08.01.2010
Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 14.08.2003 – 2 K 499/01
1. Dehnt das FA die Außenprüfung über den festgelegten Prüfungszeitraum aus, ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die aufgrund rechtzeitig eingelegten Einspruchs nicht bestandskräftige Erweiterungsanordnung zulässig.
2. Umfassen die dem Steuerpflichtigen übersandten vorläufigen Ergebnisse einer Außenprüfung auch ein nicht den Prüfungszeitraum betreffendes Kalenderjahr und wird die Anordnung einer Prüfungserweiterung für dieses Kalenderjahr am Ende der nachfolgenden Schlussbesprechung übergeben und noch an diesem Tag mit den Prüfungshandlungen begonnen, ist die Erweiterungsanordnung angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung i.S. des § 197 Abs. 1 AO 1977 bekanntgegeben worden.
3. War im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Erweiterungsanordnung am Ende der Schlussbesprechung mit einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen in einer für einen Kleinstbetrieb nicht unerheblichen Höhe zu rechnen, ist die Erweiterung der Außenprüfung auf ein Kalenderjahr vor den drei zusammenhängenden Prüfungszeiträumen zulässig.
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In der Rechtssache
wegenErweiterung der Prüfungsanordnung auf den Veranlagungszeitraum 1994
hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 2. Senat, aufgrund der mündlichen Verhandlung am 14. August 2003 unter Mitwirkung des … der … sowie des ehrenamtlichen Richters … und … der ehrenamtliche Richterin
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert beträgt 500,00 Euro.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Erweiterung einer Außenprüfung auf den Veranlagungszeitraum 1994.
Der Kläger betreibt in … ein Café. Er ermittelt den Gewinn durch Bilanzierung nach § 5 EStG.
In demselben Gebäude betreibt die Ehefrau des Klägers eine Friedhofsgärtnerei.
Die Steuererklärungen für 1994 reichten der Kläger und seine mit ihm zusammenveranlagte Ehefrau im März 1996 beim Finanzamt – FA– ein.
Die Einkommensteuer für 1994 wurde mit Einkommensteuerbescheid vom 18.09.1996 auf 0,00 DM festgesetzt. Dabei wurden die vom Kläger erklärten Verluste aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 38.280,00 DM zugrundegelegt. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag wurde mit Bescheid vom 18.09.1996 auf 0,00 DM festgesetzt und erging ebenfalls unter Vorbehalt der Nachprüfung.
Der vortragsfähige Gewerbeverlust nach § 10a GewStG zum 31.12.1994 wurde mit Bescheid vom selben Tag – ebenfalls unter Vorbehalt der Nachprüfung – in Höhe von 33.616,00 DM festgestellt.
Der am 19.03.1996 eingegangenen Umsatzsteuererklärung der Klägers für 1994, die einen verbleibenden Umsatzsteuer-Überschuss von ./. 18.814,08 DM ergab, stimmte das FA mit Mitteilung vom 03.04.1996 zu.
Mit Prüfungsanordnung vom 26.10.1998 ordnete der Beklagte bei dem Kläger eine Außenprüfung an. Danach waren zu prüfen für die Kalenderjahre 1995 bis 1997 Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer und für die Stichtage 31.12.1995 bis 31.12.1997 die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes gem. § 10a GewStG. Als Prüfungsbeginn wurde der 02.11.1998 festgelegt.
Dabei stufte das FA den Betrieb des Klägers aufgrund der einheitlichen Abgrenzungsmerkmale für den 16. Prüfungsturnus zum Stichtag 01.01.1998 (BStBl I 1997 S. 576) als sog. Kleinstbetrieb (Kst) ein.
Die Prüfung begann am 02.11.1998 und wurde danach mit Unterbrechungen fortgesetzt.
Mit Schreiben vom 11.09.2000 übersandte der Prüfer dem Kläger „Vorläufige Prüfungsfeststellungen” und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Die vorläufigen Prüfungsfeststellungen betrafen neben den in der Prüfungsanordnung vom 26.10.1998 genannten Kalenderjahren 1995 bis 1997 und Stichtagen 31.12.1995 bis 31.12.1997 auch das Kalenderjahr 1994 und den Stichtag 31.12.1994.
Unter Tz 1.2 „Sachentnahmen” führte der Prüfer in seinen vorläufigen Prüfungsfeststellungen aus, der Kläger habe für die Jahre 1994 bis 1997 überhaupt keine Warenentnahmen berücksichtigt, obwohl in dem Haushalt des Klägers bis zu vier Personen gelebt hätten. Unter Ansatz von Pauschbeträgen gelangte der Prüfer unter Tz 1.2.1 der vorläufigen Prüfungsfeststellungen für 1994 zu einem den Gewinn aus Gewerbebetrieb erhöhenden Entnahmewert von 11.760,00 DM. Wegen der in diesem Entnahmewert enthaltenen Umsatzsteuer von 944,00 DM stellte der Prüfer für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1994 eine Gewinnminderung und für die Umsatzsteuer für 1994 eine Erhöhung der Umsatzsteuerschuld von jeweils 944,00 DM in Aussicht.
Tz 1.3 „Sonstige betriebliche Erträge (Konto 4830)” betraf nur das Kalenderjahr 1994. Dabei ging es um eine Vorsteuerkorrektur in Höhe von 782,61 DM wegen nachträglicher Entgeltminderung in Höhe von 6.000,00 DM aufgrund eines Vergleichsvertrages zwischen den Eheleuten … und der … GmbH vom 11./27.07.1994.
Wegen der weiteren Einzelheiten der vorläufigen Prüfungsfeststellungen vom 11.09.2000 wird auf Band I der Betriebsprüfungshandakte Blatt 176 bis 187 verwiesen.
Am 27.10.2000 fand eine „Zwischenbesprechung” statt, in der hinsichtlich keiner der strittigen Punkte Übereinstimmung erzielt werden konnte.
Als Termin für eine Schlussbesprechung wurde der 21.12.2000 vereinbart.
In der Besprechung am 21.12.2000 blieben im wesentlichen nur noch die Prüfungsfeststellungen zu Tz 1.2 (Sachentnahmen) und Tz 1.3 (Vorsteuerkorrektur wegen Entgeltminderung) strittig.
Hinsichtlich der Sachentnahmen machte der Kläger geltend, es seien aus dem Warenbestand des Cafés in den Jahren 1994 bis 1997 keinerlei Entnahmen für die private Lebensführung getätigt worden. Jedenfalls sei der Ansatz der Pauschbeträge für vier Personen überhöht. Seine Tochter … lebe seit 1988 nicht mehr im elterlichen Haushalt. Demgegenüber wies der Prüfer darauf hin, dass diese Behauptung des Klägers in Widerspruch stünde zu den Angaben der Ehefrau des Klägers zur Wohnung der Tochter im streitigen Zeitraum. Daraufhin bat der steuerliche Vertreter des Klägers darum, diesen Punkt noch einmal aufklären zu dürfen, womit der Vertreter des Finanzamtes sich einverstanden erklärte („Vermerk über die Zwischenbesprechung vom 21.12.00”, BP-Handakten Band I Blatt 192–193). Zuvor hatte Steuerberater … den Vorschlag gemacht, 1/4 der vom Prüfer ermittelten Sachentnahmen in Ansatz zu bringen.
Hinsichtlich der Vorsteuerkorrektur wegen Entgeltminderung bat der Steuerberater des Klägers darum, „die Klärung dieses Punktes auf einen neuen Termin zu verschieben, da er den Sachverhalt noch einmal überprüfen” wolle (BP-Handakten Band I Blatt 193/193). Hierzu müsse er den der Vergleichsvereinbarung zugrundeliegenden Schriftverkehr von Rechtsanwalt W. anfordern, der seinerzeit von den Eheleuten … mit der zivilrechtlichen Wahrnehmung der Interessen gegenüber dem Raumausstatter beauftragt gewesen sei.
Ausweislich des in den BP-Handakten befindlichen Vermerks (BP-Handakten Band I Blatt 193) wurde vereinbart, die strittig gebliebenen vorläufigen Prüfungsfeststellungen unter Tz 1.2 (Sachentnahmen) und 1.3 (Vorsteuerkorrektur) noch einmal am 05.01.2001 im Büro des Steuerberaters … zu besprechen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte Steuerberater … auch den Schriftverkehr des Rechtsanwalts W. im Zusammenhang mit der Zahlung von 6.000,00 DM aufgrund der Vergleichsvereinbarung vom 11./27.07.1994 vorgelegt haben.
Gegen Ende der Besprechung vom 21.12.2000 übergab der Sachgebietsleiter für Betriebsprüfung dem Kläger die hier angefochtene Prüfungsanordnung vom 21.12.2000, in der die Außenprüfung hinsichtlich Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer auf das Kalenderjahr 1994 und hinsichtlich der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes gem. § 10a GewStG auf den Stichtag 31.12.1994 erweitert wurde. Als Prüfungsbeginn wurde der 21.12.2000, voraussichtlich 10.00 Uhr festgelegt. Die Prüfungsanordnung war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.
Die Prüfung wurde auf § 193 Abs. 1 AO gestützt. Ferner heißt es in den „Erläuterungen”: „Die Prüfungserweiterung erfolgt, da die unter den Tz 1.1.1, 1.1.2, 1.1.3, 1.1.4, 1.1.5, 1.2.1, 1.3., 2.1.1 und Punkt 1 für 1994 im Rahmen der veranlagenden Betriebsprüfung getroffenen Feststellungen aufgrund der mit Ablauf des 31.12.00 eintretenden Verjährung nicht mehr zu berücksichtigen wären.” Die Erweiterungsanordnung war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.
In der gemeinsamen Besprechung am 05.01.2001 wurde hinsichtlich Tz 1.2 (Sachentnahmen) Übereinstimmung erzielt dahingehend, dass von der Hälfte der in Ansatz gebrachten Sachentnahmewerte auszugehen sei (s. „Vermerk über die Schlussbesprechung vom 05.01.01”, BP-Handakten Band I Blatt 207 f). Zu Tz 1.3 (Vorsteuerkorrektur wegen Entgeltminderung) legte Steuerberater … den Schriftverkehr des Rechtsanwalts W. mit dem Raumaustatterunternehmen vor, der mit den Vertretern des Finanzamts erörtert wurde. Dabei kamen die Vertreter des Finanzamtes und der Vertreter des Klägers zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Vergleichssumme von 6.000,00 DM nicht um eine nachträgliche Entgeltminderung, sondern um echten – nicht steuerbaren – Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns handelte.
Gegen die Erweiterung der Prüfungsanordnung vom 21.12.2000 legte der Kläger mit Schreiben vom 17.01.2001 Einspruch ein, den er wie folgt begründete:
Die Erweiterungsanordnung sei nicht geeignet, den Ablauf der Festsetzungsfrist für 1994 zu hemmen. Die Ablaufhemmung setze nämlich gem. § 171 Abs. 4 Satz 1 AO voraus, dass mit der Außenprüfung vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf Grund einer Prüfungsanordnung begonnen werde. Daran fehle es, wenn – wie im vorliegenden Fall – nach Bekanntgabe und Wirksamwerden der Prüfungsanordnung überhaupt keine Prüfungshandlungen mehr vorgenommen würden.
Außerdem genüge die angefochtene Anordnung nicht den Anforderungen des § 197 Abs. 1 AO, der die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung „angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung” fordere. Dies sei hier nicht geschehen. Vielmehr fielen Anordnungsdatum und Prüfungsbeginn zusammen. Der Beklagte habe vor Erlass der angefochtenen Verfügung vom 21.12.2000 ca. 1 bis 2 Jahre lang ausreichend Gelegenheit gehabt, die Prüfungserweiterung auf das Kalenderjahr 1994 anzuordnen.
Nachdem der Betriebsprüfungsbericht fertiggestellt war, wurde er unter dem 31.01.2001 an den Klägervertreter versandt. In dem Betriebsprüfungsbericht ging der Prüfer für 1994 von Warenentnahmen (Eigenverbrauch) in Höhe von 50 % der in den vorläufigen Prüfungsfeststellungen genannten Entnahmewerte aus und erhöhte dementsprechend den Gewinn um 5.880,00 DM. Die in diesen Entnahmewerten enthaltene Umsatzsteuerverbindlichkeit von 472,00 DM berücksichtigte der Prüfer als gewinnmindernd und kam insoweit zugleich zu einer Umsatzsteuernachforderung in derselben Höhe.
Unter Auswertung der Feststellungen des Betriebsprüfungsberichts vom 31.01.2001 ergingen für 1994 unter dem 23.04.2001 geänderte Steuerbescheide.
Dabei wurde die Einkommensteuer für 1994 mit geändertem Bescheid vom 23.04.2001 unter Berücksichtigung der im Prüfungsbericht bei den gewerblichen Einkünften des Klägers in Ansatz gebrachten Gewinnerhöhungen wiederum auf 0,00 DM festgesetzt.
Auch der Umsatzsteuerbescheid für 1994 wurde unter dem 23.04.2001 geändert. Die Umsatzsteuer wurde nunmehr auf ./. 18.343,00 DM festgesetzt, was zu einer Nachforderung in Höhe von 471,08 DM zuzüglich Zinsen führte.
Unter dem 23.04.2001 ergingen ferner ein geänderter Gewerbesteuermessbetragsbescheid 1994 sowie ein geänderter Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG zum 31.12.1994. Dabei wurde der vortragsfähige Gewerbeverlust nunmehr in Höhe von ./. 28.372,00 DM festgestellt, der Gewerbesteuermessbetrag betrug unverändert 0,00 DM.
Der Kläger legte gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 23.04.2001 rechtzeitig Einspruch ein, über den im Hinblick auf die Rechtsbehelfe gegen die hier angefochtene Prüfungserweiterungsanordnung noch nicht entschieden worden ist. Gegen die übrigen Änderungsbescheide vom 23.04.2001 legte der Kläger keinen Einspruch ein.
In seiner Einspruchsentscheidung vom 12.07.2001 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers gegen die Erweiterung der Prüfungsanordnung auf den Veranlagungszeitraum 1994 vom 21.12.2000 als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe der Einspruchsentscheidung (BP-Handakte Band II Bl 83–86) verwiesen.
Dagegen hat der Kläger am 02.08.2001 Klage erhoben zunächst mit dem Antrag, die Erweiterungsanordnung vom 21.12.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.07.2001 aufzuheben, und hilfsweise mit dem Antrag festzustellen, dass die vorgenannten Bescheide rechtswidrig bzw. nichtig seien.
