Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 04.06.2009 | Forderungspfändung

    Das müssen Sie jetzt bei der Pfändung des Pflichtteilsanspruchs beachten

    In VE 09, 80, haben wir über die aktuelle Entscheidung des BGH vom 26.2.09 (Abruf-Nr. 091118) zur Pfändung eines Pflichtteilsanspruchs berichtet. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:  

     

    Sachverhalt der BGH-Entscheidung

    Gläubiger G. betreibt gegen Schuldner S. wegen einer titulierten Forderung die Zwangsvollstreckung. Auf seinen Antrag hat das Vollstreckungsgericht den angeblichen Anspruch des S. gegen den Drittschuldner D. „auf Pflichtteil nach J.K., gestorben am 31.12.02“ gepfändet und ihm zur Einziehung überwiesen. G. hat sich weder in seinem Antrag noch im weiteren Verfahren dazu geäußert, ob der Pflichtteilsanspruch durch Vertrag anerkannt worden oder rechtshängig geworden ist. Auch der PfÜB enthält insoweit keine Angaben oder Hinweise auf eine eingeschränkte Wirkung der Pfändung.  

     

    D. hat gegen den PfÜB Erinnerung eingelegt. Begründung: Die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO müssten bereits im Antrag dargelegt und im Beschluss zum Ausdruck gebracht werden; ein Überweisungsbeschluss sei erst zulässig, wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien.  

     

    Die Erinnerung ist ebenso wie die anschließende sofortige Beschwerde ohne Erfolg geblieben. Die zugelassene Rechtsbeschwerde des D. hat teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Beschlusses, soweit in ihm die Überweisung des gepfändeten Pflichtteilsanspruchs an G. zur Einziehung angeordnet wurde, zur Aufhebung der diesen Teil des Beschlusses bestätigenden Rechtsmittelentscheidungen und zur Zurückweisung des entsprechenden Antrags G. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Pfändung richtet, ist sie unbegründet.  

     

    So argumentiert der BGH

    Während der BGH den erlassenen Pfändungsbeschluss nicht beanstandete, hob er den Überweisungsbeschluss mit folgender Begründung auf:  

     

    Checkliste: die Kernargumente des BGH
    • Nur die Verwertbarkeit hängt von vertraglichem Anerkenntnis bzw. Rechtshängigkeit ab: Nach § 852 Abs. 1 ZPO ist der Pflichtteilsanspruch der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt worden oder rechtshängig geworden ist. Trotz dieses Wortlauts ist ein Zugriff der Gläubiger auf den Anspruch möglich, bevor die Voraussetzungen der Norm vorliegen. Gepfändet wird nämlich der in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO aufschiebend bedingte Pflichtteilsanspruch (BGHZ 123, 183; BGH NJW 97, 2384). Der Anspruch ist daher ohne Einschränkung mit einem Pfandrecht belegt. Der Schuldner darf deshalb über die Forderung nicht mehr verfügen. Der Rang des Pfandrechts bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Pfändung. Der gepfändete Anspruch darf jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO verwertet werden (Kuchinke, NJW 94, 1769). Damit hängt nicht die Pfändbarkeit, sondern erst die Verwertbarkeit vom vertraglichen Anerkenntnis bzw. von der Rechtshängigkeit ab (Hannich, Die Pfändungsbeschränkung des § 852 ZPO, S. 69).

     

    • Inhalt von Pfändungsantrag und -beschluss sind umstritten: Einerseits wird vertreten, der Gläubiger müsse in seinem Antrag schlüssig vortragen, dass die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorlägen (Behr, JurBüro 96, 65; Wieczorek/Schütze/Lüke, 3. Aufl., ZPO, § 852 Rn. 6; MüKo/Smid, ZPO, 2. Aufl., § 852 Rn. 5). Der Pfändungsbeschluss müsse daher erkennen lassen, ob der Rechtspfleger von einem Anerkenntnis oder von der Rechtshängigkeit ausgegangen sei (Schuschke/Walker/Kessal-Wulf, ZPO, 4. Aufl., § 852 Rn. 6).

     

    Da die Verwertbarkeit in der Schwebe bleibe, solange die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO nicht erfüllt seien, gehöre ein entsprechender Hinweis zur Bestimmung des Anspruchs in Antrag und Beschluss (Kuchinke, a.a.O.; LG Münster NJW-RR 06, 1020).

