08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 18.02.2000 – II 376/99
Die verschiedenen Vollstreckungsmöglichkeiten der §§ 281 ff AO stehen gleichrangig nebeneinander. Die Pfändung des Geschäftskontos des Vollstreckungsschuldners ist nicht von vornherein einschneidender als z. B. die Sachpfändung durch einen Vollziehungsbeamten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Pfändungsmaßnahme des Beklagten.
Die Klägerin ist eine GmbH, die ein Reisebüro betreibt. Gemäß Rückstandsanzeige der Vollstreckungsstelle des Beklagten vom 15. 2. 1999 schuldete die Klägerin zu diesem Zeitpunkt folgende Steuerbeträge:
Abgabeart Zeitraum Fälligkeit Betrag Säumniszuschlag DM Lohnsteuer 3. Vj. 98 26. 11. 1998 1.100,00 33,00 Lohnst-Versp.Z 3. Vj. 98 26. 11. 1998 35,00 Umsatzsteuer 3. Vj. 98 28. 12. 1999 1.400,00 28,00 Solid.Zu.LSt 3. Vj. 98 26. 11. 1998 60,00 Lohnkirchst.ev 3. Vj. 98 26. 11.1998 88,00 Gesamt 2.683,00 61,00
Laut dieser Rückstandsanzeige wurde die Klägerin für sämtliche angeforderten Beträge am 19. 1. 1999 gemahnt. Am 19. 2. 1999 erteilte der zuständige Sachbearbeiter der Vollstreckungsstelle einen Vollstreckungsauftrag an den Vollziehungsbeamten. Am 22. 2. 1999 erkundigte sich der Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin telefonisch bei dem Beklagten, ob „irgendwelche Steuern” dringend zu zahlen seien und wie hoch der Rückstand ggf. sei. Daraufhin wurde ihm von der Vollstreckungsstelle mitgeteilt, dass ein Betrag in Höhe von ca. 2.800 DM offen sei. Der Sachbearbeiter vermerkte in den Vollstreckungsakten am 22. 2. 1999, dass die Vollstreckungsschuldnerin „heute” bezahlen wolle und verfügte eine Wiedervorlage für den 8. 3. 1999. Zugleich forderte er den Vollstreckungsauftrag zurück, was am 24. 2. 1999 auf dem Vollstreckungsauftrag notiert wurde. Nachdem die Vollstreckungsstelle des Beklagten am 11. 3. 1999 einen Zahlungseingang nicht feststellen konnte, ließ sie sich eine erneute Rückstandsanzeige ausdrucken. Danach schuldete die Klägerin folgende Steuerbeträge:
Abgabeart Zeitraum Fälligkeit Betrag Säumniszuschlag DM Lohnsteuer 3. Vj. 98 26. 11. 1998 1.100,00 44,00 Lohnst-Versp.Z 3. Vj. 98 26. 11. 1998 35,00 Umsatzsteuer 1996 28. 1. 1999 2.685,54 52,00 Umsatzsteuer 3. Vj. 98 28. 12. 1999 1.400,00 42,00 Solid.Zu.LSt 3. Vj. 98 26. 11. 1998 60,00 Lohnkirchst.ev 3. Vj. 98 26. 11. 1998 88,00 Gesamt 5.368,54 138,00
Am gleichen Tag erließ der Beklagte eine an die B-Bank, Hamburg, gerichtete Pfändungs- und Einziehungsverfügung, mit der er alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus dem Konto der Klägerin, Konto-Nr. ... und aller etwa bestehenden weiteren Konten in Höhe von 5.587,54 DM pfändete. In diesem Betrag waren Vollstreckungskosten in Höhe von 81 DM enthalten.
Ebenfalls am 11. 3. 1999 hatte die Klägerin einen Verrechnungsscheck, der auf die B-Bank Hamburg bezogen war und das Datum „21. 3. 1999” trug, über einen Betrag in Höhe von 3.000 DM an die Steuerkasse Hamburg übersandt. Auf dem beiliegenden Scheckbuchungsauftrag hatte sie vermerkt: „Bitte am 21.3. zur Bank geben”. Nachdem die Pfändungs- und Überweisungsverfügung der Drittschuldnerin am 15. 3. 1999 zugestellt worden war, wurde die Klägerin am 17. 3. 1999 von der B-Bank hierüber telefonisch informiert. Die Klägerin ließ sich daraufhin den Scheck von der Steuerkasse am 17. 3. 1999 wieder zurücksenden.
Mit ihrer am 11. 4. 1999 erhobenen Klage begehrt die Klägerin, die Rechtswidrigkeit der Pfändung festzustellen und beantragt die Rückzahlung der Vollstreckungskosten in Höhe von 81 DM. Sie trägt vor, der Ehemann ihrer Geschäftsführerin habe sich anlässlich des Telefonates am 22. 2. 1999 erkundigt, ob er bei der Vollstreckungsstelle einen vordatierten Scheck abgeben könne. Ihm sei daraufhin bedeutet worden, es läge keine Eilbedürftigkeit vor und er möge den Scheck demnächst bei der Steuerkasse abgeben, da die Vollstreckungsstelle keine vordatierten Schecks annehmen würde. Dem Beklagten sei daraufhin mitgeteilt worden, dass der Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin in den nächsten Wochen bei der Steuerkasse vorbeischauen würde. Entsprechend sei dann der vordatierte Scheck am 11. 3. 1999 bei der Steuerkasse eingereicht worden. Da die Vollstreckungsstelle gewusst habe, dass ein vordatierter Scheck abgegeben werden würde, hätte der Beklagte vor Einleiten der Vollstreckung bei der Steuerkasse nachfragen müssen, ob eine Zahlung erfolgt sei. Mit einer Pfändung habe sie nicht rechnen müssen, da der Beklagte ihren Vorschlag widerspruchslos akzeptiert habe. Die Pfändungsmaßnahme sei rechtswidrig, da sie ermessensfehlerhaft ausgebracht worden sei. Zum einen habe es an einer Mahnung gefehlt, zum anderen sei der Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffes missachtet worden. Die Kontopfändung habe zu einer Gefährdung ihrer Kreditwürdigkeit geführt. Aufgrund der Pfändung sei ihr nämlich der bis dahin eingeräumte Dispositionskredit in Höhe von 20.000 DM gekündigt worden, außerdem habe die Postbank bereits ausgegebene Schecks und einzulösende Lastschriften storniert, wodurch ihr weiterer Schaden entstanden sei. Sie habe deshalb ein Interesse daran, dass das rechtswidrige Handeln des Beklagten festgestellt werde, da sie den ihr entstandenen Schaden ggf. in einem Amtshaftungsanspruch vor dem Landgericht geltend machen könnte.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
1. Die Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 15. 3. 1999 festzustellen sowie
2. den Beklagten zur Zahlung von 81 DM zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wendet ein, die Klage sei unbegründet. Der Ehemann der Geschäftsführerin der Klägerin habe bei dem Telefonat am 22. 2. 1999 angekündigt, den rückständigen Betrag noch am selben Tag begleichen zu wollen. Deshalb sei als Wiedervorlagetermin der 8. 3. 1999 notiert worden und da man an diesem Tag keine Zahlung habe feststellen können, habe man zur Sicherheit noch drei Tage gewartet, ehe die Kontopfändung ausgebracht worden sei. Die Kontenpfändung sei rechtmäßig gewesen, da die Voraussetzungen für eine Vollstreckung vorgelegen hätten. Die Klägerin sei auch maschinell am 19. 1. 1999 gemahnt worden. Da die rückständigen Steuerbeträge anlässlich des Telefonates am 22. 2. 1999 mitgeteilt worden seien, sei die Klägerin jedenfalls an die Zahlung erinnert worden. Es bestehe kein Grundsatz, dass eine Kontopfändung gegenüber anderen Vollstreckungsmöglichkeiten subsidiär sei. Es sei im Einzelfall zu entscheiden, welche Vollstreckungsmaßnahme zu ergreifen sei. Gerade bei einem Reisebüro könne der Besuch eines Vollziehungsbeamten zu einer nicht unbeträchtlichen Rufschädigung führen. Dagegen führe eine Bankpfändung über einen relativ geringen Betrag gerade nicht zu den von der Klägerin behaupteten schwerwiegenden Konsequenzen. Die Pfändung erledige sich in der Regel durch eine einmalige Zahlung und führe nicht zu einer dauerhaften Mehrarbeit oder einer Gefährdung der Kreditwürdigkeit.
Dem Gericht hat die Vollstreckungsakte zur Steuernummer ... vorgelegen.
Gründe
Das Gericht entscheidet gemäß § 90 a Abs. 1 FGO durch Gerichtsbescheid.
Die Klage erweist sich als unzulässig, soweit sie sich auf die Rückzahlung der Vollstreckungskosten in Höhe von 81 DM richtet. Im Übrigen ist sie unbegründet, da die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 11. 3. 1999 rechtmäßig ist.
1. Die Klage auf Erstattung der Vollstreckungskosten ist unzulässig, da es an dem erforderlichen Vorverfahren fehlt. Gemäß § 44 Abs. 1 FGO ist in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, die Klage regelmäßig nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. Im Streitfall stand der Klägerin als außergerichtlicher Rechtsbehelf das Einspruchsverfahren zur Verfügung. Vollstreckungskosten werden als steuerliche Nebenleistungen durch den sog. Kostenansatz (§ 346 Abs. 2 AO) geltend gemacht. Dieser Kostenansatz ist ein Verwaltungsakt i. S. von § 118 AO, gegen den der Einspruch (§ 348 Abs. 1 AO) gegeben ist (vgl. Tipke / Kruse AO, FGO, Kommentar, 16. Aufl., Rz. 6 zu § 346 AO). Da die Klägerin dieses Einspruchsverfahren nicht durchgeführt hat, ist die Klage insoweit gemäß § 44 Abs. 1 FGO unzulässig.
Im Übrigen ist die Klage als sog. Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 S. 4 FGO zulässig. Nach dieser Bestimmung hat das Gericht auf Antrag die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes festzustellen, wenn sich der Verwaltungsakt vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Für ein berechtigtes Interesse genügt dabei jedes konkrete vernünftigerweise anzunehmende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (vgl. BFH-Urteil vom 9. 5. 1985 IV R 172/83, BFHE 143, 506, BStBl II 1985, 579). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor: Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 11. 3. 1999 hat sich nach Zahlung durch die Drittschuldnerin erledigt; dabei ist es unschädlich, dass die Erledigung schon vor Einleiten eines außergerichtlichen Rechtsbehelfes oder vor Klageerhebung eingetreten ist (vgl. Schmidt-Troje, Der Steuerrechtsschutz, 1997, S. 94,
Rz. 349). Die Klägerin besitzt auch das erforderliche Feststellungsinteresse, da sie beabsichtigt, Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten in einem Verfahren vor dem Zivilgericht geltend zu machen. Nach der Reaktion der Klägerin auf einen gerichtlichen Verständigungsvorschlag vom 20. 1. 2000, dem die Klägerin nur gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 5.000,- DM seitens des Beklagten zustimmen wollte, geht der Senat davon aus, dass eine entsprechende Schadensersatzklage der Klägerin mit hinreichender Sicherheit tatsächlich erhoben werden wird. Im Übrigen ist zu erwarten, dass eine Entscheidung des Finanzgerichts über die Rechtmäßigkeit der Pfändungsmaßnahme für eine zivilgerichtliche Entscheidung von Bedeutung und die Rechtsverfolgung vor dem Zivilgericht jedenfalls nicht offensichtlich aussichtslos ist.
