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  • · Fachbeitrag · P-Konto

    Simultan-Pfändung in Anspruch A und Anspruch D: Das ist zu beachten

    | Oft werden die Ansprüche A (an Arbeitgeber) und D (an Kreditinstitute) gleichzeitig gepfändet. Hierbei kann es für Gläubiger zu Nachteilen kommen, wenn es sich beim Anspruch D um ein P-Konto handelt. |

    1. Problem

    Die Simultan-Pfändung von Anspruch A und Anspruch D führt in der Praxis dazu, dass der Arbeitgeber die Pfändungsbeträge an den Gläubiger und den unpfändbaren Betrag auf das ‒ gepfändete ‒ P-Konto des Schuldners überweist. Da die Pfändungsfreibeträge nach der Lohnpfändungstabelle allerdings höher sind als die Freibeträge nach den P-Kontoregelungen, ist dies für den Schuldner nachteilig und somit für den Gläubiger vorteilhaft. Der Gläubiger kann im Rahmen der P-Kontopfändung zusätzliche Beträge verlangen.

     

    PRAXISTIPP | Der BGH (VE 12, 23) hat zu § 850k Abs. 4 ZPO a. F. entschieden: Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag des Schuldners in solchen Fällen den Freibetrag durch Bezugnahme auf das vom Arbeitgeber monatlich überwiesene pfändungsfreie Arbeitseinkommen festsetzen, wenn das gepfändete Arbeitseinkommen ständig in unterschiedlichem Maße von den Sockelbeträgen abweicht. In diesen Fällen überweist der Arbeitgeber nämlich auf das gepfändete P-Konto des Schuldners monatlich nur den unpfändbaren Betrag; hinsichtlich dieser Zahlungseingänge hat er bereits das pfändungsfreie Einkommen berechnet.

     
    • Beispiel 1

    Der ledige Schuldner S. bezieht durch Schichtdienst monatlich unterschiedliche Nettoeinkünfte vom Arbeitgeber. Gläubiger G. pfändet im Oktober 2021 sowohl in das Arbeitseinkommen (Anspruch A) als auch in die Bankverbindung (Anspruch D). S. besitzt ein P-Konto. Das Nettoeinkommen im Oktober 2021 beträgt 2.000 EUR und im November 1.900 EUR.

     

    Lösung

    Beim Arbeitgeber A. sind im Oktober nach der Lohnpfändungstabelle Sp. 0 monatlich 523,15 EUR pfändbar. Im November 2022 sind es 453,15 EUR. Der jeweils unpfändbare Betrag i. H. v. 1.476,85 EUR für Oktober 2021 (= 2.000 EUR ‒ 523,15 EUR) und im November 1.446,85 EUR (= 1.900 EUR ‒ 453,15 EUR) wird auf das gepfändete P-Konto überwiesen. Da der dortige Grundfreibetrag nach § 899k Abs. 1, § 850c Abs. 1, 4 ZPO aber nur 1.260 EUR beträgt, müsste die Bank als Drittschuldnerin zusätzlich im Oktober 224,21 EUR und im November 194,21 EUR an G. abführen.

     

    MERKE | Um die zusätzliche Pfändung im Rahmen des P-Kontos zu verhindern, musste S. beim Vollstreckungsgericht ausdrücklich einen Antrag nach § 850k Abs. 4 ZPO a. F. unter Berufung auf die o. g. BGH-Entscheidung stellen.

     

    2. Vollstreckungsgericht kann klarstellend tätig werden

    Die Festsetzung eines abweichenden pfändungsfreien Betrags durch das Vollstreckungsgericht beim P-Konto ist seit dem 1.12.21 in § 906 Abs. 2 ZPO geregelt. Bei einer gleichzeitigen Pfändung der Ansprüche A und D kann das Vollstreckungsgericht allerdings auch quasi „von Amts wegen“, also ohne Schuldnerantrag, im Wege einer Klarstellung tätig werden.

     

    • Beispiel 2

    Der ledige Schuldner S. bezieht durch Schichtdienst monatlich unterschiedliche Nettoeinkünfte vom Arbeitgeber. Gläubiger G. pfändet im Dezember 2021 sowohl in das Arbeitseinkommen (Anspruch A) als auch in die Bankverbindung (Anspruch D). S. besitzt ein P-Konto. Das Nettoeinkommen im Dezember 2021 beträgt 2.000 EUR und im Januar 22 1.900 EUR.

     

    Lösung

    Beim Arbeitgeber A. sind im Dezember nach der Lohnpfändungstabelle Sp. 0 523,15 EUR pfändbar. Im Januar 2022 sind es 453,15 EUR. Der jeweils unpfändbare Betrag i. H. v. 1.476,85 EUR für Dezember (= 2.000 EUR ‒ 523,15 EUR) und November 2021 beträgt 1.446,85 EUR (= 1.900 EUR ‒ 453,15 EUR) und wird auf das gepfändete P-Konto überwiesen. Da der dortige Grundfreibetrag gemäß § 899k Abs. 1, § 850c Abs. 1, 4 ZPO seit 1.2.21 1.260 EUR beträgt, sind von der Bank zusätzlich im Dezember 2021 216,85 EUR und im Januar 2022 186,85 EUR an G. abzuführen.

     

    MERKE | Das Vollstreckungsgericht kann die o. g. BGH-Rechtsprechung „von Amts wegen“ beachten. Insofern kann es bei Erlass des PfÜB anordnen, dass der dem Schuldner auf seinem P-Konto bestehende Freibetrag auf das von seinem Arbeitgeber monatlich überwiesene pfändungsfreie Arbeitseinkommen erhöht wird.

     

    3. Konsequenzen für Gläubiger

    Es ist besser, wenn der Gläubiger Anspruch A und Anspruch D nicht in einem Beschluss, sondern durch zeitlich unterschiedliche Beschlüsse pfänden lässt. Er muss hierbei aber Folgendes beachten:

     

    • Beantragt er mehrere Beschlüsse, entstehen auch mehrfach Kosten, z. B. Rechtsanwalts-, Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten. Auch aus Gründen einer Schadensminderungspflicht gegenüber dem Schuldner sollten Anwälte dies zuvor mit dem Gläubigermandanten besprechen.

     

    • Da zeitlich unterschiedliche Pfandrechte entstehen, kann dies zur Folge haben, dass andere Gläubiger vor Erlass des zweiten PfÜB „dazwischenpfänden“ und somit für den Gläubiger eine schlechterer Rangstelle entsteht.
    Quelle: Ausgabe 01 / 2022 | Seite 13 | ID 47828423