· „Food-and-Paper“-Methode
BFH urteilt zur Aufteilung eines einheitlichen Gesamtentgelts in der Systemgastronomie

Eine Methode zur Aufteilung eines einheitlichen Gesamtentgelts, die dazu führt, dass auf ein Produkt einer rabattierten Warenzusammenstellung ein anteiliger Verkaufspreis entfällt, der höher ist als der Einzelverkaufspreis, ist nicht sachgerecht, so lautet ein aktuelles Urteil des BFH. |
Hintergrund
Wenn man Kombiangebote, Spar-Menüs oder auch Produktpakete verkauft, bei denen ein einheitlicher ‒ oft vergünstigter ‒ Preis verlangt wird, dann ist umsatzsteuerlich Obacht angebracht.
Unterliegen die einzelnen Bestandteile unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen und gilt jede Komponente für sich als eigener Umsatz, dann reicht es nicht, einfach den Gesamtbetrag zu versteuern. In dem Fall muss der Gesamtpreis aufgeteilt werden, um die Umsatzsteuer korrekt berechnen zu können. Der BFH hat sich dazu aktuell geäußert. Konkret ging es um die sogenannte „Food-and-Paper-Methode“ in der Systemgastronomie. Die Frage lautete vor allem, wie man die Aufteilung sachgerecht vornimmt. Das Urteil ist nicht nur für Restaurants oder Fast-Food-Ketten relevant ‒ auch andere Branchen können davon betroffen sein.
Problematik
Fast-Food-Unternehmen erbringen mit ihren sogenannten „Spar-Menüs“ beim Außer-Haus-Verkauf im Rahmen eines Gesamtverkaufspreises zwei oder mehrere unterschiedlich zu besteuernde Lieferungen:
- Die Getränke unterliegen dem allgemeinen Steuersatz (19 %)
- Die Speisen unterliegen dem ermäßigten Steuersatz (7 %)
Nach Auffassung der Finanzverwaltung (Abschn. 10.1. Abs. 11 UStAE) ist der einheitliche Preis sachgerecht auf die einzelnen Leistungen aufzuteilen.
Dabei hat der Unternehmer grundsätzlich die einfachstmögliche sachgerechte Aufteilungsmethode zu wählen. Bestehen mehrere sachgerechte, gleich einfache Aufteilungsmethoden, kann der Unternehmer zwischen diesen Methoden frei wählen.
- Bietet der Unternehmer die im Rahmen des Gesamtverkaufspreises erbrachten Leistungen auch einzeln an, ist der Gesamtverkaufspreis grundsätzlich nach dem Verhältnis der Einzelverkaufspreise aufzuteilen.
- Daneben sind auch andere Aufteilungsmethoden wie das Verhältnis des Wareneinsatzes zulässig, sofern diese gleich einfach sind und zu sachgerechten Ergebnissen führen.
Dabei kommt es gerade auch in Außenprüfungen immer wieder zu Diskussionen mit der Verwaltung, ob nun eine andere Aufteilungsmethode als das „Verhältnis der Einzelverkaufspreise“ gleich einfach ist und zu einem sachgerechten Ergebnis führt. Die beiden dargestellten Urteile des BFH machen das deutlich.
Sachverhalt BFH-Urteil (XI R 19/23)
Die Steuerpflichtigen betrieben als Franchisenehmerinnen Schnellrestaurants, in denen u. a. sogenannte „Spar-Menüs“ ‒ bestehend aus z. B. einem Getränk, einem Burger und Pommes Frites ‒ zu einem einheitlichen Gesamtpreis zum Verzehr außer Haus verkauft wurden.
Umsatzsteuerrechtlich folgten die Steuerpflichtigen der Rechtsprechung des BFH insoweit, als sie von zwei Lieferungen ausgingen: der Lieferung des Getränks zum allgemeinen Umsatzsteuersatz (19 %) und der Lieferung der Speisen zum ermäßigten Steuersatz (7 %).
Seit dem 1.7.2014 teilten die Steuerpflichtigen den Gesamtpreis des Spar-Menüs nach der „Food-and-Paper“-Methode auf die Speisen und das Getränk auf. Die Aufteilung erfolgt dabei anhand des Wareneinsatzes, das heißt anhand der Summe aller Aufwendungen für die Speisen bzw. für das Getränk. Da in der Gastronomie die Gewinnspanne auf Getränke typischerweise deutlich höher ist als die Gewinnspanne auf Speisen, ergibt sich hieraus typischerweise eine niedrigere Umsatzsteuer als bei einer Aufteilung nach Einzelverkaufspreisen.
Das Finanzamt hielt die Aufteilung nach der „Food-and-Paper“-Methode für unzulässig, weil diese nicht so einfach sei, wie eine Aufteilung nach Einzelverkaufspreisen und außerdem nicht zu sachgerechten Ergebnissen führe. Das FG Baden Württemberg hielt die „Food-and-Paper“-Methode hingegen für zulässig.
Entscheidung des BFH
Der BFH folgte der Auffassung des FG im Ergebnis nicht.
Entgegen der Auffassung des Finanzamts muss der Unternehmer jedoch nicht immer die einfachstmögliche Methode anwenden. Wenn eine andere Methode zumindest ebenso sachgerecht ist wie die Aufteilung nach Einzelverkaufspreisen, darf er auch die andere Methode anwenden.
Gleichwohl kann die „Food-and-Paper“-Methode nicht angewandt werden, weil sie in Fällen wie dem Streitfall dazu führt, dass der Preis der Speisen mit einem hohen Wareneinsatz im Menü über dem Einzelverkaufspreis der Speisen liegen würde.