2. Die Fortsetzungsfeststellungsklage hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 11. 3. 1999 nicht rechtswidrig gewesen ist.
a) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 AO können die Finanzbehörden Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung gefordert wird, im Verwaltungsweg vollstrecken. Dabei ist ihnen entgegen der missverständlichen Formulierung in § 249 Abs. 1 S. 1 AO kein Ermessen dahingehend eingeräumt, ob Steuerschulden zwangsweise beigetrieben werden sollen. Es folgt vielmehr aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung die Verpflichtung, die nach dem Gesetz entstandenen Steueransprüche ggf. auch im Wege der Vollstreckung beizutreiben (vgl. Tipke / Kruse, aaO, Rz. 11 zu § 249). Ein Ermessensspielraum kommt der Finanzbehörde jedoch insoweit zu, als sie zwischen den mehreren in Betracht kommenden Vollstreckungsmaßnahmen eine Auswahl treffen muss. Steuerschulden können nach der Abgabenordnung zwangsweise dadurch beigetrieben werden, dass entweder in das unbewegliche Vermögen oder in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners vollstreckt wird. Bei der Vollstreckung in das bewegliche Vermögen kommt wiederum eine Vollstreckung in Sachen und zum anderen eine Vollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte in Betracht. All diese Vollstreckungsmöglichkeiten stehen grundsätzlich gleichrangig nebeneinander. Die Finanzbehörde muss nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, von welcher Vollstreckungsmöglichkeit sie im Einzelfall Gebrauch machen will (vgl. BFH-Urteil vom 14. 2. 1979 VII R 54/78, BStBl II 1979, 427).
Insoweit gelten für die Vollstreckungsbehörden die allgemeinen Grundsätze der Ermessensausübung, insbesondere hat die Vollstreckungsbehörde den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und in diesem Zusammenhang auch den Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs zu beachten. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt im Vollstreckungsrecht, dass jeder Vollstreckungseingriff geeignet und erforderlich sein muss, seinen Zweck zu erreichen und er zudem den Betroffenen nicht übermäßig belasten darf, diesem also zumutbar sein muss (Bundesverfassungsgericht - Beschluss vom 19. Oktober 1982 - 1 BvL 34/80, BVerfGE 61, 126; DB 1983, 108).
b) Daran gemessen war die Vollstreckungsmaßnahme des Beklagten nicht ermessensfehlerhaft. Geeignet ist eine Vollstreckungsmaßnahme immer dann, wenn mit ihr das angestrebte Ziel, die Steuerforderung zu verwirklichen, erreicht werden kann.
Da die Finanzbehörden verpflichtet sind, die nach den Steuergesetzen geschuldeten Leistungen beizutreiben (vgl. Tipke / Kruse, a. a. O. Rz. 11 zu § 249 AO), reicht es nicht aus, dass die Vollstreckung irgendwann zum Erfolg führt. Die Behörde hat vielmehr auch den eigenen Aufwand, die Kostenintensität und - wegen des Prinzips der Gleichmäßigkeit der Besteuerung - die zügige Beitreibung der Steuerforderung zu berücksichtigen (vgl. Wiggen, DStZ 99, 744, 745). Im Unterschied zur Sachpfändung durch Vollziehungsbeamte ist die Pfändung in ein Bankkonto als effiziente und wenig zeitaufwendige Vollstreckungsmaßnahme anzusehen (vgl. Kowalewsky, NWB Fach 2, 5.889). Anders wäre dies nur dann, wenn feststünde, dass auch mit dieser Pfändung keine Zahlung zu erlangen ist, z. B. weil die Kontenverbindung gar nicht mehr besteht oder weil die Erfolglosigkeit von früheren ergebnislosen Pfändungen her bekannt ist. Dafür bestehen im Streitfall keine Anhaltspunkte, der Beklagte konnte den gepfändeten Betrag einziehen.
Die Pfändungsmaßnahme war aus Sicht des Beklagten auch erforderlich, da die Klägerin die zugesagte Bezahlung der Steuerschuld zunächst nicht eingehalten hat. Zwar ist zwischen den Beteiligten streitig, ob die Vollstreckungsstelle in die Bezahlung mit einem vordatierten Scheck einwilligte, doch geht aus dem Aktenvermerk vom 22. 2. 1999 hervor, dass der Beklagte davon ausging, die Klägerin würde die Zahlung sofort leisten. Dafür spricht auch, dass der Beklagte den bereits erteilten Vollstreckungsauftrag von dem Vollziehungsbeamten zurückforderte. Das dritte Merkmal des Übermaßverbotes (Zumutbarkeit) entspricht dem bereits genannten Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs, der von der Vollstreckungsstelle verlangt, dass bei der Wahl zwischen mehreren Mitteln das für den Vollstreckungsschuldner am wenigsten lästige Mittel zu wählen ist (vgl. Tipke / Kruse aaO, Rz. 16 zu § 249 AO). Entgegen einer insoweit zumeist nicht weiter begründeten Auffassung (vgl. z. B. FG Brandenburg - Beschlüsse vom 5. August 1998.1 V 1658/98, EFG 1998, 1451 und vom 19. Oktober 1998.1 V 2160/98, EFG 1999, 62) stellt die Sachpfändung unter Einsatz eines Vollziehungsbeamten gegenüber einer Kontenpfändung - auch soweit es sich um ein betriebliches Konto handelt - nicht stets das mildere Mittel dar (vgl. Wiggen, a. a. O., S. 746). Ein entsprechendes Stufenverhältnis lässt sich nicht feststellen. Im Gegenteil weisen bereits die gesetzlichen Schutzvorschriften z. B. des Art. 13 GG und der §§ 287 Abs. 1-4 und 288, 289 AO darauf hin, dass die Vollstreckung in Wohn- oder Geschäftsräumen des Schuldners als schwerwiegender Eingriff angesehen wird. Ohne Einwilligung des Schuldners ist eine Vollstreckung hier nur nach richterlicher Anordnung zulässig. Vergleichbare Schutzbestimmungen hält der Gesetzgeber bei einer Kontenpfändung dagegen nicht für notwendig. Welche Vollstreckungsart zu größerem Aufsehen bei Gläubigern, Kunden oder Arbeitnehmern führt, lässt sich nicht generell beantworten. Jedenfalls sind Pfändungsmaßnahmen in aller Öffentlichkeit in den Geschäftsräumen eines Schuldners aber nicht von vornherein weniger belastend als eine Kontenpfändung. Die Klägerin unterstellt in ihrer Argumentation stets ihre Zahlungsbereitschaft. Insoweit wäre die unmittelbare Zahlung an einen Vollziehungsbeamten u. U. tatsächlich „geräuschloser” als eine Pfändung des Geschäftskontos. Von einer Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit des Schuldners kann die Behörde bei Auswahl ihres Vollstreckungsmittels aber gerade nicht mehr ausgehen, warum befände man sich sonst im Vollstreckungsverfahren? Kann die Behörde einen - auch ggf. bereits angekündigten - Zahlungseingang nicht feststellen, muss und darf sie davon ausgehen, dass eine Geldforderung, jedenfalls wenn es sich um einen nicht ganz geringfügigen Betrag handelt, nicht auf bloßes Erscheinen eines Vollziehungsbeamten hin, beglichen wird.
Der Beklagte hat dem Rechnung getragen und dargelegt, bei der Wahl der in Betracht kommenden Vollstreckungsmaßnahme die persönlichen Verhältnisse des Vollstreckungsschuldners bedacht zu haben. Neben der Pfändung in eine Geldforderung (Bankkonto, § 309 AO) sei auch die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen der Klägerin in Betracht gekommen. Gerade bei einem Reisebüro zeigten die bisherigen Erfahrungen, dass der Besuch eines Vollziehungsbeamten zu einer Rufschädigung führen könne. Dagegen könne eine Kontopfändung relativ „geräuschlos” erfolgen. Diese Überlegungen sind nachvollziehbar und tragen den Besonderheiten des Geschäftsverkehrs der Klägerin Rechnung. Sie enthalten zwar noch nicht die naheliegende Überlegung, dass die Vollstreckung in ein Geschäftskonto die Kreditwürdigkeit einschränken und den Abbruch von Geschäftsbeziehungen zur Folge haben kann. Eine derartige Reaktion der Bank wird aber nur in Fällen zu beobachten sein, in denen diese aufgrund weiterer Umstände ihre eigenen Forderungen gefährdet sieht und etwa weitere Sicherungsmöglichkeiten des Schuldners nicht zur Verfügung stehen (vgl. Bruschke, BB 1999, 2167, 2169).
Allein wegen der Möglichkeit negativer Folgen für Bank- und Geschäftsverbindungen kann es den Vollstreckungsbehörden aber nicht verwehrt werden, auf die Möglichkeit einer Kontopfändung im Regelfall zu verzichten und sich auf die teurere und umständliche Sachpfändung zu beschränken. Dabei ist zu bedenken, dass es sich insoweit nicht etwa um eine völlig überraschende Maßnahme der Vollstreckungsstellen handelt. Der Steuerpflichtige kennt vielmehr durch die bestandskräftig gewordenen Steuerbescheide bzw. die von ihm selbst abgegebenen Steueranmeldungen seine Zahlungspflicht. Er wird hieran regelmäßig durch eine maschinell erstellte Mahnung erinnert, in der auch darauf hingewiesen wird, dass die Pfändung bestehender Bankkonten geprüft wird. Der Steuerpflichtige kann daher durch rechtzeitige Zahlung oder aber durch den Versuch eines Vollstreckungsaufschubes oder einer Stundung der von ihm als einschneidend empfundenen Vollstreckungsmaßnahme zuvorkommen (vgl. Bruschke, BB 1999, 2167, 2169). Im Streitfall kommt es deshalb auch nicht darauf an, ob und welche Mahnungen, die nach Aktenlage für die rückständigen Steuerbeträge automatisch versandt wurden, die Klägerin tatsächlich erhalten hat. Die Tatsache, dass sie sich bei der Vollstreckungsstelle des Beklagten nach rückständigen Steuern erkundigte, zeigt, dass sie von Rückständen ausging und lediglich deren genaue Höhe nicht wusste. Anlässlich des Telefonates des Ehemannes ihrer Geschäftsführerin erfuhr die Klägerin auch von den Steuerforderungen, so dass sie sich somit auf eine drohende Vollstreckung einrichten konnte.
Schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob die Vollstreckungsstelle des Beklagten in die angekündigte Vorgehensweise der Klägerin (Zahlung mit vordatiertem Scheck) einwilligte oder diese doch widerspruchslos zur Kenntnis nahm. Selbst wenn dies so gewesen sein sollte, musste sie nicht damit rechnen, dass der Scheck nach dem Telefonat am 22. 2. 1999 erst knapp drei Wochen später, nämlich am 11. 3. 1999 bei der Steuerkasse eingereicht wurde und eine Scheckvorlage erst weitere zehn Tage später erfolgen sollte. Nach dem Aktenvermerk vom 22. 2. 1999 ging der Sachbearbeiter vielmehr von einer sofortigen Zahlung aus. Auch wenn von einer Vordatierung des Schecks Kenntnis bestanden haben sollte, konnte die Vollstreckungsstelle es dabei bewenden lassen, am 15. 3. 1999 noch einmal einen eventuellen Zahlungseingang zu überprüfen und war nicht gehalten, weitere Nachforschungen anzustellen.
Ein Ermessensfehler des Beklagten liegt somit nicht vor.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.