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  • 01.03.2006 | Fehlervermeidung

    Achtung bei Lohnsteuerklassenwechsel des Schuldners

    Hat der Schuldner vor der Pfändung eine ungünstigere Lohnsteuerklasse in Gläubigerbenachteiligungsabsicht gewählt, kann er bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrags schon im Jahr der Pfändung so behandelt werden, als sei sein Arbeitseinkommen gemäß der günstigeren Lohnsteuerklasse zu versteuern. Wählt der Schuldner nach der Pfändung eine ungünstigere Lohnsteuerklasse oder behält er diese für das folgende Kalenderjahr bei, gilt dies auch ohne Gläubigerbenachteiligungsabsicht schon, wenn für diese Wahl objektiv kein sachlich rechtfertigender Grund gegeben ist (BGH 4.10.05, VII ZB 26/05, NZI 06, 114, Abruf-Nr. 053231).

     

    Sachverhalt

    Die Gläubigerin erwirkte gegen den Schuldner einen PfÜB hinsichtlich dessen Arbeitseinkommen. Der Schuldner hatte zuvor die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Danach verdiente er ca. 1.800 EUR brutto, seine Ehefrau ca. 1.400 EUR netto. Das Einkommen der Ehefrau des Schuldners wird nach Steuerklasse III, das des Schuldners nach Steuerklasse V versteuert. Der Schuldner erzielt auf diese Weise ein pfändungsfreies Nettoeinkommen, während sich bei einer Einkommensversteuerung nach Steuerklasse IV ein pfändbarer Betrag ergäbe. Die Gläubigerin beantragte deshalb die Änderung des PfÜB dahingehend, dass die Drittschuldnerin den Schuldner bei der Berechnung des pfändbaren Betrags so zu behandeln habe, als würde das Einkommen nach Steuerklasse IV versteuert. Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Nach erfolgloser sofortiger Beschwerde hat der BGH die Entscheidung der Vorinstanzen aufgehoben und zur weiteren Sachverhaltsermittlung zurückverwiesen.  

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    In der Zwangsvollstreckung kann nur auf Arbeitseinkommen des Schuldners zugegriffen werden, das dieser tatsächlich bezieht. § 850h Abs. 1 ZPO ermöglicht davon abweichend unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen auch auf Einkommen Zugriff zu nehmen, das tatsächlich einem Dritten zufließt. Darüber hinaus gilt nach § 850h Abs. 2 ZPO für Leistungen, die der Schuldner tatsächlich unentgeltlich oder gegen eine unverhältnismäßig geringe Vergütung erbringt, im Verhältnis zum Gläubiger eine angemessene Vergütung als geschuldet. § 850h ZPO dient damit dem Gläubigerschutz. Es soll verhindert werden, dass durch unlautere Manipulationen Schuldnereinkommen dem Gläubigerzugriff entzogen wird.  

     

    Eine solche Manipulation kann darin liegen, dass der Schuldner durch Wahl einer für ihn ungünstigen Steuerklasse ohne sachlichen Grund sein zur Auszahlung kommendes und der Pfändung unterliegendes Nettoarbeitseinkommen verkürzt. In entsprechender Anwendung des § 850h ZPO kommt in einem solchen Fall eine Anordnung dahingehend in Betracht, dass der Arbeitgeber bei der Berechnung des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts das sich unter Berücksichtigung der günstigeren Steuerklasse ergebende Nettoeinkommen zu Grunde legen muss (Schuschke/Walker, ZPO, 3. Aufl., § 850h Rn. 11). Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden: