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  • 05.11.2020 · IWW-Abrufnummer 218778

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 12.02.2020 – 5 K 2225/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger.
     
    1

    Tatbestand:

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    Das Verfahren befindet sich im 2. Rechtszug. Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

    3

    Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kosten einer Badrenovierung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (VuV) nach § 21 Einkommensteuergesetz (EStG) berücksichtigt werden können.

    4

    Der Kläger ist als Vertriebsleiter für C bei der D KG in A angestellt. Die Kläger sind zu jeweils 50 % Eigentümer des Zweifamilienhauses B-Straße ... in E. Das Haus besteht aus der von den Klägern selbstgenutzten Wohnung von 119,73 qm im Erdgeschoss und einer Wohnung im Souterrain. Die letztgenannte Wohnung wurde gemäß Mietvertrag vom 28.01.2003 umsatzsteuerpflichtig als Home-Office an den Arbeitgeber des Klägers vermietet. Die Größe der vermieteten Räume beträgt laut Mietvertrag 53,62 qm. Eine genaue Bezeichnung der Räume enthält der Mietvertrag nicht. Der Kläger betrieb im Streitjahr von diesen Räumlichkeiten aus seine Tätigkeit als Vertriebsleiter für den Arbeitgeber. Der Mietvertrag war zeitlich an den Arbeitsvertrag des Klägers gebunden bzw. an die Weisung des Arbeitgebers, die Tätigkeit in anderen Büroräumen zu betreiben. Bei Kündigung des Arbeitsvertrages bzw. bei entsprechender Weisung des Arbeitgebers sollte das Mietverhältnis automatisch enden. Die Miete betrug zunächst 400,00 € netto + 64,00 € Umsatzsteuer = 464,00 € und wurde laut Vertragsnachtrag vom 09.01.2006 wegen der Umsatzsteuererhöhung auf 476,00 € angepasst.

    5

    Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger einen Verlust aus VuV in Höhe von 29.900,00 € geltend. Darin enthalten waren sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen in Höhe von insgesamt 31.073,00 €. Davon entfielen 25.780,66 € auf die hier streitige Renovierung des Badezimmers in der vermieteten Wohnung. In der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2012 erklärten die Kläger Vorsteuerbeträge von insgesamt 2.992,98 €, von denen 2.355,98 € auf die Erhaltungsaufwendungen für das Badezimmer entfielen.

    6

    Bei einer daraufhin durchgeführten Ortsbesichtigung durch den Beklagten in den vermieteten Räumlichkeiten wurde festgestellt, dass der in den Plänen als Wohnraum bezeichnete Raum als Büro dient und die Küche mit einer küchenmäßigen Grundausstattung eingerichtet ist. Zusätzlich zu den Räumen der Wohnung wurde der ursprünglich mit „Vorrat“ bezeichnete Raum (der laut Bauunterlagen nicht zur Wohnung gehört) von 6,25 qm (6,44 qm - 3 % Putz) von den Klägern als Besprechungsraum und zum Home-Office gehörig angegeben. Somit ergab sich eine Fläche von 56,84 qm für das Home-Office. Bei der Ortsbesichtigung verglich der Beklagte das Badezimmer des Home-Office mit dem Badezimmer in der privaten Wohnung und stellte fest, dass beide Badezimmer über eine ähnliche gehobene Ausstattung verfügten. Der Beklagte ordnete daher das Badezimmer des Home-Office dem privaten Bereich zu.

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    Dementsprechend berücksichtigte der Beklagte im Einkommensteuerbescheid 2012 vom 04.12.2013 die geltend gemachten Aufwendungen für die Renovierung des Badezimmers im Home-Office nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV. Im Umsatzsteuerbescheid 2012 wurde die Vorsteuer um die auf die Erhaltungsaufwendungen des Badezimmers entfallenden Beträge gekürzt.

