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  • · Fachbeitrag · Vergütungsvereinbarung 


    Formwirksamer Abschluss einer Vergütungsvereinbarung: E-Mail genügt


    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg


    Für die Wahrung der in § 3a RVG vorgesehenen Textform genügt der wechselseitige Austausch von Angebot und Annahmeerklärung in Textform, wobei eine auf elektronischem Wege übermittelte, reproduzierbare Erklärung ausreichend ist (LG Görlitz 1.3.13, 1 S 51/12, Abruf-Nr. 131005).

    Sachverhalt


    Die Parteien streiten u.a. um die Rückzahlung eines Betrags von 1.190 EUR, die der Mandant auf eine - aus seiner Sicht unwirksame - anwaltliche Vergütungsvereinbarung für die Wahrnehmung eines Strafrechtsmandats gezahlt hat. Das AG hatte der (Wider)Klage stattgegeben. Die Berufung des Rechtsanwalts hatte Erfolg. 


    Entscheidungsgründe


    Es ist von einer wirksam geschlossenen Vergütungsvereinbarung zwischen dem Rechtsanwalt und dem Mandanten auszugehen. Der Mandant hat das Angebot des Rechtsanwalts auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung durch eine E-Mail „in Textform“ angenommen (§ 3a Abs. 1 RVG). 


    § 3a RVG sieht für anwaltliche Vergütungsvereinbarungen (lediglich) die Textform vor. Danach genügt der wechselseitige Austausch von Angebot und Annahmeerklärung in Textform. Nach einhelliger Auffassung ist dabei eine auf elektronischem Wege übermittelte, reproduzierbare Erklärung ausreichend ist. Erforderlich für die Einhaltung der Textform ist darüber hinaus lediglich, dass der Urheber der Erklärung kenntlich ist. In formaler Hinsicht hat also die dem Mandanten (ohne Unterschrift des Rechtsanwalts) übermittelte Vergütungsvereinbarung, wie auch die E-Mail des Mandanten der Textform genügt. 


    Die E-Mail des Mandanten ist auch als Annahme des Angebots auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zu verstehen. Formbedürftige Willenserklärungen sind, wie alle Willenserklärungen, auszulegen. Dabei können außerhalb der Urkunde liegende Umstände jedenfalls mit berücksichtigt werden. Voraussetzung ist, dass sie unstreitig bzw. bewiesen sind und der im Wege der Auslegung zu ermittelnde Sinn der Erklärung im Erklärungstext wenigstens „angedeutet“ ist. Dabei ergibt sich: Der Rechtsanwalt hat in seinem vorangegangenen Anschreiben sowie im zugleich übersandten Text der Vergütungsvereinbarung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er den Betrag aus der Vergütungsvereinbarung als „Zusatzbetrag“ zur gesetzlichen Vergütung versteht. Der Mandant hat also nicht dem Missverständnis erliegen können, der Rechtsanwalt berechne eine Art „Vorschuss“. In Anbetracht der eindeutigen Formulierungen in Anschreiben und Vergütungsvereinbarung sowie des weiteren Umstands, dass die sogleich übersandte Rechnung ausdrücklich auf die Vergütungsvereinbarung Bezug nimmt, stellt die Bezahlung der Vergütung durch den Mandanten und dessen nachfolgende schriftliche Mitteilung, dass die Bezahlung erfolgt ist und einer Tätigkeit des Rechtsanwalts damit „nichts mehr im Wege“ stehen „sollte“, bei der gebotenen Auslegung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben eine Einverständniserklärung dar.


    Die Relativierung durch Verwendung des Wortes „sollte“ und der Umstand, dass der Mandant nicht - wie gefordert - die unterschriebene Vergütungsvereinbarung an den Rechtsanwalt zurückgesandt hat, haben demgegenüber kein entscheidendes Gewicht. Denn Willenserklärungen sind unter Berücksichtigung von Treu und Glauben auszulegen. Der Empfänger darf dabei von einem redlichen Geschäftspartner ausgehen. Der geheime Vorbehalt bei Abgabe einer Willenserklärung (§ 116 BGB) ist unbeachtlich. Gleiches gilt für Verhaltensweisen, mit denen der Erklärende entgegen dem an sich eindeutigen Sinngehalt seiner Erklärung, so wie ihn sein Geschäftspartner verstehen dürfe, sich formal eine „Hintertür“ offenhalten möchte.


    Praxishinweis


    Eine Vergütungsvereinbarung formwirksam abzuschließen, ist nicht schwer. Denn § 3a Abs. 1 S. 1 RVG fordert nur die Einhaltung der Textform i.S. von § 126b BGB und damit die einfachste gesetzliche Form. Die Anforderungen an diese sind nicht hoch. 


    Checkliste / Anforderungen an die Textform

    • Die Erklärung muss in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben worden sein, 

    • sie muss die Person des Erklärenden nennen und 

    • der Abschluss der Erklärung muss durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden.
    Die Textform setzt lediglich voraus, dass die Erklärung in Schriftzeichen lesbar abgegeben wird. Geeignete Schriftträger sind neben Urkunden auch elektronische Speichermedien. Eine Vergütungsvereinbarung kann somit wirksam durch E-Mail geschlossen werden. 


    MERKE |  Dennoch dürfte es sich empfehlen, doch lieber das klassische Vertragsformular mit beiderseitiger Unterschrift zu wählen, wenn es nicht gerade besonders eilig ist.

    Weiterführende Hinweise


    • Zur Textform Burhoff in: Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl., Teil A: Vergütungsvereinbarung, Rn. 1524 m.w.N.

    • Zu den Ober- und Untergrenzen, die beim Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zu beachten sind, RVG prof. 13, 33
    Quelle: Ausgabe 04 / 2013 | Seite 58 | ID 38584230