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  • · Fachbeitrag · Honorarabrechnung

    Brandschutzplanung als Besondere Leistung: Fachleistungskatalog liefert Honorarargumente

    von Dipl.-Ing. Matthias Siemon und Dipl.-Ing. und Architekt Klaus Dieter Siemon, öbuv SV für Honorare und Leistungen der Architekten, Vellmar

    | Wann sind brandschutztechnische Planungen Besondere Leistungen? Diese Frage führt bei vielen Projekten zu Auseinandersetzungen. Auftraggeber lehnen eine Honorierung oft ab, weil sie meinen, der Brandschutz gehöre zu einer genehmigungsfähigen - die Brandschutzbestimmungen einhaltenden - Planung dazu und sei im Rahmen der Grundleistungen zu erbringen. Das ist in dieser Generalität aber nicht richtig. Erfahren Sie, wie Sie eine leistungsgerechte Honorierung sicherstellen und profitieren Sie von einem exklusiv für PBP erstellten Fallkatalog Besonderer Leistungen. |

    Abgrenzung zwischen Grund- und Besonderen Leistungen

    In der Tat ist es so, dass Sie im Regelfall eine genehmigungsfähige Planung schulden. Das heißt aber nicht, dass sich diese immer im Rahmen von Grundleistungen bewerkstelligen lässt. Das Ziel kann vielmehr mit unterschiedlichsten Methoden und unterschiedlichstem Kostenaufwand erreicht werden.

     

    Genehmigungsfähige Planung führt nicht automatisch zu Grundleistung

    Und genau hier entsteht die Honorarfrage: Soll die genehmigungsfähige Planung anhand der Grundleistungen oder auf Basis von qualifizierten Besonderen Leistungen in Verbindung mit erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen (bei Investitions- und Betriebskosten) für das Objekt erreicht werden? Zunächst ist diese fachtechnische Frage zu klären, dann die Frage der Honorierung.

     

    Die wichtigsten Abgrenzungskriterien

    Auch die Rechtsprechung hat sich mit der Abgrenzung von Grund- und Besonderen Leistungen im Brandschutz befasst. PBP hat daraus folgende Abgrenzungskriterien herausgearbeitet:

     

    • 1. Ingenieurmethoden zum Brandschutz stellen eine Besondere Leistung dar, wenn damit Abweichungen von der Bauordnung planerisch unter Einhaltung der gesetzlichen Ziele des Brandschutzes gelöst wurden. Unter Ingenieurmethoden wird die Anwendung von ingenieurtechnischen Berechnungs- und Abwägungsmethoden verstanden, die über das Ablesen und Anwenden formularmäßiger Vorschriften und Hinweise hinausgehen.
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    • 2. Sind Planungsleistungen im Brandschutz als Besondere Leistungen vereinbart worden, muss die Planungslösung wirtschaftlich sein (OLG Frankfurt, Urteil vom 2.7.2008, Az. 1 U 28/07, Abruf-Nr. 112164, rechtskräftig).
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    • 3. Leistungsbildübergreifende Kompensationsplanungen (Beispiel: mit speziellen technischen Anlagen werden beim Bauen im Bestand baukonstruktive Defizite in Wänden, Decken, Fluren oder Treppenhäusern kompensiert) stellen im Regelfall Besondere Leistungen dar, weil dafür auch die oben erwähnten Ingenieurmethoden erforderlich sind.
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    • 4. Als Besondere Leistungen gelten ferner Leistungen, bei denen fachübergreifende (leistungsbildübergreifende) Fachkenntnisse von baulichen, anlagentechnischen sowie sonstigen technischen oder betrieblichen Zusammenhängen des Brandschutzes erforderlich sind (Abgrenzung zur organisatorischen Koordination, die eine Grundleistung darstellt).

