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  • 14.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112353

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 19.05.2011 – 10 K 4126/09

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:
    Die mit Bescheid vom 17.03.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.11.2009 festgesetzte Einkommensteuer 2006 wird dahingehend geändert, dass 50 % der Kosten, die auf den Wohn-/Arbeitsraum entfallen, begrenzt auf 1.250,- €, als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
    Eine Berücksichtigung einer privaten Nutzung des PKW VW-Transporter erfolgt nicht.
    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    Die Neuberechnung der Einkommensteuer 2006 wird dem Beklagten übertragen.
    Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten zu je 1/2.
    Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zu-vor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
    Die Revision wird zugelassen.
    Tatbestand
    Die Beteiligten streiten über die Frage, inwieweit vom Kläger geltend gemachte Raumkosten als Betriebsausgaben steuermindernd zu berücksichtigen sind sowie über die Frage, ob der vom Kläger im Streitjahr genutzte PKW nach der 1%-Regelung zu versteuern ist.
    Der Kläger betrieb im Streitjahr einen Gewerbebetrieb im Bereich der B-Reparatur. In diesem Zusammenhang hatte er sich darauf spezialisiert, ... zu reparieren.
    Im Streitjahr mietete der Kläger ein Einfamilienhaus an. Die Gesamtfläche des Objektes betrug 204 m2. Von dieser Gesamtfläche mietete er separat 61 m2 als Gewerbefläche an. Zu dem gewerblich gemieteten Objekt gehörten noch 2 Stellplätze. Unstreitig wurden zu Gewerbezwecken im Erdgeschoss ein großer Raum, eine Dusche mit WC, ein Flur sowie ein Abstellraum angemietet. Zu privaten Zwecken wurden eine Küche, Terrasse (Erdgeschoss), weitere drei Zimmer, Bad mit WC, Balkon, Diele und ein Abstellraum (allesamt Obergeschoss) angemietet. Auf den in der Rechtsbehelfsakte des Beklagten enthaltenen Grundriss des Hauses nebst den dortigen Quadratmeterangaben wird Bezug genommen.
    Der Kläger lebt im Haus gemeinsam mit seiner Frau und zwei Kindern.
    Mit Einkommensteuerveranlagung vom 17.03.2008 wurde die Einkommensteuer 2006 zunächst wie erklärt festgesetzt.
    Mit Einspruch vom 20.03.2008 wandte sich der Kläger gegen die Einkommensteuerfestsetzung im Hinblick auf eine aus seiner Sicht fehlerhafte Behandlung von Umsatzsteuerbeträgen im Rahmen der Einkünfteermittlung für den Gewerbebetrieb. In diesem Zusammenhang erörterte der Beklagte zum einen die geltend gemachten Kfz-Kosten für den betrieblich genutzten Pkw des Klägers sowie die geltend gemachten Kosten für die gewerblich genutzten Räume. Bei einer ersten Umsatzsteuernachschau am 24.09.2008 wurde festgestellt, dass kein Klingel- bzw. Firmenschild von außen auf den Gewerbebetrieb des Klägers hinweist. Der Zugang zum Haus des Klägers wurde verwehrt. Am 28.10.2008 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Einspruchsbearbeitung die Steuerfestsetzung auch zu seinen Lasten verändert werden könnte (Verböserung). Am 29.01.2009 fand eine zweite Umsatzsteuernachschau mit Besichtigung des Objektes statt. Dabei wurde festgestellt, dass der große, im Erdgeschoss genutzte Raum in einer Ecke mit einem Schreibtisch und Büroregalen ausgestattet war. Dieser Teil des Raumes war durch ein Regal von dem anderen Teil des Raumes abgetrennt, welcher seinerseits ausgestattet war mit einem Sofa, einem Couchtisch sowie einem Esstisch mit mehreren Stühlen und einem Fernseher. Dieser große Raum grenzte unmittelbar an die Küche, wobei die Küche durch eine Schiebetür von dem großen Raum abgetrennt werden konnte. Auf den Vermerk über die Nachschau sowie die hierbei angefertigten Fotos und den Grundriss des Wohnobjektes in der Einkommensteuerakte des Beklagten wird insoweit Bezug genommen. Der Kläger führte insoweit aus, dass er den Schreibtisch für betriebliche Büroarbeiten benötige, der Rest des großen Raumes sei als Empfangs- und Konferenzraum für seinen Betrieb genutzt worden. Hier habe er Kunden sowie diverse C-Teams empfangen. Da er eine neuartige ...-Technik angeboten habe, habe es im Jahr 2008 mehrere ... Angebote gegeben. Um diese vorzubereiten, habe es diverser Vorbesprechungen bedurft. Er habe Wert darauf gelegt, diese in einem angenehmen Ambiente durchzuführen. Der Fernseher sei zu Präsentationen genutzt worden.
    Das Obergeschoss des vom Kläger genutzten Objektes besteht ausweislich des eingereichten Grundrisses aus zwei Kinderzimmern, einem Elternschlafzimmer sowie einem Badezimmer und einem Flur.
    In einem Vermerk über die Umsatzsteuernachschau vom 29.01.2009 des Finanzamts Bergisch Gladbach (zentrale Nachschau II) welcher von der Prüferin E sowie dem Sachgebietsleiter G unterzeichnet wurde, wurde anlässlich der Ortsbesichtigung folgender Text festgehalten:
    "Aus den o.g. Gründen konnte die folgende Einigung durch alle Beteiligten erzielt werden:
    Die Kosten laut Mietvertrag für die Stellplätze (= 200,- € monatlich) werden in voller Höhe anerkannt. Die Grundmiete und die Betriebskosten werden zu 60 % anerkannt (60 % von 553,82 = 332,92 € monatlich)."
    Mit Schreiben vom 09.02.2009 informierte der Beklagte die Beraterin des Klägers über eine beabsichtigte Änderung der Einkommensteuerveranlagung, verbunden mit der Frage, ob diese daraufhin der Einspruchserledigung zustimmen würde. Grundlage der Änderungsveranlagung sollte dabei sein, dass der vom Kläger genutzte Pkw (Kennzeichen ...) im Hinblick auf den Kfz-Eigenverbrauch nach der 1 % Regelung behandelt werde. Darüberhinaus sollten die bisher als Betriebsausgaben erklärten Raumkosten nach Abzug der nichtabzugsfähigen Vorsteuern sowie der Kosten für die Stellplätze in Höhe von 60 % anerkannt werden. Mit Schreiben vom 11.03.2009 antwortete die Beraterin des Klägers diesbezüglich, dass direkt zuordnungsfähige Raumkosten von der Kürzung nicht betroffen seien. Insoweit seien Kosten für Reinigung und Instandhaltung weiterhin als Betriebsausgaben anzusetzen. Darüber hinaus sei bei der Umsatzsteuernachschau ebenfalls Einigung erzielt worden, dass der Kfz-Eigenverbrauch nicht korrigiert werde. In einem Aktenvermerk des Beklagten vom 16.05.2009 stellten die seinerzeit an der Umsatzsteuernachschau beteiligte Sachbearbeiterin sowie der Sachgebietsleiter fest, dass weder hinsichtlich von konkret zurechenbaren Raumkosten noch zur Frage des Kfz-Eigenverbrauches eine Einigung getroffen worden sei.
    Mit Einspruchsentscheidung vom 18.11.2009 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass im Hinblick auf die Besprechung im Rahmen der Umsatzsteuernachschau vom 29.01.2009 keine zulässige und wirksame tatsächliche Verständigung vorgelegen habe. Die Bindungswirkung einer derartigen Vereinbarung würde bereits daran scheitern, dass nicht Sachverhaltsfragen strittig geblieben seien, sondern Rechtsfragen. Über Rechtsfragen könne jedoch keine tatsächliche Verständigung erzielt werden. Darüber hinaus seien die streitigen Aufwendungen für die im Erdgeschoss belegenen Räume nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Vielmehr handele es sich um Aufwendungen aus der Privatsphäre des Steuerpflichtigen (§ 12 Nr. 1 EStG). Es sei nicht glaubhaft, dass der wie ein Wohnzimmer ausgestattete Raum ausschließlich für geschäftliche Zwecke genutzt werde. Es widerspreche der Lebenserfahrung, dass ein Raum, der mit Sofas, Fernseher und Esstisch ausgestattet sei und einen direkten Zugang zur Küche und der Terrasse besitze, nicht privat durch den Kläger sowie seiner Familie genutzt werde. Insbesondere gelte dies, da die Familie kein weiteres Wohn- oder Esszimmer in dem Haus zur Verfügung habe. Der Betriebsausgabenabzug sei ebenfalls bezüglich der auf den Arbeitsbereich entfallenden Raumkosten zu versagen. Dieser Bereich sei derart in die häusliche Sphäre eingegliedert, dass es sich weder um eine Betriebsstätte, noch um ein häusliches Arbeitszimmer handele. Der Abzug von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer setzte nämlich voraus, dass der Arbeitsraum von den Privaträumen getrennt sei. An einer solchen baulichen Trennung fehle es vorliegend. Das aufgestellte Regal als Raumteiler reiche hierfür nicht aus. Bei dem vom Kläger als Material- und Werkzeuglager genutzten Raum handele es sich um einen normalen Abstellraum, der gemäß Inaugenscheinnahme bei der Ortsbesichtigung für nicht betriebliche Zwecke genutzt worden sei. Ebenso verhalte es sich mit dem WC und Dusche. Es sei zu berücksichtigen, dass es sich um das einzige WC im Erdgeschoss handele.
    Hinsichtlich des Pkw-Eigenverbrauches sei eine Besteuerung anhand der 1% Regel vorzunehmen. Es liege der Anscheinsbeweis vor, dass das im Betriebsvermögen gehaltene Fahrzeug auch zu Privatfahrten genutzt werde. Der Nachweis einer ausschließlich betrieblichen Nutzung könne ausschließlich durch einen Einzelnachweis entsprechend den Anforderungen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG in Form eines Fahrtenbuches geführt werden. An einem solchen fehle es jedoch. Im Hinblick auf den Betriebsvermögen gehaltenen Pkw handele es sich um einen VW-Transporter mit einem Brutto-Listenpreis bei Erstzulassung im Jahr 2001 von 19.870,- €. Auf die Mitteilung des Autohauses F über Typ und Anschaffungskosten des PKW in der Rechtsbehelfsakte des Beklagten wird Bezug genommen.
    Über die Frage der Berücksichtigung von PKW-Kosten sei darüber hinaus bei der Umsatzsteuernachschau vom 19.01.2009 gar nicht gesprochen worden. Dies ergibt sich aus einem Aktenvermerk der Beteiligten Mitarbeiter des Beklagten vom 06.05.2009.
    Mit Klage vom 21.12.2009 wandte sich der Kläger gegen die Änderungen.
    Zur Begründung trug er vor, dass anlässlich der zweiten Umsatzsteuernachschau vom 29.01.2009 eine tatsächliche Verständigung erfolgt sei. Insoweit durften über die dort erzielte Einigung hinausgehende Änderungen im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung 2006 nicht vorgenommen werden. Zu berücksichtigen sei, dass auch seitens des Beklagten der Inhalt der Besprechung vor Ort in einem Aktenvermerk, welcher von zwei Personen unterzeichnet worden sei, festgehalten worden sei. Es bedürfe nach der Rechtsprechung des BFH keiner besonderen Form, um eine tatsächliche Verständigung vornehmen zu können. Entgegen den Ausführungen des Beklagten habe es sich bei der Einigung ausschließlich um eine Einigung über Tatsachen und nicht über Rechtsfragen gehandelt. Die Ortsbesichtigung sei ausschließlich deswegen vorgenommen worden, um die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort zu prüfen, nicht jedoch um Rechtsfragen zu klären. Im Übrigen seien die Kosten für die betrieblichen Räume zu berücksichtigen. Der als Arbeitsbereich genutzte Teil des großen Zimmers sollte ursprünglich nach den Bauplänen durch eine Mauer baulich vom Rest des Raumes getrennt werden. Dass der Vermieter schließlich diese Mauer nicht gebaut habe, könne dem Kläger (Mieter) nicht angelastet werden. Im Übrigen seien anlässlich der Ortsbesichtigung keinerlei Privatgegenstände in dem als Empfangsraum genutzten Bereich mit Sofa und Esstisch vorgefunden worden. Dieser Raum sei nahezu ausschließlich betrieblich für Vorführungen gegenüber Kunden und Besprechungen genutzt worden. Selbiges gelte für den Abstellraum. Dass dort neben einem Vorführgerät auch Kleidungsstücke des Klägers gefunden worden, stehe der betrieblichen Veranlassung nicht entgegen, da es sich insofern um dienstlich genutzte Kleidung gehandelt habe. Das Vorfinden einer Kinderjacke stehe der betrieblichen Nutzung nicht entgegen. Im Hinblick auf die Besteuerung der privaten Pkw-Nutzung sei ebenfalls anlässlich der Ortsbesichtigung eine Einigung erzielt worden.