    8

    Mit den hiergegen gerichteten Einsprüchen trugen die Kläger vor, dass die gesamte Einliegerwohnung im Untergeschoss an den Arbeitgeber des Klägers vermietet sei und die Familie lediglich das Badezimmer in der eigengenutzten Wohnung im Erdgeschoss für persönliche Zwecke nutze. Es sei nötig, den Kunden ein Badezimmer zur Verfügung zu stellen. In diesem Fall sei ein repräsentatives, behindertengerechtes Bad entstanden, das zunächst als angemessene Toilette für das Home-Office benutzt werden könne. Im Übrigen sei die Renovierung des Badezimmers auch im Hinblick auf eine eventuelle spätere Vermietung der Räume als Wohnung erfolgt, aber auch eine spätere Eigennutzung könne nicht ausgeschlossen werden.

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    Die Einsprüche wurden mit Entscheidung vom 04.08.2014 als unbegründet zurückgewiesen. Diesbezüglich führte der Beklagte wie folgt aus:

    10

    Die Kosten für die Renovierung des Bades seien nicht als Werbungskosten abzugsfähig, da sie nicht mit der Vermietung des Home-Office in Beziehung stünden. Das Badezimmer sei vielmehr dem privaten Bereich zuzuordnen, so dass die Kosten gemäß § 12 Nr. 1 EStG nicht abgezogen werden dürften.

    11

    Bereits der Mietvertrag biete keine Anhaltspunkte dafür, inwieweit das Badezimmer Gegenstand der Vermietung sei. Er enthalte keine Auflistung der vermieteten Räume. Die im Mietvertrag angegebene Größe sei zudem kleiner als die im Rahmen der Ortsbesichtigung festgestellte Fläche. Es könne somit nicht eindeutig festgestellt werden, welche Räume bzw. Raumteile von der Vermietung umfasst seien. Darüber hinaus übersteige die Anmietung eines kompletten Badezimmers die Anforderungen, die an das Home-Office zu stellen seien. Ein Bedürfnis für die Anmietung durch den Arbeitgeber des Klägers sei nicht zu erkennen. Die für die Annahme von Einnahmen aus VuV erforderliche, neben dem Dienstverhältnis des Klägers gesondert bestehende Rechtsbeziehung setze aber voraus, dass das Home-Office vorrangig im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers genutzt werde und dieses Interesse über die Entlohnung des Arbeitnehmers sowie über die Erbringung der jeweiligen Arbeitsleistung hinausgehe. Die Ausgestaltung der Vereinbarung und die tatsächliche Nutzung müssten maßgeblich und objektiv nachvollziehbar von den Bedürfnissen des Arbeitgebers geprägt sein. Das vorrangige betriebliche Interesse des Arbeitgebers sei gewahrt, sofern die Räumlichkeiten zu beruflichen Zwecken genutzt würden. Nach allgemeiner Auffassung diene ein Home-Office dazu, die vom Arbeitgeber aufgetragenen Aufgaben von zuhause aus in einem entsprechend eingerichteten Büro zu erledigen. Die Anmietung eines Badezimmers stehe aber aufgrund der fehlenden beruflichen Nutzung nicht im Interesse des Arbeitgebers des Klägers. Entscheidend sei vielmehr für die berufliche Tätigkeit das Vorhandensein entsprechender Räume für Besprechungen und in diesem Zusammenhang allenfalls das Vorhandensein einer Toilette bei Kundenverkehr. Ein komplettes Badezimmer mit Dusche und Badewanne sei jedoch nicht erforderlich. Dass von vornherein ein komplett ausgestattetes Badezimmer mit Dusche und Badewanne vorhanden gewesen sei, stehe dem nicht entgegen. Deshalb könnten die entsprechenden Aufwendungen nicht bei den Einkünften aus VuV berücksichtigt werden. Diese dienten nicht dem Erwerb, der Erhaltung und Sicherung der Mieteinnahmen. Auch die Umsatzsteuer 2012 sei in zutreffender Höhe festgesetzt worden. Denn Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen entfielen, für die das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG gelte, seien nach § 15 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) nicht abziehbar.

