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  • 22.11.2011 · IWW-Abrufnummer 130189

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 03.08.2011 – 7 K 4682/07

    Index-Zertifikate sind keine Termingeschäfte, sondern Schuldverschreibungen, so dass Verluste hieraus nicht dem Ausgleichs- und Abzugsverbot des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG unterfallen.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 7. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtliche Richterin … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 03.08.2011 für Recht erkannt:
    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte Teilwertabschreibungen auf „Index-Partizipationszertifikate” zu Recht gemäß § 15 Abs. 4 S. 3 EStG nicht gewinnmindernd berücksichtigt hat.
    Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die im Wesentlichen …instrumente herstellt und weltweit vertreibt. Am Vermögen der Klägerin ist Herr A1, der ehemalige Komplementär und ehemalige Geschäftsführer der Klägerin mit 100 %, beteiligt. Komplementärin ist die A & Co. … GmbH, deren Geschäftsführer wiederum Herr A1 ist.
    Die Klägerin hat seit Jahren in erheblichem Umfang Kapitalanlagen in ihrem Betriebsvermögen getätigt und gehalten. So hat sie zum Beispiel im Jahre 1999 aus Kassageschäften mit Dollars einen Gewinn i.H.v. 148.000 DM erwirtschaftet und versteuert. In ihrer Bilanz zum 31.12.2000 weist sie Kapitalbeteiligungen im Anlagevermögen i.H.v. 949.293,66 EUR und Wertpapiere und liquide Mittel im Umlaufvermögen i.H.v. 3.731.043,29 EUR aus. Zum 31.12.2003 betrugen die entsprechenden Werte im Anlagevermögen 860.887,14 EUR und im Umlaufvermögen 6.557.114,69 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf Anlage K 14 der Klägerin zu ihrem Schriftsatz vom 31.01.2011 verwiesen (Bl. 115 der FG-Akten). Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH hat als früherer Bankangestellter in seiner Zeit als verantwortlicher Geschäftsführer der Klägerin regelmäßig Bankgeschäfte im Rahmen des Betriebsvermögens getätigt. Dabei handelte es sich grundsätzlich um Kassageschäfte. Termingeschäfte wurden nicht getätigt. Zudem wurden Aktiengeschäfte, Pfandbriefe, etc. und weitere Festgeldanlagen gemacht.
    Die Klägerin erwarb im Jahr 2000 u.a. sogenannte „Index-Partizipationszertifikate”. Dabei handelte es sich einmal um das Zertifikat NEMAX 50 Direkt 2005 und um das Zertifikat DAX Direkt 2005.
    Die Zertifikate wurden am 20.12.2000 zu einem Kaufpreis von (umgerechnet) 425.349 EUR (NEMAX 50) bzw. von 504.768 EUR (DAX Direkt 2005) mit Kapital der Klägerin über deren betrieblichen Konten erworben, in der laufenden Buchführung der Klägerin erfasst und als Umlaufvermögen aktiviert.
    Auf die Anlage in das Zertifikat „NEMAX 50 Direkt 2005” erfolgten bis zum 31.12.2002 Teilwertabschreibungen i.H.v. 374.349 EUR. Zum 31.12.2003 erfolgte auf dieses Wertpapier eine Zuschreibung i.H.v. 31.500 EUR.
    Auf die Anlage in das Zertifikat „DAX Direkt 2005” erfolgte zum 31.12.2001 eine Teilwertabschreibung i.H.v. 92.688 EUR. Am 01.03.2002 wurden die „Dax Direkt Papiere” in das Privatvermögen entnommen, wobei aufgrund eines weiteren Kursverfalls ein Entnahmeverlust i.H.v. 29.360 EUR realisiert wurde.
    Die Teilwertabschreibungen und den Entnahmeverlust ermittelte die Klägerin nach dem zum jeweiligen Bilanzstichtag bzw. zum Entnahmezeitpunkt geltenden Börsenkurs der an der Frankfurter und Stuttgarter Börse (nur der NEMAX 50) gehandelten Zertifikate.
    Die Abschreibungen auf die Index-Zertifikate resultierten im Wesentlichen aus den nicht vorhersehbaren Börsenkursentwicklungen der Jahre 2001 und 2002 (vor allem wegen des Terroranschlags im September 2001).
    Zwischen den Beteiligten besteht in tatsächlicher Hinsicht Einigkeit darüber, dass die von der Klägerin auf der Grundlage der Börsenkurse am Bilanzstichtag vorgenommenen Abschreibungen auf die Investitionen in die Zertifikate „NEMAX 50 Direkt 2005” und „DAX Direkt 2005” nach dem zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung jeweils geltenden Aktien- bzw. Indexkurs der Höhe nach (noch) zutreffend waren und die Voraussetzungen einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung insoweit vorgelegen haben. In Bezug auf den Entnahmeverlust sind die Beteiligten sich einig, dass die Klägerin ebenfalls diesen zutreffend nach dem Kurswert des DAX Direkt 2005 zum Zeitpunkt der Entnahme angesetzt hat.
    Nach den Emissionsbedingungen des „NEMAX 50 Direkt 2005” gewährt der Emittent, die Deutsche Bank Aktiengesellschaft, jedem Inhaber eines Index-Partizipationszertifikates das Recht, von ihr nach Maßgabe der Zertifikationsbedingungen am Feststellungstag die Zahlung eines in Euro ausgedrückten Rückzahlungsbetrages zu verlangen, der aus dem Wert des Index am Feststellungstag ermittelt wird. Dabei entspricht ein Indexpunkt (oder ein Bruchteil davon) 0,001 EUR (bzw. dem entsprechenden Bruchteil davon). Als entsprechender Index wird der Neue Markt Blue Chip Index (NEMAX 50) (Performance-Index) ausgewiesen. Das Angebot begann am 09.07.1999 zu laufen. Feststellungstag war der 17.06.2005. Das Zertifikat wurde im Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse und an der Stuttgarter Wertpapierbörse frei gehandelt.
    In den Emissionsbedingungen heißt es weiter:
    „ Die Zertifikate verbriefen ein Recht auf Zahlung eines Rückzahlungsbetrages, dessen Höhe vom Wert des zugrunde gelegten Index am Fälligkeitstag abhängt. Während der Laufzeit der Zertifikate finden keine Ausschüttungen statt. ….”
    Wegen der weiteren Einzelheiten der Emissionsbedingungen des „NEMAX 50 Direkt 2005” wird auf die von der Deutschen Bank herausgegebenen Informationen verwiesen, die sich in den Gerichtsakten befinden (Bl. 116-125 der FG-Akte).
    Die Emissionsbedingungen für den „DAX Direkt 2005” entsprechen im Wesentlichen den o.g. Bedingungen des „NEMAX 50 Direkt 2005”. Dieses Wertpapier bezieht sich allerdings auf den DAX Index und wurde nur an der Frankfurter Börse gehandelt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Emissionsbedingungen wird auch insoweit auf die von der Deutschen Bank herausgegebenen Informationen verwiesen, die sich in den BP-Handakten des Beklagten befinden.
    Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2003 wurden u.a. folgende Feststellungen getroffen (Bp-Bericht vom 19.10.2005).
    „Tz. 2.5.2 Aktien-Index/Partizipationszertifikate
    Nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG gelten Zertifikate, die Aktien vertreten, als Termingeschäfte. Zu diesen Zertifikaten gehören auch die Partizipationsscheine (s. BMF-Schreiben vom 27.11.2001, Tz. 45 u. 46, BStBl I 2001, S. 991). Bei den von der Firma A & Co. KG im Jahr 2000 erworbenen Index-Partizipationszertifikaten „NEMAX 50 Direkt” und „DAX Direkt 2005” handelt es sich somit um Termingeschäfte im Sinne des § 23 EStG.
    Nach § 15 Abs. 4 S. 3 EStG dürfen Verluste aus Termingeschäften weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Der Begriff des Termingeschäfts ist ähnlich zu verstehen, wie der des Termingeschäfts in § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG (HHR Anmerkung R 16 zu § 15, ähnlich Schmitt § 15 EStG Rz. 902). Folglich gilt die in § 23 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG enthaltene Fiktion „Zertifikate gelten als Termingeschäfte”) auch für den Bereich des § 15 Abs. 4 EStG.
    Die nachfolgenden Aufwendungen dürfen die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht mindern:

    2000200120022003
    DMEUREUREUR
    TW-Abschreibung „NEMAX 50 Direkt”4.595,12255.000,00117.000,00
    TW-Abschreibung „DAX Direkt 2005”092.687,97
    Verlust bei Entnahme „DAX Direkt 2005 „29.360,00
    TW-Zuschreibung „NEMAX 50 Direkt”- 31.500,00
    Korrekturen außerhalb der Bilanz4.595,12347.687,97(= DM 680.018,56) 146.360,00-31.500,00
    Der Beklagte folgte der Betriebsprüfung und erließ am 23.12.2005 gemäß § 164 Abs. 2 AO entsprechend geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2000, 2002 und 2003. Für 2001 erließ er einen entsprechenden Änderungsbescheid am 02.01.2006. Hiergegen legte die Klägerin Einsprüche ein, mit denen sie u.a. geltend machte, dass die Verluste aufgrund der Teilwertabschreibungen und der Entnahme in Bezug auf die Partizipationszertifikate (DAX Direkt 2005 und NEMAX 50 Direkt) in den Streitjahren 2000 bis 2002 gewinnmindernd zu berücksichtigen seien.
    Die Einsprüche blieben erfolglos. Mit Einspruchsentscheidung vom 05.11.2007 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Er lehnte es unter Heranziehung des § 15 Abs. 4 S. 3 EStG weiterhin ab, die Teilwertabschreibungen und die Verluste aus Entnahme in Bezug auf die Partizipationszertifikate gewinnmindernd zu berücksichtigen. Der Begriff des Termingeschäfts gemäß § 15 Abs. 4 S. 3 EStG sei ähnlich zu verstehen, wie der des Termingeschäfts in § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Nach Satz 2 dieser Vorschrift würden Zertifikate, die Aktien vertreten, und Optionsscheine als Termingeschäfte im Sinne dieser Regelung gelten. Diese Zertifikate verbrieften das Recht auf Zahlung eines Geldbetrages, dessen Höhe zum Beispiel vom Stand eines Indexes, vom Wert einer oder mehrerer Aktien am Fälligkeitstag abhängig sei. Zu diesen Zertifikaten gehörten auch die Partizipationsscheine (Hinweis auf BMF-Schreiben vom 27.11.2001, Tz. 45 u. 46, BStBl I 2001, 991). Nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucksache 14/1443) seien Termingeschäfte im Sinne von § 23 Abs. 1 S. 4 EStG nicht nur „Waren- und Devisengeschäfte mit Differenzausgleich einschließlich SWAP, Index-, Optionsgeschäfte oder Futures, sondern allgemein Geschäfte, „die ein Recht auf Zahlung eines Geldbetrages oder auf einen sonstigen Vorteil (z.B. Lieferung von Wertpapieren) einräumen, der sich nach anderen Bezugsgrößen (z.B. Wertentwicklung von Wertpapieren, Indizes, Futures, Zinssätzen) bestimme. Diese Umschreibung gelte grundsätzlich auch für § 15 Abs. 4 S. 3 EStG. Dies betreffe auch die in § 23 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG enthaltene Fiktion „Zertifikate gelten als Termingeschäfte”.
    Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin (zuletzt nur noch) geltend, dass die Verluste im Zusammenhang mit dem Aktienindex/Partizipationszertifikaten in den Jahren 2001 bis 2002 steuerlich zu berücksichtigen seien. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 4 S. 3 EStG lägen in Bezug auf die Aktienzertifikate „NEMAX 50 Direkt” und „DAX Direkt 2005” nicht vor. § 15 Abs. 4 S. 3 EStG versage den Verlustausgleich für Termingeschäfte. Die im Streitfall zu beurteilenden Indexzertifikate seien aber zweifelsfrei keine Termingeschäfte sondern Inhaberschuldverschreibungen.
    Für den privaten Vermögensbereich habe sich der Gesetzgeber für die Fiktion des § 23 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG entschieden, nämlich dass Zertifikate, die Aktien vertreten, als Termingeschäfte gelten. Die Wortwahl des Gesetzgebers spreche gegen die Argumentation des Beklagten. Sowohl in § 15 Abs. 4 S. 3 EStG als auch in § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG sei der Gesetzeswortlaut identisch. Er spreche jeweils von „… Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, …”.
    Die Fiktion des § 23 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG sei hingegen in einem eigenen Satz enthalten und laute: „Zertifikate, die Aktien vertreten, und Optionsscheine gelten als Termingeschäfte im Sinne des S. 1”.
    Die Fiktion in § 23 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG enthalte demnach zum einen die Aussage, dass Zertifikate, die Aktien vertreten, und Optionsscheine keine Termingeschäfte seien und zum anderen die Regelung, dass Zertifikate, die Aktien vertreten, und Optionsscheine im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts (§ 23 EStG) wie Termingeschäfte zu behandeln seien. Eine solche Fiktion finde sich in § 15 Abs. 4 EStG gerade nicht. Soweit der Beklagte meine, die Fiktion müsse auch hier gelten, handele es sich um eine unzulässige Erweiterung des Anwendungsbereichs einer Norm. Eine extensive Anwendung der Fiktion des § 23 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG auf § 15 Abs. 4 EStG scheitere aber auch daran, dass § 15 Abs. 4 EStG keine planwidrige Regelungslücke enthalte.
    Dass für die Ausdehnung der Fiktion des § 23 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG auf § 15 Abs. 4 EStG kein Raum sei, ergebe sich im Übrigen auch aus der Kommentierung von Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach (Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Stand März 2007, § 15 EStG Rn. 1553). Danach unterlägen Verluste aus dem Handel mit Zertifikaten nicht der Ausgleichs- und Abzugsbeschränkung des § 15 Abs. 4 S. 3 EStG, weil es sich um Kassageschäfte und nicht um Termingeschäfte handele. Dies sehe wohl auch der Gesetzgeber so, weil er es im Bereich der privaten Veräußerungsgeschäfte für nötig befunden habe, Zertifikate den Termingeschäften durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung gleichzustellen. Einer solchen Fiktion hätte es, so Intemann, nicht bedurft, wenn Zertifikate den Begriff des Termingeschäfts erfüllen würden. § 15 Abs. 4 S. 3 EStG sehe eine vergleichbare Regelung nicht vor, so dass Verluste aus Geschäften mit Zertifikaten unbeschränkt verrechnet werden könnten.
    Der Gesetzgeber habe in § 15 Abs. 4 S. 3 EStG eine eigenständige Wertung vorgenommen, was unter die Norm zu fassen sei und bewusst keinen Bezug zu § 23 EStG genommen, da weder Wertpapiere in § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG noch Zertifikate wie in § 23 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG genannt seien.
    Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 4 S. 3 EStG sei somit nur, dass ein Termingeschäft vorliege. Indexzertifikate seien aber zweifelsohne keine Termingeschäfte.
    Dies werde insbesondere in dem BGH-Urteil vom 13.07.2004 (Az. XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58) bestätigt. Das Urteil nehme eine wirtschaftliche und rechtliche Einordnung eines Index-Zertifikates NEMAX 50 vor und bestätige dabei ausdrücklich, dass Index-Zertifikate Schuldverschreibungen und keine Termingeschäfte seien. Die Zertifikate verbrieften den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages, dessen Höhe vom Stand des zugrundegelegten Index am Ende der Laufzeit abhänge. Mangels hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkts fehle dem Geschäft mit Index-Zertifikaten die für Termingeschäfte spezifische Gefährlichkeit und damit das für die Qualifizierung als Börsentermingeschäft wesentliche Schutzbedürfnis des Anlegers Der Leistungsaustausch durch Übertragung der Schuldverschreibung mit der darin wertpapiermäßig verbrieften Forderung habe Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises binnen der für Kassageschäfte üblichen Frist von 2 Tagen zu erfolgen. Durch die spätere Rückzahlung des Emittenten an den Erwerber werde nicht der Vertrag über den Erwerb des Zertifikats, sondern die durch die Schuldverschreibung begründete Forderung erfüllt.
    Soweit die Regelung in § 15 Abs. 4 S. 3 EStG auf eine Vorteilserlangung abstelle, beziehe sich dieser Vorteil nach eindeutiger grammatikalischer Auslegung auf Termingeschäfte und setze somit voraus, dass überhaupt ein Termingeschäft vorliege. Dies sei aber im Streitfall nicht gegeben, da es sich bei den streitgegenständlichen Wertpapieren um Schuldverschreibungen handele. Das vom Beklagten zitierte BMF-Schreiben vom 23.09.2005, DB 2005, 2269, sei im Streitfall nicht einschlägig, da es sich in diesem Schreiben um die steuerliche Beurteilung von Termingeschäften/Optionen gehe, die auf physische Erfüllung ausgerichtet sei.
    Dass durch § 15 Abs. 4 S. 3 EStG keine Wertpapiergeschäfte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG a.F. (Zertifikate, die Wertpapiere vertreten) erfasst würden, ergebe sich auch aus der Weiterentwicklung der gesetzlichen Regelungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008. Darin sei die Regelung in § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit Wirkung ab dem 01.01.2009 aufgehoben worden und der Tatbestand des § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG n.F. um Erträge aus Vollrisikozertifikaten erweitert worden. Der Gesetzentwurf und die Begründung hierzu (BR-Drucksache 220/07) seien aus zweierlei Hinsicht interessant. Zum einen gehe aus der Begründung hervor, dass Zertifikate weder bisher noch künftig Termingeschäfte (gewesen) seien (BR-Drucksache 220/07 S. 89). Zum anderen sei § 15 Abs. 4 S. 3 EStG überhaupt nicht verändert worden.
    Die Beteiligten erzielten im Rahmen der mündlichen Verhandlung Einigkeit darüber, dass die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung des Wertpapiers „NEMAX 50 Direkt” zum 31.12.2000 noch nicht vorgelegen haben. Die Klägerin hat deshalb von der insoweit ursprünglich zum 31.12.2000 vorgenommenen Teilwertabschreibung i.H.v. 4.595,12 DM abgesehen. Die Beteiligten sind sich weiterhin einig, dass sich dadurch die zum 31.12.2001 auf den „NEMAX 50 Direkt” vorzunehmende Teilwertabschreibung um 4.595,12 DM erhöht.
    Die Klägerin beantragt vor diesem Hintergrund zuletzt,
    den Bescheid für 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 02.01.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2007 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2001 unter Berücksichtigung der Verluste aus Index-Zertifikaten i.H.v. 684.613,68 (680.018,56 + 4595,12) festgesetzt werden, und
    den Bescheid für 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 23.12.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2007 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2002 unter Berücksichtigung der Verluste aus Index-Zertifikaten i.H.v. 146.360 EUR festgesetzt werden, im Unterliegensfall
    die Revision zuzulassen
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen, im Unterliegensfall
    die Revision zuzulassen.
    Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf seine Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung vom 05.11.2007. Ergänzend hierzu macht er geltend, dass auch Termingeschäfte, die auf physische Erfüllung gerichtet seien, unter die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15 Abs. 4 S. 3 – 5 EStG fielen. Mit dem Begriff „Vorteil” im Sinne von § 15 Abs. 4 S. 3 EStG seien neben der Begünstigung in einem Geldbetrag auch andere Vorteile umschrieben, die z.B. in einer Lieferung von Wertpapieren bestehen könnten. Der Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 4 S. 3 EStG sei eindeutig und die Rechtsauffassung des Beklagten stehe nicht im Widerspruch zur ertragsteuerlichen Behandlung der „privaten” Termingeschäfte im Rahmen des § 23 EStG (Hinweis auf BMF-Schreiben vom 23.09.2005, DB 2005, 2269). Das Wesen von Termingeschäften bestehe darin, dass sie nicht auf die tatsächliche Lieferung von Wertpapieren, Devisen o.ä. zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern nur auf einen Differenzausgleich gerichtet seien. Zu den Termingeschäften gehörten insbesondere Waren- und Devisentermingeschäfte, Swaps, Index-Optionsgeschäfte und Futures. Der Gesetzgeber des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 habe den Begriff „Termingeschäfte”, der § 15 Abs. 4 S. 3 – 5 und den § 23 Abs. 1 Nr. 4 gemeinsam sei, aus § 2 des Wertpapierhandelsgesetzes vom 09.09.1998 (Bundesgesetzblatt I 1998, 2708) und aus § 1 des Kreditwesengesetzes vom 09.09.1998 (Bundesgesetzblatt I 1998, 2776) entnommen (so der 3. Bericht des Finanzausschusses zum Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, BT-Drucksache 14/443, 28 f.). Daraus lasse sich die Definition von Termingeschäften als Geschäfte herleiten, die ein Recht auf einen Differenzausgleich oder die Zahlung eines Geldbetrags oder eines sonstigen Vorteils einräumten, der sich nach einer veränderlichen Bezugsgröße bestimme, wie z.B. der Wertermittlung von Wertpapieren, Indizes, Futures oder Zinssätze (Hinweis auf Frotscher, Kommentar zum Einkommensteuergesetz und Körperschaftsteuergesetz, § 15 EStG Rz. 348, 349; Schmidt/Wacker EStG § 16 Rz. 902, Wagner DStZ 03, 798,).
    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist begründet.
    Die Bescheide für 2001 und 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 23.12.2005 und 2.01.2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Verluste aus Index-Zertifikaten nicht berücksichtigt wurden. Der Beklagte hat die geltend gemachten Teilwertabschreibungen und den Entnahmeverlust in Bezug auf die Index-Zertifikate zu Unrecht dem Ausgleichs- und Abzugsverbot des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG unterworfen.
    Die Indexzertifikate gehörten in den Streitjahren zum gewillkürten Betriebsvermögen der Klägerin (1), die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG lagen dem Grunde und der Höhe nach ebenso vor wie die eines Entnahmeverlustes, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG, (2). Das Ausgleichs- und Abzugsverbot des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG war nicht einschlägig (3).
    Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ist der Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Für die Bewertung der Wirtschaftsgüter, die als Betriebsvermögen anzusetzen sind, gilt nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 EStG die Verpflichtung zum Ansatz zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Allerdings besteht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung die Möglichkeit des Ansatzes eines niedrigeren Teilwertes. Entnahmen in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG ebenfalls mit dem Teilwert anzusetzen. Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
    (1) Eine Teilwertabschreibung in der Gewinnermittlung eines Gewerbebetriebs setzt ebenso wie die Berücksichtigung eines Entnahmeverlustes u.a. voraus, dass die Wertminderung bei einem Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens eingetreten ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18. Dezember 2001 VIII R 27/00, BStBl II 2002, 734, vom 3. April 2008 IV R 54/04, BStBl II 2008, 742, 745 m.w.N.) gehören zum Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft u.a. die im Gesamthandsvermögen (Gesellschaftsvermögen) der Mitunternehmer stehenden Wirtschaftsgüter. Zum notwendigen Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehören dabei Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für deren eigenbetriebliche Zwecke genutzt werden. Dem gewillkürten Betriebsvermögen einer Personengesellschaft können in der Regel Wirtschaftsgüter zugerechnet werden, wenn sie geeignet und dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern. Demnach umfasst das gewillkürte Betriebsvermögen auch Wirtschaftsgüter, deren Art nicht eindeutig in den betrieblichen oder privaten Bereich weist, deren Einreihung in den betrieblichen oder privaten Bereich aber auch ihrer Natur nicht widerspricht (BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 IV R 49/00, BStBl II 2001, 828).
    Wertpapiere sind in der Regel Wirtschaftsgüter, die ein Kaufmann dem gewillkürten Betriebsvermögen widmen kann, weil sie geeignet sind, die Betriebszwecke zu fördern. Dennoch ist im Einzelfall nicht auszuschließen, dass besondere Umstände dazu führen, die Betriebsvermögenseigenschaft dieser Wirtschaftsgüter zu verneinen. So sind Einlagen von Wirtschaftsgütern in das gewillkürte Betriebsvermögen nicht mehr zulässig, wenn bereits bei der Einlage erkennbar ist, dass die Wirtschaftsgüter dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen werden (BFH vom 25. Februar 1982 IV R 25/78, BStBl II 1982, 461; vom 19. Februar 1997 XI R 1/96, BStBl II 1997, 399 m.w.N.). Dabei ist auf den Zeitpunkt der Buchung der einzelnen Geschäftsvorfälle im Rahmen dieses Betriebes abzustellen. Eine rückwirkende Einbuchung ist jedenfalls unzulässig (z.B. BFH vom 15. November 1990 IV R 97/82, BStBl II 1991, 226). Die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen muss unmissverständlich in einer Weise kundgemacht werden, dass ein sachverständiger Dritter ohne weitere Erklärung des Steuerpflichtigen die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen erkennen kann (BFH vom 22. September 1993 X R 37/91, BStBl II 1994, 172).
    Hiervon ausgehend gehörten die Indexzertifikate zum gewillkürten Betriebsvermögen der Klägerin. Die Klägerin hat die Indexzertifikate über ihre Konten mit ihrem Vermögen erworben und unmittelbar nach Erwerb, in der Bilanz zum 31.12.2000 als Umlaufvermögen aktiviert. Sie hat damit objektiv erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass die Indexzertifikate zu ihrem (gewillkürten) Betriebsvermögen gehören sollen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Teilwertabschreibungen und Entnahmeverluste, die unstreitig im Wesentlichen auf den Ereignissen des 11. Septembers 2001 beruhen, nicht absehbar.
    (2) Die von der Klägerin in den Streitjahren 2001 und 2002 (zuletzt) vorgenommenen Teilwertabschreibungen und die gewinnmindernde Berücksichtigung eines Entnahmeverlusts im Jahr 2002 in Bezug auf den Dax Direkt 2005 waren sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zutreffend.
    Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Grundsatz mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann für solche Wirtschaftsgüter gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG der Teilwert angesetzt werden, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist. Entnahmen sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen.
    Der Teilwert von börsennotierten Wertpapieren richtet sich grundsätzlich nach dem Börsenkurswert, wenn der Erwerb einer gleich hohen Anzahl am Bewertungsstichtag zu diesem Wert möglich erscheint (BFH-Urteil vom 26.09.2007 I R 98/06, BStBl II 2009, 294, und vom 7. November 1990 I R 116/86, BFHE 162, 552, BStBl II 1991, 342). Es unterliegt im Streitfall keinem Zweifel, dass die Klägerin an den jeweiligen Stichtagen zu den Kurswerten die gleiche Anzahl der Indexzertifikate hätte kaufen können und der Wertansatz dem jeweils am Bilanzstichtag bzw. Entnahmezeitpunkt geltenden Indexkurs entsprach.
    Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liegt vor, wenn der Teilwert nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert gesunken ist (BT-Drs 14/443, S. 22; Cattelaens, DB 1999, 1185; Schneider, Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft –ZBB– 121, 29; BFH-Urteil vom 26.09.2007 I R 98/06, BStBl II 2009, 294; BFH-Urteil vom 9. September 1986 VIII R 20/85, BFH/NV 1987, 442). Von einem „nachhaltigen” Sinken des Teilwerts unter die Anschaffungskosten ist auszugehen, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtags aufgrund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Wertminderung gerechnet werden muss (BMF-Schreiben vom 25. Februar 2000, BStBl I 2000, 372 Rz 3 und 4; Fleischmann, Inf 2000, 356; BFH-Urteil vom 26.09.2007 I R 98/06, BStBl II 2009, 294). Hierfür bedarf es einer an der Eigenart des Wirtschaftsgutes ausgerichteten Prognose (BFH-Urteil vom 26.09.2007 I R 98/06, BStBl II 2009, 294, m.w.N,; BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 372 Rz 5; Kessler, DB 1999, 2577, 2579; Loitz/Winnacker, DB 2000, 2229). Bei börsennotierten Aktien oder vom Aktienkurs abhängiger Indexzertifikate, die als Finanzanlage gehalten werden, ist von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auszugehen, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung keine konkreten Anhaltspunkte für eine alsbaldige Wertaufholung vorliegen (BFH-Urteil vom 26.09.2007 I R 98/06, BStBl II 2009, 294). Allein die Möglichkeit einer Wertsteigerung in der Zukunft, die bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens regelmäßig nie ausgeschlossen werden kann, steht einer Teilwertabschreibung nicht entgegen; andernfalls liefe § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG leer.
    Zwischen den Beteiligten ist in tatsächlicher Hinsicht unstreitig, dass die Klägerin nach den zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung geltenden Indexkursen zu Recht davon ausgegangen ist, dass keine konkreten Anhaltspunkte für eine alsbaldige Wertaufholung vorliegen und die Wertminderungen, die sich nach dem Börsenkurs zum Bilanzstichtag ergeben haben, voraussichtlich dauerhaft sein werden. Gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht erkennbar.
    Ob jedes Absinken des Kurswertes in der Bilanz nachvollzogen werden muss oder ob Wertveränderungen innerhalb einer gewissen Bandbreite aus Gründen der Verwaltungsökonomie und der Bilanzstetigkeit als nur vorübergehende Wertschwankungen zu beurteilen sind, kann dabei im Streitfall in Bezug auf die vorgenommenen Teilwertabschreibungen offenbleiben. Denn insoweit war der Teilwert zum jeweiligen Bewertungsstichtag um über 50 % (NEMAX 50) bzw. über 20 % (Dax Direkt 2005) unter die Anschaffungskosten gesunken (vgl. zu mehr als 20 % Finanzgericht Münster, Urteil vom 31.08.2010, 9 K 3466/09 K,G, EFG 2011, 124; 10% ausreichend FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.12.2010, 1 K 2237/07, EFG 2011, 953).
    (3) Die gewinnmindernde Berücksichtigung der zutreffenden Teilwertabschreibungen bzw. Entnahmeverluste scheitert im Streitfall nicht an dem Ausgleichs- und Abzugsverbot für Verluste aus betrieblichen Termingeschäften gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG.
    Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 i.V. m. Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung dürfen Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden.
    Nach der Überzeugung des Senats handelt es sich bei den in Frage stehenden Indexzertifikaten nicht um Termingeschäfte im Sinne dieser Vorschrift.
    Der Begriff des Termingeschäftes ist steuerrechtlich nicht definiert.
    (a) § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung wurde gemeinsam mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/2002) vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) eingeführt. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG gehören zu den privaten Veräußerungsgeschäften des § 22 Nr. 2 EStG auch Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nicht mehr als ein Jahr beträgt. Nach Satz 2 des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG i.d. Fassung der Streitjahre gelten Zertifikate, die Aktien vertreten, und Optionsscheine als Termingeschäfte im Sinne des Satzes 1.
    Der ursprüngliche Entwurf des StEntlG 1999/2000/2002 sah zunächst unter § 23 Abs. 1 Nr. 5 EStG und § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG im Hinblick auf die Erfassung von „Differenzgeschäften” folgende Regelungen vor (vgl. BT-Drs. 14/23, S. 12):
    § 23 EStG:
    „Spekulationsgeschäfte (§ 22 Nr. 2) sind

    5. Differenzgeschäfte i. S. des § 764 des bürgerlichen Gesetzbuchs”
    § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG:
    „ Dies (das Verlustabzugs- und Verrechnungsverbot des § 15 Abs. 3 Satz 1, 2 EStG) gilt analog für Verluste aus Differenzgeschäften nach §§ 764 BGB im betrieblichen Bereich”
    In der Gesetzesbegründung hierzu hieß es:
    Zu § 23 Abs. 1 Nr. 5 (vgl. BT-Drs. 14/23, S. 180):
    „Geschäfte, die lediglich auf die Differenz zwischen den Börsen- oder Marktpreisen eines Basiswerts zu bestimmten Stichtagen gerichtet sind, unterliegen nach der Rechtsprechung nicht der Spekulationsbesteuerung, da sie nicht die Lieferung von Wirtschaftsgütern zum Gegenstand haben – entweder weil bei lieferbaren Gegenständen nur auf die Differenzen zwischen Börsen- und Marktpreisen zu verschiedenen Zeitpunkten abgestellt wird (zum Beispiel bei Waren-, Wertpapier- und Devisentermingeschäfte) oder weil die Basiswerte von ihrer Natur her nicht lieferbar sind (z. B. Aktienindex, ECU, Euro). Diese Behandlung erscheint nicht sachgerecht, da es sich bei diesen Geschäften um eine typische Spekulation handelt, die vom Normbereich und Gesetzeszweck des § 23 EStG abgedeckt wird. Die Besteuerung dieser Geschäfte wird durch die neue Regelung in § 23 Abs. 1 Nr. 5 abgedeckt.”
    Zu § 15 Abs. 4 Satz 3 (vgl. BT-Drs. 14/23, S. 178):
    „ Es handelt sich um eine Folgeänderung aus Nr. 27 Buchst. a (§ 23 Abs. 1 Nr. 5). Durch die Erweiterung des § 15 Abs. 4 wird sichergestellt, dass Verluste aus Differenzgeschäften im betrieblichen Bereich nur mit Gewinnen aus derartigen Geschäften verrechnet werden können.”
    Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurde die ursprünglich vorgesehene Formulierung durch die im Streitfall geltende Gesetzesfassung ersetzt. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu:
    Zu § 23 Abs. 1 Nr. 4/5 (BT-Drs. 14/443, S. 29):
    „ Die Nummer 4 ersetzt die bisherige Nummer 5. Der bereits zivilrechtlich problematische Begriff des Differenzgeschäftes soll durch den in § 2 Wertpapierhandelsgesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl I S. 2708) und § 1 Kreditwesengesetzes i. d. F. der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl I S. 2776) definierten Begriff des Termingeschäfts ersetzt werden. Von der neuen Formulierung erfasst werden z. B. nicht nur Waren- und Devisentermingeschäfte mit Differenzausgleich einschließlich Swaps, Index-Optionsgeschäfte oder Futures. Darüber hinaus sollen auch Indexzertifikate und Optionsscheine zu den Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG gehören. Der Besteuerung unterliegen sollen allgemein Geschäfte, die ein Recht auf Zahlung eines Geldbetrages oder auf einen sonstigen Vorteil (z.B. die Lieferung von Wertpapieren) einräumen, der sich nach anderen Bezugsgrößen (z.B. der Wertentwicklung von Wertpapieren, Indices, Futures, Zinssätzen) bestimmt….”
    Zu § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG (BT-Drs. 14/443, S. 27) :
    „Im Gesetzentwurf wird in § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG auf § 764 BGB verwiesen. Diese Verweisung ist unzutreffend. § 764 BGB regelt nur die rechtlich unverbindlichen Termingeschäfte. Gemeint sind aber die verbindlichen Termingeschäfte, die wiederum in § 764 BGB nicht geregelt sind. An Stelle der Formulierung „Differenzgeschäfte i. S. des § 764 des Bürgerlichen Gesetzbuchs” muss daher der Begriff „Termingeschäfte” verwendet werden.
    Bei der Regelung über die Verlustverrechnung bei Termingeschäften im betrieblichen Bereich handelt es sich um eine Folgeänderung zu Besteuerung der Termingeschäfte als steuerpflichtige Tatbestände im Sinne des § 23 EStG.
    Verluste aus Termingeschäfte im betrieblichen Bereich dürfen nach der Neuregelung – entsprechend der Regelung im privaten Bereich in § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG – nur bis zur Höhe der Gewinne aus Termingeschäften, die der Steuerpflichtige im gleichen Wirtschaftsjahre erzielt hat, ausgeglichen werden. Soweit ein derartiger Verlustausgleich nicht möglich ist, weil in dem betreffenden Wirtschaftsjahr lediglich Verluste aus Termingeschäften erzielt wurden oder die im gleichen Wirtschaftsjahr erzielten Gewinne aus Termingeschäften zum Ausgleich der erzielten Verluste nicht ausreichen, greift das Verlustverrechnungsverbot des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG ein ….”