     

    Zu Ziffer 2 ist festzustellen, dass sich die Wirtschaftlichkeitsanforderungen unmittelbar auf die Brandschutzplanung selbst beziehen. So kann zum Beispiel die Planung eines Feuerlöschteichs eine unwirtschaftliche Planung darstellen, wenn die Bereitstellung der erforderlichen Menge an Löschwasser auch mit kostengünstigeren Lösungen hätte erreicht werden können (BGH, Beschluss vom 10.2.2011, Az. VII ZR 156/08, Abruf-Nr. 112541).

    Fallkatalog aus der Praxis hilft bei der Honorarabrechnung

    Der nachfolgende Fallkatalog greift konkrete Fälle aus dem Planungsalltag auf (linke Spalte) und liefert die fachtechnische Begründung, warum im konkreten Fall Besondere Leistungen vorliegen (rechte Spalte). Es wird nicht nach Leistungsphasen und Leistungsbildern unterschieden. Es handelt sich um eine Gesamtübersicht von beispielhaften Leistungen, die keine Grundleistungen in den Leistungsbildern der Objektplanung und Fachplanung darstellen.

     

    • Fallkatalog Leistungen im Brandschutz

    Sachverhalt

    Lösungsansatz/Besondere Leistungen

    Überschreitung der Brandabschnittsgröße von Gebäudeabschnitten

    Hier muss z.B. mit Hilfe einer genauen Brandlastermittlung und der Untersuchung entsprechender Brandszenarien nachgewiesen werden, dass ein größerer Brandabschnitt zu keinem erhöhten Brandrisiko führt.

    Die geforderte Feuerwiderstandsdauer von Bauteilen ist unbekannt (Bestandsgebäude) oder wird nicht erfüllt

    Durch Bestimmung der im Bauteil auftretenden Temperaturen (z.B. im Hinblick auf Bewehrungslage bei Stahlbetonbauteilen in Bestandsgebäuden) und der Bestimmung der Tragfähigkeit im Brandfall muss nachgewiesen werden, dass eine entsprechende Feuerwiderstandsdauer vorhanden ist.

     

    Wird die geforderte Feuerwiderstandsdauer nicht erfüllt, kann anhand einer Brandlastermittlung und der Untersuchung der hieraus maßgebenden Naturbrandbeanspruchung der Nachweis der Standsicherheit im Brandfall erfüllt werden.

    Anforderungen an die Rauchfreihaltung werden nicht erfüllt. Hierzu zählen:

    • Zu geringe Zu- und Abluftflächen für die Entrauchung
    • Rauchabschnittslänge in notwendigen Fluren überschritten
    • Anforderungen an die Rauchdichtigkeit von Türen und anderen Bauteilen nicht erfüllt (in Bestandsbauten oft der Fall)

    Hier ist eine Brandlastermittlung mit besonderer Berücksichtigung der Rauchfreisetzung und weiterer toxischer Bestandteile bei Brand erforderlich. Die Einhaltung der Schutzziele muss dann anhand von Leistungskriterien (z.B. raucharme Schicht, Sichtweiten, …) mit Hilfe von Brandsimulationen oder anderen Ingenieurmethoden nachgewiesen werden.

    Sachverhalt

    Lösungsansatz/Besondere Leistungen

    Geometrische Anforderungen an die Rettungswege werden nicht erfüllt. Hierzu zählen:

    • Maximal zulässige Rettungsweglänge überschritten
    • Minimal zulässige Breite der Rettungswege vereinzelt unterschritten (Türen zu Treppenraum oder ins Freie)
    • Rettungswege führen nicht direkt ins Freie

    Nachweis, dass alle Gebäudenutzer innerhalb einer Zeitspanne, in der sichere Verhältnisse (Rauchfreiheit der Rettungswege, keine Behinderung der Räumung durch toxische Rauchbestandteile, Wärmeströme und Temperaturen) herrschen, das Gebäude räumen können (häufig mittels rechnerischer Personenstromanalysen).

    Einsatz von neuartigen Baustoffen, für die keine allgemein anerkannten Regeln der Technik bzw. eingeführten technischen Baubestimmungen vorliegen

    Ein Beispiel sind ultrahochfeste Betone, dessen Tragverhalten unter Brandbeanspruchung im Vergleich zu normalfesten Betonen deutliche Unterschiede aufweist. Die Feuerwiderstandsdauer solcher Bauteile muss gesondert untersucht werden.

    Ertüchtigung von Bauteilen mit Hilfe von Schutz-systemen wie dämmschichtbildenden Anstrichen, Ablationsbeschichtungen oder Plattenverkleidungen

    Bauteile im Bestand werden oft mit Hilfe der genannten Schutzsysteme ertüchtigt. Der Nachweis, dass diese brandschutztechnisch wirksam sind, kann hier mit Hilfe von Ingenieurmethoden erbracht werden.

    Besondere Brandbeanspruchung (z.B. bei Ingenieurbauwerken wie Tunnelbauten)

    Besondere Brandbeanspruchungen stellen höhere Anforderungen an Bauteile, da im Brandfall über einen längeren Zeitraum hinweg mit höheren Temperaturen gerechnet werden muss. Die Wirksamkeit entsprechender Schutzmaßnahmen (siehe Punkt Ertüchtigung) muss nachgewiesen werden. Dazu können auch Anforderungen an die Betonrezeptur (Vermeidung von brandinduzierten Abplatzungen durch Zugabe geeigneter Zusatzstoffe wie Polypropylenfasern) gehören.

    Weitere Fälle für den Einsatz von Ingenieurmethoden:

    • In Fluren sind brennbare Baustoffe vorhanden
    • Öffnungen und Durchbrüche durch Brandwände
    • Abweichungen von Bauteilqualitäten (z.B. Fenster,Türen) innerhalb abschnittsbildender Bauteile
    • Fehlende oder unzureichende vertikale Brand-abschnittsbildung (z.B. aufgrund von Atrien)

    Die fachgerechte Anwendung von Ingenieurmethoden erfordert tiefergehende Kenntnisse über das Brandverhalten von Baustoffen, dem Verhalten des Gebäudetragwerks bei Brandbeanspruchung und über die Leistungsfähigkeit der entsprechenden anlagentechnischen, baulichen und abwehrenden Brandschutzmaßnahmen. Die Ingenieurmethoden sind einzelfallbezogen auszuwählen.

     

    Übersicht soll nach Wiki-Art fortgeschrieben werden

    Die Übersicht finden Sie auch auf pbp.iww.de unter Downloads → Arbeitshilfen. Ziel ist es, sie fortzuschreiben und eine Art „Brandschutzplanungs-Honorar-Wiki“ zu entwickeln. Schildern Sie PBP dazu einfach Ihre Planungsfälle und beschreiben Sie die in Rede stehenden Leistungen. PBP sagt Ihnen, ob es sich um eine Grundleistung oder eine Besondere Leistung handelt.

     

    FAZIT | Die spezielle Brandschutzplanung als Brandschutzkonzept leistet nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur optimierten Planung in Bezug auf Investitions- und Betriebskosten sondern steigert auch die Verfügbarkeit der Brandschutzeinrichtungen im späteren Betrieb. Die Erfahrungen zeigen, dass Kosten für Besondere Leistungen deutlich unterhalb der Kosten liegen, die ansonsten für baukonstruktiven Brandschutz anfallen, und das bei Erreichen der bauordnungsrechtlich geforderten Schutzziele. Eine klassische Win-win-Situation.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Die Übersicht „Praktische Fallgestaltungen zu Besonderen Leistungen im Brandschutz“ finden Sie auf pbp.iww.de unter Downloads → Arbeitshilfen → Honorarabrechnung
    • Beitrag „Leistungsbildübergreifende Brandschutzplanung: So profitieren Bauherren von dieser Besonderen Leistung“, PBP 8/2011, Seite 11
    Quelle: Ausgabe 07 / 2015 | Seite 8 | ID 43444488