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  • · Fachbeitrag · Zugewinnausgleich

    Bei rechtskräftiger Scheidung vor Inkrafttreten der Güterrechtsreform gilt altes Recht

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle

    § 1378 Abs. 2, § 1384 BGB in der seit dem 1.9.09 geltenden Fassung, nach denen im Fall der Ehescheidung für die Höhe der Ausgleichsforderung an die Stelle die Beendigung des Güterstands der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags tritt, sind nicht anwendbar, wenn die Ehe vor dem 1.9.09 rechtskräftig geschieden worden ist (BGH 16.7.14, XII ZR 108/12, Abruf-Nr. 142551).

     

    Sachverhalt

    Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner aus einer abgetrennten Scheidungsfolgesache auf Zahlung von Zugewinnausgleich (ZGA) in Anspruch. Der Scheidungsantrag wurde am 28.6.97 zugestellt, das Scheidungsurteil ist seit dem 17.4.07 rechtskräftig. Das AG hat den Antragsgegner verurteilt, an die Antragstellerin einen ZGA zu zahlen. Auf die Berufung des Antragsgegners hat das KG die Klage abgewiesen. Die zugelassene Revision ist unbegründet.

     

    Entscheidungsgründe

    Nicht zu beanstanden ist die Annahme des KG, dass der Berechnungszeitpunkt für die Begrenzung der ZGA-Forderung durch die Neufassung des § 1384 BGB vorverlagert worden ist. Zwar bestimmt § 1384 BGB unverändert die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags als den für die Berechnung des ZGA maßgeblichen Zeitpunkt. Die Vorschrift regelt darüber hinaus aber auch, dass es für die Begrenzung der Ausgleichsforderung auf die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ankommt. Damit soll erreicht werden, dass Vermögensänderungen nach Zustellung des Scheidungsantrags die Höhe des Anspruchs nicht mehr beeinflussen können und die Rechtsposition des von einer illoyalen Vermögensminderung betroffenen Ehegatten gestärkt werden. Eine einschränkende Auslegung, dass von der Neuregelung nur Fälle erfasst werden, in denen der Ausgleichspflichtige für den bis zur Beendigung des Güterstands eingetretenen Vermögensverlust verantwortlich ist, kommt nicht in Betracht.

     

    Entscheidungserheblich ist deshalb, ob vorliegend die § 1378 Abs. 2 S. 1, § 1384 BGB in ihrer neuen Fassung heranzuziehen sind oder ob § 1378 Abs. 2 BGB a.F. maßgeblich ist. Nach Auseinandersetzung mit den dazu vertretenen Auffassungen hat sich der BGH der Ansicht des KG angeschlossen, auf den Sachverhalt ist das bis zum 31.8.09 geltende Recht anzuwenden:

     

    Der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB lässt sich nicht entnehmen, dass das geänderte ZGA-Recht auch in den Fällen anzuwenden ist, in denen die Ehe bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits rechtskräftig geschieden und der Güterstand beendet ist.

     

    Vielmehr besagt die Übergangsvorschrift allein, dass für Verfahren über den Ausgleich des Zugewinns, die vor dem 1.9.09 anhängig wurden, für den ZGA § 1374 BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden ist.

     

    Würde man im Fall einer am 1.9.09 bereits rechtskräftigen Scheidung die Neuregelung anwenden, würde damit ein Ausgleichsanspruch, der bei Rechtskraft der Scheidung wegen eines seit der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags eingetretenen Vermögensverlusts des Ausgleichspflichtigen nicht bestanden hat, nachträglich entstehen. Denn nach § 1378 Abs. 2 BGB a.F. wurde die Höhe der Ausgleichsforderung durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstands vorhanden war. Wendet man diese Vorschrift nicht mehr an, die im neuen Recht nicht enthalten ist, würde das einen Eingriff in einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt darstellen. Diese echte Rückwirkung von Rechtsfolgen ist verfassungsrechtlich bedenklich und steht mit den allgemeinen Grundsätzen über die zeitliche Geltung von Gesetzen nicht in Einklang. Denn bis zur Verkündung der gesetzlichen Neuregelung, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss, muss der von einem Recht Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht begründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird. Im Hinblick darauf ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber eine solche Rückwirkung hat anordnen wollen. Dafür spricht auch die Formulierung der Gesetzesbegründung, die bewusst nur eine Übergangsregelung für § 1374 BGB vorsieht. Abgeschlossene Sachverhalte sind durch Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB nicht geregelt.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung des BGH klärt die in Rechtsprechung und Literatur streitige Frage, welches Recht bei einer vor Inkrafttreten der Güterrechtsreform rechtskräftig gewordenen Ehescheidung auf den ZGA anzuwenden ist.

     

    Unter Aufgabe seiner anders lautenden Entscheidungen (FamRZ 11, 25; 183; 1039) hat sich der BGH für die Anwendung des früheren Rechts ausgesprochen. Dies bedeutet, dass der Einwand des § 1378 Abs. 2 BGB a.F. auch bei einer manipulativen Verminderung der Ausgleichsforderung zwischen Zustellung des Scheidungsantrags und Rechtskraft der Scheidung begründet ist (BGH FamRZ 88, 925). Voraussetzung ist jedoch, dass das ZGA-Verfahren in den Verbund einbezogen ist. Bei Nichtabtrennung muss der Einwand der Begrenzung im letzten Verhandlungstermin erhoben werden.

     

    Weiterführender Hinweis

    • BGH FamRZ 12, 1479, zur ZGA-Forderung: Stichtag für die Begrenzung nach gesetzlicher Neuregelung
    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 172 | ID 42916233