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  • 10.11.2010

    Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 14.07.2010 – 1 Ta 161/10

    1.) Ausgaben für Telefonkosten und Hundesteuer sind vom Freibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a ZPO erfasst und können nicht als besondere Belastungen gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO berücksichtigt werden.

    2.) Geldstrafen und damit in Zusammenhang stehende Anwaltskosten zählen nicht zu den

    i. S. v. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO als besondere Belastung berücksichtigungsfähigen Ausgaben.


    Tenor:

    Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Abänderungsbeschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 27.01.2010 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 31.10.2008 wird dahingehend abgeändert, dass der Kläger für die Zeit vom 01.03.2010 bis zum 17.05.2010 monatliche Raten in Höhe von 30,-- - zu leisten hat. Ab dem 18.05.2010 wird die Prozesskostenhilfe ratenfrei gewährt.

    Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Gründe

    I.

    Mit Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 31.10.2008 wurde dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe für den erstinstanzlichen Rechtsstreit bewilligt. Nach Durchführung eines Überprüfungsverfahrens hat das Arbeitsgericht Bonn mit Beschluss vom 27.01.2010 die Bewilligung der Prozesskostenhilfe dahingehend geändert, dass der Kläger ab dem 01.03.2010 monatliche Ratenzahlungen in Höhe von 30,-- - zu leisten hat. Ausgehend von einer monatlichen Krankengeldzahlung in Höhe von 949,50 - errechnet das Arbeitsgericht unter Abzug des Freibetrages in Höhe von 395,-- -, Wohnungskosten in Höhe von 390,-- -, Zahlungen an die LBS in Höhe von 65,-- - sowie Zahlungen an die Rechtsschutzversicherung in Höhe von 15,41 - ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 84,09 -. Zahlungen an die Staatsanwaltschaft aufgrund eines Strafverfahrens sowie die damit im Zusammenhang stehenden Rechtsanwaltskosten hat das Arbeitsgericht Bonn nicht berücksichtigt.

    Gegen den am 29.01.2010 zugestellten Beschluss hat der Kläger durch Schreiben vom 26.02.2010, das am 01.03.2010 bei Gericht eingegangen ist, "Widerspruch" erhoben. Zur Begründung hat er mit weiterem Schreiben vom 23.03.2010 unter anderem Zahlungen für Hundesteuer in Höhe von 30,-- - monatlich, Telefongebühren in Höhe von 25,-- - monatlich sowie 30,-- - für Medikamente aufgrund einer 80%igen Schwerbehinderung geltend gemacht und angekündigt, entsprechende Belege nachzureichen. Mit Schreiben vom 23.03.2010 sowie 12.04.2010 hat das Arbeitsgericht Bonn vergeblich an die Vorlage von Belegen erinnert. Durch Beschluss vom 28.04.2010 hat der Rechtspfleger beim Arbeitsgericht Bonn der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt.

    Im Beschwerdeverfahren hat der Kläger einen Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit betreffend Arbeitslosengeldzahlungen ab dem 18.05.2010 und eine Bestätigung der Vermieterin über Mietzinszahlungen vorgelegt.

    II.

    Der als sofortige Beschwerde als dem statthaften Rechtsbehelf auszulegende Widerspruch des Klägers vom 26.02.2010 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 27.01.2010 ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. §§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 11 a Abs. 3 ArbGG, 569 ZPO).

    In der Sache hat das Rechtsmittel aufgrund des neuen Sachvortrages im Beschwerdeverfahren überwiegend Erfolg.

    1. Gemäß § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO i. V. m. § 11 a Abs. 3 ArbGG kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Bei der Prüfung der wesentlichen Veränderungen der Verhältnisse sind auch neue Tatsachen in der Beschwerdeinstanz zu berücksichtigen. Es ist anerkannt, dass die Fristen des § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO keine Ausschlussfristen darstellen und daher gemäß § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO eine Erklärung auch in der Beschwerdeinstanz nachgeholt bzw. geändert werden kann (BAG v. 18.11.2003 - 5 AZB 46/03 NZA 2004, 1062; LAG Köln v. 19.08.2008 - 7 Ta 181/08 - bei juris; Zöller-Geimer, ZPO, 28.Aufl. 2010, § 124 Rn 10 a m.w.N.).

    2. Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss zunächst zutreffend gemäß §§ 120 Abs. 4 Satz 1, 115 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 11 a Abs. 3 ArbGG ab dem 01.03.2010 eine Ratenzahlung in Höhe von 30,-- - monatlich angeordnet. Die zugrunde gelegte Berechnung ist nicht zu beanstanden.

    a) Soweit der Kläger Ausgaben für Telefonkosten abgezogen wissen will, handelt es sich um Ausgaben im Rahmen der persönlichen Lebensführung, die vom Freibetrag des § 115 Abs. 1 S 3 Nr. 2 a ZPO erfasst sind und nicht als besondere Belastung gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO geltend gemacht werden können (ebenso LAG Rheinland-Pfalz v. 06.01.2009 - 11 Ta 217/08 - bei juris; Thüringer LSG v. 16.3.2006 - L 6 B 32/05 RA - bei juris). Dies gilt gleichermaßen für die vom Kläger in Ansatz gebrachte Hundesteuer. Auch insoweit liegt keine besondere Belastung vor (Thüringer LSG a.a.O).

    b) Besondere Aufwendungen aufgrund der angegebenen Schwerbehinderung in Höhe von 80 % hat der Kläger nicht nachgewiesen. Soweit in Anlehnung an § 30 SGB XII bestimmte Freibeträge berücksichtigt werden können (vgl. Musielak-Fischer, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 115 Rn. 27), setzt dies entweder eine volle Erwerbsminderung (§ 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII) oder die Gewährung von Eingliederungshilfe (§ 30 Abs. 4 Satz 1 SGB XII) voraus. Beides hat der Kläger nicht geltend gemacht.

    c) Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch die Zahlungen an die Staatsanwaltschaft hinsichtlich der zu leistenden Geldstrafe sowie die damit in Zusammenhang stehenden Anwaltskosten nicht als besondere Belastungen berücksichtigt. Die Frage, ob eine Berücksichtigung möglich ist, wird indes unterschiedlich beurteilt. Das erkennende Gericht schließt sich der überwiegend in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung an, dass Geldstrafen nicht abzugsfähig sind (LAG Düsseldorf v. 18.09.2009 - 3 Ta 564/09 JurBüro 2010, 237 und bei juris; LAG Berlin-Brandenburg v. 17.7.2008 - 21 Ta 1105/08 bei juris-; LAG Schleswig-Holstein v. 1.8.1989 - 4 Ta 33/89 - bei juris; OLG Karlsruhe v. 31.08.2007 - 16 WF 149/07 - FamRZ 2008, 1541; OLG München v. 9.3.2007 - 12 UF 750/07 - FamRZ 2007, 1340; KG v. 2.11.2005 - 18 WF 192/05 - FamRZ 2006, 871; Musielak-Fischer, ZPO, 7. Aufl. 2009 § 115 Rn. 30; a.M.: OLG Hamburg v. 16.6.2000 - 12 WF 98/00 - FamRZ 2001, 235; Thomas/Putzo-Reicholt, ZPO, 30. Aufl. 2009, § 115 Rn. 14; Zöller-Geimer, ZPO, 28.Aufl. 2010, § 115 Rn 37). Zwar führt die Ratenzahlung zur Tilgung von Geldstrafen zu einer Reduzierung der verfügbaren Mittel. Diese Belastung kann aufgrund des Strafcharakters und unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck einer Geldstrafe als fühlbarer materieller Sanktion nicht auf die Allgemeinheit im Wege des Abzugs bei der PKH-Bestimmung abgewälzt werden. Auch die mit der Straftat im Zusammenhang stehenden Anwaltskosten muss der Betroffene aus den vorgenannten Gesichtspunkten selber tragen, sie können ebenfalls nicht als "angemessene" abzugsfähige Kosten i.S.v. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO angesehen werden.

    3. Für die Zeit ab dem 18.05.2010 hat der Kläger einen Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit vorgelegt, wonach er nunmehr Arbeitslosengeld in Höhe von 654,60 - monatlich erhält. Unter Abzug des Freibetrages gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a ZPO in Höhe von 395,--- sowie der Wohnungskosten in Höhe von 390,-- - verbleibt kein einzusetzendes Einkommen. Somit ist dem Kläger ab dem 18.05.2010 wieder ratenfreie Prozesskostenhilfe zu gewähren.

    III.

    Gegen diesen Beschluss ist mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde, für die kein Anlass besteht, ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78 Abs. 2 ArbGG i. V. m. §§ 72 Abs. 2 ArbGG 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

    Dr. vom Stein