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    Zur Begründung ihrer hiergegen unter dem Az. 5 K 2515/14 gerichteten erstinstanzlichen Klage trugen die Kläger wie folgt vor:

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    Die Einkünfte aus VuV seien in der geltend gemachten Höhe zu berücksichtigen. Insbesondere seien auch die Renovierungskosten für das Bad als Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV anzusetzen. Im Haus der Kläger, das als Zweifamilienhaus bewertet sei, befänden sich zwei Wohnungen mit zwei unabhängigen Eingängen. Die private Hauptwohnung befinde sich im ersten Stock des Gebäudes und das vermietete Home-Office im Erdgeschoss. Das Home-Office habe einen separaten Eingangsbereich, einen eigenen Briefkasten und ein eigenes Klingelschild. Der Telefonanschluss laufe auf den Arbeitgeber. Es seien auch zwei eingerichtete Küchen und zwei Bäder vorhanden. Das Büro des Klägers sei im Jahr 2000 von der Niederlassung des Arbeitgebers in F nach E verlegt worden. Dadurch habe sich der Kläger die täglichen An- und Abfahrten sparen und die Arbeitszeit um ca. 3 Stunden täglich erhöhen können. Gleichzeitig sei der Arbeitgeber des Klägers durch den Wegfall der Kosten von täglich 160 km für das bisher überlassene Firmenfahrzeug entlastet worden. Dies entspreche einer jährlichen Minderleistung von rund 35.000 km. Der Arbeitgeber des Klägers sei in A ansässig. Für den Kläger seien im Unternehmen des Arbeitgebers in A und in der Niederlassung F keine Büroräume vorhanden. Zu seiner Tätigkeit als Vertriebsleiter im Einzelnen werde auf das Schreiben des Arbeitgebers vom 07.09.2015 verwiesen. Zudem beschäftige der Arbeitgeber nicht zwei Vertriebsleiter für C, weshalb ein mit dem Kläger vergleichbarer Arbeitnehmer nicht vorhanden sein könne.

    14

    Natürlich habe auch der Kläger aus der Verlegung des Arbeitsplatzes von F nach E durch die ersparte Fahrzeit mit dem Auto einen Vorteil. Den Hauptvorteil habe jedoch ausschließlich der Arbeitgeber des Klägers. In diesem Zusammenhang verweisen die Kläger auf ein Schreiben des Arbeitgebers vom 24.03.2016, aus der sich die Wirtschaftlichkeit der Verlegung des Arbeitsplatzes ergebe. Auch dadurch sei das arbeitgeberseitige Interesse nachgewiesen.

    15

    Der Arbeitgeber habe die vollständige Einliegerwohnung einschließlich des Badezimmers angemietet. Dieses Badezimmer sei auch nicht privat genutzt worden. Für den Arbeitgeber sei es wichtig gewesen, dass die vermieteten Räume den repräsentativen Anforderungen des Unternehmens für den persönlichen Empfang von Kundenbesuchen, den Mitarbeiterempfang zu Arbeitsseminaren, die Einarbeitung von Mitarbeitern nach Festanstellung usw. entsprochen hätten. Gemäß der Bescheinigung des Arbeitgebers vom 24.04.2015 sei Voraussetzung für die Anmietung der Räume gewesen, dass ein Konferenzzimmer/Besprechungszimmer, eine Küche sowie Sanitäranlagen mit einem separaten Hauseingang zur Verfügung gestanden hätten. Zu einem Home-Office mit Publikumsverkehr gehöre jedoch zwangsläufig auch eine Toilette. Da es sich hier um die Vermietung von Wohnraum handele, liege diese Toilette in einem Badezimmer. Da man die Toilette schlecht allein habe renovieren können, sei komplett renoviert worden.

