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26.03.2009 · IWW-Abrufnummer 090861

Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 09.02.2009 – 1 W 721/08

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


1 W 721/08
4 O 323/06 LG Koblenz

Oberlandesgericht Koblenz

Beschluss

In dem Rechtsstreit XXX

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch XXX am 9. Februar 2009 beschlossen:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 30. Oktober 2008 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 23. September 2008 dahingehend abgeändert, dass die Schuldnerin die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens zu tragen hat; sie hat ebenfalls die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 1800 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die nunmehr ausgesprochene Kostentragungspflicht der Schuldnerin ergibt sich aus der Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO. Entgegen der in dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin vom 8. Januar 2009 geäußerten Auffassung ist die Vorschrift des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO nicht nur für die Rücknahme einer Klage, bzw. dem Vorliegen materieller Ansprüche, sondern gerade auch für alle sonstigen Anträge, über die eine mündliche Verhandlung zulässig ist, anwendbar.
Dies gilt insbesondere auch für einen Antrag auf Verhängung von Zwangsmitteln im Sinne von § 888 Abs. 1 ZPO (so u.a. m.w.N. OLG Köln in OLGR 2004, 79). Dies ist auch angezeigt, da die Interessenlage des Klägers im Falle der vom Beklagten „verursachten“ gerichtlichen Geltendmachung von materiellen Ansprüchen mit der des Gläubigers bei der Geltendmachung von, von dem Schuldner „verursachten“ vollstreckungsrechtlichen Ansprüchen vergleichbar ist. In beiden Fällen ist nicht einsehbar, dass der Gläubiger die Kosten für ein letztlich von dem Schuldner zu verursachendes prozessuales Verhalten tragen soll.

Auch liegt – wiederum entgegen der Auffassung der Schuldnerin – die weitere Voraussetzung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO dergestalt vor, dass der Anlass zur Einreichung der Klage hier vor Rechtshängigkeit weggefallen ist. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Schuldnerin ihre Verpflichtung aus dem Beschlussvergleich der Parteien vom 11. Dezember 2007 erst unter dem 20. August 2008 erfüllt hat (Rückabwicklung der notariellen Kaufverträge). Ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Zustellungsurkunde (Bl. 110 GA) erfolgte die förmliche Zustellung des Antrages nach § 888 ZPO an die Schuldnerin am 9. September 2008. Der Anlass zur Einreichung der Klage (bzw. des Antrages nach § 888 ZPO) ist damit vor Rechtshängigkeit weggefallen. Entgegen der Auffassung der Schuldnerin ändert sich hieran auch nichts dadurch, dass ihren Prozessbevollmächtigten unter dem 8. August 2008 zur Kenntnis gebracht wurde, dass der Antrag nach § 888 ZPO der Schuldnerin von Amts wegen zugestellt wurde. Diese Kenntnisnahme erfolgt nämlich gemäß der Verfügung des Landgerichts vom 8. August 2008 (Bl. 87 GA) lediglich formlos. Gemäß § 261 ZPO tritt die Rechtshängigkeit durch die Erhebung der Klage ein, wobei gemäß § 253 ZPO die Erhebung der Klage die Zustellung (förmliche) voraussetzt. Es war damit hier auf den 9. September 2008 (Förmliche Zustellung des Antrages bei der Schuldnerin) abzustellen.

Als Folge hieraus war gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO über die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Ebenso wie bei einer Entscheidung gemäß § 91 a ZPO der Grundgedanke des § 93 ZPO, ob also der Beklagte dem Kläger Veranlassung zur Klage gegeben und deshalb die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, heranzuziehen ist, gilt in gleicher Weise auch bei einer Kostenentscheidung gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO. Die §§ 91 a Abs. 1 und 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO enthalten gleichlautende Kriterien für die Kostenentscheidung. Veranlassung zur Klageerhebung hat ein Beklagter hierbei dann gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn ohne Rücksicht auf Verschulden und materielle Rechtslage gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen(Zöller-Herget, ZPO, 27. Aufl., § 93 Rdnr. 3). Übertragen auf ein Vollstreckungsverfahren – wie vorliegend – hat deshalb ein Schuldner die Kosten des Verfahrens dann zu tragen, wenn der Gläubiger aufgrund des vorangegangenen Verhaltens des Schuldners davon ausgehen musste, nur mit Hilfe eines Vollstreckungsverfahrens seine titulierten Ansprüche durchsetzen zu können.

Vorliegend hat die Schuldnerin den Gläubigern im oben aufgeführten Sinne Veranlassung gegeben, einen Vollstreckungsantrag gemäß § 888 ZPO zu stellen. Der Beschlussvergleich der Parteien datiert auf den 11. Dezember 2007. Aktivitäten der Schuldnerin zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus diesem Beschlussvergleich sind von ihr unstreitig bis zur Stellung des Vollstreckungsantrages gemäß § 888 ZPO nicht entfaltet worden. Entscheidend ist aber, dass die Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin mit Schriftsatz vom 5. Juni 2008 (Bl. 89 GA) dem Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin ausdrücklich bestätigt haben, der Schuldnerin sei unter dem 5. Juni 2008 eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlussvergleichs zugestellt worden. Tätig geworden ist sie in der Folgezeit wiederum unstreitig nicht. Damit durften aber die Gläubiger spätestens ab diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass die Schuldnerin ohne Zwangsmittel nicht bereit war, ihren Verpflichtungen aus dem Beschlussvergleich nachzukommen. Die Stellung des Antrages gemäß § 888 ZPO ist somit von der Schuldnerin veranlasst worden. Aus diesem Grund waren ihr auch die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens aufzuerlegen.

Etwas anderes ergibt sich schließlich – entgegen der in dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin vom 8. Januar 2009 geäußerten Auffassung – auch nicht dadurch, dass der Antrag gemäß § 888 ZPO weder einen bestimmten Betrag, noch einen Mindest- oder Höchstbetrag aufweist. Dies führt entgegen der Auffassung der Schuldnerin nicht zur Unzulässigkeit des Antrages. Der Antrag nach § 888 ZPO braucht nämlich weder ein bestimmtes Zwangsmittel noch ein bestimmtes Zwangsmaß zu bezeichnen. Dies ergibt sich daraus, dass sich der Antrag des Gläubigers nach dem Wortlaut des § 888 ZPO nur darauf erstreckt, den Schuldner zur Vornahme der Handlung anzuhalten (so ebenfalls OLG Köln in MDR 1982, 589; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 888 Rdnr. 22).

Nach alledem war folglich der angefochtene Beschluss des Landgerichts Koblenz abzuändern und die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens der Schuldnerin aufzuerlegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

RechtsgebietProzessrecht Vorschriften269 Abs. 3 Satz 3 ZPO

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