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  • · Fachbeitrag · Honorar

    Anwaltsvergütung auch nach Mandatskündigung

    | Das OLG Oldenburg hat entschieden, dass ein Rechtsanwalt grundsätzlich auch nach der Kündigung des Anwaltsvertrags durch den Mandanten seinen Vergütungsanspruch behält. Dies gilt nach einer Entscheidung auch, wenn der Anwalt vorher selbst aus nachvollziehbaren Gründen die Niederlegung des Mandats angedroht hat. |

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Mandant hatte trotz des bestehenden Mandatsverhältnisses einen weiteren Rechtsanwalt in der gleichen Scheidungssache beauftragt. Dieser hatte dann sofort mit dem zuständigen Richter telefoniert, ohne die bisherigen Bevollmächtigten zu informieren. Die beiden bisherigen Anwälte hatten daraufhin erklärt, das Mandat niederlegen zu wollen, wenn der zusätzliche Anwalt weiter mit dabei sein solle. Der Kläger erklärte kurz darauf, er nehme das Angebot der Mandatsniederlegung an. Seine Klage auf Rückzahlung des bereits gezahlten Anwaltshonorars blieb ohne Erfolg.

     

    Beide Seiten können den Anwaltsvertrag jederzeit kündigen (§ 627 BGB). Der Anwalt behält grundsätzlich seinen Vergütungsanspruch (§ 628 Abs. 1 S. 1 BGB). Eine Ausnahme besteht gem. § 628 Abs. 1 S. 2 BGB nur, wenn der Anwalt kündigt, ohne durch ein vertragswidriges Verhalten des anderen Teils dazu veranlasst zu sein, oder er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Mandanten veranlasst und die bisherigen Leistungen des Rechtsanwalts für den Mandanten infolge der Kündigung ohne Interesse sind.

     

    Die Voraussetzungen hat das OLG Oldenburg (21.12.16 und 9.2.17, 2 U 85/16, Abruf-Nr. 193455) verneint. Die beklagten Anwälte haben sich nicht vertragswidrig verhalten. Die Ankündigung, das Mandat niederzulegen, wenn der zusätzliche Anwalt weiter beauftragt bleibt, ist kein vertragswidriges Verhalten. Der eigenmächtige Anruf bei Gericht war geeignet, den Ruf der Beklagten zu schädigen. Vor diesem Hintergrund ist die Ankündigung gerechtfertigt gewesen, das Mandat niederlegen zu wollen.

     

    Relevanz für die Praxis

    Zum Teil wird vor der Kündigung eines Rechtsanwalts wegen eines vertragswidrigen Verhaltens des Mandanten eine Abmahnung für erforderlich gehalten (MüKo/Henssler, BGB, § 628 Rn. 25; OLG Karlsruhe 15.9.09, 4 U 192/07).

     

    Ein vertragswidriges Verhalten i. S. d. § 628 BGB setzt ein schuldhaftes Verhalten i. S. d. §§ 276, 278 BGB voraus (u. a. BGH NJW 11, 1674). Es ist aber nicht erforderlich, dass das vertragswidrige Verhalten als schwerwiegend oder als wichtiger Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB anzusehen ist. Jedoch reicht nicht jeder geringfügige Vertragsverstoß des Dienstverpflichteten, um den Entgeltanspruch entfallen zu lassen (BGH, a.a.O.). Die Darlegungs- und Beweislast für ein vertragswidriges Verhalten obliegt dem Mandanten als Auftraggeber, da er sich gegenüber der grundsätzlichen Vergütungspflicht des § 628 Abs. 1 S. 1 BGB auf eine Ausnahme beruft (BGH, a.a.O.).

    Quelle: Ausgabe 09 / 2017 | Seite 155 | ID 44653312