· Nachricht · § 12 UStG
Steuerermäßigung ist auch bei Autorenlesungen denkbar
| Die reine Autorenlesung vor Publikum ist weder eine Theatervorführung noch eine den Theatervorführungen vergleichbare Darbietung. Eine derartige Lesung vor Publikum kann jedoch theaterähnlich sein, sodass die Eintrittsberechtigungen hierfür dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen, so der BFH in einem aktuellen Urteil. |
Sachverhalt
Eine Schriftstellerin führte im Streitjahr Lesungen aus ihrem zuvor erschienenen Buch durch. Die mit den Lesungen bewirkten Umsätze unterwarf die Steuerpflichtige - ebenso wie ihre Umsätze aus den Buchverkäufen - dem ermäßigten Steuersatz von 7 %.
Zur Begründung der Steuerermäßigung trug die Steuerpflichtige u.a. vor, sie erbringe bei jeder Lesung eine Leistung, die weit über die reine Wiedergabe des Textes hinausging. Es fände immer eine Art interaktive Show statt. Sie spiele die Rolle, die das Publikum von ihr erwarte. Sie gehe auf Zwischenfragen ein und inszeniere sich und ihre Auffassungen mal ironisch, mal provokativ, mal ernst - wie eine Schauspielerin im Theater. Dies werde begünstigt durch die Tätigkeiten, die sie vor und neben der Schriftstellertätigkeit ausübe bzw. ausgeübt habe, zum Beispiel als Fernsehmoderatorin, Sängerin, Schauspielerin und Sprecherin. Sie trete während der gesamten Lesung in einen intensiven Dialog mit dem Publikum. Die Lesungen erinnerten in weiten Teilen an eine Kabarett-Veranstaltung, die immer wieder von Beifall, Lachen und Zwischenrufen des Publikums unterbrochen werde. Diese Auffassung teilen FA und FG nicht.
Entscheidung
Der BFH entschied jedoch anders. Danach können Autorenlesungen theaterähnlich und damit gem. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ermäßigt zu besteuern sein.
Begründung
Bei ihren Lesungen veränderte die Steuerpflichtige häufig die Stimme zum Ausdruck besonderer Situationen oder zur Darstellung handelnder Personen und unterstrich dies mit Mimik, Körperhaltung und Bewegung, wodurch sie beim Publikum Emotionen hervorrief. Sie unterbrach das eigentliche Lesen des Buches immer wieder für Erläuterungen, die mehr oder weniger Bezug zum Buch hatten. Stellenweise geriet die Lesung völlig in den Hintergrund; mit Zwischenbemerkungen und dem Erzählen von Geschichten außerhalb des Buches erreichte ihre Darbietung teilweise auch kabarettistische Züge.
PRAXISHINWEIS | Vorrangig geht es hier um die Beurteilung wertausfüllungsbedürftiger Begriffe. Die Urteilsgründe zeigen, wie wichtig es in einem solchen Fall ist, den Inhalt der Leistung objektiv nachweisen zu können. Im Urteilsfall legte die Steuerpflichtige einen Zeitungsartikel und den DVD-Mitschnitt einer Lesung vor. Das bloße Vorlesen aus dem Roman nahm danach deutlich weniger als die Hälfte der gesamten Veranstaltung ein. Aufgabe des Steuerberaters ist es, den Mandanten im Vorfeld auf das Nachweiserfordernis hinzuweisen und gemeinsam mit dem Mandanten Nachweismöglichkeiten zu erarbeiten. Ggf. ist auch das Einholen einer verbindlichen Auskunft zu erwägen. |
Anmerkung
Zur Abgrenzung:
- Ebenso, wie das bloße Abspielen eines Tonträgers kein Konzert ist, stellt das reine Vorlesen eines Autors aus seinem Buch vor Publikum weder eine Theatervorführung noch eine den Theatervorführungen vergleichbare Darbietung eines ausübenden Künstlers i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dar.
- Auch eine Frage- oder Autogrammstunde ist keine begünstigte Veranstaltung.
Fundstellen
- BFH 25.2.15, XI R 35/12, astw.iww.de, Abruf-Nr. 177380
- FG Köln 30.8.12, 12 K 1967/11, astw.iww.de, Abruf-Nr. 123665