    Soweit der Beklagte die Auffassung vertrete, die gemischte Nutzung der Räume im Erdgeschoss zu betrieblichen und privaten Zwecken führe aufgrund des Aufteilungsverbotes dazu, dass keinerlei betriebliche Aufwendungen zu berücksichtigen seien, so sei diese Auffassung aufgrund der neueren Rechtsprechung des BFH überholt. Nach der Entscheidung des Großen Senats sei ein Aufstellungsmaßstab im Zweifel zu schätzen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Kläger für seine Familie im ersten Obergeschoss einen 32,5 m2 großen Wohn- und Schlafraum habe. Der Wohnraum umfasse dabei eine Fläche von ca. 20 m2 und sei durch einen Raumteiler von dem 12 m2 großen Schlafzimmer getrennt. Auf die Bilder Bl. 77 ff. der Gerichtsakten wird Bezug genommen. Insofern sei zu berücksichtigen, dass die Eltern zu Gunsten ihrer Kinder auf ein separates Wohnzimmer verzichtet hätten. Schließlich weist der Kläger noch darauf hin, dass er aufgrund steigender Umsätze einen erheblichen Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit gehabt habe. Hierzu habe er die betrieblichen Räume benötigt.
    Der Kläger beantragt,
    die mit Bescheid vom 17.03.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.11.2009 festgesetzte Einkommensteuer 2006 dergestalt zu ändern, dass die Kosten betreffend der von dem Kläger in seiner Einkommensteuererklärung benannten betrieblich genutzten Räume in einer Höhe von 50 % als betrieblich veranlasst berücksichtigt werden. Darüber hinaus erfolgt keine Hinzurechnung für die private Nutzung des Pkw VW-Transporter.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
    Im Hinblick auf die Nutzung des Pkw weist er darauf hin, dass eine Versteuerung des Eigenverbrauchs nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG vorzunehmen sei, wenn nicht von einer ausschließlich betrieblichen Nutzung ausgegangen werden könne. Insoweit habe der Kläger kein Fahrtenbuch vorgelegt, so dass es bei der Versteuerung nach der 1 % Regelung verbleiben müsse. Zu diesem Punkt habe es auch keine Einigung im Rahmen der Ortsbesichtigung gegeben. Der insoweit von den beteiligten Beamten gefertigte Aktenvermerk enthalte diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen. Entscheidend sei jedoch, dass eine Verständigung dann keine Bindungswirkung entfalte, wenn ihr Inhalt zur einer offensichtlichen unzutreffenden Besteuerung führe. Nach dem Aktenvermerk über die Ortsbesichtigung war nicht mehr streitig, dass die zu Gewerbezwecken angemieteten Räume auch privat genutzt wurden. Die steuerliche Behandlung dieser Aufwendungen für die Räumlichkeiten war danach einer tatsächlichen Verständigung nicht mehr zugänglich. Dies gilt vor dem Hintergrund, dass für eine nur teilweise Berücksichtigung der Aufwendungen keine gesetzliche Grundlage bestehe. Die Rechtsprechung des BFH zum Aufteilungs- und Abzugsverbot sei darüber hinaus nicht auf Räumlichkeiten zu übertragen, die der häuslichen Sphäre zuzuordnen seien.
