· Verfahrensrecht/Anwendung von BMF-Schreiben
Nachdenkliches zum kassierenden BMF-Schreiben vom 14.3.2025 sowie den gleichlautenden Ländererlassen

von Dipl.-Finw. Rüdiger Weimann, FIFU ‒ Fachwerk Institut für Umsatzsteuer, Dortmund/Düsseldorf
Mit Schreiben vom 14.3.2025 hat das BMF seine mittlerweile alljährliche Bestandsaufnahme der weiter gültigen älteren Schreiben fortgesetzt. Überprüft wurde dieses Mal der Zeitraum bis zum 13.3.2025. Das neue BMF-Schreiben gleicht in Text und Aufbau den Schreiben für die vorangegangenen Jahre (zuletzt Schreiben vom 15.3.24). Insbesondere enthält es wieder als Anlage 1, die sog. Positivliste. |
Die neue Positivliste
Nur die in die Positivliste aufgenommenen BMF-Schreiben gelten unverändert weiter. Für alle nicht aufgenommenen Schreiben heißt das:
- Verwaltungsanweisungen des Bundes, die nicht in dieser Liste stehen, sollen auf Steuertatbestände, die nach dem 31.12.2023 verwirklicht werden, nicht mehr angewendet werden.
- Ländererlasse, die auf diesen nicht mehr anwendbaren BMF-Schreiben beruhen, sollen damit ebenfalls außer Kraft gesetzt sein (gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder).
- Für vor dem 1.1.2024 verwirklichte Steuertatbestände bleibt die Anwendung der nicht in der Positivliste aufgeführten BMF-Schreiben unberührt, soweit sie nicht durch ändernde oder ergänzende BMF-Schreiben überholt sind.
„Bereinigung der Weisungslage“ als Regelungsziel
Auffällig ist, dass das neue BMF-Schreiben ‒ im Einklang mit den Vorgängerschreiben, aber anders als das erste kassierende Schreiben vom 7.6.2005 ‒ folgende Zusatzregelung trifft:
„… Die Aufhebung der BMF-Schreiben bedeutet keine Aufgabe der bisherigen Rechtsauffassung der Verwaltung, sondern dient der Bereinigung der Weisungslage …“
Die Verwaltung benennt aber nicht die Schreiben, die sie aufheben will, sondern nur diejenigen, die sie für weiter unverzichtbar hält. Damit drängt sich der Verdacht auf, dass man weniger den Bürgern oder deren Steuerberatern als vielmehr sich selbst helfen will. Denn es scheint der Verwaltung nicht mehr so recht präsent zu sein, was sie so alles an Verwaltungsanweisungen produziert hat. Das Verfahren hat für das BMF z. B. den Vorteil, dass es darauf verzichten kann, genau zu dokumentieren, welche BMF-Schreiben aufgrund von Gesetzes- und/oder Rechtsprechungsänderungen ohnehin längst bedeutungslos sind.
PRAXISTIPP | Zur Euphorie jedenfalls gibt dieses Vorgehen keinen Anlass: Wenn die Aufhebung der bis zum 13.3.2025 ergangenen BMF-Schreiben „keine Aufgabe der bisherigen Rechtsauffassung der Verwaltung“ bedeutet, heißt dies ‒ positiv ausgedrückt ‒ , dass die vermeintlich aufgehobenen BMF-Schreiben auch weiterhin die Verwaltungsauffassung wiedergeben. Damit bleiben die formell aufgehobenen Schreiben materiell weiter gültig. Daher kann der einzelne Finanzbeamte auch die bis zum 13.3.2025 ergangenen BMF-Schreiben weiter anwenden und Steuerberater diese wie gehabt berücksichtigen müssen. |
Wie sollte man BMF-Schreiben ab jetzt zitieren?
Damit wird (wissenschaftlich genau) wie folgt zu zitieren sein:
Zitiervorschläge / |
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Beachten Sie | Da die Zitate der bis zum 13.3.2025 ergangenen Schreiben damit unnötig „aufgebläht“ werden, wird die Praxis schnell dazu übergehen, den Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 14.3.2025 ‒ wie schon bei den Vorgängerschreiben ‒ auszusparen. Wichtig ist nur, dass auch die formell aufgehobenen Schreiben unter den weiteren Voraussetzungen anwendbar bleiben!
Abschließend bleibt der Hinweis, dass das neue BMF-Schreiben ‒ ebenfalls wie die Vorgängerschreiben ‒ deklaratorisch (= bezeugend, klarstellend, beweiskräftig) wirkt, soweit die in der Positivliste nicht enthaltenen Schreiben bereits aus anderen Gründen keine Rechtswirkung mehr entfalten.
FAZIT | Auch das neue kassierende BMF-Schreiben ist rundherum eine „Mogelpackung“, denn
Wenn das BMF in der Transport-E-Mail vom 14.3.2025 schreibt: „Mit der ‚Eindämmung der Normenflut im Steuerrecht‘ wurde ein Prozess zur dauerhaften Reduzierung von steuerlichen Verwaltungsvorschriften eingeleitet, mit dem in den Jahren 2005 bis 2010 knapp 4.000 nicht mehr benötigte BMF-Schreiben aufgehoben wurden“ … ist das zumindest übertrieben! |
Fundstelle
- BMF 14.3.25, IV A 2 ‒ 0 2000/00074/008/002, Anwendung von BMF-Schreiben; BMF-Schreiben, die bis zum 13.3.25 ergangen sind
- Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 14.3.25
- Gemeinsame Positivliste der BMF-Schreiben und der gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder (Anlage 1/Stand: 13.3.25)
- Gemeinsame Liste der im BMF-Schreiben vom 15.3.24 (BStBl. I 2024, 450) und in den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 15.3.24 (BStBl. I 2024, 451) aufgeführten und nicht mehr in der aktuellen Positivliste enthaltenen BMF-Schreiben und gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder (Anlage 2/Stand: 13.3.25)