Über sein Einspruchsvorbringen hinaus führt er aus, die Erweiterungsanordnung sei auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Erweiterungsanordnung am 21.12.2000 nicht mehr mit erheblichen Steuernachforderungen habe gerechnet werden müssen. Es seien lediglich noch die Sachentnahmen im Café strittig gewesen, die nur zu einer Umsatzsteuer-Nachforderung in Höhe von 471,08 DM geführt habe. Daher verstoße die Erweiterungsanordnung auch gegen § 4 Abs. 3 der Betriebsprüfungsordnung.
Schließlich sei die angefochtene Verfügung nicht ausreichend begründet gewesen. Die „Erläuterungen” der Erweiterungsanordnung seien „aus sich heraus überhaupt nicht verständlich”. Insbesondere hätten sie nicht erkennen lassen, inwieweit mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen habe gerechnet werden müssen.
Im Verlaufe des Klageverfahrens hat der Kläger seinen auf Aufhebung der Erweiterungsanordnung gerichteten Hauptantrag fallen gelassen und verfolgt nunmehr nur noch das Feststellungsbegehren weiter. Sein Feststellungsinteresse begründet er damit, dass er im Rahmen des noch anhängigen Einspruchsverfahrens gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 23.04.2001 ein Verwertungsverbot wegen Rechtswidrigkeit der Erweiterungsanordnung geltend mache.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass die Erweiterung der Prüfungsanordnung auf den Veranlagungszeitraum 1994 vom 21.12.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.07.2001 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält den Feststellungsantrag für zulässig, aber für unbegründet. Die angefochtene Erweiterungsanordnung sei rechtmäßig.
Im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Erweiterungsanordnung sei nicht nur mit erheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen, sondern auch mit erheblichen Steuernachforderungen zu rechnen gewesen. Auf Grund der vorläufigen Prüfungsfeststellungen vom 11.09.2000 sei hinsichtlich der zwei am 21.12.2000 noch umstrittenen Komplexe mit einer Umsatzsteuernachforderung von 944,00 DM für die Warenentnahmen und von 782,61 DM wegen nachträglicher Entgeltminderung auf Grund des Vergleichs mit „…”, insgesamt also mit einer Umsatzsteuernachforderung von ca. 1.700,00 DM zu rechnen gewesen. Bei Zugrundelegung der in den vorläufigen Prüfungsfeststellungen ermittelten Höhe der Warenentnahmen wären insoweit Gewinnerhöhungen von 11.760,00 DM in Ansatz zu bringen gewesen. Nur auf Bitten des Klägervertreters hin sei diesem in der Besprechung am 21.12.2000 Gelegenheit gegeben worden, zu diesen beiden Komplexen weitere Informationen einzuholen und Unterlagen beizuschaffen, deren Prüfung und Erörterung in sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht dann der Schlussbesprechung am 05.01.2001 vorbehalten bleiben sollte.
Die Erweiterungsanordnung sei auch ausreichend begründet gewesen. Aus den Erläuterungen der Erweiterungsanordnung in Verbindung mit den vorläufigen Feststellungen vom 02.11.1998 ergebe sich genau, welche – nicht unerheblichen – Änderungen der Besteuerungsgrundlagen für den Kläger im Veranlagungsjahr 1994 in Betracht kamen.
Die angefochtene Prüfungserweiterung sei auch mit § 197 Abs. 1 AO vereinbar. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass bei einer Erweiterungsanordnung auf eine Fristsetzung – wie hier geschehen – auch verzichtet werden könne.
Entgegen der Auffassung des Klägers sei es auch zulässig gewesen, die Erweiterungsanordnung zum Zwecke der Hemmung der Festsetzungsverjährung zu erlassen. Ob dies auch dann gelte, wenn nach der Erweiterungsanordnung keine Prüfungshandlungen mehr folgten, könne dahinstehen. Hier seien sowohl in Bezug auf die strittigen Warenentnahmen also auch in Bezug auf den Komplex „…” tatsächlich noch Prüfungshandlungen getätigt worden.
Dem Senat haben vorgelegen zwei Bände Betriebsprüfungshandakten, eine Rechtsbehelfsakte, eine Bilanz-, Gewinn- und Verlustrechnungsakte, eine Umsatzsteuerakte sowie eine Einkommensteuerakte.
Gründe
1. Die Klage, die der Kläger zu Recht nur noch als Fortsetzungsfeststellungsklage aufrecht erhält, ist gem. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zulässig. Danach spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Verwaltungsakt sich vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt hat, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
Die Beteiligten gehen zu Recht davon aus, dass diese Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen.
1.1 Die angefochtene Erweiterung der Außenprüfung auf das Veranlagungsjahr 1994 vom 21.12.2000 ist ein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt, der dem Steuerpflichtigen aufgibt, die Außenprüfung bis zu ihrem Abschluss zu dulden.
1.2 Mit Abschluss der Außenprüfung endet diese Duldungspflicht, der Verwaltungsakt hat sich dann in diesem Zeitpunkt erledigt.
Ein Abschluss der Außenprüfung ist in der ausdrücklichen oder konkludenten Abschlusserklärung der prüfenden Behörde zu sehen. In der Regel kann die Außenprüfung mit der Zusendung des Betriebsprüfungsberichts nach § 202 Abs. 1 AO als abgeschlossen angesehen werden (BFH, Urteil vom 04.02.1988 V R 57/83, BFHE 152, 217, BStBl II 1988, 413), hier mithin mit der Zusendung des Betriebsprüfungsberichts unter dem 31.01.2001.
Es ist anerkannt, dass eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO auch dann zulässig ist, wenn sich der Verwaltungsakt – wie hier – nicht erst nach, sondern schon vor Klageerhebung erledigt hat.
Erforderlich ist nur, dass der angefochtene Verwaltungsakt nicht bestandskräftig geworden ist. Letzteres ist hier nicht der Fall. Insbesondere hat der Kläger mit Schreiben vom 17.01.2001 rechtzeitig innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist Einspruch gegen die am 21.12.2000 bekanntgegebene Erweiterungsanordnung eingelegt.
1.3 Der Kläger hat ferner im Verlaufe des Klageverfahrens ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungserweiterungsanordnung im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO hinreichend konkret dargelegt. Berechtigt in diesem Sinne ist jedes konkrete schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art. Dabei muss die begehrte Feststellung geeignet sein, in einem dieser Bereiche zu einer Positionsverbesserung des Klägers zu führen (BFH, Urteil vom 09.11.1994 – XI R 33/93, BFH/NV 1995, 621).
1.3.1 Sollte sich im vorliegenden Verfahren die Rechtswidrigkeit der Prüfungserweiterungsanordnung vom 21.12.2000 herausstellen, wäre das FA im noch offenen Verfahren über die Umsatzsteuer 1994 schon wegen des Erfolgs der hier anhängigen Klage gehindert, sich auf die verjährungsablaufhemmende Wirkung der Außenprüfung nach § 171 Abs. 4 AO zu berufen.
Der Kläger macht im noch offenen Einspruchsverfahren gegen die geänderte Umsatzsteuerfestsetzung vom 23.04.2001 geltend, die vierjährige Festsetzungsverjährung für die auf § 164 Abs. 2 AO gestützte Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung vom 19.03.1996/03.04.1996 sei bereits mit Ablauf des Jahres 2000 abgelaufen gewesen.
Nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Wesentlich für die Außenprüfung im Sinne dieser Vorschrift ist, dass die Außenprüfung aufgrund einer Prüfungsanordnung erfolgt ist (Klein/Rüsken, AO, 7. Aufl., § 171 Rdn 39). Dabei können rechtswidrige, aber zunächst wirksame Prüfungsanordnungen die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO nur dann nicht bewirken, wenn sie aufgehoben worden sind oder ihre Rechtswidrigkeit festgestellt worden ist (Tipke/Kruse, AO, § 171 Rdn 34). Insoweit kann ein berechtigtes Interesse für die Anfechtung der Erweiterungsanordnung im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage ohne weiteres bejaht werden.
Ob die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO auch unabhängig von dem Erfolg der hier anhängigen Fortsetzungsfeststellungsklage zu verneinen wäre – etwa im Hinblick auf das angebliche Fehlen von „Prüfungshandlungen” nach Bekanntgabe der Prüfungserweiterung (vgl. hierzu einerseits BFH, Urteil vom 11.08.1993 II R 34/90, BFHE 172, 393, BStBl II 1994, 375, andererseits FG Köln, rechtskräftiges Urteil vom 24.04.2002 – 10 K 2595/99, EFG 2002, 953 und Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 27.09.2002 – 1 K 167/02, EFG 2003, 130 andererseits), kann dahingestellt bleiben. Ein Erfolg der hier anhängigen Fortsetzungsfeststellungsklage würde die Rechtsposition des Klägers im noch offenen Einspruchsverfahren gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1994 jedenfalls verbessern. Dies reicht für die Annahme eines Feststellungsinteresses im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO aus. Ob im übrigen die Voraussetzungen für eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO vorgelegen haben, ist abschließend nicht im vorliegenden Verfahren, sondern im noch offenen Verfahren gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid zu klären.
1.3.2 Ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erweiterungsanordnung vom 21.01.2000 ist ferner insoweit zu bejahen, als der Beklagte für den Fall des Erfolgs der hier anhängigen Klage im Rahmen der Umsatzsteuerfestsetzung für 1994 möglicherweise gehindert ist, die Prüfungsfeststellungen des Finanzamtes zum umsatzsteuerpflichtigen Eigenverbrauch des Klägers in Form von Warenentnahmen im Rahmen der Umsatzsteuerfestsetzung 1994 zu verwerten.
Auch insoweit kann dem Kläger das Feststellungsinteresse nicht von vorneherein abgesprochen werden. Ob die vom Kläger geltend gemachte Rechtswidrigkeit der Erweiterungsanordnung tatsächlich zu einem Verwertungsverbot in bezug auf die vom FA festgestellten Warenentnahmen führt, hat der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Dies wird vielmehr ebenfalls in dem noch offenen Rechtsbehelfsverfahren gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1994 zu klären sein. Dort wird ggf. auch zu klären sein, ob die dem Änderungsbescheid zugrundeliegenden Tatsachen selbst dann, wenn sie verfahrensfehlerhaft ermittelt worden sein sollten, dennoch keinem Verwertungsverbot unterliegen und dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid zugrundegelegt werden können (zur eingeschränkten Reichweite des Verwertungsverbots für verfahrensfehlerhaft ermittelte Besteuerungsgrundlagen bei erstmaligen Steuerfestsetzungen sowie bei Änderung von Vorbehaltsbescheiden vgl. BFH, Urteil vom 25.11.1997 – VIII R 4/94, BFHE 184, 255, BStBl II 1998, 461).
1.3.3 Dagegen hat das vorliegende Verfahren keinen Einfluss auf die übrigen Steuerbescheide, die auf Grund der Prüfungsfeststellungen vom 31.01.2001 unter dem 23.04.2001 geändert worden sind. Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1994, der geänderte Gewerbesteuermessbescheid 1994 sowie der geänderte Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG zum 31.12.1994 sind mangels Anfechtung bestandskräftig geworden. In Bezug auf diese Bescheide besteht für die anhängige Klage kein Feststellungsinteresse, ein solches wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die angefochtene Prüfungserweiterung vom 21.12.2000 formell und materiell rechtmäßig.
2.1 Formell kann der Kläger nicht mit Erfolg einwenden, die Prüfungserweiterung sei unzureichend begründet.
Wie jeder Verwaltungsakt ist auch eine Prüfungserweiterung im allgemeinen gem. § 121 Abs. 1 AO zu begründen. Dabei ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine fehlende oder unzureichende Begründung im Ausgangsbescheid in der Entscheidung über den Rechtsbehelf nachgeholt werden kann; dies gilt nach BFH, Urteil vom 10.05.1991 – V R 51/90, BFHE 164, 495, BStBl II 1991, 825 selbst dann, wenn – wie hier – die Entscheidung über den Rechtsbehelf erst nach Beendigung der Betriebsprüfung, also erst nach Erledigung der angefochtenen Prüfungsanordnung getroffen worden ist.
Handelt es sich um die Erweiterung des Prüfungszeitraums über den in der Betriebsprüfungsordnung (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Betriebsprüfungsordnung – BpO 2000 – vom 15.03.2000, BStBl I S. 368) vorgesehenden Dreijahreszeitraum hinaus, dann muß diese Erweiterung des Prüfungszeitraums „substantiiert begründet” werden (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BFH, Beschluss vom 04.02.1999 – I B 64/97, BFH/NV 1999, 907). Geht es – wie hier – um eine Prüfungserweiterung nach § 4 Abs. 3 Satz 2 1. Alt. BpO 2000, dann muss aus der Begründung der Erweiterungsanordnung hervorgehen, auf Grund welcher Tatsachen mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist (vgl. BFH, Beschluss vom 04.02.1999 a.a.O. betreffend § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO alte Fassung).
Diesen Anforderungen genügt schon der Ausgangsbescheid vom 21.12.2000.
Dieser verweist nämlich in seinen „Erläuterungen” konkret auf bestimmte Textziffern der „Vorläufigen Prüfungsfeststellungen” vom 11.09.2000, aus denen im Einzelnen hervorgeht, in welchem Umfang der Kläger mit einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen im Erweiterungszeitraum 1994 sowohl in Bezug auf die Einkommensteuer als auch in Bezug auf die Umsatzsteuer als auch in Bezug auf den Gewerbesteuermessbetrag und die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG rechnen musste. Da die „Vorläufigen Prüfungsfeststellungen” dem Bevollmächtigten des Klägers bereits unter dem 11.09.2000 übersandt worden waren, erübrigte sich eine auch nur teilweise nochmalige Wiedergabe der in Bezug genommenen vorläufigen Prüfungsfeststellungen.
Die Einspruchsentscheidung vom 12.07.2001 weist darüber hinaus ausdrücklich darauf hin, dass auch noch im Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Erweiterungsanordnung mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen habe gerechnet werden müssen und die zugrundeliegenden Verhältnisse noch der weiteren Aufklärung bedurften.
2.2 Ohne Erfolg rügt der Kläger auch die Verletzung des § 197 Abs. 1 Satz 1 AO, wonach die Prüfungsanordnung dem Steuerpflichtigen angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekanntzugeben ist, wenn der Prüfungszweck dadurch nicht gefährdet wird, es sei denn, der Steuerpflichtige hat auf die Einhaltung der Frist verzichtet (Satz 2).
Die Angemessenheit der Bekanntgabefrist hängt von den Einzelfallumständen ab (Tipke/Kruse, AO § 197 Rdn 4). Die rechtzeitige Bekanntgabe der Prüfungsanordnung soll gewährleisten, dass der Steuerpflichtige sich auf die Prüfung einstellen kann (Tipke/Kruse, AO § 197 Rdn 1).
Entsprechend der Zielrichtung des § 197 Abs. 1 AO ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung auch mit dem Beginn der Prüfung zusammenfallen kann (BFH, Urteil vom 04.02.1988 – V R 57/83, BFHE 152, 217, BStBl II 1988, 413). Insbesondere im Bereich ergänzender und erweiternder Prüfungsanordnungen kann die Frist u. U. auch ganz entfallen (BFH, Urteil vom 04.02.1988 – V R 57/83, a.a.O.).
Gemessen an diesen Grundsätzen bedurfte es im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungserweiterung am 21.01.2000 gegen Ende der zuvor stattgefundenen Besprechung keiner Fristeinräumung.
Spätestens nach Erhalt der „Vorläufigen Prüfungsfeststellungen” vom 11.09.2000 wusste der Steuerpflichtige, welche Besteuerungsgrundlagen und Sachverhaltskomplexe im Erweiterungszeitraum 1994 Gegenstand von Einzelermittlungsmaßnahmen nach den §§ 88 ff. AO bzw. Außenprüfungsmaßnahmen nach den §§ 193 ff. waren (zur Abgrenzung von Ermittlungen im Rahmen einer Außenprüfung einerseits und Einzelermittlungen andererseits vgl. BFH, Urteil vom 25.11.1997 – VIII R 4/94, BFHE 184, 255, BStBl II 1998, 461 und BFH, Urteil vom 05.04.1984 – IV R 244/83, BFHE 140, 518, BStBl II 1984, 790).
Im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungserweiterung am 21.12.2000 gegen 13.00 Uhr wusste der Steuerpflichtige ferner, dass er sich nur noch auf ergänzende abschließende Sachverhaltsermittlungen bezüglich der Höhe der Hinzuschätzung von Warenentnahmen sowie bezüglich der auf eine nachträgliche Entgeltminderung hindeutenden Vergleichsvereinbarung vom 11./27.07.1994 einzustellen hatte. Hinsichtlich des letzteren Komplexes war im wesentlichen nur noch der der Vergleichsvereinbarung vorangegangene Schriftwechsel zu beschaffen und dem Prüfer zur Einsicht und Prüfung bis zur Schlussbesprechung am 05.01.2001 vorzulegen. Hinsichtlich des Komplexes Warenentnahmen sollte dem Kläger noch Gelegenheit gegeben werden, genauere Auskunft über die Anzahl der Haushaltsangehörigen im Prüfungszeitraum zu erteilen und diesbezüglich aufgetretene Unklarheiten und Widersprüche zu beseitigen. Auch dies sollte bis zur Schlussbesprechung am 05.01.2001 geschehen.
Störungen des Geschäftsbetriebs des Klägers waren durch die Prüfungserweiterung vom 21.12.2000 nicht zu erwarten. Es waren auch sonst keine betrieblichen Vorkehrungen, die die Einräumung einer Frist erforderlich gemacht hätten, zu treffen. Mithin war im Streitfall schon wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls eine Fristeinräumung entbehrlich.
Ob die Einräumung einer Frist in der Prüfungserweiterung vom 21.12.2000 den Prüfungszweck im Hinblick auf die zum Ende des Jahres drohende Festsetzungsverjährung gefährdet hätte und deshalb im Sinne des § 197 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz AO entbehrlich war, erscheint zweifelhaft, kann aber letztlich dahingestellt bleiben.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch der Einwand des Klägers, der Beklagte habe lange vor Erlass der angefochtenen Verfügung ausreichend Gelegenheit gehabt, die Prüfungserweiterung auf das Kalenderjahr 1994 anzuordnen.
2.3 Die angefochtene Prüfungserweiterung ist auch materiell nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 193 Abs. 1 AO, wonach bei einem gewerblichen Betrieb – dem Wortlaut nach ohne weitere Voraussetzungen – eine Außenprüfung zulässig ist.
Danach steht dem Beklagten bei Prüfungsanordnungen ein Ermessen zu, dessen Ausübung lediglich in den Grenzen des § 102 FGO gerichtlich überprüfbar ist. Dabei hat die Finanzverwaltung insbesondere die Ermessensgrenzen, die sie sich selbst in der BpO 2000 gesetzt hat, einzuhalten.
Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt die Prüfungserweiterung nicht gegen § 4 Abs. 3 BpO 2000.
Danach kann der Prüfungszeitraum, der bei Klein- und Kleinstbetrieben in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen soll, insbesondere dann mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist. Im Unterschied zum Wortlaut des § 4 Abs. 3 BpO alter Fassung wird somit nicht mehr darauf abgestellt, ob mit erheblichen Steuernachforderungen zu rechnen ist.
Die Voraussetzungen für eine Prüfungserweiterung nach § 4 Abs. 3 BpO hat der Beklagte zu Recht als gegeben angesehen.
Abzustellen ist hierbei auf den Zeitpunkt der Anordnung der Prüfungserweiterung am 21.12.2000. Zu diesem Zeitpunkt müssen mehr Umstände für als gegen eine erhebliche Änderung der Besteuerungsgrundlagen gesprochen haben.
Allein die am 21.12.2000 noch strittigen Sachentnahmen hätten Tz. 1.2.1 der „vorläufigen Prüfungsfeststellungen” zufolge zu einem den Gewinn aus Gewerbebetrieb erhöhenden Entnahmewert von 11.760,00 DM geführt, Umsatzsteuerlich hätte dies zu einer Erhöhung der Umsatzsteuerschuld von 944,00 DM geführt. Legt man dagegen die Ergebnisse der Schlussbesprechung vom 05.01.2001 sowie den Inhalt der geänderten Steuerbescheide vom 23.04.2001 zugrunde, dann erhöhte sich der Gewinn um Warenentnahmen nur noch in Höhe von 5.880,00 DM. Umsatzsteuerlich führte dies zu einer Erhöhung der Umsatzsteuerverbindlichkeit um 472,00 DM.
Nach Überzeugung des Senats war im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Erweiterungsanordnung am Ende der Besprechung vom 21.12.2000 mit einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen zumindest in der zuletzt genannten Größenordnung zu rechnen.
Ferner war im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Erweiterungsanordnung noch völlig offen, ob die von dem Raumausstatterunternehmen vereinnahmte Vergleichs summe von 6.000,00 DM als eine nachträgliche Entgeltminderung anzusehen war und zu einer Vorsteuerkorrektur von 782,61 DM führen musste. Erst nach Vorlage des der Vergleichsvereinbarung vom 11./27.07.1994 zugrundeliegenden Schriftwechsels in der Besprechung am 05.01.2001 konnte der Kläger nachweisen, dass es sich bei der Vergleichssumme von 6.000,00 DM nicht um eine nachträgliche Entgeltminderung, sondern um echten – nicht steuerbaren – Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns handelte.
Somit war im Zeitpunkt der Prüfungserweiterung am 21.12.2000 allein im Hinblick auf die noch strittigen Komplexe Sachentnahmen und Entgeltminderung mit einer Umsatzsteuernachforderung von ca. 1.250,00 DM und darüber hinaus mit einer Minderung des nach § 10a GewStG festzustellenden vortragsfähigen Gewerbeverlustes um ca. 5.000,00 DM ernsthaft zu rechnen. In Bezug auf den Einkommensteuerbescheid 1994 sowie in Bezug auf den Gewerbesteuermessbetragsbescheid, die beide auf 0,00 DM lauteten, drohten zwar keine Änderungen der Einkommensteuerfestsetzung bzw. des Gewerbesteuermessbetrags, mit einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen, auf die § 4 Abs. 3 BpO 2000 dem Wortlaut nach allein abstellt, war aber auch insoweit zu rechnen.
Insgesamt drohten Änderungen von Besteuerungsgrundlagen, die bei einem Kleinstbetrieb wie demjenigen des Klägers nicht unerheblich waren.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auf den Erlass des FM Nordrhein-Westfalen S0401-4-VC5, koord. Ländererlass vom 14.08.1991 (Der Betrieb 1991, 1958). Danach soll bei Kleinbetrieben die Erweiterung unterbleiben, wenn mit Steuernachforderungen von weniger als 1.000,00 DM gerechnet wird. Unabhängig von der Frage der Verbindlichkeit dieses Erlasses des FM Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 1991 im vorliegenden Streitfall lagen, wie oben gezeigt, auch die Voraussetzungen für eine Prüfungserweiterung nach dem zuletzt zitierten Erlass vor.
2.4 Ohne Erfolg im vorliegenden Verfahren bleibt auch der Einwand des Klägers, die Erweiterungsanordnung vom 21.12.2000 sei entgegen der Begründung des Ausgangsbescheides nicht geeignet gewesen, den Ablauf der Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.2000 gem. § 171 Abs. 4 Satz 1 AO zu hemmen.
Inwieweit die Prüfungserweiterung vom 21.12.2000 tatsächlich den Ablauf der Festsetzungsfrist gem. § 171 Abs. 4 Satz 1 AO im Hinblick auf die Umsatzsteuer 1994 gehemmt hat, ist nicht im vorliegenden Verfahren betreffend die Rechtmäßigkeit der Prüfungserweiterung, sondern im noch offenen Einspruchsverfahren gegen den Umsatzsteuerbescheid 1994 zu entscheiden.
Jedenfalls ist die Absicht, mit der Prüfungserweiterung eine drohende Festsetzungsverjährung zu verhindern, nicht ermessensfehlerhaft (vgl. nur BFH-Urteil vom 23.07.1995 – VIII R 48/85, BFHE 145, 3, BStBl II 1986, 433).
3. Die Kosten der nach alledem abzuweisenden Klage hat gem. § 135 Abs. 1 FGO der Kläger zu tragen.
Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Bemessung des Streitwertes beruht auf § 13 Abs. 1 GKG.