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  • 28.11.2025 · IWW-Abrufnummer 251404

    Finanzgericht Münster: Beschluss vom 29.09.2025 – 1 V 1595/25 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Münster, Beschluss vom 29.09.2025, Az. 1 V 1595/25 E

    Tenor:

    Die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2021, sämtlich vom 29.07.2024, werden insoweit ab Fälligkeit bis einen Monat nach Entscheidung über die Einsprüche oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung ausgesetzt, als bei der Festsetzung verdeckte Gewinnausschüttungen aus der Beteiligung an der A Straße … GmbH als Kapitaleinkünfte berücksichtigt wurden.

    Die Berechnung der auszusetzenden Beträge wird dem Antragsgegner auferlegt.

    Die Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

     
    Gründe:
    1
    I.

    2
    Streitig ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, ob dem Antragsteller verdeckte Gewinnausschüttungen aus einer GmbH-Beteiligung als Kapitaleinkünfte zuzurechnen sind. Der Antragsteller war jeweils zu 50 % an der A Straße … GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts D unter HRB xxxx eingetragen (im folgenden A-GmbH) sowie an der TN GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts H unter HRB yyyy, (im folgenden TN-GmbH) beteiligt.

    3
    Während der Streitjahre war der Antragsteller alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer dieser Gesellschaften. Mit notariellem Vertrag vom 12.12.2023 veräußerte der Antragsteller seine Anteile an seinen Bruder, O C , der bereits die anderen 50% der Anteile hielt, und wurde zugleich mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen.

    4
    Gegenstand der A-GmbH und der TN-GmbH ist bzw. war der Betrieb von Spielhallen. Über das Vermögen der A-GmbH wurde mit Beschluss vom 00.12.2024 ein Insolvenzverfahren eröffnet. Laut Handelsregistereintragung vom 00.12.2024 ist die Gesellschaft aufgelöst.

    5
    Seit dem Jahr 2021 ist ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller sowie die A-GmbH und die TN-GmbH anhängig. Im Rahmen der Prüfung gelangte die Steuerfahndung F (heute Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität Nordrhein-Westfalen - LBF NRW Abteilung … im folgenden LBF) zu der Auffassung, dass bei den geprüften Gesellschaften Hinzuschätzungen vorzunehmen seien, die als verdeckte Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter zu behandeln seien.

    6
    Die Steuerfahndungsprüfung wurde mit Bericht vom 09.10.2023 und die bei der A-GmbH durch das Finanzamt D durchgeführte Amtsbetriebsprüfung mit Bericht vom 27.11.2023 abgeschlossen. Die Berichte wurden dem Gericht seitens des Antragsgegners trotz Nachfrage nicht vorgelegt.

    7
    Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen erließ der Antragsgegner unter dem 29.07.2021 für die Jahre 2015 bis 2021 geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen er entsprechend der Prüfungsfeststellungen beim Antragssteller verdeckte Gewinnausschüttungen als Kapitalerträge ansetzte und gemäß § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Abgeltungssteuer unterwarf.

    8
    Die Antragsteller legten gegen diese Bescheide am 29.08.2024 Einspruch ein, über die noch nicht entschieden wurde. Gleichzeitig beantragten sie die Aussetzung der Vollziehung. Mit Bescheid vom 13.09.2024 setzte der Antragsgegner die Bescheide insoweit von der Vollziehung aus, als die Kapitalerträge aus den verdeckten Gewinnausschüttungen der TN-GmbH stammten. Im Übrigen lehnte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung mit Bescheid vom 20.02.2025 ab.

    9
    Mit ihrem Antrag vom 11.07.2025 begehren die Antragsteller die vollständige Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2021 ohne Sicherheitsleistung.

    10
    Zur Begründung tragen sie vor, das Betriebsstättenfinanzamt der A-GmbH habe die auf der Grundlage der Steuerfahndung und Betriebsprüfung gegenüber der A-GmbH erlassenen Änderungsbescheide ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung ausgesetzt. Aus diesem Grund seien auch die Einkommensteuerbescheide hinsichtlich der angesetzten verdeckten Gewinnausschüttungen, soweit bisher nicht geschehen, auszusetzen.

    11
    Zur weiteren Begründung fügt der Prozessvertreter der Antragsteller dem Antrag eine unter dem Betreff „A Straße … GmbH“ von ihm verfasste an das Finanzamt D Mitte gerichtete Einspruchsbegründung vom 20.01.2025 bei. Die Einspruchsbegründung besteht aus sich aneinanderreihenden, zum Teil wiederholenden Auszügen aus Schriftsätzen vom 27.05.2024, 02.08.2024, 19.10.2023 sowie 29.07.2024. In welcher Angelegenheit und in welchem Verfahren die zitierten Schriftsätze verfasst wurden, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Inhaltlich wird dort im Wesentlichen eingewandt, die Bescheide (gemeint sein könnten die Bescheide gegenüber der A-GmbH, es wird jedoch auch Bezug auf andere Gesellschaften genommen) seien bereits formell rechtswidrig, da dem Begründungserfordernis gemäß § 121 AO nicht genügt sei. Für den Antragsteller sei völlig unverständlich, auf welcher Basis die Prüfer ihre Schlüsse gezogen hätten. Eine ausformulierte in deutscher Sprache abgefasste Begründung sei bislang nicht vorgelegt worden. Der Prozessvertreter moniert, dass die Hochrechnung für sämtliche Unternehmen der Familie C (die Brüder N C und O C sowie der Vater X C) auf Abweichungen aus dem Monat April 2016, bei 14 von 42 Geräten in der Spielstätte „W“ gründeten. Bei den festgestellten Abweichungen habe es sich um einen Programmfehler gehandelt. Entsprechende Fehler würden regelmäßig durch die Herstellerfirma behoben, ohne dass die Geschäftsführer hierbei anwesend seien. Bei den 14 Geräten handele es sich um lediglich 9 % aller in den Spielstätten aufgestellten Geräten. Bei der Durchsuchung im Jahr 2021 seien keine manipulierten Geldspielgeräte vorgefunden worden. Eine entsprechende Hochrechnung könne bereits deswegen nicht vorgenommen werden, da der Gerätepark aus dem Jahr 2013 nichts mehr mit dem Gerätepark aus dem Jahr 2024 zu tun habe. Zudem habe sich in dem Jahr 2018 die Gesetzeslage geändert, so dass die Spielgeräte ab diesem Zeitpunkt vernetzt werden mussten. Des Weiteren wird eingewandt, die Hinzuschätzungen seien realitätsfern. Die vorgenommenen Hinzuschätzungen von insgesamt xxx Euro in sieben Jahren würden, verteilt auf drei Personen, einen Zufluss freier Mittel von xxx Euro bedeuten. Bei der Durchsuchung seien jedoch keine Luxusgüter, die auf einen aufwändigen Lebensstil hindeuten, vorgefunden worden. Auch sei keine Ansammlung von Immobilien oder vorhandenes Barvermögen festgestellt worden, obwohl die Möglichkeit einer BaFin-Abfrage bestanden habe. Eine Verwendung von xxx Euro im alltäglichen Verbrauch sei schlechterdings nicht möglich.

    12
    Die Antragsteller beantragen,

    13
    die Einkommensteuerbescheide 2015 bis 2021, sämtlich vom 29.07.2024, insoweit ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen, als bei der Festsetzung verdeckte Gewinnausschüttungen aus der A Straße … GmbH berücksichtigt wurden.

    14
    Der Antragsteller beantragt,

    15
    den Antrag abzulehnen,

    16
    hilfsweise im Fall der Aussetzung eine Sicherheitsleistung anzuordnen.

    17
    Zur Begründung trägt er vor, dass sich die Schätzungsbefugnis bereits aufgrund grober Buchführungsmängel ergebe. Neben den sichergestellten elektronischen Auslesedaten der Geldspielgeräte der A-GmbH für den Zeitraum vom 31.08.2020 bis 25.10.2021 seinen keine weiteren Auslesedaten trotz mehrfacher Aufforderung vorgelegt worden. Vielmehr seien lediglich die elektronische Finanzbuchhaltung sowie ausgedruckte Auslesestreifen für die Zeit vor August 2020 vorgelegt worden. Aus der Druckart der Auslesestreifen auf DIN A4-Format sei ersichtlich, dass entsprechende elektronische Auslesedaten vorhanden sein müssen. Ein Ausdruck der Auslesestreifen auf DIN A4 sei bei dem seit 2015 verwendeten System „…“ nur möglich, wenn die ausgelesenen elektronischen Daten auf einem externen Speichermedium gespeichert und im Anschluss ausgedruckt worden sind. Die ursprünglich gespeicherten digitalen Daten hätten aufbewahrt werden müssen. Nur so sei eine Überprüfung der Richtigkeit möglich.

    18
    Der Vortrag der Antragsteller, dass in der Spielhalle der A-GmbH keine Manipulation nachgewiesen wurde, sei falsch. Anhand der ausgedruckten Auslesestreifen sei eine Manipulation in der Spielhalle der A-GmbH in D nachgewiesen worden. Es handele sich um das Gerät mit der Zulassungsnummer xyz und die Bon-Nr. zyx vom 27.04.2016. Der Antragsgegner verweist insoweit auf eine separate PDF-Datei, die jedoch dem Gericht nicht vorgelegt wurde. Der Antragsgegner weist den Einwand der Antragsteller, es handele sich insoweit um einen Programmfehler bzw. einen Fehler im Statistikteil, zurück, da sich der Fehler auf einen Betrag von glatten 1.000,00 € belaufe. Am 27.10.2021 seien durch das LBF unter anderem die Wohnungen von X C, O C und N C inklusive der PC‘s und diverser Speichermedien durchsucht und gesichert worden. Die vom LBF vorgefundenen digitalen Daten auf den PC‘s und den externen Speichermedien seien mit den vorgelegten Papierunterlagen laut Buchführung abgeglichen worden. Hieraus hätten sich die Differenzen ergeben, die eine Manipulation und Einnahmenverkürzung beweisen. Zur Begründung dieses Vortrags verweist der Antragsgegner auf die Textziffer 2.5 des BP-Berichts, der dem Gericht jedoch nicht vorgelegt wurde. Es sei zwar richtig, dass bei der Durchsuchung keine manipulierten Spielgeräte vorgefunden worden seien, die Manipulation habe vielmehr erst später nach dem Datentransfer aus den Geldspielgeräten auf den PC stattgefunden.

    19
    Des Weiteren führt der Antragsgegner an, dass die Hochrechnung nicht allein auf der Feststellung im Monat April 2016 beruhe, sondern allein die im Rahmen der Durchsuchung sichergestellten elektronischen Fiskaldaten der Geldspielgeräte aus der Spielhalle der A-GmbH in dem Zeitraum vom 31.08.2020 bis 25.10.2021 betreffenden Zeitraum zugrunde gelegt worden seien. Für diesen Zeitraum sei ein durchschnittliches monatliches Einspielergebnis von xxx € ermittelt worden. Dieses Ergebnis sei auf das Jahr und die Anzahl der in der Spielhalle vorhandenen Geldspielgeräte hochgerechnet worden. Die Hochrechnung sei damit nicht willkürlich konstruiert, sondern beruhe auf einem internen Betriebsvergleich, bei dem das Ergebnis des Zeitraums, für den digitale Daten sichergestellt werden konnten, auf den Zeitraum, für den keine digitalen Daten vorlagen, hochgerechnet worden sei. Hierzu verweist der Antragsteller auf den ausführlichen Betriebsprüfungsbericht vom 27.10.2023, der jedoch dem Gericht nicht vorgelegt wurde.

    20
    Der Einwand der Antragsteller, ihnen seien die in der Besprechung vom 10.05.2023 besprochenen Auswertungsdaten nicht zur Verfügung gestellt worden, treffe nicht zu. Diese Daten seien den Antragstellern bzw. den Vertretern mehrfach bekannt gegeben worden, so am 05.01.2023 mittels USB-Stick und ebenso im Rahmen der Akteneinsicht. Die entsprechenden Daten wurden dem Gericht nicht zur Verfügung gestellt.

    21
    Zum Schätzungsrahmen trägt der Antragsgegner vor, dass es aufgrund mangelnder Mitwirkungspflicht der Antragsteller bei der Sachverhaltsaufklärung gerechtfertigt sei, sich an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens zu orientieren. Grobe Buchführungsfehler und grobe Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht rechtfertigten grobe Schätzungsmethoden. Bis heute seien die angeforderten digitalen Daten der A-GmbH nicht vorgelegt worden. Darüber hinaus bestünden grobe Mängel hinsichtlich der Kassenführung. Hierzu verweist der Antragsgegner auf Textziffer 2.3 des BP-Berichts, der dem Gericht nicht vorgelegt wurde.

    22
    Für das Streitjahr 2021 komme keine Aussetzung der Vollziehung in Betracht, weil dem Antragsteller für dieses Jahr keine verdeckten Gewinnausschüttungen der A-GmbH zugerechnet worden seien.

    23
    II.

    24
    Der zulässige Antrag ist begründet.

    25
    1. Gem. § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

    26
    Ernstliche Zweifel i.S.d. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen vor, wenn bei der Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Bei der notwendigen Abwägung im Einzelfall sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 23.08.2007 VI B 42/07, BStBl II 2007, 799). Die Aussetzung der Vollziehung setzt jedoch nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Gründe überwiegen. Vielmehr genügt es, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie ein Misserfolg (BFH-Beschluss vom 23.08.2007 VI B 42/07, BStBl II 2007, 799). Dagegen begründet eine vage Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs noch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes (BFH-Beschluss vom 11.06.1968 VI B 94/67, BStBl II 1968, 657).

    27
    Im gerichtlichen Verfahren über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beschränkt sich der Prozessstoff wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere auf die Akten der Behörde und andere präsente Beweismittel. Das Gericht muss den Sachverhalt in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht weiter aufklären (BFH-Beschluss vom 14.02.1989 IV B 33/88, BStBl II 1989, 516)

    28
    Wie im Hauptsacheverfahren gelten auch im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung grundsätzlich die Regeln über die objektive Feststellungslast mit der Folge, dass der Antragsteller entscheidungserhebliche Einwendungen im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten darlegen und gegebenenfalls glaubhaft machen muss (BFH-Beschluss vom 26.8.2004 V B 243/03, BFH/NV 2005, 255). Den Antragsgegner trifft die objektive Feststellungslast für die anspruchsbegründenden Tatsachen.

    29
    2.              Nach gebotener summarischer Prüfung bestehen auf der Grundlage der dem Gericht vorliegenden Unterlagen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.

    30
    Dies folgt entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht bereits daraus, dass die gegenüber der A-GmbH erlassenen Körperschaftsteuerbescheide im Hinblick auf die dort angesetzten verdeckten Gewinnausschüttungen möglicherweise von der Vollziehung ausgesetzt wurden. Zwar ist die Vollziehung eines Folgebescheids auszusetzen, soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 4 FGO). Ein Körperschaftsteuerbescheid stellt jedoch im Hinblick auf eine verdeckte Gewinnausschüttung keinen Grundlagenbescheid für den Einkommensteuerbescheid des Gesellschafters dar (BFH-Urteil vom 18.09.2012 VIII R 9/09, BStBl. II 2013, 149). § 32a Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes stellt lediglich eine formelle Änderungsvorschrift dar, enthält aber keine materielle Bindungswirkung.

    31
    Der Antragsgegner hat die steuerbegründenden Voraussetzungen für den Ansatz der verdeckten Gewinnausschüttungen im Rahmen der ihn treffenden objektiven Feststellungslast allerdings nicht hinreichend schlüssig dargelegt. Dem Gericht wurden durch den Antragsgegner so gut wie keine Unterlagen, Akten oder präsenten Beweismittel zu der streitigen Frage der Hinzuschätzungen und der damit begründeten verdeckten Gewinnausschüttung vorgelegt.

    32
    Das Gericht ist anhand der vorgelegten Unterlagen und dem Vortrag des Antragsgegners nicht in der Lage, die Rechtmäßigkeit der berücksichtigten verdeckten Gewinnausschüttungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Der Antragsgegner bezieht sich zur Begründung wiederholt auf die ausführlichen Prüfungsberichte des LBF und der Amtsbetriebsprüfung. Da weder die Prüfungsberichte noch die Berechnungen, die den Antragstellern laut Vortrag des Antragsgegners als PDF-Dateien überlassen wurden, dem Gericht zur Verfügung gestellt wurden, ist es dem Gericht nicht im Ansatz möglich, die Gründe der Hinzuschätzungen, deren Berechnung und die Voraussetzungen für die Zurechnung von entsprechenden verdeckten Gewinnausschüttungen beim Antragsteller zu überprüfen.

    33
    Auch wenn im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens mit Rücksicht auf die gebotene summarische Prüfung bei umfangreichem Akteninhalt nicht zwingend sämtliche Akten vorzulegen sind, so stellen die Prüfungsberichte einschließlich der Berechnungen, die Grundlage für die Änderung der angefochtenen Bescheide sind, das Minimum der vorzulegenden Unterlagen dar.

    34
    Eventuelle Schwierigkeiten der Rechtsbehelfsstelle des Antragsgegners, bei der Beschaffung der Prüfungsberichte muss der Antragsgegner gegen sich gelten lassen. Prüfungsberichte, die regelmäßig in digitaler Form vorliegen, können binnen kürzester Zeit ‑ jedenfalls wie im vorliegenden Verfahren innerhalb von sieben Wochen ‑ übermittelt werden. Gleiches gilt für die angesprochene PDF-Datei. Soweit vom Antragsgegner Bedenken hinsichtlich einer möglichen Verletzung des Steuergeheimnisses durch die Übersendung der Prüfungsberichte an das Gericht angedeutet wurden, kann das Gericht dies zwar bei der bestehenden Kenntnislage nicht beurteilen, jedoch wird zu Bedenken gegeben, dass die die A-GmbH betreffenden Prüfungsberichte dem Antragsteller in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer bekannt gegeben worden sein dürften. Daher ist nicht nachzuvollziehen, wieso eine Bekanntgabe gegenüber dem Gericht gegen das Steuergeheimnis verstoßen sollte. Selbst wenn in den Prüfungsberichten vom Steuergeheimnis geschützte Daten anderer Personen enthalten sein sollten, wäre eine Offenbarung gegenüber dem Gericht nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO zulässig, da sie einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen dient.

    35
    Der Antragsgegner hat im Rahmen des laufenden Einspruchsverfahrens Gelegenheit sich eingehend mit den Prüfungsfeststellungen und den der Hinzuschätzung zugrundeliegenden Berechnungen auseinanderzusetzen, diese gem. § 367 Abs. 2 AO der gebotenen Gesamtüberprüfung zu unterziehen und das Ergebnis in einer Einspruchsentscheidung zu begründen. Im Rahmen eines sich ggf. anschließenden gerichtlichen Verfahrens wäre auf die gem. § 71 Abs. 2 FGO gebotene Vorlage vollständiger Akten einschließlich der Betriebsprüfungsakten und der Prüfungsberichte zu achten.

    36
    Den Antragstellern kommt im vorliegenden Aussetzungsverfahren zu Gute, dass der Antragsgegner dem Gericht nicht die für eine Überprüfung der angefochtenen Bescheide erforderlichen Akten und Unterlagen zur Verfügung gestellt hat. Eine nähere Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Antragsteller, der sich im Wesentlichen darauf stützt, dass eine Hochrechnung für den gesamten Streitzeitraum allein auf der Basis der Feststellungen für den Monat April 2016 bei einer anderen Gesellschaft vorgenommen worden sei, und der im Übrigen in einer Aneinanderreihung wortgleicher Passagen aus verschieden Schriftsätzen besteht und pauschal die unzureichende und unverständliche Begründung der Hinzuschätzungen rügt, kann im vorliegenden Verfahren unterbleiben.

    37
    Der Senat kann die Behauptung des Antragsgegners, im Streitjahr 2021 seien keine verdeckten Gewinnausschüttungen der A-GmbH enthalten, anhand der vorliegenden Akten nicht nachvollziehen. Der geänderte Einkommensteuerbescheid für 2021 vom 29.7.2024 enthält dieselben Erläuterungen wie die Bescheide der anderen Streitjahre. Im Abrechnungsbild sind höhere Beträge enthalten als in der Aussetzungsverfügung vom 13.9.2024. Daher wird auch dieser Bescheid von der Vollziehung ausgesetzt.

    38
    3. Die Aussetzung der Vollziehung wird nicht von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht.

    39
    Gem. § 69 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 FGO kann die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Die Anordnung der Sicherheitsleistung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dient der Vermeidung von Steuerausfällen (BFH-Beschluss vom 03.02.2005 I B 208/04 m.w.N.). Diese können in Folge einer Aussetzung der Vollziehung vor allem dadurch entstehen, dass der Steuerpflichtige im Verfahren zur Hauptsache letztlich unterliegt und zu diesem Zeitpunkt die Durchsetzung der Steuerforderung gefährdet oder erschwert ist (Gosch in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, § 69 FGO Rz. 207, m.w.N.). Nur einer solchen Entwicklung soll durch die Sicherheitsleistung vorgebeugt werden. Deshalb ist, wenn eine entsprechende Gefahr im konkreten Fall nicht besteht, für die Anordnung einer Sicherheitsleistung kein Raum. Das gilt unabhängig vom Grad der Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts (BFH-Beschluss vom 03.02.2005 I B 208/04 m.w.N). Eine allgemeine Befürchtung, dass sich die Verhältnisse des Antragstellers im Lauf der Zeit verschlechtern könnten, sind nicht geeignet, die Anordnung einer Sicherheitsleistung zu begründen. Dazu bedarf es vielmehr konkreter Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Steueranspruchs (BFH, Beschluss vom 03.02.2005 I B 208/04, BStBl II 2005, 351).

    40
    Im Streitfall sind keine Umstände erkennbar, die den Schluss rechtfertigen, dass bei einem für den Antragsteller ungünstigen Ausgang des Einspruchsverfahrens die Realisierung der streitigen Steueransprüche gefährdet ist.

    41
    Zwar wird in der vom Antragsteller als Anlage eingereichten Einspruchsbegründung vom 20.01.2025 vorgetragen, dass das Unternehmen nicht über die Mittel für eine Sicherheitsleistung verfüge und nicht in der Lage sei, entsprechende Mittel zu beschaffen, jedoch betrifft diese Einspruchsbegründung nicht die Antragsteller, sondern die A-GmbH und lässt keinen Rückschluss auf die finanzielle Situation der Antragsteller zu.

    42
    Der Antragsgegner hat keine konkreten Gründe für die Anordnung einer Sicherheitsleistung vorgetragen. Soweit er anführt, dass im Wege der Zwangsvollstreckung Drittschuldnerzahlungen i.H.v. xxx € realisiert werden konnten, spricht dies nicht für eine Steuergefährdung. Allein der Umstand, dass keine freiwilligen Zahlungen geleistet wurden, rechtfertigt keinen Rückschluss auf die wirtschaftliche Situation der Antragssteller. Dass Beträge realisiert werden konnten, indiziert vielmehr, dass die Vollstreckung Erfolg hatte.

    43
    Der Antragsgegner hat es in der Hand, durch eine zeitnahe Entscheidung über den Einspruch die Voraussetzungen für die weitere Vollziehung der angefochtenen Bescheide zu schaffen und einer Steuergefährdung durch weiteren Zeitablauf entgegenzuwirken.

    44
    4. Die Übertragung der Berechnung der auszusetzenden Beträge auf den Antragsgegner folgt aus §§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

    45
    5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.