     

    Nach der Gegenansicht müssen Antrag und Beschluss insoweit keine Angaben enthalten (Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl., Rn. 273a; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 852 Rn. 3, 4; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 852 Rn. 4; Musielak/Becker, ZPO, 6. Aufl., § 852 Rn. 3; Greve, ZIP 96, 699; Hannich, a.a.O.). Begründung: Vertragliche Anerkennung oder Rechtshängigkeit sind nach der Rechtsprechung des BGH nicht Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung. Dieser Auffassung hat sich nun auch der BGH mit der o.g. Entscheidung vom 26.2.09 (a.a.O.) angeschlossen.

     

    • Bestimmtheitsgrundsatz ist gewahrt: Es liegt kein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vor, wenn der Antrag auf Erlass eines Beschlusses zur Pfändung eines Pflichtteilsanspruchs oder der Beschluss selbst keine Angaben dazu enthalten, ob der Anspruch vom Schuldner vertraglich anerkannt worden oder rechtshängig geworden ist. Denn diese Angaben sind nicht Voraussetzung für die Pfändung des Anspruchs. Solche Angaben sind daher vom Vollstreckungsgericht auch nicht zu prüfen. Ohnehin wird der Gläubiger häufig nicht über entsprechende Erkenntnisse verfügen, sodass er dann gezwungen würde, ins Blaue Angaben zu machen.

     

    • § 852 Abs. 1 ZPO schränkt Verwertung nur ein: Dass die Verwertung des Anspruchs erst erfolgen darf, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen, ist eine gesetzliche Einschränkung. Sie ist nicht Inhalt des Pfändungsbeschlusses, und es ist von Gesetzes wegen nicht geboten, sie in diesen aufzunehmen. Ähnlich liegt es bei der - wenn auch nur in Grenzen vergleichbaren - Pfändung einer aufschiebend bedingten Forderung. Sie kann ohne Hinweis darauf erfolgen, dass erst verwertet werden darf, wenn die Bedingung eingetreten ist (Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl., Rn. 273a Fn. 26; BGHZ 123, 183, 187). Dass bei der Pfändung einer zukünftigen Forderung ein ausdrücklicher Hinweis im Pfändungsbeschluss verlangt wird, beruht darauf, dass abgesehen von den in §§ 832, 833 Abs. 2 ZPO geregelten Ausnahmefällen die Pfändung sonst nur die dem Schuldner bereits zustehenden und nicht künftige Ansprüche erfasst (OLG Karlsruhe, NJW-RR 93, 242; Zöller/Stöber, a.a.O., § 29 Rn. 10).

     

    • Ausreichender Schutz des Schuldners und Drittschuldners ist gewährleistet: Die Interessen des Schuldners und des Drittschuldners werden nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn der Pfändungsbeschluss keine ergänzenden Angaben enthält. Sie sind ausreichend dadurch geschützt, dass der Überweisungsbeschluss erst ergehen darf, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO tatsächlich vorliegen, wozu der Gläubiger bei einem entsprechenden Antrag Angaben machen muss. Allerdings empfiehlt es sich für die Vollstreckungsgerichte im Hinblick auf die missverständliche Formulierung in § 852 Abs. 1 ZPO bis zu einer gesetzlichen Klarstellung, in den Pfändungsbeschluss in allgemein verständlicher Form einen Hinweis aufzunehmen, dass die Verwertung des gepfändeten Pflichtteilsanspruchs erst erfolgen darf, wenn der Anspruch durch Vertrag anerkannt worden oder rechtshängig geworden ist. Durch diese Information wird Schuldner und Drittschuldner verdeutlicht, dass zwar die Pfändung, anders als es der Wortlaut von § 852 Abs. 1 ZPO nahe legt, erfolgen konnte, dass aber eine Einziehung des Anspruchs durch den Gläubiger erst in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen der Norm vorliegen. Damit kann der denkbaren Gefahr, dass allein die Zustellung des Pfändungsbeschlusses den Drittschuldner zu einer Zahlung an den Gläubiger veranlasst, vorgebeugt werden.

     

    Praxishinweis: Danach ist im vorliegenden Fall der Pfändungsbeschluss nicht zu beanstanden. Der gepfändete Pflichtteilsanspruch ist hinreichend bestimmt. Der Beschluss ist nicht deshalb fehlerhaft, weil er keinen Hinweis auf die nur bedingte Verwertbarkeit enthält.