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  • 05.05.2009 | Lohnverschleierung

    Ob verschleiertes Einkommen vorliegt, muss einzelfallbezogen beurteilt werden

    § 850h Abs. 2 S. 2 ZPO, wonach bei der Prüfung, ob der Schuldner einem Dritten in einem ständigen Verhältnis Arbeiten oder Dienste gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung leistet, auf alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art der Arbeits- und Dienstleistung, die verwandtschaftlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen dem Dienstberechtigten und dem Dienstverpflichteten und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Dienstberechtigten, Rücksicht zu nehmen ist, erfordert eine fallbezogene Beurteilung und schließt die fallübergreifende Annahme aus, eine Vergütung sei immer dann nicht unverhältnismäßig gering, wenn sie mehr als 75 Prozent der üblichen Vergütung beträgt (BAG 22.10.08, 10 AZR 703/07, Abruf-Nr. 090190).

     

    Sachverhalt/Entscheidungsgründe

    Der Kläger ist Insolvenzverwalter. Der Schuldner war Gesellschafter und Geschäftsführer der insolventen Gesellschaft. Seiner nicht erwerbstätigen Ehefrau leistet er Unterhalt. Er ist bei der Beklagten für ein monatliches Bruttogehalt von 2.300 EUR wöchentlich 40 Stunden tätig. Das Tätigkeitsgebiet der Beklagten, die nach der Insolvenz der früheren Gesellschaft gegründet wurde, entspricht im Wesentlichen dem der insolventen Gesellschaft. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Schuldner bei der Beklagten die Tätigkeit eines Geschäftsführers ausübt und Personalverantwortung hat. Der Kläger geht davon aus, die Tätigkeit des Schuldners rechtfertige ein Bruttogehalt von 3.000 EUR pro Monat, sodass verschleiertes Arbeitseinkommen vorliege. Dagegen trägt die Beklagte vor, die Tätigkeit des Schuldners könne auch von einem weniger qualifizierten Mitarbeiter ausgeführt werden.  

     

    Der Gläubiger pfändete das Arbeitseinkommen des Schuldners und ließ es sich zur Einziehung überweisen. Das LAG ging davon aus, dass der Schuldner Aufgaben der Geschäftsführung wahrnimmt, sodass die gezahlte Vergütung nicht angemessen sei. Verschleiertes Arbeitseinkommen liege nicht vor, wenn die übliche Vergütung um weniger als 25 Prozent unterschritten werde. Es wies daher die Klage im Wesentlichen ab, obwohl es davon ausgegangen war, dass die übliche Vergütung für eine Tätigkeit des Schuldners 3.000 EUR im Monat betrage.  

     

    Das BAG hielt die Revision des Klägers für begründet. Eine nicht einzelfallbezogene Beurteilung, wie sie das LAG durch bloße Prüfung, ob die angemessene Vergütung um mehr als 25 Prozent unterschritten wird, vorgenommen hat, ist unzulässig. Zwar hat das BAG entschieden, eine Vergütung für angestellte Lehrkräfte, die eine Vergütung von Lehrkräften im öffentlichen Dienst um mehr als 25 Prozent unterschreitet, sei sittenwidrig (BAG NZA 06, 1354). Diese Rechtsprechung ist aber nicht auf die Frage übertragbar, ob verschleiertes Arbeitseinkommen vorliegt, denn die Frage der fehlenden Sittenwidrigkeit sagt noch nichts über die Angemessenheit der Vergütung aus. Zu berücksichtigen sind vielmehr alle Umstände des Einzelfalls, die sich insbesondere aus dem Leitsatz ergeben. Für den entschiedenen Fall führt das BAG aus, bei einer üblichen Vergütung von 3.000 EUR und einer tatsächlichen von 2.300 EUR könne bei einem wirtschaftlich leistungsfähigen Unternehmen selbst bei einem Kleinbetrieb nur in Ausnahmefällen die Vergütung als nicht unverhältnismäßig angesehen werden.