08.01.2010
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 26.06.2002 – 5 K 2483/00 U
1. Eine dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegende Pensionspferdehaltung setzt eine einheitliche entgeltliche Leistung in Gestalt der Unterbringung, Fütterung und Pflege voraus. Die vertragliche Ausklammerung bestimmter Pflegeleistungen steht der Vergleichbarkeit mit einer landwirtschaftlichen Viehhaltung entgegen.
2. Ist Gegenstand des formularmäßigen Leistungsangebots auch die Nutzung von Reitsportanlagen durch die Pferdeeigentümer, so ist diese nicht aufteilbare Gesamtleistung bereits deshalb dem Regelsteuersatz zu unterwerfen, weil die Überlassung von Reitsportanlagen einerseits den Rahmen der Pensionsviehhaltung überschreitet und andererseits aufgrund ihres eigenen Zwecks und wirtschaftlichen Gewichts nicht als unselbständige Nebenleistung beurteilt werden kann (a.A. OFD Hannover, Vfg. vom 26.01.2000 S 7233 - 9 - StH 531).
Tatbestand
Der Kläger betreibt eine Pferdepension und einen Reitstall in der Rechtsform…. Im Rahmen des von ihm betriebenen Unternehmens schloss er mit Pferdeeigentümern in den Streitjahren 1994 - 1997 formularmäßige Pferdeeinstellungsverträge ab, nach denen er sich gemäß § 1 der Verträge zu folgenden Leistungen zu einem Preis von mtl. 540,- DM (brutto) verpflichtete:
- Vermietung einer Einstellbox in dem Stallgebäude des Betriebes
- Gestattung des Betriebs der Reitanlage
- Lieferung von Einstreu, Kraftfutter und Heu
- Misten der Box
Gemäß § 5 der Einstellverträge verpflichtete sich der Kläger gegenüber den Pferdeeigentümern, das eingestellte Pferd mit der Sorgfalt eines gewissenhaften Pflegers zu füttern, zu versorgen und Krankheiten und besondere Vorkommnisse dem Einsteller unverzüglich zu melden.
Der Kläger durfte außerdem nach § 7 des Vertrages für Rechnung des Einstellers einen Hufschmied mit dem Beschlagen der Pferde beauftragen oder in dringenden Fällen einen Tierarzt bestellen. In nicht dringenden Fällen hatte er hierfür die Zustimmung des Eigentümers einzuholen.
Nach Darstellung des Klägers im Rahmen einer im Jahr 1999 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung betreffend die Streitjahre (Prüfungsbericht vom 1.12.1999) oblag die tägliche Bewegung und das tägliche Striegeln und Putzen der Pferde im wesentlichen den Eigentümern, gelegentlich und bei Bedarf habe jedoch auch der Kläger diese Aufgaben übernommen.
Der Kläger unterwarf die aufgrund der Pferdeeinstellungsverträge erzielten Umsätze als Umsätze in dem Bereich der Viehhaltung in seinen Umsatzsteuererklärungen - denen das Finanzamt zunächst zustimmte - dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs.2 Nr.3 Umsatzsteuergesetz - UStG -.
Die Umsatzsteuersonderprüfung gelangte aufgrund des Inhalts der Einstellungsverträge zu der Auffassung, dass die Umsätze des Klägers dem Regelsteuersatz des § 12 Abs.1 UStG zu unterwerfen seien, da die von der Finanzverwaltung und von der Literatur entwickelten Voraussetzungen für eine steuerermäßigte Pensionspferdehaltung vom Kläger nicht erfüllt würden. Zu den Voraussetzungen gehöre neben der Unterbringung und Fütterung der Tiere hiernach auch die Pflege der Pferde. Dies - also das tägliche Striegeln, Putzen und Bewegen der Tiere - werde aber nach den Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung hauptsächlich von den Eigentümern selbst und nicht vom Kläger übernommen.
Im Anschluss an die Umsatzsteuer-Sonderprüfung änderte das Finanzamt die zunächst erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheide 1994 bis 1997 durch Bescheide vom 29.12.1999, in denen es die Umsätze des Klägers aufgrund der Pferdeeinstellungsverträge dem Regelsteuersatz unterwarf.
Der hiergegen vom Kläger eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 17.3.2000).
Seine hiergegen am 18.4.2000 erhobene Klage begründet der Kläger damit, dass die von ihm aufgrund der Einstellungsverträge gegenüber den Pferdeeigentümern erbrachten Leistungen alle Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung i.S. des § 12 Abs.2 Nr.3 UStG erfüllten. Insbesondere habe der Kläger bereits im Vorverfahren nachgewiesen, dass auch die Pflege der Tiere - so, wie dieser Begriff von der Finanzverwaltung verstanden werde - vom Kläger im Bedarfsfalle sichergestellt werde. Dem Finanzamt habe der Kläger in diesem Zusammenhang eine Vielzahl von Bestätigungen der Pferdeeinsteller vorgelegt, wonach die Tiere auf Wunsch und bei Bedarf der Eigentümer auf die Weide des Klägers gelassen oder von freiwilligen Helfern longiert und nach Rückführung in die Box gesäubert worden seien. Diese Tätigkeiten seien im Rahmen der Vereinsarbeit sowohl vertretungsweise durch andere Pferdeeigentümer als auch durch die im Verein tätige Jugend ausgeführt worden.
Zur weiteren Begründung seiner Auffassung verweist der Kläger auf eine Verfügung der OFD Hannover vom 26.1.2000 (S-7233-9-StH 531/S-7233-6-StO 353), wonach zur „Pflege” der Tiere das Bewegen der Pferde ohne Beritt, die Gewährleistung des Gesundheitszustandes der Tiere, die Reinigung der Tiere und der Boxen sowie das Ausmisten und Einstreuen des Einstellplatzes zähle. Alle diese Leistungen habe der Kläger gegenüber den Pferdeeigentümern erbracht.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteueränderungsbescheide 1994 bis 1997 vom 29.12.1999 und die Einspruchsentscheidung vom 17.3.2000 aufzuheben,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt hält an seiner Auffassung fest, wonach die Leistungen des Klägers aufgrund der mit den Pferdeeigentümern abgeschlossenen Einstellverträge nicht als steuerbegünstigte Viehhaltung i.S. des § 12 Abs.2 Nr.3 UStG angesehen werden könne. Zu Pflegeleistungen, wie sie in der von dem Kläger angeführten Verfügung der OFD Hannover gefordert würden, sei der Kläger nach dem von ihm abgeschlossenen Verträgen nicht grundsätzlich verpflichtet gewesen. Insbesondere habe hiernach keine Verpflichtung bestanden, die eingestellten Pferden auf die Weide zu lassen oder den Tieren anderweitig Bewegung zu verschaffen und diese zu säubern. Üblicherweise seien diese Pflegearbeiten von den Pferdeeigentümern selbst durchgeführt worden.
Gründe
Die zulässige Klage gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide 1994 bis 1997 ist unbegründet, da das Finanzamt hierin zu Recht die Umsätze des Klägers, die dieser gegenüber den Pferdeeigentümern aufgrund der Einstellungsverträge erbracht hat, als sonstige Leistungen dem Regelsteuersatz gemäß § 12 Abs.1 UStG unterworfen hat.
Die Leistungen des Klägers, die er im Rahmen seiner Pensionspferdehaltung erbringt, unterliegen nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG.
Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG beträgt der Steuersatz für die Aufzucht und das Halten von Vieh 7 vom Hundert. Unter Vieh sind solche Tiere zu verstehen, die als landwirtschaftliche Nutztiere in Nr. 1 der Anlage des UStG aufgeführt sind. Hierunter fallen auch Reit- und Rennpferde (Schumann in: Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Kommentar zum UStG, Stand: Oktober 1998, § 12 Abs. 2 Nr. 3 Rdz. 2), wie sie vom Kläger untergestellt werden.
Das Tatbestandsmerkmal „Halten von Vieh” ist nicht legaldefiniert. Nach allgemeiner Auffassung wird von diesem Merkmal die Betreuung von Tieren, die anderen Personen gehören, erfasst. Danach ist der Leistungstatbestand dann verwirklicht, wenn die Tiere dem Unternehmer in Obhut gegeben werden. Typische Tatbestände dieser Vorschrift sind die Pensionsviehhaltung in Form der Sommergräsung und der Winterpflege sowie das Halten von Kühen in Abmelkstellen (Schumann in: Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, a.a.O., § 12 Abs. 2 Nr. 3 Rdz. 4).
1. Eine begünstigte Pensionsviehhaltung in Form der Unterbringung und Betreuung von Reitpferden in Reitställen ist dann gegeben, wenn eine einheitliche Leistung, bestehend aus der Unterbringung der Tiere in Boxenstellplätzen unter gleichzeitiger Übernahme der Fütterung und Pflege erbracht wird. Die Steuerermäßigung setzt voraus, dass eine einheitliche Leistung vorliegt, welche alle drei vorgezeichneten Leistungselemente enthält.
Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass die Unterbringung der Pensionspferde und deren regelmäßige Fütterung vom Kläger aufgrund der mit den Pferdebesitzern abgeschlossenen Pferdeeinstellungsverträge gewährleistet wurden.
Der Kläger hat jedoch die für die Anerkennung einer begünstigten Pensionsviehhaltung erforderlichen Pflegeleistungen in Bezug auf die angenommenen Pensionspferde nicht in ausreichendem Maße erbracht.
Nach der vom Kläger angeführten Verfügung der OFD Hannover vom 26.1.2000 (S-7233-9-StH 531/S-7233-6-StO 353), aber auch nach den Kommentierungen zum UStG (u.a. Birkenfeld, USt.-Handbuch, Bd.II., Abschn.IV, Rz.66; Schumann in: Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, a.a.O., § 12 Abs. 2 Nr. 3 Rdz. 4.1; Waza in: Offerhaus/ Söhn/Lange, Kommentar zum UStG, Stand: Februar 2001, § 12 Abs. 2 Nr. 3 Rdz. 14) gehören zum Merkmal der „Pflege” das Bewegen der Pferde, die Gewährleistung des Gesundheitszustandes der Tiere, die Reinigung der Tiere und der Boxen sowie das Ausmisten und Einstreuen des Einstellplatzes.
Der Senat stimmt der Auffassung der Verwaltung, wie sie in der Verfügung der OFD Hannover vom 26.1.2000 (a.a.O.) zum Ausdruck kommt, zu, wonach die ständige Leistungsbereitschaft des Unternehmers gegeben sein muss, sämtliche der genannten Pflegeleistungen jederzeit auch ohne Aufforderung durch den Tierbesitzer zu erfüllen.
Für diese strengen Anforderungen an die Erfüllung des Merkmals der „Betreuung fremder Tiere” im Rahmen der Pensionspferdehaltung, wonach der Pferdepensionsbetreiber verpflichtet sein muss, sämtliche für die artgerechte Haltung der jeweiligen Pferde notwendigen Pflegeleistungen zu erbringen, spricht nach Auffassung des Senats die erst dann gegebene Vergleichbarkeit mit den typischen landwirtschaftlichen Tatbeständen der Betreuung fremder Tiere i.S.d. § 12 Abs.2 Nr.3 UStG. Hierzu zählen insbesondere die Pensionsviehhaltung in Form der Sommergräsung und der Winterpflege sowie das Halten von Kühen in Abmelkstellen (Schumann in: Rau/Dürrwächter/ Flick/Geist, a.a.O., § 12 Abs. 2 Nr. 3 Rdz. 4), bei denen die Eigentümer der Tiere regelmäßig keine weiteren Betreuungsleistungen neben den Leistungen des Pensionsviehhalters mehr erbringen müssen. Pferdepensionen, bei denen demgegenüber die Eigentümer die für die Gesundheit der Pferde notwendige Bewegung und die tägliche Körperpflege der Tiere (insbesondere das Striegeln und Putzen) selbst übernehmen, entsprechen hingegen nicht diesem üblichen landwirtschaftlichen Leistungsangebot. Die Übereinstimmung des Leistungsumfanges eines Pferdepensionsbetreibers mit den Leistungen typischer landwirtschaftlicher Pensionsviehhaltungsbetriebe dürfte auch dem Normzweck des § 12 Abs.2 Nr.3 UStG entsprechen. Nur solche Unternehmer, die Lieferungen und sonstige Leistungen anbieten, die üblicherweise zum landwirtschaftlichen Leistungsangebot gehören, sollten im Wettbewerb zu den Landwirten nicht benachteiligt werden (vgl. Schumann in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist UStG, § 12 Abs.2 Nr.3, Anm.1).
Im übrigen verweist der Senat auf die Rechtsprechung des BFH und des Europäischen Gerichtshofes - EuGH - , wonach für eine ausdehnende Auslegung des Gesetzeswortlautes oder eine analoge Anwendung umsatzsteuerrechtlicher Begünstigungsvorschriften auf andere, im Gesetz nicht genannte Tatbestände zur Vermeidung einer Wettbewerbsverzerrung grundsätzlich kein Raum ist (vgl. die Urteile des BFH vom 16. 7. 1970 V R 138/69, BStBl II 1970, 709; vom 4. 2. 1971 V R 86/70, BStBl II 1971, 430 und vom 29. 8. 1974 V R 90/70, BStBl II 1975, 29; Urteile des EuGH vom 15. 6. 1989 - Rs 348/87, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 1991, 28 und vom 18.1.2001, Rs C-83/99, UR 2001, 210).
Unstreitig erbrachte der Kläger zwar diverse Leistungen, die nach allgemeiner Auffassung dem Merkmal der „Pflege” zuzuordnen sind. So war er nach § 1 der von ihm abgeschlossenen Verträge zum Einstreuen der vermieteten Stellplätze und zum Ausmisten der Boxen verpflichtet. Pflichten zur Gewährleistung des Gesundheitszustandes der Tiere ergaben sich für den Kläger desweiteren aufgrund der in § 5 des Vertrages normierten Sorgfaltspflichten und aus § 7, wonach der Kläger im Bedarfsfalle berechtigt war, im Namen des Einstellers einen Tierarzt herbeizurufen oder einen Hufschmied zu beauftragen.
Streitig ist jedoch zwischen den Beteiligten, inwieweit der Kläger auch Pflegeleistungen in Form des Bewegens der Pensionspferde und des Reinigens der Tiere erbracht hat. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, nach Absprache und bei Bedarf seien derartige Tätigkeiten von freiwilligen Helfern, insbesondere anderen Pferdeeigentümern und den im Verein tätigen Jugendlichen im Rahmen der Vereinsarbeit wahrgenommen worden. Auch wenn dieser Vortrag wohl die Annahme rechtfertigt, dass auch bei Verhinderung des jeweiligen Eigentümers die notwendige Bewegung der beim Kläger untergebrachten Tiere und deren Säuberung sichergestellt waren, so ergibt sich doch aus dem Inhalt der Einstellungsverträge und den hierin aufgeführten, vom Kläger zu erbringenden Leistungen, dass er zu diesen Pflegeleistungen nicht vertraglich gegenüber den Pferdebesitzern verpflichtet war und dass die Eigentümer hierfür auch kein Entgelt an den Kläger zu entrichten hatten. Denn nach den abgeschlossenen Verträgen war der Kläger weder dazu verpflichtet, den Pensionspferden Auslauf zu verschaffen noch, diese zu reinigen. Der Sachvortrag des Klägers weist bezüglich dieser Pflegeleistungen darauf hin, dass diese Arbeiten im Rahmen des Vereinslebens lediglich vertretungsweise von anderen Pferdebesitzern im Bedarfsfalle übernommen wurden bzw. dass die jugendlichen Vereinsmitglieder diese Arbeiten ohne gesonderte Bezahlung und außerhalb einer bestehenden vertraglichen Verpflichtung des Klägers gegenüber den Pferdeeinstellern gefälligkeitshalber ausführten.
Eine sich aus den abgeschlossenen Pferdeeinstellungsverträgen ergebende ständige Verpflichtung des Klägers zur Erbringung sämtlicher zur artgerechten Haltung der Pferde notwendigen Pflegeleistungen bestand somit nicht, so dass schon aus diesem Grund nach Auffassung des Senats eine Steuerermäßigung i.S. von § 12 Abs.2 Nr.3 UStG bezüglich des Pferdepensionsbetriebes des Klägers nicht in Betracht kommt.
2. Unabhängig von der Frage des für die Steuerermäßigung i.S. des § 12 Abs.2 Nr.3 UStG notwendigen Umfangs der zu erbringenden Pflegeleistungen kann der Kläger diese Ermäßigungsvorschrift jedoch auch deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil zusätzlich zu der Unterbringung, der Fütterung und der ihrem Umfang nach streitbefangenen Pflege der Tiere unstreitig auch die Nutzung der vom Kläger unterhaltenen Reitsportanlagen Gegenstand des Leistungsangebotes des Klägers und Inhalt der jeweils mit den Pferdeeigentümern abgeschlossenen Einstellungsverträge war. Durch das Recht, zu einem einheitlichen Pensionspreis alle angebotenen Leistungen und Einrichtungen des Klägers in ihrer Gesamtheit zu nutzen, liegt eine einheitliche, nicht aufteilbare Leistung vor, die den Rahmen des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG überschreitet und daher als sonstige Leistung dem Regelsteuersatz gemäß § 12 Abs.1 UStG zu unterwerfen ist.