    Soweit der Kläger vorträgt, dass im Elternschlafzimmer ein Teilbereich als Wohnecke ausgestaltet worden sei, bedeute dies nicht, dass dies von allen Familienmitgliedern als Wohnzimmer genutzt werde. Der Bereich könne nur durch das Schlafzimmer betreten werden, was den Schluss nahe lege, dass eine Nutzung lediglich durch die Eltern vorliege. Eine Nutzung der vom Kläger als Kundenwarte- und Empfangsraum titulierten Raumes als gemeinsames Familienwohn- und Esszimmer sei nicht ausgeschlossen. Dafür spricht insbesondere die Möblierung des Raumes sowie die Tatsache, dass die Küche direkt angrenzt. Es sei weiterhin zu berücksichtigen, dass die überwiegende dienstliche Tätigkeit des Klägers nicht innerhalb eines Gebäudes, sondern außerhalb an beschädigten ..., statt finde.
    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist teilweise begründet.
    Soweit der angefochtene Verwaltungsakt die hälftigen Kosten für das im Erdgeschoss belegene Wohn-/Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt und eine private PKW-Nutzung des VW-Transporters steuerlich in Ansatz gebracht wird, ist der Kläger in seinen Rechten verletzt, vgl. § 100 Abs. 1 FGO.
    1. § 4 Abs. 5 Nr. 6b) EStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung bestimmt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Dies gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 vom Hundert der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 Euro begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
    Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seine berufliche und/oder betriebliche Tätigkeit teilweise in seinem Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, ist "Mittelpunkt" i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG, wenn der Steuerpflichtige im Arbeitszimmer diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Der "Mittelpunkt" bestimmt sich mit anderen Worten nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen. Wo er liegt, kann nur im Wege einer umfassenden Wertung der Gesamttätigkeit festgestellt werden. Im Rahmen dieser Wertung kommt dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Dabei kann das häusliche Arbeitszimmer selbst dann (noch) den Mittelpunkt einer beruflichen Betätigung bilden, wenn die außerhäuslichen Tätigkeiten überwiegen (Urteile des BFH vom 17.06.2004 IV R 33/02, BFH/NV 2005, 174; vom 13. November 2002 VI R 82/01, BFHE 201, 93, BStBl II 2004, 62, und VI R 104/01, BFHE 201, 100, BStBl II 2004, 65; vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43; vom 9. April 2003 X R 75/00, BFH/NV 2003, 917).
    Der als Wohn/- und Arbeitszimmer genutzte Raum des Klägers ist nach diesen Grundsätzen unzweifelhaft in die häusliche Sphäre eingebunden.
    Unstreitig wird dieser Raum sowohl zu betrieblichen als auch zu privaten Zwecken genutzt. Ein anderer Arbeitsplatz steht dem Kläger nicht zur Verfügung.
    32
    Zur Überzeugung des Senats stellt dieser Raum nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit des Klägers dar. Unter qualitativen Gesichtspunkten liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit im Bereich der außerhäusigen B-Reparatur. Diese Außentätigkeit gibt der gewerblichen Tätigkeit des Klägers das Gepräge. Im Wesentlichen erledigt der Kläger im streitgegenständlichen Raum Verwaltungsarbeiten, so dass der Raum insoweit dem Typus eines häuslichen Büros entspricht. Dass hier auch gelegentlich Besprechungen stattfinden, steht dem nicht entgegen (vgl. insoweit BFH vom 23.09.1999 VI R 74/98, BFHE 189, 438 BStBl II 2000, 7).
    Der Große Senat des BFH hat am 21.09.2009 (GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010) in Bezug auf Reisekosten entschieden, dass die Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nicht entgegenstehe. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG normiere danach kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot. Bestünden keine Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil von Aufwendungen beruflich veranlasst sei, bereite seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so sei dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen. Griffen jedoch die --für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden-- beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge (z.B. bei einer beruflich/privaten Doppelmotivation für eine Reise) so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich sei, fehle es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so komme ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht.
    Mit Urteil vom 24.02.2011 (VI R 12/10, DB 2011, 1142) hat der VI. Senat des BFH in Bezug auf eine Sprachreise im Ausland entscheiden, dass – soweit diese beruflich motiviert unternommen werde – eine Aufteilung in einen privaten und einen beruflichen Anteil im Hinblick auf die Kosten vorzunehmen sei, da nicht unberücksichtigt bleiben könne, dass bei einem Sprachkurs im Ausland auch touristische Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Insoweit bestünden keine Bedenken, von einer hälftigen Aufteilung sämtlicher mit der Reise verbundenen Kosten auszugehen, wenn kein anderer Aufteilungsmaßstab erkennbar sei.
    In der Vergangenheit entsprach es der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass Voraussetzung für den Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes ist, dass das Arbeitszimmer so gut wie ausschließlich beruflich genutzt wird (BFH-Urteil vom 29. November 2006 VI R 3/04, BFHE 216, 163, BStBl II 2007, 308; vom 13.11.2007 VI B 100/07, BFH/NV 2008, 219). Soweit eine nicht völlig untergeordnete private Mitbenutzung vorlag, wurde unter Berufung auf das damals aus § 12 Nr. 1 EStG abgeleiteten Aufteilungs- und Abzugsverbot eine Anerkennung von Betriebsausgaben für ein Arbeitszimmer versagt. Dies galt beispielsweise dann, wenn das Arbeitszimmer räumlich nicht ausreichend von anderen privat genutzten Bereichen getrennt war (BFH vom Urteil vom 6. Februar 1992 IV R 85/90, BFHE 167, 114 BStBl II 1992 und vom 6. Dezember 1991 VI R 101/87, BFHE 166, 285, BStBl II 1992, 304; Stahl/ Seifert in Korn/ Carle/ Stahl /Strahl, § 4 EStG, Rz. 1082).
    Ob allerdings nach Aufgabe der Rechtsprechung zum Aufteilungs- und Abzugsverbot nach dem Beschluss des Großen Senats die Kosten für ein Arbeitszimmer aufzuteilen sind, wenn eine nicht völlig untergeordnete private Mitbenutzung vorliegt, ist – soweit ersichtlich – noch nicht höchstrichterlich entschieden. In der Literatur wird dies befürwortet (Wied in Blümich, § 4 EStG, Rz. 832, unter Hinweis auf die Entscheidung des Großen Senats).
    Das FG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 02.02.2011 (7 K 2005/08, juris) entschieden, dass bei einer gemischten Nutzung eine Aufteilung nicht vorzunehmen sei, da Wohnraumkosten nach dem subjektiven Nettoprinzip über die steuerliche Freistellung des Existenzminimums steuerlich berücksichtigt würden und ansonsten eine steuerliche Doppelberücksichtigung eintreten könnte.
    Der Senat geht – im Gegensatz zum FG Baden-Württemberg – davon aus, dass aus der Rechtsprechung des Großen Senats folgt, dass auch Bereich der Arbeitszimmer wegen der damit im Zusammenhang entstandenen Kosten eine Aufteilung in einen betrieblichen und einen privaten Anteil vorzunehmen ist, wenn die Privatnutzung nicht völlig untergeordnet ist.
    Mit der Aufgabe der Rechtsprechung zum Aufteilungs- und Abzugsverbot – welcher der Senat sich anschließt – ist die Rechtfertigung dafür entfallen, die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann als Betriebsausgaben anzuerkennen, wenn dieses Zimmer nahezu ausschließlich betrieblich genutzt wird.
    Der Umstand, dass das steuerliche Existenzminimum bereits zu einer Berücksichtigung von Wohnraumkosten führt, ändert nichts daran, dass Kosten für einen betrieblich genutzten Raum insoweit bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind. Lassen sich die insoweit entstandenen Kosten sachgerecht in einen privat und einen betrieblich veranlassten Anteil aufteilen, so sind auch nur die privat veranlassten Kosten durch die steuerliche Freistellung des Existenzminimums berücksichtigt. Der betrieblich veranlasste Anteil hingegen muss weiterhin den erzielten Gewinn mindern.
    Der Senat geht darüber hinaus davon aus, dass aus dem Urteil des VI. Senats des BFH vom 24.02.2011 (VI R 12/10, DB 2011, 1142) folgt, dass – soweit ein anderer Aufteilungsmaßstab nicht ersichtlich ist – eine hälftige Aufteilung der Kosten steuerlich zulässig ist. Nach der Auffassung des Senats erscheint im zu entschiedenen Fall eine hälftige Aufteilung sachgerecht. Nach dem – im Anschluss an die mündliche Verhandlung unstreitigen – Vortrag des Klägers im Hinblick auf die konkrete Nutzung des Arbeitszimmers entspricht eine hälftige betriebliche Nutzung den tatsächlichen Gegebenheiten. Der Kläger räumte in der mündlichen Verhandlung selbst ein, dass der Raum auch privat genutzt wird und beantragte lediglich die hälftige Anerkennung der damit in Zusammenhang stehenden Kosten.
    Ausgehend von den eingereichten Fotos sowie dem vorliegenden Grundriss des Hauses hat der Senat keinen Zweifel daran, dass der Kläger den großen Raum im Erdgeschoss nicht ausschließlich privat, sondern auch betrieblich nutzt. Dies ergibt sich bereits aus der Ausstattung des Raumes mit einem Schreibtisch sowie anderen Büromöbeln in der Ecke des Raumes. Dass an dem Esstisch bzw. der Couch dienstliche Besprechungen durchgeführt werden, wird auch vom Beklagten nicht bestritten.
    Die Höhe der im Zusammenhang mit dem Arbeitszimmer entstandenen Kosten ist nicht streitig. Da nach Auffassung des Senats allerdings nur die Kosten für den als Arbeits- und Wohnzimmer genutzten Raum anzuerkennen sind, nicht jedoch für die übrigen Räume (siehe 4.), waren die geltend gemachten Kosten insoweit zu reduzieren. Der Senat geht insoweit aufgrund des in den Akten des Beklagten befindlichen Grundrisses davon aus, dass der als Arbeits- und Wohnzimmer genutzte Raum eine Größe von 54 qm hat. Laut Mietvertrag fielen für die gewerblich angemietete Fläche von 61 qm monatlich Miet- und Betriebskosten von insgesamt 553,82 € an. Anteilig entfallen von diesen Kosten auf das Wohn-/Arbeitszimmer somit Kosten i. H. v. 490,25 € im Monat. Für ein Jahr fielen insoweit zu 50 % grundsätzlich zu berücksichtigende Kosten in Höhe von 2.941,55 € an. Die steuerliche Anerkennung als Betriebsausgaben ist aber auf 1.250,- € begrenzt, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeit darstellt.
    2. Eine steuerrechtliche Berücksichtigung einer privaten PKW-Nutzung nach der 1 %-Regel kommt im zu entscheidenden Fall nicht in Betracht, da nach den Feststellungen des Senats davon auszugehen ist, dass der vom Kläger betrieblich genutzte PKW für eine private Nutzung ungeeignet war.
    Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG ist – soweit ein betrieblicher PKW auch privat genutzt wird – der Nutzungswert mit 1 % des inländischen Bruttolistenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung anzusetzen. Eine abweichende Bewertung kommt in Betracht, soweit der Steuerpflichtige ein Fahrtenbuch führt. Voraussetzung ist jedoch, das der betrieblich genutzte Fahrzeug überhaupt geeignet ist, privat genutzt zu werden (Kulosa in Schmidt, § 6, Rz. 512 m.w.N.).
    Nach den insoweit nicht bestrittenen Ausführungen des Klägers handelte es sich bei dem betrieblich genutzten PKW um einen Transporter VW T4 mit zwei Sitzen. Die Fahrgastzelle war durch eine Metallwand von der fensterlosen Ladefläche abgetrennt. Auf der Ladefläche waren die Werkzeuge des Klägers untergebracht.