Es widerspricht dem vom EuGH aufgestellten Grundsatz der wirtschaftlichen Realität, dass der Verkaufspreis eines Produkts in einem mit Rabatt verkauften Menü höher ist als der Einzelverkaufspreis. Eine Methode, die zu diesem Ergebnis führt, ist nicht sachgerecht.
Sachverhalt und Entscheidung BFH-Urteil (XI R 22/22, nicht amtlich veröffentlicht)
Der Sachverhalt ist weitgehend inhaltsgleich mit dem des BFH-Urteils XI R 19/23. Allerdings hat ‒ anders als im Fall XI R 19/23 ‒ das FG die Klage als unbegründet zurückgewiesen.
Es hat angenommen, es treffe zu, dass den höchsten Aufschlagsatz in der Gastronomie immer die Getränke hätten. Die Verminderung der Steuerschuld führe deshalb nicht allein zur fehlenden Sachgerechtheit der F & P-Methode. Jedoch komme hinzu, dass bei der Berechnung des Aufteilungsschlüssels dieser Methode im Einzelfall Produktpreise entstünden, die über den Einzelverkaufspreisen der einzelnen Produkte lägen, was in manchen Fällen die von der Steuerpflichtigen eingebaute „Kappung“ auslöse.
Das Entstehen solcher „Überpreise“ und auch die dadurch erforderliche „Kappung“ stellten einen „Methodenbruch“ dar, der gegen die Sachgerechtheit der F & P-Methode spreche.
Der entscheidende Grund für die fehlende Sachgerechtheit der F & P-Methode bei der Ermittlung des Aufteilungsschlüssels bestehe darin, dass sie bei einzelnen Menübestandteilen regelmäßig zu Verhältnispreisen führe, die über deren Einzelverkaufspreis lägen. Die Berechnung nach der F & P-Methode führe daher zu nicht realisierbaren Preisen und spiegele damit nicht ausreichend sachgerecht das Verhältnis der Werte der einzelnen Produkte der Steuerpflichtigen innerhalb der von ihr angebotenen Spar-Menüs wider.
Die von der Steuerpflichtigen vorgesehene „Kappung“ ändere daran nichts, weil die „Kappung“ belege, dass bei der F & P-Methode wegen fehlerhafter Berechnung Korrekturbedarf bestehe. Die F & P-Methode mit Kappung stelle ‒ wie vom FA angenommen ‒ letztlich eine Art Mischmethode aus EVP- und F & P-Methode dar, denn die Methode der Steuerpflichtigen müsse auch auf Einzelverkaufspreise zurückgreifen.
Ohne die Bildung von sogenannten „tax buckets“ für die dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Speisen müsste die Kappung bei den Burgern weit häufiger greifen. Entgegen der Auffassung der Steuerpflichtigen sei die „Kappung“ ein Systembruch innerhalb der F & P-Methode, der die Sachgerechtheit der Methode insgesamt beeinträchtige.
Zudem spreche gegen die Sachgerechtheit der F & P-Methode, dass es technisch möglich sei, die „Kappung“ in jeder bei der Steuerpflichtigen eingesetzten Kasse zu deaktivieren, auch wenn dies nach deren Angaben nur durch autorisierte Mitarbeiter möglich sein solle. Ohne eine „Kappung“ verschiebe sich die Preisaufteilung noch mehr zugunsten der Steuerpflichtigen und damit zulasten des Fiskus.
Anmerkung
Der Umstand, dass es bei der F & P-Methode ‒ wie das FG zu Recht angenommen hat ‒ systembedingt zu Überpreisen kommt, führt dazu, dass die F & P-Methode nicht sachgerecht ist. Dass der Verkaufspreis der Speisen in einem mit Rabatt verkauften Menü höher sein könnte als der Einzelverkaufspreis außerhalb des Menüs, widerspricht der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität.
Der Umstand, dass die Steuerpflichtigen die F & P-Methode durch eine „Kappung“ modifiziert haben, um das Entstehen von Überpreisen teilweise zu verhindern, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dies ergibt sich zum einen, wie das Finanzgericht im Verfahren (XI R 22/22) zutreffend ausgeführt hat, schon daraus, dass die Steuerpflichtige mit der „Kappung“ eine Mischung zweier Methoden vorgenommen hat. Bereits dies spricht dagegen, dass die von ihr angewandte modifizierte F & P-Methode im Ausgangspunkt sachgerecht ist. Denn ein teilweiser Methodenverzicht beziehungsweise eine teilweise Begrenzung der ermittelten Bemessungsgrundlagen führt nicht dazu, dass eine nicht sachgerechte Methode zu einer sachgerechten würde, sondern zeigt die mangelnde Sachgerechtheit der Methode auf.
Die Vermischung zweier Methoden ist zudem nicht mehr einfach, wenn sie ‒ wie im Urteilsfall ‒ eine Berechnung nach einer Methode und eine Kontrolle der Ergebnisse mit Werten, die aus einer anderen Methode stammen, erfordert.
FAZIT | Schlussendlich kommt der BFH auch hier im Verfahren XI R 22/22 zu dem Ergebnis: Eine Methode zur Aufteilung eines einheitlichen Gesamtentgelts, die dazu führt, dass auf ein Produkt einer rabattierten Warenzusammenstellung ein anteiliger Verkaufspreis entfällt, der höher ist als der Einzelverkaufspreis, ist nicht sachgerecht. |
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Aufgrund der aktuellen Entscheidungen des BFH zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Kombiangeboten ‒ insbesondere zur Anwendung der sogenannten Food-and-Paper-Methode (F&P-Methode) ‒ wird empfohlen, die folgenden Maßnahmen zu ergreifen, um steuerliche Risiken zu vermeiden:
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Fundstelle
- BFH 22.1.25, XI R 22/22, iww.de/astw, Abruf-Nr. 248479
- BFH 22.1.25, XI R 19/23, Abruf-Nr. 248478