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    Der Abschluss des Mietvertrages habe ausnahmslos dem Interesse des Arbeitgebers gedient. Insoweit werde auf die Schreiben des Arbeitgebers vom 16.01.2014 und 08.01.2015 verwiesen. Entgegen der Ansicht des Beklagten könne auch ein Badezimmer Gegenstand des Mietvertrages sein. Bei Abschluss des Mietvertrages sei das Badezimmer bereits vorhanden gewesen und ebenfalls vom Arbeitgeber angemietet worden. Dieses Bad sei lediglich renoviert und dem heutigen Standard angepasst worden. Deshalb beruhten die Aufwendungen für die Renovierung des Bades auf der besonderen Rechtsbeziehung zwischen dem Arbeitgeber und dem Kläger, dem Mietvertrag. Im Übrigen sei auch das private Badezimmer im Jahr 2004 für ca. 32.000,00 € renoviert worden.

    17

    Zudem wäre ein Mietzins von 400,00 € bei einer Vermietung auf dem Wohnungsmarkt ansonsten nicht zu erzielen gewesen.

    18

    Auch unter Berücksichtigung des einschlägigen Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 13.12.2005 IV C 3-S 2253-112/05, BStBl I 2006, 4, seien die streitigen Werbungskosten berücksichtigungsfähig. Die im Erlass genannten Beispiele seien nicht abschließend. Zudem sei nach diesem Schreiben die Koppelung von Vermietung und Arbeitsvertrag unschädlich. Zweifel an der Einkünfteerzielungsabsicht bestünden nicht, wenn das betriebliche Interesse des Arbeitgebers gegeben sei. In diesem Falle komme auch die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG nicht zur Anwendung.

    19

    Der Beklagte verwies zur Begründung auf die Einspruchsentscheidungen und trug ergänzend wie folgt vor:

    20

    Zwar sei grundsätzlich das überwiegend betriebliche Interesse des Arbeitgebers des Klägers an der Anmietung des Home-Office anzunehmen. Die Kläger hätten jedoch nicht nachgewiesen, dass auch die Anmietung des Badezimmers im vorrangigen Interesse des Arbeitgebers gewesen sei. Die steuerliche Einbeziehung des Badezimmers sei bisher aus ökonomischen Gründen nicht beanstandet worden, weil die Anmietung einer Toilette als angemessen angesehen worden sei und die Aufteilung der Kosten anteilig auf eine Toilette und das übrige Badezimmer von geringer steuerlicher Auswirkung gewesen sei.

    21

    Die Höhe der Kosten lasse auf eine aufwändige Renovierung schließen. Dennoch sei die Miete nicht erhöht worden. Es sei jedoch davon auszugehen, dass die Kläger die Miete erhöht hätten, wenn die Renovierung vorwiegend im Interesse des Arbeitgebers gelegen hätte. Zudem sei der Kläger am ...1945 geboren und habe damit bereits das Rentenalter erreicht. Es sei deshalb damit zu rechnen, dass die Tätigkeit als Arbeitnehmer in absehbarer Zeit enden werde und dann die Räumlichkeiten einer anderweitigen Verwendung zugeführt würden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Renovierung des Badezimmers nicht im Interesse des Arbeitgebers, sondern im Vorgriff auf eine spätere anderweitige Verwendung der Räume erfolgt sei.

    22

    Die Vorgaben des Arbeitgebers des Klägers in Bezug auf die angemieteten Räumlichkeiten hätten neben den unstreitigen Erfordernissen zu den übrigen Räumen lediglich das Vorhandensein einer sanitären Einrichtung umfasst. Gemäß der Stellungnahme des Arbeitgebers vom 24.04.2015 sei Voraussetzung für den Abschluss des Mietvertrages vom 28.01.2003 gewesen, dass die Räumlichkeiten dem Standard der Niederlassung entsprachen, d.h. sie mussten einen repräsentativen und vorzeigbaren Rahmen für die Tätigkeit des Klägers als Vertriebsleiter aufweisen. Da der Mietvertrag entsprechend abgeschlossen worden sei, sei offensichtlich ein entsprechender Rahmen vorhanden gewesen und die Höhe der Mietzahlung habe dem damals akzeptierten Rahmen entsprochen.

    23

    Soweit die Renovierungskosten für das Badezimmer den Umfang der geforderten sanitären Einrichtungen (Toilette, Waschbecken, entsprechendes Zubehör) überstiegen, seien diese nicht abzugsfähig und könnten allenfalls nur anteilig zugerechnet werden. Wegen der tatsächlichen Erforderlichkeit von Toilette und Waschbecken würde sich eine Aufteilung der tatsächlichen Kosten anhand der Rechnung für die sanitären Anlagen (Toilette, Waschbecken, Anschlussmaterial) und der übrigen Kosten (Lohn, Fliesen, Kleber, Fugenmaterial usw.) nach Fläche anbieten. Der so errechnete Anteil könne bei den Werbungskosten berücksichtigt werden.

    24

    Mit Urteil vom 03.08.2016 hat der erkennende Senat im Verfahren 5 K 2515/14 die streitigen Aufwendungen für die Badezimmerrenovierung ebenso wie die geltend gemachte Vorsteuer nur anteilig berücksichtigt und zur Begründung ausgeführt, dass die Anmietung des Badezimmers nicht in vollem Umfang im Interesse des Arbeitgebers liege und der abzugsfähige Anteil zu schätzen sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

    25

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17.04.2018 IX R 9/17, BFHE 261, 400, BStBl II 2019, 219 (betreffend nur die Einkommensteuer) das Urteil 5 K 2515/14 aufgehoben und die Sache an das FG Köln zurückverwiesen. Zur Begründung führte der BFH aus, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Gewerbeimmobilie handele und deshalb die Einkünfteerzielungsabsicht ohne typisierende Vermutung anhand einer Überschussprognose festzustellen sei. Als Werbungskosten seien dabei insbesondere die von den Klägern für die Renovierung des Bades geleisteten Renovierungsaufwendungen insgesamt in die Überschussprognoserechnung einzubeziehen. Ausweislich des Mietvertrages und dem aus den Vorgaben des Arbeitgebers für den in den Räumlichkeiten stattfindenden Kundenverkehr zum Ausdruck kommenden Willen und der Interessenlage des Arbeitgebers sei das Badezimmer wegen der im Geschäftsverkehr notwendig vorzuhaltenden sanitären Einrichtungen angemietet. Da in diesen Räumlichkeiten während der Vermietungszeit Renovierungs- oder Instandsetzungsarbeiten ausgeführt worden seien, seien die hierdurch entstanden Aufwendungen grundsätzlich als Werbungskosten zu berücksichtigen, sofern Einkunftserzielungsabsicht bejaht werden könne.

    26

    Unter Berücksichtigung dieser Entscheidung tragen die Kläger ergänzend wie folgt vor:

    27

    Im koordinierten Ländererlass des BMF vom 18.04.2019 IV C 1 ‒ 2-2211/16/10003: 005 vom 18.04.2019, BStBl I 2019, 461 werde ausgeführt, dass die Qualifizierung der Einkünfte aus Vermietung als solche aus VuV oder als Arbeitslohn sich danach richte, in wessen vorrangigem Interesse die Nutzung erfolge. Vorliegend habe die Vermietung den Arbeitgeberinteressen gedient. Nunmehr fordere das BMF ebenfalls eine objektbezogene Überschussprognose und Werbungskosten aus der Vermietung unterlägen demnach keiner Abzugsbeschränkung.

    28

    Danach werde das BMF-Schreiben vom 13.12.2005, das ursprünglich die Grundlage des Klageverfahrens gewesen sei, aufgehoben. Schließlich stelle das BMF fest, dass für alle vor dem 01.01.2019 abgeschlossenen Mietverträge nicht beanstandet werde, wenn bei den Einkünften aus VuV nach § 21 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unverändert entsprechend den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 16.09.2004 eine Einkünfteerzielungsabsicht typisierend angenommen werde. Der Mietvertrag der Klägerseite datiere jedoch auf den 28.01.2003.

    29

    Zudem hätte das vorliegende Verfahren nie stattfinden dürfen, wenn der Beklagte das BMF-Schreiben vom 13.12.2005 von Anfang an richtig angewendet hätte. Sowohl durch das Finanzgericht als auch durch den BFH sei festgestellt worden, dass die Leistung des Arbeitgebers an die Kläger als Einkünfte aus VuV zu betrachten sei. Dementsprechend seien die betreffenden Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen, wie auch der BMF-Erlass vom 18.04.2019 ausführe. Aus Gründen der Steuergerechtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung müsse deshalb eine Anerkennung des Werbungskostenabzugs in voller Höhe erfolgen.

    30

    Die Kläger beantragen,

    31

    den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 04.12.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.08.2014 dergestalt zu ändern, dass bei den Einkünften aus VuV weitere Werbungskosten in Höhe von 25.780,66 € berücksichtigt werden.

    32

    Der Beklagte beantragt,

    33

    die Klage abzuweisen.

    34

    Er trägt ergänzend wie folgt vor: Nach der zurückverweisenden Entscheidung des BFH sei eine objektbezogene Überschussprognose zu erstellen und so die Einkünfteerzielungsabsicht zu prüfen. Vorliegend sei der Mietvertrag an das Arbeitsverhältnis gekoppelt. Das Mietverhältnis habe im Jahr 2003 begonnen und sei automatisch beendet worden mit Beendigung der Tätigkeit für die D KG. Ausweislich der elektronisch übermittelten Lohnsteuerbescheinigung habe der Arbeitgeber letztmalig für 2016 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bescheinigt. Zudem habe der Kläger mit Schreiben vom 14.02.2017 wegen der Vorauszahlungen zur Einkommensteuer mitgeteilt, ab 2017 keine steuerpflichtigen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit mehr zu beziehen. Damit sei nach den Vereinbarungen im Mietvertrag automatisch das Mietverhältnis mit dem Arbeitgeber Ende 2016 beendet. Der relevante Zeitraum für die Überschussprognose umfasse somit die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2016. In diesem Zeitraum sei aber ein Verlust von 72.558 € angefallen, wie sich aus der übersandten Tabelle ergebe. Somit liege für den Zeitraum der gewerblichen Vermietung keine Überschusserzielung vor. Die diesbezüglichen Einkünfte bzw. Verluste seien grundsätzlich steuerlich nicht zu berücksichtigen. Im ursprünglich angefochtenen erstmaligen Steuerbescheid 2012 vom 04.12.2013 sei zwar für die Kläger jeweils ein Verlust von 633 € berücksichtigt worden. Eine vollständige Nichtberücksichtigung scheitere aber am Verböserungsverbot des § 96 FGO. Rückgängig zu machen seien aber die aufgrund des FG-Urteils vom 03.08.2016 mit Steuerbescheid vom 14.09.2016 vorgenommenen Änderungen.

    35

    Der von den Klägern genannte koordinierte Ländererlass des BMF vom 18.04.2019 IV C 1 ‒ 2-2211/16/10003:005 sei auf alle laufenden Fälle anzuwenden. Auch sei der vorliegende Sachverhalt vom Erlass betroffen. Beim letzten Absatz des BMF-Schreibens handele es sich um eine Nichtbeanstandungsregel. Hiermit werde nur die Möglichkeit eröffnet, bei betroffenen Vermietungen auf einen Aufgriff zu verzichten, wenn die vertragliche Vereinbarung vor dem 01.01.2019 eingegangen worden sei. Damit werde der Änderung der Rechtsprechung durch den BFH Rechnung getragen, ohne alle gleich gelagerten Fälle zwingend aufgreifen und überprüfen zu müssen. Vorliegend komme die Anwendung der Nichtbeanstandungsregel jedoch nicht in Betracht, da es schon an der Einkünfteerzielungsabsicht fehle.

    36

    Im Übrigen sei auch unter Berücksichtigung des BMF-Schreibens vom 13.12.2005 ein Klageerfolg nicht möglich. Der BFH verweise nämlich in seinem zurückverweisenden Urteil darauf, dass das BMF-Schreiben vom 13.12.2005 übersehe, dass der BFH in ständiger Rechtsprechung bestimmte Fallgruppen von der Typisierungswirkung ausnehme und lehne gerade im vorliegenden Fall die Anwendung dieses Schreibens ab.

    37

    Entscheidungsgründe:

    38

    Die Klage wird abgewiesen. Die Berücksichtigung der streitigen Werbungskosten aus VuV scheitert an der fehlenden Überschusserzielungsabsicht des Klägers.

    39

    1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer ein Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (z.B. BFH-Urteile vom 25.03.2003 IX R 56/00, BFH/NV 2003, 1170, vom 19.12.2007 IX R 30/07, BFH/NV 2008, 1300 und vom 17.04.2018 IX R 9/17, BFHE 261, 400, BStBl II 2019, 219).

    40

    Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 01.04.2009 IX R 39/08, BFHE 224, 538, BStBl II 2009, 776, vom 16.09.2015 IX R 31/14, BFH/NV 2016, 188 und in BFHE 261, 400, BStBl II 2019, 219). Dies gilt jedoch nur für die Vermietung von Wohnungen, nicht indes für die Vermietung von Gewerbeimmobilien (BFH-Urteile vom 20.07.2010 IX R 49/09, BFHE 230, 385, BStBl II 2010, 1038, vom 17.10.2013 III R 27/12, BFHE 243, 327, BStBl II 2014, 372; vom 09.10. 2013 IX R 2/13, BFHE 244, 247, BStBl II 2014, 527, und in BFHE 261,400, BStBl 2019, 219).

    41

    Abweichend von vorstehendem Grundsatz ist bei Gewerbeimmobilien die Überschusserzielungsabsicht stets ohne typisierende Vermutung im Einzelfall festzustellen (BFH-Urteile vom 19.02.2013 IX R 7/10, BFHE 240, 258, BStBl II 2013, 436 und in BFHE 261, 400, BStBl II 2019, 219). Denn die Vermietung zu gewerblichen Zwecken ist wegen ihres Einflusses auf den Gebrauchswert der Immobilie nicht mit einer auf Dauer ausgerichteten Wohnraumvermietung vergleichbar. Dabei sind Gewerbeimmobilien - in Abgrenzung zu einer Wohnung - alle Immobilien, die nicht Wohnzwecken dienen (BFH-Urteil in BFHE 244, 247, BStBl II 2014, 527 und in BFHE 261, 400, BStBl II 2019, 219). Zu diesen Immobilien zählen auch Räumlichkeiten des Arbeitnehmers, die dieser dem Arbeitgeber zur ausschließlichen Erfüllung von dessen betrieblichen Zwecken vermietet. Dabei ist es unerheblich, ob diese Räume in oder außerhalb der Privatwohnung des Arbeitnehmers belegen sind. Entscheidend ist die im Mietvertrag vereinbarte und damit verbindlich festgelegte Art der Nutzung (BFH-Urteil in BFHE 261, 400, BStBl II 2019, 219).

    42

    2. Da es sich vorliegend, wie von den Klägern selbst zutreffend erklärt, um die Vermietung einer Gewerbeimmobilie handelt, musste die Überschusserzielungsabsicht der Kläger durch eine objektbezogene Überschussprognose überprüft werden.

    43

    Gegen die Forderung einer Überschussprognose können sich die Kläger nicht in Anwendung des koordinierten Ländererlass des BMF vom 18.04.2019 IV C 1 ‒ 2-2211/16/10003: 005 BStBl I 2019, 461, auf die insoweit anders lautende Auffassung im Schreiben des BMF vom 13.12.2005 IV C 3-S 2253-112/05 (BStBl I 2006, 4) berufen, der für die Vermietung eines im Haus oder der Wohnung des Arbeitnehmers gelegenen Büros an den Arbeitgeber typisierend vom Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht ausgeht. Der Erlass übersieht, dass der BFH in ständiger Rechtsprechung bestimmte Fallgruppen von der Typisierungswirkung ausnimmt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30.09.1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, dort 2.d, Rz 23; vom 06.11.2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 --Ferienwohnung--; vom 05.11.2002 IX R 48/01, BFHE 201, 46, BStBl II 2003, 646 --verbilligte Vermietung--; vom 09.07.2002 IX R 57/00, BFHE 199, 422, BStBl II 2003, 695; vom 09.07.2002 IX R 47/99, BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580 --befristete Vermietungstätigkeit--; vom 06.10.2004 IX R 30/03, BFHE 208, 142, BStBl II 2005, 386 --aufwendig gestaltetes Wohngebäude--; in BFHE 244, 247, BStBl II 2014, 527; in BFH/NV 2016, 188 ‒Gewerbeimmobilien-- und in BFHE 261, 400, BStBl II 2019, 219 II.1.).

    44

    Gegen eine typisierende Einordnung der Vermietung spricht zudem die Koppelung des Mietvertrages an das Bestehen des Dienstverhältnisses. Anders als bei einem üblichen Wohnraummietverhältnis wird der Mietvertrag zeitlich an den Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer und an die Weisung des Arbeitgebers gebunden, die Tätigkeit in anderen Büroräumen zu betreiben. Bei Kündigung des Arbeitsvertrages oder bei entsprechender Weisung des Arbeitgebers endet in der Regel das Mietverhältnis. Zwar stellt eine solche Koppelung keine zivilrechtliche Befristung im engeren Sinne dar; sie spricht aber gegen die Gleichbehandlung mit einem Wohnraummietvertrag.

    45

    3. Im Streitfall kann eine Überschusserzielungsabsicht nicht festgestellt werden.

    46

    Die Absicht, einen Totalüberschuss zu erzielen, kann als sogenannte innere Tatsache nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden. Entscheidend ist, ob die Vermietungstätigkeit bei objektiver Betrachtung einen Totalüberschuss erwarten lässt. Ist dies zu verneinen, können die Steuerpflichtigen gleichwohl nachweisen, dass sie zum maßgeblichen Zeitpunkt (Beginn der Vermietung) die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet haben, zunächst angefallene Werbungskostenüberschüsse würden im Laufe der Tätigkeit durch Einnahmeüberschüsse ausgeglichen und insgesamt werde ein positives Gesamtergebnis erzielt (vgl. BFH-Beschluss vom 28. März 2000 X B 82/99, BFH/NV 2000, 1186, unter 2.). Die Steuerpflichtigen, die für das Vorhandensein der Überschusserzielungsabsicht die Feststellungslast tragen, müssen hierzu die objektiven Umstände vortragen, aufgrund derer sie im Beurteilungszeitraum erwarten konnten, einen Gesamtüberschuss zu erzielen (vgl. BFH-Urteil vom 31.01.2017 IX R 23/16, BFH/NV 2017, 897 m.w.N.).

    47

    Der relevante Zeitraum für die Beurteilung umfasst vorliegend die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2016. Das Mietverhältnis hatte im Jahr 2003 begonnen und endete automatisch mit Beendigung der Tätigkeit für die D KG Ende des Jahres 2016. Eine eigene Überschussprognose haben die Kläger nicht erstellt. Im relevanten Zeitraum ist jedoch ein Verlust von 72.558 € angefallen, wie sich aus der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 11.10.208 übersandten Tabelle ergibt, deren Inhalt die Kläger nicht bestreiten. Diese Zahlen belegen, dass objektiv ein Totalüberschuss nicht möglich ist. Die Kläger haben auch keinerlei Umstände dargelegt oder Berechnungen vorgelegt, die die Beurteilung ermöglichen würden, dass trotz der hohen Verluste ein Totalüberschuss zu erzielen und somit eine Überschusserzielungsabsicht anzunehmen wäre. Das Fehlen der Überschusserzielungsabsicht wurde vielmehr im Ergebnis nicht bestritten.

    48

    Die Klage war daher abzuweisen. Trotz Verneinung der Überschusserzielungsabsicht verbleibt es wegen des Verböserungsverbotes nach § 96 FGO bei dem im Steuerbescheid 2012 vom 04.12.2013 berücksichtigten Verlust von 633 € je Kläger.

    49

    Die Kostentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und § 143 Abs. 2 FGO.

    Karrierechancen

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