    Nach Auffassung des Senats ist ein solches Fahrzeug nicht geeignet, um für Privatfahrten genutzt zu werden. Allein schon in Ermangelung von ausreichenden Sitzplätzen war das Fahrzeug für den Kläger und seine Familie nicht brauchbar. Darüber hinaus hält der Senat es auch nicht für plausibel, dass der Kläger regelmäßig die Ladefläche seines Transporters leer geräumt hat, um private Besorgungen durchzuführen. Es erscheint insoweit glaubhaft, dass private (Familien-)fahrten ausschließlich mit dem weiteren, auf den Kläger privat zugelassenen PKW durchgeführt wurden.
    3. Im Hinblick auf die 29.01.2009 anlässlich der Besprechung getroffene Vereinbarung ist nicht von einer bindenden tatsächlichen Verständigung auszugehen.
    Eine solche Vereinbarung kann mit einer beiderseitigen Bindungswirkung nur im Hinblick auf einen der Besteuerung zugrunde zu legenden Sachverhalt, nicht jedoch über Rechtsfragen geschlossen werden (Rüsken in Klein, § 162 AO, Rz. 31).
    Anlässlich der Besprechung in den Räumen des Klägers war der Sachverhalt, um den gestritten wurde, geklärt worden. Es stand fest, dass das Wohn- und Arbeitszimmer nicht ausschließlich zu betrieblichen Zwecken, sondern auch zu privaten Anlässen genutzt wurde. Insoweit stellte sich lediglich die Frage nach der rechtlichen Würdigung dieser Umstände. Hierüber ist eine Einigung jedoch nicht möglich, so dass der Kläger hieraus auch nichts in Bezug auf seine Rechtsposition in diesem Verfahren ableiten kann.
    Der Senat geht weiterhin davon aus, dass hinsichtlich der Privatnutzung des VW-Transporters keine tatsächliche Verständigung anlässlich der Umsatzsteuernachschau erfolgt ist. Dies schließt der Senat aus dem Umstand, dieser Punkt in der Vermerk über die Nachschau keine Erwähnung gefunden hat und sowohl der Sachgebietsleiter als auch die Prüferin anschließend ausdrücklich vermerkt haben, dass die Frage der PKW-Nutzung nicht besprochen worden sei
    4. Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger eine steuerliche Berücksichtigung der weiteren im Erdgeschoss angemieteten Räume begehrt.
    Im Hinblick auf die übrigen für den Gewerbetrieb angemieteten Räume im Erdgeschoss kann der Senat eine betriebliche Veranlassung nicht erkennen. Dass diese Räume in signifikanter Weise betrieblich genutzt würden, erschließt sich weder aus dem Vorbringen des Klägers zur konkreten Nutzung der Räume, noch aus der Tätigkeit des Klägers, welcher im Wohn-/Arbeitsraum Besprechungen sowie Verwaltungsarbeiten durchgeführt hat. Da hiernach eine hinreichend ausreichende betriebliche Nutzung der übrigen Räume zur Überzeugung des Senats nicht erkennbar ist, sind die Kosten nicht einem Betriebsausgabenabzug zugänglich.
    5. Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen, da die Ermittlung einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert, § 100 Abs. 2 S. 2 FGO.
    6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3 , 155 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
    7. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen, im Hinblick auf die Frage, ob die Kosten für ein Arbeitszimmer, welches hälftig privat genutzt wird, zu 50 % als betrieblich veranlasst anerkannt werden können. Der entscheidende Senat weicht insoweit von der Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg ab. Insbesondere besteht vor diesem Hintergrund die Möglichkeit, das Verhältnis zwischen der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 21.09.2009 (GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010) und der Entscheidung des BFH vom 24.02.2011 (VI R 12/10, DB 2011, 1142), im Hinblick auf den Aufteilungsmaßstab zu klären.

    RechtsgebietEinkommensteuerVorschriften§ 4 EStG

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