    In § 2 Wertpapierhandelsgesetz i. d. F. der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl I S. 2708) findet sich zu den Termingeschäften lediglich folgende Regelung:
    „( 2) Derivate im Sinne dieses Gesetzes sind
    als Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte ausgestaltete Termingeschäfte, deren Preis unmittelbar oder mittelbar abhängt von
    dem Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren,
    dem Börsen- oder Marktpreis von Geldmarktinstrumenten,
    Zinssätzen oder anderen Erträgen oder
    dem Börsen- oder Marktpreis von Waren oder Edelmetallen,
    Devisentermingeschäfte, die an einem organisierten Markt gehandelt werden (Devisenfuturegeschäfte), Devisenoptionsgeschäfte, Währungsswapgeschäfte, Devisenswapoptionsgeschäfte und Devisenfutureoptionsgeschäfte.
    § 1 Kreditwesengesetzes i. d. F. der Bekanntmachung vom 9. September 1998 BGBl I S. 2776) erwähnt Termingeschäfte wie folgt:
    „(11) Finanzinstrumente im Sinne dieses Gesetzes sind Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Devisen oder Rechnungseinheiten sowie Derivate. Wertpapiere sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind,
    Aktien, Zertifikate, die Aktien vertreten, Schuldverschreibungen, Genussscheine, Optionsscheine und
    andere Wertpapiere, die mit Aktien oder Schuldverschreibungen vergleichbar sind, wenn sie an einem Markt gehandelt werden können; Wertpapiere sind auch Anteilscheine, die von einer Kapitalanlagegesellschaft oder einer ausländischen Investmentgesellschaft ausgegeben werden.
    Geldmarktinstrumente sind Forderungen, die nicht unter Satz 2 fallen und üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden. Derivate sind als Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte ausgestaltete Termingeschäfte, deren Preis unmittelbar oder mittelbar abhängt von
    dem Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren,
    dem Börsen- oder Marktpreis von Geldmarktinstrumenten,
    dem Kurs von Devisen oder Rechnungseinheiten,
    Zinssätzen oder anderen Erträgen oder
    dem Börsen- oder Marktpreis von Waren oder Edelmetallen.”
    (b) Nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Börsentermingeschäfte, welche mit dem 4. Finanzmarktförderungsgesetz in § 2 Abs. 2a WpHG durch den Begriff der Finanztermingeschäfte ersetzt wurden, standardisierte Verträge, die von beiden Seiten erst zu einem späteren Zeitpunkt, dem Ende der Laufzeit, zu erfüllen sind und einen Bezug zu einem Terminmarkt haben (BGH-Urteil vom 13.07.2004 XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, m.w.N). Die besondere Gefährlichkeit dieser Geschäfte, vor der nicht börsentermingeschäftsfähige Anleger durch die §§ 53 ff. BörsG a.F. geschützt werden sollten, bestehe, so der BGH, darin, dass sie – anders als Kassageschäfte, bei denen der Anleger sofort Barvermögen oder einen Kreditbetrag einsetzen müsse – durch den hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkt zur Spekulation auf eine günstige, aber ungewisse Entwicklung des Marktpreises in der Zukunft verleiten. Dadurch soll die Auflösung des Terminengagements ohne Einsatz eigenen Vermögens und ohne Aufnahme eines förmlichen Kredits durch ein gewinnbringendes Glattstellungsgeschäft ermöglicht werden. Typischerweise seien mit Börsentermingeschäften die Risiken der Hebelwirkung und des Totalverlustes des angelegten Kapitals sowie die Gefahr, planwidrig zusätzliche Mittel einsetzen zu müssen, verbunden.
    Hiervon ausgehend sieht der BGH in Verträgen über Indexzertifikate keine Börsentermingeschäfte (vgl. BGH-Urteil vom 13.07.2004 XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, unter Hinweis auf Tilp, in: Allmendinger/Tilp, Börsentermin- und Differenzgeschäfte Rdn. 332; Wohlfarth/Brause WM 1998, 1859, 1866 f.; ebenso für Finanztermingeschäfte: Begr.RegE 4. FMFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 85; Beck, in: Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. WpHG § 2 Rdn. 18). Indexzertifikate seien Schuldverschreibungen (vgl. Wohlfarth/Brause WM 1998, 1859, 1866; Luttermann/Backmann ZIP 2002, 1017, 1019; Beck, in: Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. WpHG § 2 Rdn. 18), die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages verbrieften, dessen Höhe vom Stand des zugrunde gelegten Index am Ende der Laufzeit abhänge. Der Leistungsaustausch durch Übertragung der Schuldverschreibung mit der darin wertpapiermäßig verbrieften Forderung habe Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises binnen der für Kassageschäfte üblichen Frist von zwei Tagen zu erfolgen. Durch die spätere Rückzahlung des Emittenten an den Erwerber werde nicht der Vertrag über den Erwerb des Zertifikats, sondern die durch die Schuldverschreibung begründete Forderung erfüllt.
    Mangels hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkts, fehle dem Geschäft mit Indexzertifikaten die für Termingeschäfte spezifische Gefährlichkeit und damit das für die Qualifizierung als Börsentermingeschäft wesentliche Schutzbedürfnis des Anlegers (vgl. BGH-Urteil vom 13.07.2004 XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, und BGH-Beschluss vom 9.12.1997 – XI ZR 85/97, WM 1998, 274, 275). Dieser werde nicht dazu verleitet, ohne oder mit verhältnismäßig geringem Einsatz eigenen Vermögens und ohne Aufnahme eines förmlichen Kredits auf Gewinn zu spekulieren. Sein Verlustrisiko sei auf den Kaufpreis für die Schuldverschreibung begrenzt, den er sofort bei Vertragsschluss in voller Höhe bezahlen müsse. Die Gefahr, planwidrig zusätzliche Mittel einsetzen zu müssen, bestehe nicht.
    Der Erwerb von Indexzertifikaten habe auch nicht die für Termingeschäfte spezifische Hebelwirkung. Da der Preis des Indexzertifikats in der Regel dem Index der zugrunde gelegten Aktien entspreche, erlange der Erwerber des Zertifikats nicht die Möglichkeit, mit verhältnismäßig geringem Geldeinsatz weit überproportional an der Wertentwicklung des Index und der zugrunde gelegten Aktien teilzunehmen. Abweichungen des Preises des Indexzertifikats von der Wertentwicklung des Index, die sich aufgrund des Zinsniveaus, der Markterwartung und etwaiger Dividendenzahlungen auf die im Index berücksichtigten Aktien ergeben könnten, seien zu gering, um der für Termingeschäfte spezifischen Hebelwirkung gleichgestellt werden zu können (vgl. BGH-Urteil vom 13.07.2004 XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, unter Hinweis auf Wohlfarth/Brause WM 1998, 1859, 1867).
    Auch die Gefahr des Totalverlustes bestehe bei Indexzertifikaten nicht in dem für Termingeschäfte typischen Maße. Während bei Termingeschäften aufgrund der begrenzten Laufzeit ein Totalverlust drohe und insbesondere Optionsprämien durch bloßen Zeitablauf vollständig verfallen könnten, bestehe bei Indexzertifikaten grundsätzlich nur das Risiko, aufgrund eines ungünstigen Standes des Index bei der Fälligkeit des Zertifikats nur einen Teil des gezahlten Kaufpreises zurückzuerhalten. Die Gefahr eines Totalverlustes aufgrund einer Insolvenz des Emittenten sei nicht größer als beim Direkterwerb von Aktien, der unzweifelhaft kein Börsentermingeschäft sei (BGH-Urteil vom 12.03.2002 XI ZR 258/01, BGHZ 150, 164, 171). Die Gefahr der Insolvenz aller in den Index aufgenommenen Aktiengesellschaften sei sogar deutlich geringer als beim Direkterwerb von Aktien einzelner dieser Gesellschaften (BGH-Urteil vom 13.07.2004 XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, m.w.N). Schließlich diene der Erwerb von Indexzertifikaten einem ähnlichen wirtschaftlichen Zweck (vgl. zu dessen Bedeutung für die Qualifizierung als Börsentermingeschäft: BGH-Urteile vom 09.07.1996 XI ZR 103/95, BGHZ 133, 200, 206; vom 12.05.1998 XI ZR 180/97, BGHZ 139, 1, 7; vom 12.03.2002 XI ZR 258/01, BGHZ 150, 164, 171) wie der Direkterwerb von Aktien. Indexzertifikate eröffneten die Möglichkeit, an der Kursentwicklung des Index teilzunehmen, ohne alle in den Index aufgenommenen Aktien einzeln erwerben zu müssen. Auch dies unterscheidet den Erwerb von Indexzertifikaten von Termingeschäften.
    (c) Vor diesem Hintergrund sollen § 23 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 und 2 EStG im Hinblick auf die zivilrechtlichen Begriffsbestimmungen nach allgemeiner Ansicht in der steuerrechtlichen Literatur wie folgt zu verstehen sein (vgl. hierzu Hessisches FG, Beschluss vom 22.10.2010 8 V 1268/10, EFG 2011, 448):
    Als Termingeschäft nach Satz 1 sollen alle Geschäfte erfasst werden, bei denen das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft und das Erfüllungsgeschäft zeitlich auseinander fallen. Als klassisches Beispiel für ein (bedingtes) Termingeschäft wird allenthalben das Optionsgeschäft genannt, weil dieses mit der Lieferung des Basiswertes bzw. des finanziellen Ausgleiches erst später zu erfüllen sei (Schmidt, EStG, 29.Aufl. 2010, § 20 Rn. 160-161, 164; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand 211. Akt. August 2010, § 23 Rn. B 163, 167; Bordewin/Brandt, EStG, Stand 322. Akt. September 2010, § 20 Rn. 610-611, 616; durch die Bezugnahme auf § 2 Abs. 2 WpHG auch: Frotscher, EStG, Stand 159. Lfg. September 2010, § 23 Rn. 55ff.; Blümich, EStG, Stand 106. Lfg. Mai 2010, § 23 Rn. 74 f. i.V.m. 63, 65; Hermann/Heuer/Raupach, EStG, Stand 242. Lfg. August 2010, § 23 Rn. 182; Dahm/Hamacher, DStR 2008, 1910, 1911; Haisch/Danz, DStR 2005, 2108, 2113; Helios/Philipp, BB 2010, 95, 96).
    Demgegenüber soll es sich bei Zertifikaten und Optionsscheinen um Kassageschäfte handeln, bei denen Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft zusammenfallen bzw. die Erfüllung entsprechend der Börsenusancen binnen zwei Tagen nach Abschluss des Geschäftes zu erfolgen hat (Schmidt, EStG, 29.Aufl. 2010, § 20 Rn. 163; Bordewin/Brandt, EStG, Stand 322. Akt. September 2010, § 20 Rn. 610; Harenberg, FR 2002, 109 (110); Haisch/Danz, DStR 2005, 2108, 2113).
    (d) In diesem Sinne hat auch das BMF in seinem Schreiben vom 27.11.2001 zur „Einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Termingeschäften im Bereich der privaten Vermögensverwaltung (§§ 20, 22 und 23 EStG)” Stellung genommen (BStBl I 2001, 986). Darin heißt es u.a. in Rz. 1,2 und 45 f.:
    Rz. 1,2
    ” Begriff des Termingeschäfts
    1 Der Begriff des Termingeschäfts umfasst sämtliche als Options- oder Festgeschäft ausgestaltete Finanzinstrumente sowie Kombinationen zwischen Options- und Festgeschäften, deren Preis unmittelbar oder mittelbar abhängt von
    dem Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren,
    dem Börsen- oder Marktpreis von Geldmarktinstrumenten,
    dem Kurs von Devisen oder Rechnungseinheiten,
    Zinssätzen oder anderen Erträgen oder
    dem Börsen- oder Marktpreis von Waren oder Edelmetallen.
    Dabei ist es ohne Bedeutung, ob das Termingeschäft in einem Wertpapier verbrieft ist, an einer amtlichen Börse oder außerbörslich abgeschlossen wird.
    2 Als Termingeschäfte gelten nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG auch Optionsscheine (vgl. dazu Rz. 10 ff.) und Zertifikate, die Aktien vertreten (vgl. dazu Rz. 45 ff.).
    Rz. 45 f.
    5. Zertifikate, die Aktien vertreten
    Als Termingeschäfte i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG gelten auch Zertifikate, die Aktien vertreten. Diese Zertifikate verbriefen das Recht auf Zahlung eines Geldbetrages, dessen Höhe z.B. vom Stand eines Indexes, vom Wert einer oder mehrerer Aktien am Fälligkeitstag abhängig ist. Zu diesen Zertifikaten gehören z.B. Partizipationsscheine und Discountzertifikate. Zertifikate können im Einzelfall auch die Lieferung eines oder mehrerer Basiswerte (z.B. Aktien) vorsehen.
    5.1 Partizipationsscheine
    Bei einem Partizipationsschein ist die Höhe des bei Fälligkeit an den Inhaber zu zahlenden Betrags abhängig von der Wertentwicklung des zu Grunde liegenden Basiswerts. Basiswerte können z.B. einzelne Aktien, eine Zusammenstellung mehrerer Aktien „Baskets”) oder Indices (Indexzertifikate) sein. Die Zertifikate werden nicht verzinst.
    Da die Rückzahlung des hingegebenen Kapitals in der Regel ausschließlich von der ungewissen Entwicklung des Basiswerts abhängt, wird mit dem Partizipationsschein kein Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erzielt. Erlangt der Käufer innerhalb eines Jahres nach Anschaffung des Zertifikats einen Geldbetrag oder Vorteil, ist ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG gegeben. Die Veräußerung eines Partizipationsscheins innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung führt zu einem privaten Veräußerungsgewinn nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
    (e) Im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (vom 08.10.2009, BStBl I 2009, 1346) wurden mit Einführung der Zinsabschlagsteuer u.a. § 20 Abs. 2 Ziff. 3 u. 7 EStG wie folgt neu gefasst:
    „( 2) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch …
    3. Der Gewinn
    Bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt;
    Aus der Veräußerung eines als Termingeschäft ausgestalteten Finanzinstruments
    7. Der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des Abs. 1 Nr. 7”
    § 15 Abs. 4 S. 3 EStG wurde durch das Unternehmensteuerreformgesetz nicht geändert.
    In der Gesetzesbegründung zu der Neuregelung des § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG heißt es dabei (BR-Drs 220/07, S. 88):
    „Nummer 3 regelt neben der Vorschrift in Absatz 1 Nr. 11 die Besteuerung der Wertzuwächseaus Termingeschäften. Der Begriff des Termingeschäfts umfasst sämtliche als Options- oderFestgeschäft ausgestaltete Finanzinstrumente sowie Kombinationen zwischen Options- undFestgeschäften, deren Preis unmittelbar oder mittelbar abhängt von
    • dem Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren,
    • dem Börsen- oder Marktpreis von Geldmarktinstrumenten,
    • dem Kurs von Devisen oder Rechnungseinheiten,
    • Zinssätzen oder anderen Erträgen oder
    • dem Börsen- oder Marktpreis von Waren oder Edelmetallen.
    … Zu den Termingeschäften gehören insbesondere Optionsgeschäfte, Swaps, Devisentermingeschäfte, Forwards oder Futures. Nach der bisherigen Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 war der Wertzuwachs bei einem Termingeschäft lediglich steuerbar, wenn der Zeitraum zwischen dem Erwerb und der Beendigung des Rechts zwölf Monate betrug. Buchstabe a der Nummer 3 bestimmt, dass die entsprechenden Wertzuwächse zukünftig unabhängig von dem Zeitpunkt der Beendigung des Rechts steuerbar sind. …”
    In der Gesetzesbegründung zu der Neuregelung des § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG heißt es dabei (BR.Drs 220/07, S. 89):
    „Die Regelung ist entsprechend der Vorschrift in Absatz 1 Nr. 7 als Auffangtatbestand gestaltet, um neben den Erträgen auf Grund der Nutzungsüberlassung aus sonstigen Kapitalvermögen, die durch Absatz 1 Nr. 7 erfasst werden, auch die Besteuerung des Vermögenszuflusses aus der Veräußerung, Abtretung oder Endeinlösung von sonstigen Kapitalforderungen zu sichern. Neben den Zinserträgen aus Finanzinnovationen, die bereits unter die bisherige Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 fielen, erfasst diese Vorschrift auch die entsprechenden Wertzuwächse auf der Vermögensebene. Auf Grund der Änderung in Absatz 1 Nr. 7 unterfallen dieser Regelung auch Spekulationserträge, bei denen entweder die Rückzahlung des Kapitalvermögens, die Ertragserzielung oder beides unsicher ist. Insbesondere sind damit Zertifikate erfasst. Hierbei handelt es sich in der Regel um Schuldverschreibungen, bei denen die Rückzahlung von der Entwicklung eines Basiswertes, z.B. eines Indexes, abhängig ist. Bisher unterlagen Wertzuwächse aus Zertifikaten lediglich der Einkommensteuer, wenn die Rückzahlung des Kapitals – wie bei Garantie-Zertifikaten – zumindest teilweise zugesagt war, oder wenn als Basiswert des Zertifikats ein Aktienindex, ein Aktienwert oder ein Aktienkorb zugrunde lag und der Erwerber des Zertifikats innerhalb von einem Jahr nach der Anschaffung aus dem Geschäft einen Geldbetrag oder sonstigen Vorteil erzielte. Um zukünftig eine einheitliche Behandlung sämtlicher Kapitalanlageformen zu gewährleisten, erfolgt eine umfassende einkommensteuerrechtliche Erfassung der Zertifikatserträge. ….”
    Entsprechend den Ausführungen in der Gesetzesbegründung geht die steuerrechtliche Literatur zu der o.g. Neuregelung im Rahmen des Unternehmensteuergesetzes 2008 übereinstimmend davon aus, dass Indexzertifikate unter die Vorschrift des § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG fallen, weil sie keine Termingeschäfte, sondern Wertpapiere in der Rechtsform einer Schuldverschreibung seien (vgl. Schmidt/Weber-Grellet EStG § 20 Rz 163).
    (f) Im Rahmen des „Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes v. 21.6.2002 wurde
    § 2 Abs. 2a in das Wertpapierhandelsgesetz eingeführt (Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes). Darin heißt es:
    „Finanztermingeschäfte im Sinne dieses Gesetzes sind Derivate im Sinne des Absatzes 2 und Optionsscheine”.
    Die Gesetzesbegründung zu dieser Neuregelung enthält u.a. folgende Ausführungen (BT-Drs. 14/8017, S. 84, 85):
    „§ 2 enthält Legaldefinitionen der zentralen Begriffe des WpHG. Da Finanztermingeschäfte nunmehr eingehend im WpHG geregelt werden, wird eine Definition des Begriffs als neuer Absatz 2a in § 2 aufgenommen. Der Begriff ersetzt die bislang in § 50 Abs. 1 verwendeten Begriffe des Börsentermingeschäfts, des Geschäfts, das wirtschaftlich gleichen Zwecken dient, und des Börsenterminhandels. Nach Absatz 2a sind Finanztermingeschäfte Derivate im Sinne des § 2 Abs. 2 WpHG und Optionsscheine. Erfasst werden daher zum einen sämtliche Derivate nach Absatz 2 Nr. 1, die sich auf Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Waren, Edelmetalle, Zinssätze oder andere Erträge beziehen, zum anderen die in Absatz 2 Nr. 2 genannten Devisen betreffenden Derivate. …
    Danach umfasst der Derivatebegriff Termingeschäfte in Form des Festgeschäfts und des Optionsgeschäfts, wobei auch Kombinationen der beiden letztgenannten Grundformen denkbar sind. Das Festgeschäft ist ein zwischen Abschluss und Fälligkeit beiderseits noch nicht erfülltes Geschäft; beide Parteien haben aus ihm Rechte und Pflichten. …
    Alle Termingeschäfte lassen sich letztlich auf die für Festgeschäft oder Rechte (Option) mit korrespondierender Stillhalterverpflichtung typischen Elemente zurückführen oder stellen eine Kombination beider Elemente dar. Umgekehrt sind Geschäfte, die weder Charakteristika eines Festgeschäfts noch eines Optionsgeschäfts enthalten, nicht als Termingeschäfte einzuordnen, auch wenn diese Geschäfte sich auf in Absatz 2 genannte Basiswerte beziehen. Dies gilt beispielsweise für die in der Praxis weit verbreiteten Zertifikate auf Aktienkörbe und Aktienindices; hierbei handelt es sich lediglich um Produkte, die Kassapositionen verbriefen.”
    (g) Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes ist der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers (vgl. BFH-Urteil vom 21.10.2010 IV R 23/08, BStBl II 2011, 277, m.w.N.; z.B. Beschluss des BVerfG vom 9.11.1988 1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106, unter B.II.1 der Gründe, m.w.N.; Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 1.12.1998 VII R 21/97, BFHE 187, 177, unter II.2.a der Gründe). Der Feststellung des zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willens des Gesetzgebers dienen die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische Auslegung), aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung) sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung); zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der Richter dieser verschiedenen Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen (z.B. BFH-Urteil in BFHE 187, 177, m.w.N.). Insbesondere bei der Auslegung einer Norm aus ihrem Wortlaut ist zu berücksichtigen, dass diese nur eine von mehreren anerkannten Auslegungsmethoden ist, zu denen auch die systematische Auslegung zählt. Nach Letzterer ist darauf abzustellen, dass einzelne Rechtssätze, die der Gesetzgeber in einen sachlichen Zusammenhang gebracht hat, grundsätzlich so zu interpretieren sind, dass sie logisch miteinander vereinbar sind; Ziel jeder Auslegung ist danach die Feststellung des Inhalts einer Norm, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl. BFH-Urteil vom 9. April 2008 II R 39/06, BFH/NV 2008, 1529, m.w.N.). Gegen seinen Wortlaut ist die Auslegung eines Gesetzes allerdings nur ausnahmsweise möglich, wenn nämlich die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt, das vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein kann (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 1. August 1974 IV R 120/70, BFHE 113, 357, BStBl II 1975, 12; vom 7. April 1992 VIII R 79/88, BFHE 168, 111, BStBl II 1992, 786; vom 17. Februar 1994 VIII R 30/92, BFHE 175, 226, BStBl II 1994, 938; vom 17. Januar 1995 IX R 37/91, BFHE 177, 58, BStBl II 1995, 410; vom 12. August 1997 VII R 107/96, BFHE 184, 198, BStBl II 1998, 131; vom 17. Mai 2006 X R 43/03, BFHE 213, 494, BStBl II 2006, 868; vom 17. Juni 2010 VI R 50/09, BFHE 230, 150; Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 380) oder wenn sonst anerkannte Auslegungsmethoden dies verlangen (z.B. BFH-Beschluss vom 4. Februar 1999 VII R 112/97, BFHE 188, 5, BStBl II 1999, 430, hinsichtlich der verfassungskonformen Auslegung).
    Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze handelt es sich bei den in Frage stehenden Indexzertifikaten nach der Überzeugung des Senats nicht um Termingeschäfte i.S.d. § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG.
    Die Indexzertifikate werden weder vom Wortlaut der Regelung in § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG bzw. der insoweit gleichlautenden Vorschrift in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG erfasst (aa) noch lassen sie sich unter die Formulierung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 (bb) subsumieren. Die Voraussetzungen für eine steuerverschärfende Auslegung gegen den Wortlaut der Regelung liegen im Streitfall nicht vor (cc).
    (aa) In Bezug auf die Auslegung der Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 EStG, die nach ihrem wesentlichen Wortlaut der Formulierung des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG entspricht, folgt der Senat der herrschenden Meinung in der steuerrechtlichen Literatur und der Auffassung der Finanzverwaltung. Danach handelt es sich nur bei solchen Geschäften um Termingeschäfte im Sinne dieser Regelungen, bei denen das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft und das Erfüllungsgeschäft zeitlich auseinander fallen (vgl. Schmidt, EStG, 29.Aufl. 2010, § 20 Rn. 160-161, 164; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand 211. Akt. August 2010, § 23 Rn. B 163, 167; Bordewin/Brandt, EStG, Stand 322. Akt. September 2010, § 20 Rn. 610-611, 616; durch die Bezugnahme auf § 2 Abs. 2 WpHG auch: Frotscher, EStG, Stand 159. Lfg. September 2010, § 23 Rn. 55ff.; Blümich, EStG, Stand 106. Lfg. Mai 2010, § 23 Rn. 74 f. i.V.m. 63, 65; Hermann/Heuer/Raupach, EStG, Stand 242. Lfg. August 2010, § 23 Rn. 182; Dahm/Hamacher, DStR 2008, 1910, 1911; Haisch/Danz, DStR 2005, 2108, 2113; Helios/Philipp, BB 2010, 95, 96; BMF-Schreiben vom 27.11.2001BStBl I 2001, 986, Rz. 1,2 und 45 f.). Dieses Verständnis geht zu Recht auf die zivilrechtlichen Begriffsbestimmungen zurück. Denn nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/443, S. 28 f.) soll der bereits zivilrechtlich problematische Begriff des Differenzgeschäftes durch den in § 2 (Abs. 2) WpHG sowie § 1 (Abs. 11 Satz 4) Kreditwesengesetz (KWG), jeweils in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.09.1998, definierten Begriff des Termingeschäftes ersetzt werden.
    Wie der BGH in seiner Entscheidung vom 13.07.2004 (XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58) überzeugend und ausführlich dargestellt hat, fallen bei Geschäften mit Indexzertifikaten Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft nicht zeitlich auseinander. Indexzertifikate sind Schuldverschreibungen, die den Anspruch des Inhabers gegen den Emittenten auf Zahlung eines Geldbetrages verbriefen, dessen Höhe vom Stand des zugrunde gelegten Index am Ende der Laufzeit abhängt. Der Leistungsaustausch durch Übertragung der Schuldverschreibung mit der darin wertpapiermäßig verbrieften Forderung erfolgt Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises binnen der für Kassageschäfte üblichen Frist von zwei Tagen. Durch die spätere Rückzahlung des Emittenten an den Erwerber wird nicht der Vertrag über den Erwerb des Zertifikats, sondern die durch die Schuldverschreibung begründete Forderung erfüllt.
    Vor dem Hintergrund der o.g. Gesetzesbegründungen und der historischen Entwicklung der Regelungen zur Besteuerung von Termingeschäften ergeben sich für den Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber der Terminologie „Termingeschäft” unabhängig vom Zivilrecht ein eigenes steuerrechtliches Verständnis zugrunde legen und (bereits) mit diesem Begriff die umfassende Abschöpfung von Spekulationsgewinnen (innerhalb bestimmter Fristen) sicherstellen wollte (so aber Hessisches FG, Beschluss vom 22.10.2010 8 V 1268/10, EFG 2011, 448). Gegen eine entsprechende, von den zivilrechtlichen Begrifflichkeiten losgelöste, umfassende Auslegung spricht zunächst die ausdrückliche Bezugnahme auf die zivilrechtlichen Vorschriften in der Gesetzesbegründung. Außerdem ergibt sich auch aus der Entwicklung der zuvor dargestellten gesetzlichen Regelungen bis zur Neufassung der § 20 Abs. 2 Ziff. 3 u. 7 EStG im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (vom 08.10.2009, BStBl I 2009, 1346), dass der Steuergesetzgeber keinen eigenständigen Begriff des Termingeschäfts schaffen wollte. Er legte vielmehr durchgehend die zivilrechtliche Begriffsbestimmungen zugrunde und subsumierte dementsprechend Indexzertifikate nicht unter diesen Begriff. Gerade die entsprechenden (Neu)Regelungen im Rahmen des § 20 EStG ergeben nur dann einen Sinn und systematischen Zusammenhang, wenn Indexzertifikate tatsächlich nicht als Termingeschäfte angesehen werden.
    Diese Einschätzung wird nach Auffassung des Senats für die im Streitfall einschlägige Fassung des in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG auch noch dadurch unterstützt, dass der Gesetzgeber es für notwendig hielt, einen Satz 2 anzufügen, wonach „Zertifikate, die Aktien vertreten, und Optionsscheine als Termingeschäfte im Sinne des Satzes 1 gelten”. Hätte er unabhängig von den zivilrechtlichen Charakteristika eines Festgeschäfts oder eines Optionsgeschäfts sämtliche „Differenzgeschäfte” mit dem Begriff Termingeschäfte erfassen wollen, wäre eine entsprechende Ergänzung nicht erforderlich gewesen. Dass es sich bei der Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG lediglich um eine Klarstellung handeln sollte, widerspricht nach Meinung des Senats der dargestellten gleichbleibenden zivirechtlich engen Verwendung des Begriffs „Termingeschäft” durch den Steuergesetzgeber (a. A. Hessisches FG, Beschluss vom 22.10.2010 8 V 1268/10, EFG 2011, 448).
    (bb) Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung in dem BMF-Schreiben vom 27.11.2001 (BStBl I 2001, 986, Rz. 1,2 und 45 f.) und eines Teils des Schrifttums lassen sich die streitgegenständlichen Indexzertifikate nach Überzeugung des Senats allerdings auch nicht unter den Wortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG subsumieren. Der Senat teilt insoweit die Meinung des Hessischen Finanzgerichts in seinem Beschluss vom 22.10.2010 (8 V 1268/10, EFG 2011, 448).
    Die Indexzertifikate, die die Klägerin erworben hat, sind zunächst keine „Zertifikate, die Aktien vertreten”. Diese Formulierung geht auf Art. 1 Abs. 2 der EG-Transparenz-Richtlinie vom 12.12.1988 (AblEG Nr. L 348/62) zurück, der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 WpHG seinen Niederschlag gefunden hat und nur solche Instrumente betrifft, die zumindest mittelbar Beteiligungsrechte an einer börsennotierten Aktiengesellschaft vermitteln (vgl. hierzu Hessisches FG, Beschluss vom 22.10.2010 8 V 1268/10, EFG 2011, 448, m.w.N., Bordewin/Brandt, EStG, Stand 322. Akt. September 2010, § 20 Rn. 613; Hermann/Heuer/Raupach, EStG, Stand 242. Lfg. August 2010, § 23 Rn. 200; Harenberg, FR 2002, 109, 110; Haisch/Danz, DStR 2005, 2108, 2113). Daran fehlt es bei Indexzertifikaten, weil sie nur auf das synthetische Produkt des Index bezogen sind, in dem Anteile an Aktiengesellschaften nur rechnerisch zusammengefasst sind.
    Darüber hinaus handelt es sich bei den Indexzertifikaten auch nicht um Optionsscheine im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Optionsscheine verbriefen das eigenständige Recht, nicht aber die Verpflichtung, eine bestimmte Menge eines bestimmten Basiswertes innerhalb einer bestimmten Laufzeit (sog. Amerikanische Option) oder zum Laufzeitende (sog. Europäische Option) zu einem im voraus festgelegten Preis zu erwerben oder zu verkaufen (vgl. Hessisches FG, Beschluss vom 22.10.2010 8 V 1268/10, EFG 2011, 448; Basisinformationen über Termingeschäfte, Bank-Verlag Medien, Juli 2007, S. 58; Frotscher, EStG, Stand 159. Lieferung (Lfg.) September 2010, § 23 Rn. 67 i.V.m. 60). Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die Indexzertifikate unstreitig nicht vor.
    (cc) Die Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG lässt sich auch nicht über den Wortlaut hinaus dahin auszulegen, dass sie mit dem Ziel, Besteuerungslücken bei Spekulationsgewinnen zu schließen, unabhängig von den zivilrechtlichen Charakteristika eines Festgeschäfts oder eines Optionsgeschäfts sämtliche „Differenzgeschäfte” erfasst. Die Auslegung eines Gesetzes gegen den Wortlaut ist nämlich nur ausnahmsweise dann möglich, wenn die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt, das vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein kann (vgl. BFH-Urteil vom 17.6.2010 VI R 50/09, BStBl II 2011, 43, m.w.N.).
    Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Es spricht nämlich vieles dafür, dass der Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG in der vom Senat befürworteten (zivilrechtlichen) Auslegung dem Gesetzeszweck entspricht. Bei der Regelung über die Verlustverrechnung bei Termingeschäften im betrieblichen Bereich handelt es sich nach der Gesetzesbegründung um eine Folgeänderung zur Besteuerung der Termingeschäfte als steuerpflichtige Tatbestände im Sinne des § 23 EStG (BT-Drs. 14/443, S. 27). In der Begründung zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG weist der Gesetzgeber zwar darauf hin, dass der Besteuerung allgemein Geschäfte unterliegen sollen, die ein Recht auf Zahlung eines Geldbetrages oder auf einen sonstigen Vorteil einräumen, der sich nach anderen Bezugsgrößen bestimmt und dementsprechend auch Indexzertifikate und Optionsscheine zu den Termingeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG gehören sollen. Ob der Gesetzgeber die Besteuerung der Indexzertifikate allerdings mit der allgemeinen Regelung zu den Termingeschäften in Satz 1 oder durch die Ergänzung in Satz 2 erfassen wollte, bleibt hierbei völlig offen. Dass die Indexzertifikate bei der hier befürworteten zivilrechtlichen Auslegung letztlich weder von der einen noch von der anderen Formulierung erfasst wird, kann in diesem Zusammenhang keine weiteren Aufschlüsse geben.
    Demgegenüber spricht die o.g. historische Entwicklung zur steuerlichen Erfassung der „Termingeschäfte” und der „Indexzertifikate”, insbesondere die Neuregelung des § 20 Abs. 2 Ziff. 3 u. 7 EStG im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 dafür, dass der Steuergesetzgeber von Beginn an gesehen hat, dass die Indexzertifikate nicht zu den Termingeschäften gehören und letztere deshalb auch nicht von der Verlustabzugsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG erfasst sind. In diese Richtung weist auch die Tatsache, dass § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG im Rahmen des Unternehmensteuergesetzes 2008 nicht geändert wurde, obwohl sich aus der Gesetzesbegründung zu § 20 Abs. 2 Ziff. 3 u. 7 EStG eindeutig ergibt, dass mit der Formulierung in § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG Indexzertifikate nicht erfasst werden.
    Eine entsprechende Differenzierung erscheint im Hinblick auf die Unterschiede von Termingeschäften und Indexzertifikaten einerseits und der unterschiedlichen Besteuerung von entsprechenden Papieren im Privat- und Betriebsvermögen auch durchaus nachvollziehbar und keinesfalls sinnwidrig. Der BGH hat in seinem Urteil vom 13.07.2004 (XI ZR 178/03, BGHZ 160, 58, m.w.N) zutreffend dargestellt, dass den Indexzertifikaten mangels hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkts die für Termingeschäfte spezifische Gefährlichkeit und Hebelwirkung fehle und die Gefahr der Insolvenz aller in den Index aufgenommenen Aktiengesellschaften sogar deutlich geringer sei als beim Direkterwerb von Aktien einzelner dieser Gesellschaften. Der Erwerb von Indexzertifikaten diene einem ähnlichen wirtschaftlichen Zweck wie der Direkterwerb von Aktien. Indexzertifikate eröffneten die Möglichkeit, an der Kursentwicklung des Index teilzunehmen, ohne alle in den Index aufgenommenen Aktien einzeln erwerben zu müssen. Dies unterscheide den Erwerb von Indexzertifikaten von Termingeschäften.
    Berücksichtigt man vor diesem Hintergrund, dass realisierte Wertsteigerungen von Indexzertifikaten, die im Betriebsvermögen gehalten werden, anders als im Privatvermögen, ohnehin immer der Besteuerung unterlagen, erscheint es durchaus gerechtfertigt und mit dem Gesetzeszweck vereinbar, dass auch die Verluste aus solchen Wertpapiere der Besteuerung zugrunde gelegt werden.
    Die Neuberechnung der festzustellenden Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2001 und 2002 wird wegen des nicht unerheblichen Aufwands des Gerichts bei deren Ermittlung dem Beklagten übertragen, § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr.10, 711 S.1 ZPO.
    Die Revisionszulassung folgt aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

    VorschriftenEStG § 15 Abs 4 Satz 3

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