· Nachricht · § 356 AO
Zu den Anforderungen an eine unmiss-verständliche Rechtsbehelfsbelehrung
| Kann ein Steuerbescheid mit einem Einspruch angefochten werden, wird die Rechtsbehelfsbelehrung nicht dadurch unrichtig, dass es im Bescheid anschließend heißt: „Ein Einspruch ist jedoch ausgeschlossen, soweit dieser Bescheid einen Verwaltungsakt ändert oder ersetzt, gegen den ein zulässiger Einspruch oder (nach einem zulässigen Einspruch) eine zulässige Klage, Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde anhängig ist. In diesem Fall wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens“. |
Sachverhalt
Das Finanzamt hob die Kindergeldfestsetzung der Familienkasse für eine in 1992 geborene Tochter des Antragsstellers auf. Die Familienkasse forderte daraufhin das zu viel gezahlte Kindergeld zurück. Der Rückforderungsbescheid enthielt die oben erwähnte folgende Rechtsbehelfsbelehrung.
PRAXISHINWEIS | Die Frist der Einlegung eines Einspruchs beträgt einen Monat. Sie beginnt mit Ablauf des Tages, an dem Ihnen der Bescheid bekannt gegeben worden ist. Bei Zusendung durch einfachen Brief oder Zustellung mittels Einschreibens durch Übergabe gilt die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, dass der Bescheid zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Bei Zustellung durch Zustellungsurkunde oder durch Einschreiben mit Rückschein oder gegen Empfangsbekenntnis ist der Tag der Bekanntgabe der Tag der Zustellung.“ |
Der Antragsteller erklärte nach Ablauf der Monatsfrist, er habe den Rückforderungsbescheid nicht erhalten. Die Familienkasse wertete dies als Einspruch. Sie teilte dem Antragsteller mit, dass der Einspruch verspätet eingelegt, mithin unzulässig sei und Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorlägen. Die beantragte Aussetzung der Vollziehung lehnte die Familienkasse ab.
Der Antragsteller beantragte hierauf beim FG, die Vollziehung der aufgehobenen Kindergeldfestsetzung auszusetzen.
Das FG wies den AdV-Antrag als unbegründet zurück. Es führte hierzu u.a. aus, der angefochtene Bescheid sei dem Antragsteller wirksam bekannt gegeben worden. Insbesondere sei die von der Familienkasse im Streitfall verwendete Rechtsbehelfsbelehrung entgegen der Ansicht des Antragstellers korrekt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers blieb vor dem BFH erfolglos.
Entscheidung
Die Beschwerde des Antragstellers ist nach Auffassung des BFH unbegründet. Die strittige Rechtsbehelfsbelehrung ist vollständig und richtig erteilt worden.
Unrichtig ist eine Rechtbehelfsbelehrung nach Auffassung des BFH erst dann, wenn sie in wesentlichen Aussagen
- unzutreffend oder
- derart unvollständig oder
- missverständlich gefasst
ist, dass hierdurch bei objektiver Betrachtung die Möglichkeit zur Fristwahrung gefährdet erscheint.
Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die
- den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergibt und
- verständlich über allgemeine Merkmale des Fristbeginns sowie Fristdauer informiert,
ist ordnungsgemäß.
Eine Rechtsbehelfsbelehrung muss auch Angaben, die nicht zwingend vorgeschrieben sind, richtig, vollständig und unmissverständlich darstellen. Es besteht jedoch keine Veranlassung, bei Angaben in der Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht Pflichtangaben nach § 356 Abs. 1 AO sind, höhere Anforderungen an die Detailliertheit zu stellen als bei solchen Angaben, die notwendiges Element der Rechtsbehelfsbelehrung sind.
PRAXISHINWEIS | Die Entscheidung des BFH ist konsequent. Sie unterbindet den Versuch, ein Fristversäumnis durch den „Griff in die Trickkiste“ ungeschehen zu machen. Würden der Finanzverwaltung Standardtexte untersagt, müsste die Rechtsbehelfsbelehrung einem jeden Einzelfall individuell angepasst werden. Eine Anforderung, die sich bei dem „Massenprodukt“ Steuerbescheid wohl kaum realisieren ließe! |
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