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  • · Fachbeitrag · Verteidigerhonorar Teil 3

    Vergütungsvereinbarung als Strafverteidiger: Diese Formvorschriften müssen Sie einhalten

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg

    | Neben den inhaltlichen Fragen, Informationen und der Höhe spielen beim Abschluss einer Vergütungsvereinbarung (im Folgenden kurz VV) als Strafverteidiger die Formvorschriften nach § 3a Abs. 1 RVG eine große Rolle. Dazu folgender Überblick: |

    1. VV ist etwas anderes als eine Gebührenvereinbarung

    Die folgenden Ausführungen gelten nur für „Vergütungsvereinbarungen“ (sowie für einen „Schuldbeitritt“ [BGH RVG prof. 16, 156]). Eine Gebührenvereinbarung nach § 34 RVG ist dagegen formfrei. Sie liegt aber nur vor, wenn sich den Abreden der Vertragspartner entnehmen lässt, dass oder in welchem Umfang die vereinbarte Vergütung ausschließlich Leistungen nach § 34 RVG umfasst (BGH RVG prof. 16, 88; OLG Karlsruhe RVG prof. 15, 99). § 34 RVG betrifft Beratung, Gutachten und Mediation.

    2. Textform einhalten

    Nach § 3a Abs. 1 S. 1 RVG bedürfen sowohl die Erklärung des Mandanten als auch die Erklärung des Verteidigers der Textform. Eine mündliche VV reicht nie. Die Textform ist nach § 126b BGB eingehalten, wenn die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben worden ist, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht wurde (wegen weiterer Einzelheiten Burhoff in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., Teil A: Rn. 2447 ff.). Es genügt, wenn sich die Person des Erklärenden zweifelsfrei entnehmen lässt, etwa im Kopf oder Inhalt der Erklärung.

     

    Beachten Sie | Geeignete Schriftträger sind neben Urkunden auch elektronische Speichermedien, sofern nur die gespeicherten Daten in Schriftzeichen lesbar sind und der Schriftträger geeignet ist, die Daten dauerhaft festzuhalten. Dabei werden an die dauerhafte Wiedergabemöglichkeit der elektronischen Speichermedien keine allzu hohen Anforderungen gestellt. Die Verkörperung der Erklärung auf einer Festplatte genügt ebenso wie die Speicherung auf einer Diskette oder CD-ROM. Eine VV kann somit wirksam per (Computer-)Fax (BGH RVG prof. 12, 23), E-Mail (inzidenter OLG München RVG prof. 17, 26; LG Görlitz RVG prof. 13, 58), SMS oder WhatsApp abgeschlossen werden (N. Schneider, RVG prof. 17, 48).

    3. Erklärung am besten in eigener Urkunde formulieren

    Nach § 3a Abs. 1 S. 2 RVG darf die VV nicht in der Vollmachtsurkunde enthalten sein. Es müssen also mindestens zwei Urkunden vorliegen, nämlich die Vollmachtsurkunde und die Urkunde, die die VV enthält.

     

    4. Vereinbarung als VV oder vergleichbar bezeichnen

    § 3a Abs. 1 S. 2 RVG verlangt, dass die VV als solche „oder in vergleichbarer Weise“ bezeichnet wird. Dadurch sind zwar auch andere Bezeichnungen als „Vergütungsvereinbarung“ erlaubt. Sie als Verteidiger sollten aber das Prinzip des sichersten Wegs beachten und eine VV immer auch als „Vergütungsvereinbarung“ bezeichnen. Vermeiden Sie die Bezeichnung „Gebührenvereinbarung“, da dies im Hinblick auf § 1 Abs. 1 S. 1 RVG dahin ausgelegt werden kann, dass damit nur Gebühren, nicht aber auch Auslagen gemeint sind.

    5. VV von anderen Vereinbarungen deutlich absetzen

    Erforderlich ist, die VV optisch von anderen Vereinbarungen zu trennen (BGH RVG prof. 15,99). Die VV darf also nicht in den Mandatsbedingungen integriert oder gar versteckt sein. Ausreichend sind insoweit die Verwendung von Sperrschrift, Fett- oder Farbdruck, Versalschrift, Unterstreichungen, Rahmungen, Schattierungen oder drucktechnisch andersartigen Papiers. Diesem Erfordernis ist Genüge getan, wenn der Mandant die Vereinbarung einer Vergütung auch als solche erkennt. Das ist jedenfalls der Fall, wenn der (Anwalts-)Vertrag die VV in einem gesonderten und entsprechend gekennzeichneten Abschnitt oder Paragrafen regelt (BGH, a. a. O.).

     

    Die VV muss zudem aus Gründen des Verbraucherschutzes inhaltlich klar von den sonstigen Vereinbarungen getrennt sein. Sie darf nicht mit der Auftragserteilung als solcher oder mit sonstigen Vereinbarungen gemischt werden. Für sie gilt also: keine Vermischung mit Empfangsbekenntnis und/oder Mandatsbedingungen bzw. davon deutlich abgegrenzt. Schließlich sollten die Erklärungen im Rahmen des Fernabsatzrechts und des Verbraucherschutzes getrennt abgegeben werden (s. auch Härting NJW 16, 2937 f.).

     

    MERKE | Nicht zu „anderen Vereinbarungen“ gehören alle Klauseln, die die Vergütung unmittelbar betreffen. Das sind z. B. Fälligkeits- und Vorschussregelungen sowie Regelungen über die Vergütung bei vorzeitiger Beendigung des Mandats.

     

    6. Auf die beschränkte Erstattungsfähigkeit hinweisen

    Die Vergütung, die die gesetzliche Vergütung übersteigt, muss der Rechtsuchende grundsätzlich selbst tragen. Darauf müssen Sie Ihren Mandanten ausdrücklich hinweisen (§ 3a Abs. 1 S. 3 RVG). Sie sollten sorgfältig formulieren und alle Formulierungen, die den Mandanten irreführen könnten, unterlassen (vgl. OLG München RVG prof. 13, 4: „unter Umständen“).

    7. Pflichtverteidiger müssen Extra-Hinweise beachten

    Grundsätzlich können Sie auch als Pflichtverteidiger eine VV mit dem Mandanten schließen (Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, a. a. O., Teil A 2436 ff.). Sie sollten in diesem Fall unbedingt den Hinweis in die Vereinbarung aufnehmen, dass sie freiwillig geschlossen wird. Erforderlich ist nach der Rechtsprechung des BGH zudem die Belehrung des Mandanten darüber, dass Sie als Pflichtverteidiger auch ohne Abschluss der Vereinbarung zur Fortführung der Pflichtverteidigung gesetzlich verpflichtet sind (so ausdrücklich BGH RVG prof. 19, 59). Diese Belehrung sollten Sie schriftlich festhalten.

    8. Diese Folgen gelten bei Formverstößen

    Beachten Sie die Formvorschriften des § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 RVG nicht, ist die VV nicht etwa nach § 125 BGB unwirksam. Vielmehr enthält § 4b S. 1 RVG dazu eine Sonderregelung: Die VV bleibt wirksam. Der Verteidiger kann aus ihr jedoch keine höhere Vergütung als die gesetzliche herleiten (BGH RVG prof. 14, 147). Das bedeutet:

     

    • Ist nach der Vereinbarung lediglich eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung geschuldet, bleibt es bei Formverstößen gegen § 3a RVG bei dieser niedrigeren Vergütung. Die VV bleibt insoweit voll wirksam und verbindlich.
    • Soweit die vereinbarte Vergütung die gesetzliche Vergütung übersteigt, kann der Verteidiger aus der Vereinbarung nicht mehr als die gesetzliche Vergütung verlangen (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, a. a. O., Teil A Rn. 2461 ff. m. w. N.).

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Zeitpunkt und Info: Darauf sollten Sie bei Ihrer Vergütungsvereinbarung als Strafverteidiger achten, RVG prof. 22, 16
    • Vergütungsvereinbarung als Strafverteidiger: Dies gilt für die Höhe Ihrer Vergütung, RVG prof. 22, 70
    Quelle: Ausgabe 05 / 2022 | Seite 88 | ID 47829810