Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 25.04.2017 · IWW-Abrufnummer 193455

    Oberlandesgericht Oldenburg: Beschluss vom 09.02.2017 – 2 U 85/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht  Oldenburg

    B e s c h l u s s
     
    2 U 85/16
    16 O 80/15 Landgericht Oldenburg         

    In dem Rechtsstreit

    xxx

    hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ……… den Richter am Oberlandesgericht …….und die Richterin am Landgericht ……….

    am 9. Februar 2017
    einstimmig beschlossen:

    Die Berufung des Klägers gegen das am 08.09.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

    Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

    Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 6.000,- Euro.

    Gründe:

    I.

    Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird abgesehen, weil die Entscheidung nicht anfechtbar ist (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO).

    II.

    Der Senat weist die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurück, weil sie offensichtlich unbegründet ist. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss vom 21.12.2016 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Daran ändern auch die Ausführungen im Beklagtenschriftsatz vom 30.01.2017 nichts.

    Es ist unerheblich, dass auf den Rechnungen vom 20.01.2011 und 11.03.2011 als Betreff nicht „Zugewinnangelegenheit“, sondern „Abwehr einer feindlichen Geschäftsübernahme“ angegeben war. Die Parteien sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Zahlungen in Höhe von insgesamt 6.000,- € für die Tätigkeit der Beklagten im familiengerichtlichen Verfahren erfolgten. Der Kläger trägt selber vor, dass er davon ausging, dass die Vorschüsse für das anhängige familiengerichtliche Verfahren zu zahlen seien. Auch stützte er die Klage darauf, dass die von ihm erbrachten Zahlungen aufgrund einer Kündigung des familiengerichtlichen Mandats zurückzuzahlen seien; dies hat er ausdrücklich auch im außergerichtlichen Schreiben vom 02.12.2014 ausgeführt. Die Beklagten haben die Zahlungen auch als Zahlungen für ihr Tätigwerden im familiengerichtlichen Verfahren verstanden und entsprechend verrechnet. Unstreitig haben die Beklagten für den Kläger auch zu keinem Zeitpunkt eine Tätigkeit bezüglich einer „Abwehr einer feindlichen Geschäftsübernahme“ entfaltet, so dass kein Zweifel über die Zuordnung der Zahlungen entstehen konnte.

    Die Geltendmachung eines Vorschusses nach § 9 RVG muss auch nicht die Voraussetzungen des § 10 RVG erfüllen, sondern ist grundsätzlich formlos möglich (BeckOK RVG/v. Seltmann, § 9 Rz. 18).

    Erstinstanzlich war unstreitig, dass Rechtsanwalt R………….. für den Kläger ein Telefonat mit dem für das Scheidungsverfahren zuständigen Richter B……..geführt hat. Rechtlich ist es letztlich unerheblich, ob Rechtsanwalt R…….mit Richter B……. oder mit Richter am Amtsgericht G…… wegen des beim Amtsgericht anhängigen familiengerichtlichen Verfahrens Kontakt aufgenommen hat. Entscheidend bleibt das Auftreten eines weiteren Rechtsanwalts gegenüber dem Gericht ohne vorherige Absprache mit den Beklagten.

    Soweit der Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 30.01.2017 dahingehend zu verstehen sein sollte, dass eine telefonische Kontaktaufnahme von Rechtsanwalt R………… mit dem Amtsgericht Leer an sich bestritten wird, ist der Kläger mit diesem neuen Vorbringen gem. § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.

    Auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens im Schriftsatz vom 30.01.2017 hält der Senat das Vorgehen der Beklagten für nicht vertragswidrig. Es ist nicht feststellbar, dass eine Zusammenarbeit der Beklagten mit Rechtsanwalt R…….., die auch ein eigenes Auftreten von Rechtsanwalt R………gegenüber dem Amtsgericht Leer beinhaltete, von Anfang an Gegenstand des Anwaltsvertrages zwischen den Parteien war. Insoweit sind etwaige Absprachen des Klägers mit Rechtsanwalt R…………, mit den Rechtsanwälten B………., E…… und W……oder auch mit dem Amtsgericht Leer für die Vereinbarungen zwischen den Parteien unerheblich. Auch aus den weiteren vorgelegten Schreiben ergibt sich lediglich, dass die Beklagten Rechtsanwalt R……….informierten, nicht jedoch, dass diese sich mit ihm abstimmten und gleichberechtigt zusammenarbeiteten.

    Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

    ……..    ……….    ……….

    Oberlandesgericht Oldenburg

    2 U 85/16
    16 O 80/15 Landgericht Oldenburg

    Nach einer gem. § 627 BGB für beide Vertragspartner jederzeit möglichen Kündigung des Anwaltsvertrags behält der Rechtsanwalt grundsätzlich seinen Vergütungsanspruch, § 628 Abs. 1 S. 1 BGB.

    Hinweisbeschluss

    In dem Rechtsstreit

    xxx

    hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …….. den Richter am Oberlandesgericht ………und die Richterin am Landgericht …e…..

    am 21. Dezember 2016

    beschlossen:

    I.

    Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

    Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.

    II.

    Der Senat lässt sich bei seiner Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

    Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

    Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Rechtsanwaltsvergütung gem. §§ 628 Abs. 1 S. 2 und 3, 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB.

    1. Nach einer gem. § 627 BGB für beide Vertragspartner jederzeit möglichen Kündigung des Anwaltsvertrags behält der Rechtsanwalt grundsätzlich seinen Vergütungsanspruch, § 628 Abs. 1 S. 1 BGB.

    2. Etwas anderes gilt gem. § 628 Abs. 1 S. 2 BGB nur dann, wenn der Rechtsanwalt kündigt, ohne durch ein vertragswidriges Verhalten des anderen Teils dazu veranlasst zu sein, oder er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Mandanten veranlasst, und die bisherigen Leistungen des Rechtsanwalts für den Mandanten infolge der Kündigung ohne Interesse sind. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

    a) Die Beklagten haben den Anwaltsvertrag nicht gekündigt. Entgegen der Ansicht der Berufung ist in dem Schreiben der Beklagten vom 18.08.2011 keine (bedingte) Kündigung zu sehen. Bereits der Wortlaut des Schreibens spricht gegen eine Kündigung. In dem Schreiben heißt es: „Sofern Sie wünschen, dass Herr Rechtsanwalt R…….. die Angelegenheit weiter verfolgt, so teilen Sie uns dies bitte mit. Wir werden dann das Mandat unverzüglich niederlegen.“ Diese Erklärung stellt die Ankündigung einer (möglichen) Mandatsniederlegung dar. Die Beklagten sprechen gerade nicht davon, dass der Anwaltsvertrag für den Fall, dass der Kläger eine Weiterverfolgung der Angelegenheit durch Herrn Rechtsanwalt R..... wünscht, als beendet anzusehen sei. Sie stellen vielmehr eine zukünftige Handlung, eine Mandatsniederlegung, in Aussicht. Eine Kündigung des Anwaltsvertrages als einseitig gestaltende Willenserklärung ist in dem Schreiben nicht enthalten.

    Darüber hinaus ergibt sich auch aus der Reaktion des Klägers auf dieses Schreiben nicht, dass dieser das Schreiben bereits als bedingte Kündigung aufgefasst hat. Mit Schreiben vom 22.08.2011 teilte der Kläger lediglich mit, dass er eine weitere Information und Einbeziehung des Herrn Rechtsanwalt R..... wünsche. Mit Schreiben vom 06.09.2011 erklärte er dann unter Bezugnahme auf das Schreiben der Beklagten vom 18.08.2011, dass er das Angebot der Mandatsniederlegung annehme. Dieses letztgenannte Schreiben macht deutlich, dass der Kläger noch eine eigene Erklärung zur Beendigung des Anwaltsvertrages für erforderlich hielt. Der Kläger, der nach den Ausführungen in der Berufungsbegründung kein „rechtlicher Laie“ ist, sprach ausdrücklich von der Annahme eines Angebotes. Er machte gerade nicht deutlich, dass er den Anwaltsvertrag aufgrund einer Kündigungserklärung der Beklagten und dem erfolgten Bedingungseintritt durch sein Schreiben vom 22.08.2011 für bereits beendet hielt.

    Insgesamt handelt es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 18.08.2011 um die Androhung einer Mandatsniederlegung und um eine Abmahnung. Eine solche Abmahnung wird vielfach vor einer Kündigung eines Rechtsanwalts wegen eines vertragswidrigen Verhaltens des Mandanten für erforderlich gehalten (Münchkomm-Henssler, BGB, § 628 Rz. 25; OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.09.2009, 4 U 192/07 – zitiert nach juris). Dies spricht ebenfalls dagegen, bereits in dem Schreiben vom 18.08.2011 eine Kündigungserklärung zu sehen.

    b) Auch die zweite Alternative des § 628 Abs. 1 S. 2 BGB, nach der eine Beschränkung des Vergütungsanspruches der Beklagten in Betracht kommen könnte, liegt nicht vor. Die Beklagten haben den Kläger nicht durch ein vertragswidriges Verhalten zur Kündigung veranlasst.

    Es kann offen bleiben, ob § 628 BGB auch auf den möglicherweise erfolgten Abschluss eines Aufhebungsvertrages anzuwenden ist (vgl. BeckOK/Fuchs, BGB, § 628 Rz. 3; ErfK/Müller-Glöge, 17. Aufl. § 628 Rz. 14) bzw. ob in dem Schreiben des Klägers vom 06.09.2011 eine Kündigung zu sehen ist. Jedenfalls fehlt es an einem vertragswidrigen Verhalten der Beklagten.

    Ein vertragswidriges Verhalten im Sinne dieser Vorschrift setzt ein schuldhaftes Verhalten i.S.d. §§ 276, 278 BGB voraus (BGH, Urteil vom 29.03.2011, VI ZR 133/10 - NJW 2011,1674; BGH, Urteil vom 30.03.1995, IX ZR 182/94 - NJW 1995, 1954). Es ist nicht erforderlich, dass das vertragswidrige Verhalten als schwerwiegend oder als wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB anzusehen ist; jedoch reicht nicht jeder geringfügige Vertragsverstoß des Dienstverpflichteten aus, um den Entgeltanspruch entfallen zu lassen (BGH, Urteil vom 29.03.2011, a.a.O.). Die Darlegungs- und Beweislast für ein vertragswidriges Verhalten obliegt dem Mandanten als Auftraggeber, da er sich gegenüber der grundsätzlichen Vergütungspflicht des § 628 Abs. 1 S. 1 BGB auf eine Ausnahme beruft (BGH, Urteil vom 29.03.2011, a.a.O.).

    Die Beklagten haben sich nicht vertragswidrig verhalten, indem sie eine weitere Zusammenarbeit mit Rechtsanwalt R..... ablehnten. Es ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht substantiiert dargetan, dass eine Einbeziehung des Rechtsanwalts R..... von Anfang an ausdrücklich Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Anwaltsvertrags war. Rechtsanwalt R..... hat das Mandat im Scheidungsverfahren vor dem Amtsgericht Leer zum Aktenzeichen 5a F 600/09 S am 08.03.2010 niedergelegt. Ein anschließend zwischen dem Beklagten zu 1) und Rechtsanwalt R..... geführtes Telefonat sowie die Übersendung von Unterlagen an die Beklagten stellt ein übliches Vorgehen im Rahmen eines Anwaltswechsels dar und lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass Rechtsanwalt R..... von Anfang an trotz der gegenüber dem Amtsgericht Leer erklärten Mandatsniederlegung weiterhin in der Scheidungsangelegenheit involviert bleiben sollte. Erstmals mit Schreiben vom 31.03.2011 übersandten die Beklagten auf Bitte des Klägers an Rechtsanwalt R..... den Schriftverkehr in der Zugewinnangelegenheit. Eine Beteiligung von Rechtsanwalt R..... im Scheidungsverfahren sowie eine Zusammenarbeit mit den Beklagten zwischen April 2010 und März 2011 ist nicht ersichtlich. Dies spricht gegen eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien dahingehend, dass die Beklagten mit Rechtsanwalt R..... zusammenarbeiten sollten. Die Beklagten haben sich lediglich zwischenzeitlich damit einverstanden erklärt, Rechtsanwalt R..... über den erfolgten Schriftverkehr durch entsprechende Übersendung zu informieren.

    Vor diesem Hintergrund stellt die Mitteilung der Beklagten im Schreiben vom 18.08.2011, mit Rechtsanwalt R..... nicht weiter zusammenarbeiten zu wollen, kein vertragswidriges Verhalten dar, nachdem dieser ohne Absprache mit den Beklagten als Prozessbevollmächtigten ein Telefonat mit dem für das Scheidungsverfahren zuständigen Richter B….. geführt hat. Die Beklagten mussten ein solches Auftreten eines weiteren Rechtsanwalts gegenüber dem Gericht ohne vorherige Absprache nicht hinnehmen, da dies entgegen der Ansicht des Klägers durchaus geeignet ist, die Reputation der Beklagten zu beschädigen. Teilweise wird bereits die Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts als vertragswidriges Verhalten des Auftraggebers angesehen, da hierdurch Zweifel an der Tauglichkeit des ursprünglich beauftragten Rechtsanwalts zum Ausdruck kommen können (Rinkler, in: Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 1 Rz. 113).

    Auch das Inaussichtstellen einer Mandatsniederlegung in dem Schreiben vom 18.08.2011 stellt kein vertragswidriges Verhalten der Beklagten dar. Diese Reaktion wurde durch den Anruf des Rechtsanwalts R..... beim Gericht produziert, den sich der Kläger zurechnen lassen muss (§ 278 BGB). Von einem vertragswidrigen Verhalten durch Androhung einer Mandatsniederlegung kann nur dann ausgegangen werden, wenn diese  grundlos erfolgte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2006, 24 U 190/05, zitiert nach juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 04.07.2002, IX ZR 153/01NJW 2002, 2774; BGH, Urteil vom 04.02.2010, IX ZR 18/09NJW 2010,1364). Wie dargelegt hatten die Beklagten ein berechtigtes Interesse daran, nicht weiter mit Rechtsanwalt R..... zusammen zu arbeiten.

    ………    ………    ……..