Der Senat folgt insoweit nicht der Auffassung der Verwaltung, wie sie von der OFD Hannover in der vom Kläger angeführten Verfügung vom 26.1.2000 (S-7233-9-StH 531/S-7233-6-StO 353) vertreten wird. Hiernach soll es sich bei der zusätzlich zu der Pensionspferdehaltung dem Pferdeeigentümer vertraglich eingeräumten Nutzungsmöglichkeit der Reitanlagen lediglich um eine unselbständige Nebenleistung zu den Unterbringungs- und Betreuungsleistungen handeln. Demgegenüber ist das Gericht der Ansicht, dass die vom Kläger in § 1 der Pferdeeinstellungsverträge erbrachten Leistungen insgesamt als im wesentlichen gleichrangige Bestandteile einer nicht steuerbegünstigten einheitlichen sonstigen Leistung, nämlich der Ermöglichung der Ausübung des Reitsports, anzusehen sind.
Die Annahme einer unselbständigen Nebenleistung, die das rechtliche Schicksal der Hauptleistung, insbesondere deren Steuersatz, teilt, setzt nach der Rechtsprechung des BFH voraus, dass sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng zusammenhängt, die Hauptleistung wirtschaftlich ergänzt, verbessert oder abrundet und üblicherweise mit der Hauptleistung („in ihrem Gefolge”) vorkommt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile des BFH vom 29. 4.1999, V R 72/98, BFH/NV 1999, 1523, vom 14.5.1998 V R 85/97, BFHE 186, 151, BStBl II 1999, 145 - Abgabe von Speisen und Getränken in einem Kabarett - und vom 1.8.1996, V R 58/94 in BFHE 181, 208, BStBl II 1997, 160 - Pauschalreise auf Kabinenschiffen, jeweils m.w.N.).
Eine Nebenleistung liegt danach vor, wenn die Leistung für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern nur ein Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Unternehmers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, und wenn die Leistung keinen oder nur einen geringen Anteil an der Gegenleistung hat (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Urteile vom 25. Februar 1999 Rs. C-349/96 - Card Protection Plan Ltd., Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1999, 157 Rdnr. 30; vom 22. Oktober 1998 Rs. C-308/96 und C-94/97 - Madgett und Baldwin, Umsatzsteuer-Rundschau 1999, 38 Rdnr. 24).
Bei der Zurverfügungstellung der Reitanlagen handelte es sich hiernach deshalb nicht um eine - im Verhältnis zu den übrigen vom Kläger den Pferdeeigentümern vertraglich zugesicherten Leistungen - steuerlich unselbständige Nebenleistung, weil diese Leistung des Klägers im Vergleich insbesondere zu den Unterbringungs- und Fütterungsleistungen des Klägers nicht nebensächlich war und außerdem aus Sicht der Leistungsempfänger auch einen eigenen Zweck - nämlich die Möglichkeit der Ausübung des Reitsports - erfüllte. Nebensächlich im Verhältnis zu den übrigen Leistungen war die Benutzung der vom Kläger bereitgehaltenen Reitanlagen nicht, weil dieser Leistung sowohl aus Sicht des Klägers als auch aus Sicht der Nutzer ein eigenes wirtschaftliches Gewicht (vgl. Urteil des BFH vom 18.5.1994, XI R 107/92, BFH/NV 1994, 913) zukam. Den Pferdeeigentümern kam es als Reitern nicht nur darauf an, durch den Abschluss der Pferdeeinstellungsverträge die artgerechte Unterbringung und Fütterung ihrer Tiere sicherzustellen. Vielmehr ist bei lebensnaher Betrachtung aus Sicht der Reiter davon auszugehen, dass wesentlich für den Abschluss der Pferdeeinstellungsverträge auch die hiermit einhergehende Möglichkeit der Nutzung der vom Kläger unterhaltenen Reitanlagen war. Denn die Ausübung des Reitsports dürfte für die Pferdeeigentümer der maßgebliche Zweck der Anschaffung und Unterhaltung der Pferde gewesen sein. Auch aus Sicht des Klägers ist der Bereitstellung und Unterhaltung der zu seinem Unternehmen gehörenden Reitanlagen schon allein wegen der hiermit verbundenen zusätzlichen Kosten ein eigenständiges wirtschaftliches Gewicht neben der Unterbringung und Fütterung der Pensionspferde beizumessen, wobei naheliegend ist, dass auch die vom Kläger für den Bau und die Unterhaltung der Reitanlage aufzubringenden Kosten Einfluss hatten auf seine Kalkulation hinsichtlich der Höhe des von den Pferdeeigentümern aufgrund der Pferdeeinstellungsverträge zu zahlenden Betrages in Höhe von monatlich 540,- DM (brutto).
Umsatzsteuerlich bildet die Einräumung der Nutzung der Reitanlage zusammen mit den übrigen Leistungen, zu denen sich der Kläger gegenüber den Pferdeeigentümern verpflichtete, eine einheitliche sonstige Leistung.
Eine einheitliche Leistung ist dann anzunehmen, wenn deren einzelne Faktoren so ineinander greifen, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise hinter dem ganzen zurücktreten. Im Gegensatz dazu lässt sich ein auf einem Gesamtvertrag beruhendes Leistungsverhältnis umsatzsteuerrechtlich aufteilen, wenn hierin mehrere, ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach selbstständige und voneinander unabhängige Einzelleistungen zusammengefasst sind. Eine einheitliche, nicht aufteilbare Leistung kann danach nicht schon auf Grund der Erwägung bejaht werden, dass sie auf einem einheitlichen Vertrag beruht und gegen ein einheitliches Entgelt erfolgt. Entscheidend ist vielmehr der wirtschaftliche Gehalt der erbrachten Leistungen (BFH, Urteil vom 08.09.1994, V R 88/92, BStBl 1994, 959 und Urteil vom 28.09.2000 - V R 14/99 - BStBl. II 2001, 78).
Der wirtschaftliche Gehalt der Leistungen des Klägers an die Eigentümer der Pferde bestand in der Unterbringung, der Fütterung und der Betreuung der Pferde in dem als unstreitig beschriebenen Umfang sowie in der Bereitstellung der Reitsportanlagen zur Nutzung durch die Eigentümer der Pferde. Dabei verlangte der Kläger einen einheitlichen monatlichen Pensionspreis als Entgelt für die Eröffnung der Möglichkeit, auch die vorhandenen Reitsportanlagen in Anspruch zu nehmen. Insoweit war kein zusätzliches Nutzungsentgelt zu leisten. Die Eröffnung der Nutzungsmöglichkeiten der Reitsportanlagen neben der Unterbringung, Fütterung und des entsprechend beschriebenen Versorgens der fremden Tiere diente offensichtlich dazu, interessierte Pferdebesitzer „rundherum” mit einem Angebot zu versorgen, das die Ausübung des Reitsports mit dem eigenem Pferd ermöglichte.
Mit dem Abschluss des vom Kläger verwendeten formularmäßigen Pferdeeinstellungsvertrag erwarb der Pferdeeigentümer zu einem monatlichen Festpreis das Recht, dieses Angebot in seiner Gesamtheit in Anspruch zu nehmen. In der Bereitstellung der unmittelbaren Versorgung des Pferdes und der Reitsportanlagen bestand der Umsatz des Klägers. Dabei war es für die Preisgestaltung unerheblich, ob und in welchem Umfang der Eigentümer der Pferde die ihm zur Verfügung gestellten Einrichtungen auch tatsächlich in Anspruch nahm. Dies lag im Belieben des jeweiligen Pferdebesitzers und entzog sich im Übrigen weitgehend der Kontrolle des Klägers.
Danach greifen - abgestellt auf den wirtschaftlichen Gehalt der Leistungen - die einzelnen Bestandteile des Leistungsangebots des Klägers dergestalt ineinander, dass sie bei ganzheitlicher Betrachtung eine einheitliche Leistung ergeben. Für die Aufteilung dieses Leistungsangebots in Einzelleistungen bleibt kein Raum.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Ziffer 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil zu den hier streitigen Fragen des Vorliegens steuerermäßigter Leistungen i.S. des § 12 Abs.2 Nr.3 UStG im Rahmen eines Pferdepensions- und Reitsportbetriebes bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist.