06.03.2024 · IWW-Abrufnummer 240131
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 28.11.2023 – 8 K 1180/21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil vom 28.11.2023
In dem Finanzrechtsstreit
Kläger
als Insolvenzverwalter des Herrn A,
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegen Einkommensteuer 2016 und 2018
hat der 8. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg in der Sitzung vom 28. November 2023 durch
xxxfür Recht erkannt:
Tenor:
- Der an den Kläger adressierte Einkommensteuerbescheid 2016 (Steuernummer XXXXX/XXXXX) vom 29. Juni 2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. April 2021 wird dahingehend geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 0 € berücksichtigt werden.
- Der an den Kläger adressierte Einkommensteuerbescheid 2018 (Steuernummer XXXXX/XXXXX) vom 29. Juni 2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. April 2021 wird dahingehend geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 460 € berücksichtigt werden.
- Die Berechnung der Steuern wird dem Beklagten aufgegeben (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
- Die Revision wird zugelassen.
- Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
- Das Urteil ist wegen der dem Kläger zu erstattenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kostenerstattungsbetrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger war Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn A (Insolvenzschuldner). Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 4. Dezember 2015 eröffnet (...) und durch Beschluss vom XX.XX.2022 inzwischen wieder aufgehoben (...). Hinsichtlich der Ansprüche aus den Einkommensteuerveranlagungen 2015 bis 2018 wurde der Kläger jedoch durch die Beschlüsse des Insolvenzgerichts vom XX.XX.2022 und vom XX.XX.2023 mit der Nachtragsverteilung betraut (...).
Der Insolvenzschuldner betrieb vor Insolvenzeröffnung X Restaurants. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ermittelte er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Am 2. November 2015 stellte der Insolvenzschuldner die Betriebe ein (...), meldete sein Gewerbe ab (...) und veräußerte sämtliches Inventar aufgrund der Verträge vom 12. November 2015 an Dritte (...).
Der Kläger erstellte für den Insolvenzschuldner auf den 1. November 2015 eine Aufgabebilanz und erklärte für den Veranlagungszeitraum 2015 unter anderem einen Aufgabegewinn in Höhe von XXX € (...). Die Aufgabebilanz zum 1. November 2015 behandelte der Kläger zugleich als Eröffnungsbilanz (...) und führte die Bilanzierung in den Folgejahren fort (...).
Der Kläger focht mehrere, vor Betriebsaufgabe geleistete (...) Zahlungen des Insolvenzschuldners an Gläubiger, insbesondere an den Beklagten (das Finanzamt) und an Krankenkassen, gemäß § 129 Abs. 1, § 131 Abs. 1 und § 133 Abs. 1 InsO an. Die Rückzahlungen der Anfechtungsgegner flossen der Masse im Jahr 2016 in Höhe von 12.349,50 € und im Jahr 2018 in Höhe von (jedenfalls) 181.622 € zu (...). In Höhe der geltend gemachten Anfechtungsansprüche hatte der Kläger Forderungen in die Aufgabebilanz zum 1. November 2015 (...) eingestellt (sonstige Vermögensgegenstände) und die entsprechenden Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners (§ 144 Abs. 1 InsO) gegen die Gläubiger passiviert. Die Zuflüsse aus der Insolvenzanfechtung behandelte der Kläger in den Streitjahren sodann "ertragsteuerneutral als Aktivtausch" (...).
Im Jahr 2016 verausgabte der Kläger zulasten der Masse einen Vorschuss für seine Insolvenzverwaltervergütung in Höhe von 8.306,64 € netto (...). Im Jahr 2018 bezahlte er zulasten der Masse Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.704,40 € netto (...) für einen Rechtsstreit mit einer Krankenkasse über die hier streitgegenständlichen Anfechtungsansprüche.
In der Gewinnermittlung des Streitjahrs 2016 berücksichtigte der Kläger unter anderem den Abfluss des Vorschusses für seine Insolvenzverwaltervergütung als Betriebsausgabe. Als Betriebseinnahmen (sonstige betriebliche Erträge) behandelte er Einnahmen aus der Auszahlung eines Paypal-Restguthabens des Insolvenzschuldners in Höhe von 8,80 € und aus einer Übertragung des Restbestands von einem Schuldnerbankkonto auf das Massekonto in Höhe von 30,87 € (...). Darüber hinaus berücksichtigte er Erstattungen des Gaslieferanten aufgrund einer Verbrauchsabrechnung für den Zeitraum vor dem 2. November 2015 in Höhe von 99,25 € und des Telefonanbieters nach Kündigung ebenfalls für den Zeitraum vor dem 2. November 2015 in Höhe von 30,35 € als Betriebseinnahmen (...). Er erklärte für das Streitjahr 2016 einen Verlust in Höhe von 8.138,88 € (...). Das Finanzamt erkannte den Vorschuss für Insolvenzverwaltervergütung nicht als Betriebsausgaben an und rechnete Einnahmen aus Insolvenzanfechtung in Höhe von 12.290,50 € hinzu (...). In dem an den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners adressierten Einkommensteuerbescheid 2016 (...) vom 29. Juni 2020 (...) berücksichtigte es deshalb einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 12.458 € und machte die darauf entfallende anteilige Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit gegen den Kläger geltend.
In der Gewinnermittlung für das Jahr 2018 berücksichtigte der Kläger Zinsen aus den Anfechtungsansprüchen in Höhe von 460 € als Betriebseinnahmen und die Rechtsanwaltskosten für den Rechtsstreit mit der Krankenkasse als Betriebsausgaben. Als sonstige betriebliche Erträge behandelte er Einnahmen in Höhe von 153,46 € aus einer von ihm bewirkten Pfändung beim Insolvenzschuldner (...). Er ermittelte einen Verlust aus Gewerbebetrieb 2018 in Höhe von 4.090,81 € (...). Das Finanzamt rechnete Einnahmen aus Insolvenzanfechtung in Höhe von insgesamt 181.622,03 € hinzu (...). In dem an den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners adressierten Einkommensteuerbescheid 2018 (...) vom 29. Juni 2020 (...) berücksichtigte es deshalb einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 177.531 € und machte die darauf entfallende anteilige Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit gegen den Kläger geltend.
Gegen diese Einkommensteuerbescheide erhob der Kläger mit Schreiben vom 27. Juli 2020 Einspruch. Er wandte sich unter anderem gegen die Berücksichtigung der Einnahmen aus Insolvenzanfechtung als laufende Einnahmen in den Streitjahren. Er trug vor, die Insolvenzanfechtung sei stattdessen in der Aufgabebilanz im Jahr 2015 zu berücksichtigen. Infolge der Betriebsaufgabe finde ein zwingender Wechsel von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zur Bilanzierung statt. Ab diesem Stichtag müsse der Gewinn daher durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt werden. Die Ansprüche aus Insolvenzanfechtungen seien als Forderungen in der Aufgabebilanz zu bilanzieren. Die Zahlungszuflüsse in den Streitjahren stellten erfolgsneutrale Vermögensumschichtungen dar. Wegen der Einzelheiten wird auf den Einspruch vom 27. Juli 2020 und die weiteren Schriftsätze im Einspruchsverfahren verwiesen.
Das Finanzamt wies die Einsprüche durch Einspruchsentscheidungen vom 14. April 2021 zurück (...). Zur Begründung führte es, soweit noch von Interesse, im Wesentlichen aus, Anfechtungsansprüche würden erst nach Insolvenzeröffnung geltend gemacht und im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vom Anfechtungsgegner noch nicht anerkannt. Die Ansprüche seien daher im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung allenfalls dem Grunde nach, nicht aber der Höhe nach hinreichend bestimmt; sie könnten deshalb nicht in der Aufgabebilanz aktiviert werden. Weil der Gewinn nach Betriebsaufgabe nicht durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt werden könne, stellten die Einnahmen aus der Insolvenzanfechtung im Zeitpunkt der Zahlung nachträgliche Betriebseinnahmen dar.
Wegen der Einzelheiten des Veranlagungs- und Einspruchsverfahrens wird auf die beigezogenen Akten des Finanzamts Bezug genommen.
Mit seiner am 12. Mai 2021 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er vertritt die Auffassung (...), nur Gewinne, die bis zum Tag der Betriebsveräußerung realisiert würden, seien laufende Gewinne. Nach einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe könnten zwar noch nachträgliche Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben anfallen. Da bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens die normale gewerbliche Tätigkeit, nämlich die Herstellung und die Darreichung von Speisen und Getränken, endgültig eingestellt worden sei, hätten vorliegend aber keine nachträglichen, als laufender Gewinn zu behandelnden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben mehr entstehen können. Die Zuflüsse der Anfechtungsansprüche stellten keine laufenden Betriebseinnahmen nach der Betriebsaufgabe dar. Der Rechtsauffassung des Sächsischen Finanzgerichts im Beschluss vom 3.8.2020 - 1 V 1497/19 - sei nicht zu folgen. Die Anfechtung und Vereinnahmung von Ansprüchen führe schon deshalb zu einer Änderung des Aufgabegewinns, weil die daraus generierte Masse zumindest teilweise für die Tilgung der übrigen Insolvenzforderungen verwendet werde und somit den Ertrag aus der Restschuldbefreiung mindere, der zwingend bei der Ermittlung des Aufgabegewinns zu berücksichtigen sei.
Die Einnahmen aus der Auszahlung des Paypal-Restguthabens, der Übertragung des Restbestands vom Schuldnerbankkonto und der Pfändung gegen den Insolvenzschuldner sowie die Erstattungen des Gas- und des Telefonanbieters seien ebenfalls keine nachträglichen Betriebseinnahmen.
Die Kosten des Insolvenzverfahrens und die Kosten im Zusammenhang mit der Realisierung der Anfechtungsansprüche macht der Kläger nicht mehr als Betriebsausgaben geltend; diese seien ebenfalls bereits bei der Ermittlung des Aufgabegewinns in 2015 zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Einkommensteuerbescheid 2016 (Steuernummer XXXXX/XXXXX) vom 29. Juni 2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. April 2021 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 0 € berücksichtigt werden, und
den Einkommensteuerbescheid 2018 (Steuernummer XXXXX/XXXXX) vom 29. Juni 2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. April 2021 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 460 € berücksichtigt werden.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Auffassung des Finanzamts sind die nach Betriebsaufgabe anfallenden nachträglichen Einkünfte in sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln. Der Zufluss der Einnahmen sei deshalb ausschlaggebend. Es könne keine Rolle spielen, ob Sinn und Zweck einer Insolvenzanfechtung sei, dass diese Beträge der Masse und damit im Rahmen der quotalen Verteilung der Gläubigergemeinschaft zugutekommen sollen. Die steuerliche Betrachtung dieser Einkünfte sei ausschließlich nach den Steuergesetzen vorzunehmen. Die Insolvenzordnung sei den Steuergesetzen weder vorrangig noch sei Raum dafür, die Steuergesetze abweichend nach Sinn und Zweck bestimmter insolvenzrechtlicher Vorschriften auszulegen.
Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO seien unter anderem Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, Masseverbindlichkeiten. Folglich seien Einkommensteuern, die z.B. aus der Verwertung der zur Insolvenzmasse gehörenden Wirtschaftsgüter resultierten, in der Regel Masseverbindlichkeiten. Auch die Verwertung dieser Güter solle eigentlich der Mehrung der Insolvenzmasse dienen und damit grundsätzlich der Gläubigergemeinschaft zugutekommen. Nichts Anderes könne daher für die Einkommensteuern gelten, die durch die Anfechtungshandlungen des Insolvenzverwalters begründet werden. Auch diese seien Masseverbindlichkeiten.
Es bestehe auch keine Vergleichbarkeit mit der Restschuldbefreiung, die nach neuerer Rechtsprechung ein auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe rückwirkendes Ereignis sei. Die Restschuldbefreiung werde durch eine Handlung des Insolvenzschuldners - die Antragstellung im Rahmen des Insolvenzantrags (§ 287 InsO) - begründet. Dies finde in der Regel also bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens statt. Die Insolvenzanfechtung werde hingegen durch den Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geprüft und erklärt.
Zum Stichtag der Abschlussbilanz sei die Möglichkeit einer Insolvenzanfechtung noch unsicher gewesen. Selbst wenn der Insolvenzverwalter Insolvenzanfechtungsansprüche geltend mache, so offenbarten sich im Rahmen der Korrespondenz mit den Anfechtungsgegnern regelmäßig noch andere Sachverhaltskonstellationen und/oder es würden abweichende rechtliche Meinungen diskutiert, so dass die ursprünglich erhofften Anfechtungsansprüche sich oft nicht vollständig realisieren ließen. Überdies müsse eine Insolvenzanfechtung durch den Insolvenzverwalter erklärt werden, damit der Anspruch auf Rückgewährung der angefochtenen Zahlung überhaupt entstehe. Außerdem müsse die Insolvenz bereits eröffnet sein. Zum Stichtag der Abschlussbilanz habe es sich daher um eine komplett vage, lediglich mögliche zukünftige Forderung gehandelt. Eine steuerliche Behandlung analog zur Restschuldbefreiung komme daher nicht in Betracht.
Im Übrigen könnten auch die aus der Restschuldbefreiung resultierenden Steuern unter Umständen Masseverbindlichkeiten sein, nämlich dann, wenn sie Folge der Verwaltung durch den Insolvenzverwalter seien. Auch dabei komme es darauf an, "durch wen" der steuerauslösende Besteuerungstatbestand verwirklicht worden sei (BFH-Urteil vom 06.04.2022 - X R 28/19 -, BFHE 277, 1, BStBl II 2023, 341 Rn. 68 f.). Im Bereich der Insolvenzanfechtung sei dies regelmäßig der Insolvenzverwalter, der den Anspruch erkläre und somit den Zahlungszufluss verursache.
Wegen der Einzelheiten des Beteiligtenvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 16. März 2022 wurde dem Insolvenzschuldner Restschuldbefreiung erteilt (...).
Die Sach- und Rechtslage wurde am 24. November 2022 und am 27. Juni 2023 mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschriften wird verwiesen. Das Verfahren wegen Einkommensteuer 2015 und 2017 wurde nach Rücknahme der Klage durch Beschluss vom 24. August 2023 abgetrennt und eingestellt. Die Beteiligten haben auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichtsverfahrens wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
A. Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist klage- und prozessführungsbefugt.
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Insolvenzschuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 Abs. 1 InsO). Mit dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht erhält der Insolvenzverwalter die Befugnis, die Insolvenzmasse betreffende Prozesse zu führen. Im Prozess hat der Insolvenzverwalter kraft gesetzlicher Prozessstandschaft die uneingeschränkte Prozessführungsbefugnis unter Ausschluss des Insolvenzschuldners (BFH-Beschluss vom 26.7.2004 - X R 30/04 -, BFH/NV 2004, 1547; BFH-Urteil vom 10.12.2008 - I R 41/07 -, BFH/NV 2009, 719).
Das Finanzamt hat die angegriffenen Bescheide, mit denen es Steuerschulden als Masseverbindlichkeiten festgesetzt hat, - zutreffend (vgl. Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand 11/2023, § 251 AO Rn. 40, 70) - an den Kläger als Bekanntgabeadressaten gerichtet (vgl. zur Klagebefugnis in diesem Fall nur Teller, in Gräber, FGO, 9. Aufl., § 40 Rn. 79).
Durch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist die Klage- und Prozessführungsbefugnis des Klägers nicht erloschen. Ein Insolvenzverwalter kann einen - wie hier vorliegenden - Aktivprozess mit Blick auf eine mögliche Nachtragsverteilung auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens fortführen (BFH-Urteil vom 26.2.2014 - I R 12/14 -, BFH/NV 2014, 1544 Rn. 14 m.w.N.). Überdies hat das Insolvenzgericht hinsichtlich der geltend gemachten Erstattungsansprüche aus den Einkommensteuerveranlagungen der Streitjahre die Nachtragsverteilung ausdrücklich angeordnet. Soweit die Nachtragsverteilung angeordnet wurde, behält der Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis im Sinne des § 80 Abs. 1 InsO einschließlich der Prozesslegitimation (vgl. Nicht, in: Fridgen/Geiwitz/Göpfert, BeckOK, Insolvenzrecht, Stand 15.10.2023, § 203 Rn. 20; Hintzen, in: MünchKomm, InsO, 4. Aufl., § 203 Rn. 23, jeweils m.w.N.).
B. Die Klage ist auch begründet.
I. Die angegriffenen Steuerbescheide konnten in der Weise ergehen, dass die aufgrund der Besteuerungsgrundlagen einheitlich für den Veranlagungszeitraum errechneten Einkommensteuern und Nebenleistungen in einer Anlage zum Steuerbescheid zum einen in - gegen den Kläger als Bekanntgabeadressaten festgesetzte - Masseverbindlichkeiten und zum anderen in - gegen den Insolvenzschuldner und seine Ehefrau festgesetzte - insolvenzfreie Verbindlichkeiten aufgeteilt wurden (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.2020 - VIII R 19/18 -, BFHE 271, 15, BStBl II 2021, 819 Rn. 37 m.w.N.; Roth, Insolvenzsteuerrecht, 3. Aufl., Rn. 4.171 m.w.N.). Die gegen die Masse festgesetzten Steuern und Nebenleistungen ergeben sich jeweils aus den Anlagen zu den Einkommensteuerbescheiden, auf die im (vermeintlichen) Festsetzungsteil auf Seite 1 der Bescheide verwiesen wird. Die Aufteilung greift der Kläger nicht an.
II. Das Finanzamt hat die Zuflüsse aus den Insolvenzanfechtungen zu Unrecht als nachträgliche Betriebseinnahmen in den Streitjahren behandelt. Die Insolvenzanfechtungen wirken auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im - hier nicht streitgegenständlichen - Kalenderjahr 2015 zurück. Als Gewinn aus Gewerbebetrieb sind im Streitjahr 2016 daher 0 € und im Streitjahr 2018 lediglich 460 € zu berücksichtigen.
1. Der Insolvenzschuldner hat im Jahr 2015 seinen Gewerbebetrieb nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG aufgegeben. Davon gehen die Beteiligten übereinstimmend aus und daran bestehen angesichts der Einstellung der Betriebsführung, der Gewerbeabmeldung und der Veräußerung sämtlichen Inventars auch keine Zweifel (vgl. allgemein Wacker, in: Schmidt, EStG, 42. Aufl., § 16 Rn. 150). Weitere wesentliche Betriebsgrundlagen waren nicht vorhanden. Der Betrieb wurde auch nicht in irgendeiner Form teilweise fortgeführt. Die Betriebsaufgabe war mit der Veräußerung sämtlichen Inventars spätestens am 12. November 2015 beendet; die Übergabe des Inventars erfolgte laut den Verträgen sogar schon am 2. November 2015.
2. Die Insolvenzanfechtungen wirken auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im Jahr 2015 zurück. Die Zuflüsse aus der Insolvenzanfechtung stellen daher keine nachträglichen Betriebseinnahmen in den Streitjahren dar.
Das Finanzamt geht zwar zutreffend davon aus, dass etwaige nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach Betriebsaufgabe nicht durch Betriebsvermögensvergleich, sondern entsprechend § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln sind (BFH-Urteil vom 22.2.1978 - I R 137/74 -, BFHE 125, 42, BStBl II 1978, 430; BFH-Urteil vom 23.2.2012 - IV R 31/09 -, BFH/NV 2012, 1448 Rn. 31 ff.; Füssenich, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand 11/2023, Rn. C 12 m.w.N.). Mit der Betriebsaufgabe endet die Existenz des steuerlichen Gewerbebetriebs (BFH-Urteil vom 6.4.2022 - X R 28/19 -, BFHE 227, 1 [BFH 21.09.2009 - GrS 1/06], BStBl II 2023, 341 Rn. 39) und mit ihm die Pflicht und das Recht zur steuerlichen Buchführung und Bilanzierung (vgl. BFH-Urteil vom 22.2.1978 - I R 137/74 -, BFHE 125, 42, BStBl II 1978, 430). Gleichwohl führen die Rückflüsse aus den Insolvenzanfechtungen nicht zu steuerbaren Betriebseinnahmen im Zeitpunkt des Zuflusses in den Streitjahren (vgl. auch BFH-Urteil vom 6.3.1997 - IV R 47/95 -, BFHE 183, 78, BStBl II 1997, 509, unter 1.a und 2.b der Entscheidungsgründe, Juris Rn. 12, 26 ff.).
a) Bei den laufend veranlagten Steuern wie der Einkommensteuer sind die aufgrund des Eintritts neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderlichen steuerlichen Anpassungen regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem sich der maßgebende Sachverhalt ändert (BFH, Beschluss des Großen Senats vom 19.7.1993 - GrS 2/92 -, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.1.d, Juris Rn. 62). Dieser Grundsatz gilt jedoch nur, soweit die einschlägigen steuerrechtlichen Regelungen nicht bestimmen, dass eine Änderung des nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalts zu einer rückwirkenden Änderung steuerlicher Rechtsfolgen führt. Eine solche Rechtslage ist insbesondere bei Steuertatbeständen gegeben, die an einen einmaligen Vorgang anknüpfen (BFH, Beschluss des Großen Senats vom 19.7.1993 - GrS 2/92 -, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.1.d, Juris Rn. 62) und bei denen nachträgliche Änderungen nicht in einer Folgebilanz oder nach den Grundsätzen des Zuflussprinzips in einem späteren Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden können (BFH-Urteil vom 19.8.2009 - I R 3/09 -, BFHE 226, 486, BStBl II 2010, 249, unter II.3., Juris Rn. 15).
Um einen solchen Steuertatbestand, der an einen einmaligen Vorgang anknüpft, handelt es sich bei der Veräußerung eines Gewerbebetriebs. Nach der Rechtsprechung des BFH wirken nachträgliche Änderungen des Veräußerungspreises materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurück (BFH, Beschluss des Großen Senats vom 19.7.1993 - GrS 2/92 -, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.1.d, Juris Rn. 63). Dasselbe gilt hinsichtlich der für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns maßgeblichen Höhe des Betriebsvermögens. Ergibt sich aufgrund von Umständen, die nach der Veräußerung neu hinzutreten, dass der der Besteuerung zugrunde gelegte Wert des Betriebsvermögens zu hoch oder zu niedrig ist, so ist dieser Wert mit Wirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung zu berücksichtigen (BFH, Beschluss des Großen Senats vom 19.7.1993 - GrS 1/92 -, BFHE 172, 80, BStBl II 1993, 894, unter C.II.2, Juris Rn. 39). Diese Rechtsgrundsätze gelten auch bei einer Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG (BFH-Urteil vom 10.2.1994 - IV R 37/92 -, BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564, unter 4.b der Entscheidungsgründe, Juris Rn. 42). Bereits bestandskräftige Einkommensteuerbescheide können in diesen Fällen - ohne dass es vorliegend darauf ankäme - gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rückwirkend geändert werden (BFH-Urteil vom 13.12.2016 - X R 4/15 -, BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786 Rn. 47 f.).
Solche - materiell- wie verfahrensrechtlich - rückwirkenden Ereignisse hat die Rechtsprechung beispielsweise darin gesehen, dass eine anlässlich der Betriebsveräußerung ins Privatvermögen übernommene Forderung gegen die Gesellschaft später wegen Zahlungsunfähigkeit wertlos wird (BFH-Urteile vom 28.7.1994 - IV R 53/91 -, BFHE 175, 353, BStBl II 1995, 112 und vom 14.12.1994 - X R 128/92 -, BFHE 176, 515, BStBl II 1995, 465), dass die Gläubiger den Gesellschafter später aus einer für die aufgelöste Gesellschaft eingegangenen Bürgschaft in Anspruch nehmen (BFH-Urteil vom 1.8.1996 - VIII R 36/95 -, BFH/NV 1997, 216), dass nach der Betriebsauflösung eine ungewisse und daher nicht aktivierte Forderung beglichen wird (BFH-Beschluss vom 23.2.1995 - III B 134/94 -, BFH/NV 1995, 1060), dass eine im Betriebsvermögen verbliebene Verbindlichkeit nachträglich erlassen wird (BFH-Urteile vom 6.3.1997 - IV R 47/95 -, BFHE 183, 78, BStBl II 1997, 509 und vom 12.10.2005 - X R 20/03 -, BFH/NV 2006, 713, unter II.3., Juris Rn. 19) oder dass ein Streit über eine im Betriebsvermögen verbliebene Schadensersatzforderung nach der Betriebsaufgabe durch Urteil oder Vergleich beigelegt wird (BFH-Urteil vom 10.2.1994 - IV R 37/92 -, BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564). Auch die Restschuldbefreiung nach §§ 286 ff. InsO wirkt auf den Zeitpunkt der Aufstellung der Aufgabebilanz zurück (BFH-Urteile vom 13.12.2016 - X R 4/15 -, BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786 Rn. 45 ff. und vom 6.4.2022 - X R 28/19 -, BFHE 277, 1, BStBl II 2023, 341 Rn. 36).
Nach Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe können allerdings auch laufende, nicht tarifbegünstigte Einnahmen anfallen, die nicht zurückwirken, sondern nach § 24 Nr. 2 EStG im Jahr des Zuflusses steuerbar sind (vgl. Füssenich, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand 11/2023, Rn. C 8 m.w.N.). Die während und nach der Aufgabe anfallenden normalen Geschäfte und ihre Abwicklung berühren nicht den begünstigten Aufgabegewinn (BFH-Urteil vom 25.6.1970 - IV 350/64 -, BFHE 99, 479, BStBl II 1970, 719). Auszuscheiden aus dem begünstigten Veräußerungs- oder Aufgabegewinn sollen Gewinne sein, die wirtschaftlich durch Vorgänge vor der Betriebsveräußerung veranlasst sind, z.B. wenn sie auf vorher abgeschlossenen Kaufverträgen beruhen und die Lieferung lediglich die Erfüllung der vorher begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung darstellt (Trossen, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand 11/2023, § 16 Rn. E 201; Schallmoser, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Stand 8/2023, § 16 EStG Rn. 650). Als nachträgliche Einkünfte qualifiziert wurden z.B. Einnahmen aus schwebenden Geschäften (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1.3.2018 - 12 K 15284/15 -, EFG 2018, 1544 Rn. 37).
b) Nach diesen Grundsätzen wirkt die zivilrechtliche Rückabwicklung nach §§ 143 f. InsO vor Betriebsaufgabe geleisteter Zahlungen des Betriebsinhabers an Insolvenzgläubiger auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe zurück; auch im - hier vorliegenden - Fall der bereits vor der Insolvenzeröffnung beendeten Betriebsaufgabe. Die Rückflüsse aus der Insolvenzanfechtung stellen keine im Zeitpunkt des Zuflusses steuerbaren nachträglichen Betriebseinnahmen dar (gl.A. Uhländer, DB 2022, 485, 491; Schenk, ZInsO 2021, 1997, 2001 f.; a.A. Sächsisches FG, Beschluss vom 3.8.2020 - 1 V 1497/19 -, Rn. 47 ff.; Sächsisches FG, Urteil vom 16.5.2018 - 5 K 1471/17 -, Rn. 20; nachfolgend - aber ohne ausdrückliche Stellungnahme zur Abgrenzungsfrage - BFH-Beschluss vom 31.10.2018 - III B 77/18 -, BFH/NV 2019, 123).
aa) Die §§ 129 ff. InsO bieten dem Insolvenzverwalter die Handhabe, eine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Schmälerung der Insolvenzmasse wieder zu korrigieren (vgl. BT-Drs. 12/2443, S. 156). Zu diesem Zweck ermöglicht die Insolvenzanfechtung, bestimmte Vermögensverschiebungen, durch die die Insolvenzmasse verkürzt wurde, rückgängig zu machen (vgl. Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, 15. Aufl., § 129 Rn. 1 f.; Raupach, in: Fridgen/Geiwitz/Göpfert, BeckOK, Insolvenzrecht, Stand 15.10.2023, § 129 Rn. 1). Die Beteiligten werden (nach Bereicherungsgrundsätzen, vgl. Rechtsfolgenverweisung in § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO) so gestellt, als wäre die Zahlung nicht erfolgt. Gewährt der Gläubiger das Erlangte zurück, lebt seine Forderung im Rang einer Insolvenzforderung rückwirkend auf den Zeitpunkt der Erfüllung wieder auf (§ 144 Abs. 1 InsO). Es wird der Zustand hergestellt, der ohne die angefochtene Rechtshandlung bestanden hätte (Schoon, in: Fridgen/Geiwitz/Göpfert, BeckOK, Insolvenzrecht, Stand 15.10.2023, § 144 Rn. 6; Thole, in: Kayser/Thole, InsO, 11. Aufl., § 144 Rn. 3).
Diese insolvenzrechtliche Rückabwicklung unterscheidet sich lediglich im Rechtsgrund von den vom BFH bereits entschiedenen Fällen einer steuerlichen Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Betriebsveräußerung oder -aufgabe (Erlass, Vergleich, Urteil), nicht aber in den für das Steuerrecht maßgeblichen Rechtsfolgen. Durch die insolvenzrechtliche Rückabwicklung werden Betriebsausgaben rückgängig gemacht. Durch die Rückforderung und spätere Rückzahlung erhöht sich das Aktivvermögen. Außerdem lebt die ursprünglich durch Zahlung untergegangene Verbindlichkeit wieder auf. Mangels einer Folgebilanz können diese Änderungen nur rückwirkend in der nach § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG erstellten Bilanz (im Folgenden nur Aufgabebilanz; vgl. zur Terminologie allerdings Geissler/Kobor/Kulosa/Patt, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand 10/2023, § 16 EStG Rn. 580) berücksichtigt werden. Denn mit der Betriebsaufgabe endet die Existenz des Gewerbebetriebs, so dass bilanzielle Änderungen zwingend in der Aufgabebilanz vollzogen werden müssen (BFH-Urteil vom 6.4.2022 - X R 28/19 -, BFHE 277, 1, BStBl II 2023, 341 Rn. 39 zum umgekehrten Fall der Ausbuchung einer Verbindlichkeit nach Betriebsaufgabe). Auch die jüngere Rechtsprechung des BFH zur Rückwirkung der Restschuldbefreiung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe (BFH-Urteile vom 13.12.2016 - X R 4/15 -, BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786 Rn. 45 und vom 6.4.2022 - X R 28/19 -, BFHE 277, 1, BStBl II 2023, 341 Rn. 39) setzt die rückwirkende Bilanzierung der wiederaufgelebten Verbindlichkeit voraus (vgl. auch unten dd).
bb) Für die steuerliche Rückwirkung auf den Veräußerungs- oder Aufgabezeitpunkt im Sinne des § 16 EStG kommt es nicht darauf an, welche Gründe rechtlicher oder tatsächlicher Art zu der rückwirkenden Sachverhaltsänderung geführt haben; insbesondere ist es unerheblich, ob diese "im Kern" bereits im ursprünglichen Rechtsgeschäft angelegt waren (BFH, Beschluss des Großen Senats vom 19.7.1993 - GrS 2/92 -, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.1.b, Juris Rn. 60; BFH-Urteil vom 19.8.2009 - I R 3/09 -, BFHE 226, 486, BStBl II 2010, 249, unter II.3.a, Juris Rn. 16; BFH-Urteil vom 13.12.2016 - X R 4/15 -, BFHE 256, 392, BStBl II 2017, 786 Rn. 50).
Unerheblich ist deshalb, dass die Rückabwicklung vorliegend auf einer insolvenzrechtlichen Anspruchsgrundlage beruht und dass die Anfechtungsansprüche vom Insolvenzverwalter (naturgemäß) erst nach Insolvenzeröffnung geltend gemacht werden und daher im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe vom Anfechtungsgegner noch nicht anerkannt waren. Zwar ist dem Finanzamt zuzustimmen, dass die Rückforderungen aus der Insolvenzanfechtung im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im November 2015, wenn überhaupt schon entstanden (vgl. dazu BGH-Urteil vom 13.1.2022 - IX ZR 64/21 -, WM 2022, 290 Rn. 20; BFH-Beschluss vom 1.4.2008 - X B 201/07 -, BFH/NV 2008, 925, unter II.2.b, Juris Rn. 16), noch ungewiss und damit nicht bilanzierungsfähig waren (vgl. nur BFH-Urteil vom 26.2.2014 - I R 12/14 -, BFH/NV 2014, 1544 Rn. 20). Aufgrund der steuerlichen Rückwirkung im Anwendungsbereich des § 16 EStG erfolgt aber gerade keine ex ante, sondern eine ex post Betrachtung. Nicht der Bilanzstichtag oder der Zeitpunkt der Bilanzerstellung sind maßgebend, sondern der Zeitpunkt des Eintritts des rückwirkenden Ereignisses (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.7.2018 - 1 K 2502/15 -, Juris Rn. 28; BFH-Beschluss vom 23.2.1995 - III B 134/94 -, BFH/NV 1995, 1060, unter II.2., Juris Rn. 19 f.). Bei der Aufgabe- oder Veräußerungsbilanz sind die Regeln der laufenden Bilanzierung, vor allem die zur periodengerechten Gewinnermittlung entwickelten Grundsätze, ohne Bedeutung. Das gilt insbesondere für die Unterscheidung zwischen wertbeeinflussenden und wertaufhellenden Umständen und der Berücksichtigung (nur) der Letzteren (nur) bis zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung. Diese Vorstellung knüpft an eine laufende fristgerechte Bilanzierung an, für die im Bereich des § 16 EStG jedoch kein Raum ist (BFH-Urteile vom 3.7.1991 - X R 163-164/87 -, BFHE 164, 556, BStBl II 1991, 802, unter 2.e der Entscheidungsgründe, Juris Rn. 30 und vom 19.5.2005 - IV R 17/02 -, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637, unter II.2. der Entscheidungsgründe, Juris Rn. 30). Dementsprechend hat der BFH den Zahlungseingang auf eine zum Liquidationszeitpunkt noch ungewisse Forderung nicht als nachträgliche Betriebseinnahme, sondern als rückwirkendes Ereignis behandelt (BFH-Beschluss vom 23.2.1995 - III B 134/94 -, BFH/NV 1995, 1060, unter II.2., Juris Rn. 19 f.).
cc) Schließlich ist unerheblich, dass die Anfechtungsansprüche maßgeblich auf einer Handlung des Insolvenzverwalters beruhen. Zum einen könnte dies ausschließlich für die Einordnung der daraus resultierenden Steuerverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 InsO oder als Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO und damit für die Frage, ob und gegen wen die Steuer festgesetzt werden kann, maßgeblich sein (vgl. oben B.I und BFH-Urteile vom 10.12.2008 - I R 41/07 -, BFH/NV 2009, 719 unter II.2.a, Juris Rn. 7 und vom 6.4.2022 - X R 28/19 -, BFHE 277,1, BStBl II 2023, 341 Rn. 65 f.). Zum anderen richtet sich die Beurteilung, ob und wann ein Besteuerungstatbestand nach seiner Art und Höhe tatbestandlich verwirklicht wird, auch im Anschluss an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich nach steuerrechtlichen Grundsätzen (BFH-Urteil vom 16.5.2013 - IV R 23/11 -, BFHE 241, 233, BStBl II 2013, 759 Rn. 19 m.w.N.). Die Frage, ob ein auf den Aufgabezeitpunkt rückwirkender Sachverhalt oder nicht begünstigte laufende Einkünfte vorliegen, ist somit unabhängig von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Sinn und Zweck des § 16 EStG zu beurteilen. Ob die Betriebsaufgabe vor oder nach Insolvenzeröffnung erfolgte, ist dabei unerheblich (vgl. zur Restschuldbefreiung BFH-Urteil vom 6.4.2022 - X R 28/19 -, BFHE 277, 1, BStBl II 2023, 341 Rn. 36 f.; vgl. auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.7.2018 - 1 K 2502/15 -, Juris Rn. 25).
dd) Die Rückwirkung der Insolvenzanfechtung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe hängt auch nicht von ihren konkreten steuerlichen Auswirkungen im Jahr der Betriebsaufgabe ab.
Nach Auffassung des Finanzgerichts Sachsen im Beschluss vom 3. August 2020 (- 1 V 1497/19 -) stellt die insolvenzrechtliche Rückabwicklung allerdings deshalb kein rückwirkendes Ereignis im Sinne der Rechtsprechung des BFH zu § 16 EStG dar, weil es an einer steuerlichen Wirkung für die Vergangenheit fehle. Die Rückzahlung aufgrund der Insolvenzanfechtung habe keinerlei Bedeutung für die Ermittlung des Aufgabegewinns, weil sie lediglich zu einem Aktiv-Passiv-Tausch führe und somit ergebnisneutral wirke. Die Rückzahlung der geleisteten Beträge führe zwar zur Mehrung des Bankguthabens. Auf der Passivseite sei aber in gleicher Höhe die infolge der Anfechtung aufgelebte Verbindlichkeit gegenüber dem Anfechtungsgegner zu erfassen. Gewinnauswirkungen könnten sich auch nicht dadurch ergeben, dass die Verbindlichkeit bloße Insolvenzforderung sei. Nach dem Vorsichtsprinzip dürfe der Wert einer Verbindlichkeit erst berichtigt werden, wenn der Schuldner sicher davon ausgehen könne, dass eine Inanspruchnahme nicht mehr erfolgen werde. Bei Insolvenzforderungen könne das erst mit Erteilung der Restschuldbefreiung angenommen werden (Sächsisches FG, Beschluss vom 3.8.2020 - 1 V 1497/19 -, Juris Rn. 51).
Dem folgt der Senat nicht. Zwar entspricht die erfolgsneutrale bilanzielle Behandlung der Insolvenzanfechtung der herrschenden Meinung (vgl. Bodden, in: Korn, EStG, Stand 8/2023, § 2 Rn. 535; Uhländer, DB 2022, 485, 491; ders., in: Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 13. Aufl., S. 509; Schmittmann, NZI 2014, 638, 639; Schulze, in: Lenski/Steinberg, GewStG, Stand 10/2023, Anhang 2, Gewerbesteuer bei Insolvenz, Rn. 40). Jedoch setzt lediglich die verfahrensrechtliche Rückwirkung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO eine steuerliche Auswirkung im Veranlagungszeitraum, dessen Steuerfestsetzung geändert werden soll, voraus. Davon zu unterscheiden ist die materiell-rechtliche Rückwirkung nach § 16 EStG. Die Betriebsveräußerung und die Betriebsaufgabe sind nicht laufende, sondern punktuelle Ereignisse, die ohne Weiteres im Kalenderjahr der Veräußerung bzw. Aufgabe besteuert werden. Für die Gewinnermittlung nach § 16 EStG gelten nicht die Grundsätze zur periodengerechten Gewinnermittlung. Davon abgesehen ist die mangelnde steuerliche Auswirkung auf den Betriebsaufgabegewinn im Fall der Insolvenzanfechtung das Ergebnis zweier gegenläufiger materiell-rechtlicher Rückwirkungen (Bilanzierung sowohl der Aktivmehrung als auch der Verbindlichkeit), setzt also bezüglich beider Bilanzposten die materiell-rechtliche Rückwirkung voraus.
Dass jedenfalls die Verbindlichkeit rückwirkend zu passivieren ist, dürfte nicht zweifelhaft sein. Betriebliche Verbindlichkeiten müssen, um den tatsächlich erzielten Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zu ermitteln (vgl. BFH, Beschluss des Großen Senats vom 19.7.1993 - GrS 2/92 -, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C.II.2.b, Juris Rn. 70), in der Aufgabebilanz abgebildet werden. Bei laufender Besteuerung analog § 4 Abs. 3 EStG, wie vom Finanzamt vertreten, könnte erst die spätere Zahlung auf diese Verbindlichkeit in Höhe der Insolvenzquote als laufende Betriebsausgabe berücksichtigt werden (zur Behandlung der wiederaufgelebten Verbindlichkeit bei Einnahmen-Überschuss-Rechnung vgl. Bodden, in: Korn, EStG, Stand 8/2023, § 2 Rn. 534; Schmittmann, NZI 2014, 638, 639), was schwerlich mit der punktuellen Besteuerung nach § 16 EStG zu vereinbaren ist. Im Übrigen dürfte Letzteres mangels Betriebseinnahmen im Jahr der Schlussverteilung und wegen des auf zwei Jahre begrenzten Verlustrücktrags nach § 10d Abs. 1 EStG regelmäßig ins Leere laufen.
Überdies setzt auch die jüngere Rechtsprechung des BFH zur Rückwirkung der Restschuldbefreiung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe (BFH-Urteil vom 6.4.2022 - X R 28/19 -, BFHE 277, 1, BStBl II 2023, 341 Rn. 39), wie bereits ausgeführt (oben aa), die (rückwirkende) Bilanzierung der wiederaufgelebten Verbindlichkeit voraus. Nur durch Ausbuchung der Verbindlichkeit aufgrund der Restschuldbefreiung entsteht ein Ertrag, auf den die Steuerbefreiung des § 3a Abs. 5 EStG angewandt werden kann. Bei einer Besteuerung analog § 4 Abs. 3 EStG liefe die Steuerbefreiung des § 3a Abs. 5 EStG dagegen ins Leere (zur nur eingeschränkten Anwendung des § 3a EStG bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vgl. Hallerbach, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand 10/2023, § 3a EStG Rn. 12; Kobor, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Stand 11/2023, § 3a Rn. A 32).
c) Es liegen nicht ausnahmsweise nachträgliche Betriebseinnahmen im Sinne von § 24 Nr. 2 EStG vor.
Das wäre nur bei Einnahmen aus "normalen Geschäften", die wirtschaftlich durch Vorgänge vor der Betriebsveräußerung veranlasst sind, der Fall. Das ist vorliegend jedoch zu verneinen. Die zivilrechtliche Rückabwicklung vor Betriebsaufgabe vorgenommener Rechtsgeschäfte führt im Anwendungsbereich des § 16 EStG stets zur steuerlichen Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe (vgl. BFH-Urteil vom 6.4.2022 - X R 28/19 -, BFHE 277, 1, BStBl II 2023, 341 Rn. 39).
Der Insolvenzverwalter hat durch die Geltendmachung der Rechte aus der Insolvenzanfechtung, deren Grund bereits vor Insolvenzeröffnung gelegt war, nicht den Gewerbebetrieb fortgeführt, sondern lediglich einzelne vor Betriebsaufgabe getätigte Rechtsgeschäfte mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der vorgenommenen Rechtshandlung rückabgewickelt. Es wird der Zustand hergestellt, der ohne die Zahlung bestanden hätte. Das stellt keine partielle Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit dar, sondern ausschließlich ein Geschäft zur Abwicklung des bereits aufgegebenen Betriebs. Dass zurückgezahlte Betriebsausgaben bei laufender Besteuerung Betriebseinnahmen darstellen (vgl. nur Loschelder, in: Schmidt, EStG, 42. Aufl., § 4 Rn. 423), ist unerheblich. Die Grundsätze der laufenden Besteuerung gelten, wie ausgeführt (oben b.bb), im Anwendungsbericht des § 16 EStG nicht.
d) Die vom Kläger ursprünglich als sonstige Erträge erklärten Einnahmen aus der Umbuchung von Guthaben des Insolvenzschuldners aus einem Paypalkonto und einem Bankkonto (8,80 € und 30,87 € im Streitjahr 2016) und aus einer Pfändung des Klägers beim Insolvenzschuldner (153,46 € im Streitjahr 2018) sowie die Erstattungen des Gaslieferanten und des Telefonanbieters (99,25 € und 30,35 € im Streitjahr 2016) stellen - unstreitig (...) - keine nachträglichen Betriebseinnahmen im Streitjahr 2016 dar. Es handelt sich lediglich um Umbuchungen vorhandener Vermögenswerte (Paypalkonto, Bankkonto und Pfändung) bzw. um die Auszahlung bereits zum Aufgabezeitpunkt bestehender Ansprüche aufgrund einer Verbrauchsabrechnung bzw. der Beendigung des Vertrags.
e) Die unstreitigen Aufwendungen für die Insolvenzverwaltervergütung (2016) und die Rechtsanwaltskosten für die Durchsetzung der Anfechtungsansprüche (2018) werden vom Kläger - folgerichtig - nicht mehr als Betriebsausgaben in den Streitjahren geltend gemacht.
Der (nachträgliche) Gewinn aus Gewerbebetrieb beträgt im Streitjahr 2016 daher 0 €. Der Gewinn des Streitjahres 2018 ist antragsgemäß nur in Höhe von 460 € zu berücksichtigen. Ob die Einnahmen aus der Verzinsung der Anfechtungsansprüche (§ 143 Abs. 1 Satz 3 InsO) nachträgliche Betriebseinnahmen im Jahr des Zuflusses darstellen (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.7.2018 - 1 K 2502/15 -, Juris Rn. 34), ist hier wegen des Klageantrags nicht zu entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO).
C. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und Abs. 3, § 155 FGO i.V. mit § 708 Nr. 10, §§ 709, 711 ZPO (vgl. Gräber/Stapperfend, FGO, 9. Aufl., § 151 Rn. 3).
D. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung und Divergenz zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO).