899 ff. ZPO vollzieht. Erfüllt der Schuldner seine Verpflichtung nicht, ist er nach § 913 ZPO spätestens nach sechs Monaten aus der Haft zu entlassen.

    Praxishinweis: Nach der Vollstreckung der Zwangshaft über einen Zeitraum von sechs Monaten ist die Vollstreckung der Verpflichtung zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung unmöglich geworden, so dass der Gläubiger auf den Anspruch auf Ersatz des Interesses nach § 893 ZPO beschränkt ist.

    Quelle: Vollstreckung effektiv - Ausgabe 02/2003, Seite 23

    Quelle: Ausgabe 02 / 2003 | Seite 23 | ID 107609