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  • 02.04.2009 | Unvertretbare Handlung

    Kostentragungspflicht des Schuldners trotz Antragsrücknahme des Gläubigers

    Der Schuldner muss die Kosten des Verfahrens nach § 888 ZPO auch tragen, wenn der Gläubiger aufgrund des vorangegangenen Verhaltens des Schuldners davon ausgehen musste, nur mit Hilfe eines Vollstreckungsverfahrens seine titulierten Ansprüche durchsetzen zu können (OLG Koblenz 9.2.09, 1 W 721/08 Abruf-Nr. 090861).

     

    Sachverhalt

    Durch Beschlussvergleich vom 11.12.07 hat sich der Schuldner zur Rückabwicklung von notariellen Kaufverträgen verpflichtet. Der Entwurf des Rückabwicklungsvertrags wurde ihm am 19.3.08 durch den Notar zugestellt. Bis zum 14.5.08 hat sich der Schuldner nicht mit dem Notar zwecks Vereinbarung eines Beurkundungstermins in Verbindung gesetzt, weshalb seitens des Gläubigers am 15.5.08 eine erneute schriftliche Aufforderung erfolgte. Mit Schreiben vom 9.6.08 wurde der Schuldner erneut aufgefordert, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Da die Beurkundung des notariellen Vertrags bis zum 5.8.08 nicht erfolgte, musste der Gläubiger davon ausgehen, dass der Schuldner nicht bereit ist, seinen Verpflichtungen freiwillig nachzukommen. Daher beantragte der Gleäubiger am 6.8.08 die Festsetzung eines Zwangsgeldes gemäß § 888 ZPO. Am 20.8.08 hat der Schuldner seine Verpflichtungen erfüllt. Aufgrund dessen hat der Gläubiger am 2.9.08 die Antragsrücknahme erklärt und beantragt, dem Schuldner die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Das LG legte dem Gläubiger nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO die Kosten auf. Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers hob das OLG den Beschluss auf und legte dem Schuldner die Verfahrenskosten auf.  

     

    Entscheidungsgründe

    Entgegen der Auffassung des LG muss der Gläubiger aufgrund der Antragsrücknahme die Kosten nicht gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO tragen:Die Kostenfolge hinsichtlich des zurückgenommenen Antrags des Gläubigers nach § 888 ZPO ergibt sich aus § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO und nicht aus § 788 ZPO. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO ist auch im Rahmen einer Vollstreckungsmaßnahme gemäß § 888 ZPO anwendbar (Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 891 Rn. 2). Auch wenn in § 891 S. 3 ZPO der § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nicht genannt ist, wird die entsprechende Anwendung des in § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgrundsatzes auch im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens gemäß § 888 ZPO in Rechtsprechung und Schrifttum einhellig bejaht. Vielmehr gilt § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nicht nur für die Zurücknahme einer Klage, sondern auch für alle sonstigen Anträge, über die eine mündliche Verhandlung zulässig ist (Zöller/Greger, a.a.O., § 269 ZPO, Rn. 1), wovon auch der Antrag auf Verhängung von Zwangsmitteln im Sinne des § 888 ZPO erfasst wird.  

     

    Die Interessenlage eines Klägers ist im Falle der vom Beklagten „verursachten“ gerichtlichen Geltendmachung von materiellen Ansprüchen mit der des Gläubigers bei der Geltendmachung von vom Schuldner „verursachten“ vollstreckungsrechtlichen Ansprüchen vergleichbar. Von daher ist es nicht einsehbar, dass der Gläubiger die Kosten für ein letztlich vom Schuldner zu verursachendes prozessuales Verhalten tragen soll. Als Folge hieraus war gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO über die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Ebenso wie bei einer Entscheidung gemäß § 91a ZPO der Grundgedanke des § 93 ZPO, ob also der Beklagte dem Kläger Veranlassung zur Klage gegeben und deshalb die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, heranzuziehen ist, gilt dies in gleicher Weise auch bei einer Kostenentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO. Die §§ 91a Abs. 1 und 269 Abs. 3 S. 3 ZPO enthalten gleichlautende Kriterien für die Kostenentscheidung. Veranlassung zur Klageerhebung hat ein Beklagter hierbei dann gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen (Zöller/Herget, a.a.O., § 93 Rn. 3).