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  • 23.01.2024 · IWW-Abrufnummer 239273

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 14.11.2023 – 5 K 1843/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln

     
    Tenor:

    Die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 vom 10. Juli 2014 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 08. Juni 2016, der Einkommensteuerbescheid 2013 vom 15. Juni 2015 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 25. November 2016 sowie der Einkommensteuerbescheid 2014 vom 18. März 2016, geändert am 08. Juni 2016 und 25. November 2016, werden unter Berücksichtigung der geltend gemachten Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von ... € in 2011, ... € in 2012, ... € in 2013 und ... € in 2014 geändert.

    Die Neuberechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten aufgegeben.

    Die Kosten des Verfahren trägt der Beklagte.

    Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

    Die Revision wird zugelassen.
     
    1
    Tatbestand:

    2
    Der Kläger war Gesellschafter der Z GmbH mit Sitz in X (im Folgenden Z). Am Stammkapital von ... € war der Kläger mit einem Geschäftsanteil von ... € beteiligt. Die Anschaffungskosten des Geschäftsanteils i.H.v. ... € im Jahr 2000 hatte der Kläger fremdfinanziert. Mit notarieller Urkunde vom ...2010 hat der Kläger seinen Geschäftsanteil veräußert, wobei ein Schuldüberhang verblieb, auf den der Kläger in den Streitjahren noch Schuldzinsen zahlte.

    3
    Mit der Einkommensteuerklärung 2010 hatte der Kläger Verluste aus der Veräußerung seiner Beteiligung gemäß § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) geltend gemacht, sein Optionsrecht nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für die Beteiligung ausgeübt und den Abzug der angefallenen Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen beantragt. Antragsgemäß wurde dann der Verlust gemäß § 17 EStG und die Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2010 berücksichtigt.

    4
    Für die Streitjahre machte der Kläger die weiterhin gezahlten Schuldzinsen in Höhe von ... € für 2011, ... € für 2012, ... € für 2013 und ... € für 2014 mit jeweils 60 % (... € in 2011, ... € in 2012, ... € in 2013 und ... € in 2014) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Für 2011 und 2012 wurden diese zunächst berücksichtigt, nach einer Betriebsprüfung beim Kläger in Änderungsbescheiden vom 10. Juli 2014 jedoch nicht mehr angesetzt. Für 2013 und 2014 wurde deren Berücksichtigung in den Einkommensteuerbescheiden vom 15. Juni 2015 bzw. 18. März 2016 von vornherein abgelehnt. Die hiergegen gerichteten Einsprüche wurden mit Entscheidung vom 08. Juni 2016 zurückgewiesen.

    5
    Da die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG in den Streitjahren 2011 bis 2014 zu keinem Zeitpunkt erfüllt gewesen seien, komme ein Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht mehr in Betracht.

    6
    Das Klageverfahren war im Hinblick auf das vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Verfahren VIII R 41/15 zum Ruhen gebracht worden. Nachdem der BFH in dieser Sache mit Urteil vom 28. Februar 2018, BFHE 261, 53, BStBl II 2018, 478, entschieden hatte, wurde das Verfahren wiederaufgenommen.

    7
    Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger wie folgt vor:

    8
    1. Das BFH-Urteil vom 28. Februar 2018 VIII R 41/15 sei vorliegend nicht einschlägig. Im dortigen Fall sei die unternehmerische Beteiligung bereits im Jahr 2005, also vor dem Zeitpunkt der Anwendung der Abgeltungssteuer in 2009, aufgegeben worden. Vorliegend habe der Kläger die Beteiligung erst im Jahr 2010 veräußert und in diesem Jahr zulässigerweise gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zur Regelbesteuerung optiert. Dieser Antrag gelte erstmals für den Veranlagungszeitraum, in dem er gestellt werde, und, solange er nicht widerrufen werde, für die folgenden vier Jahre.

    9
    Bei dieser Vorschrift handele es sich um eine gesetzliche Fiktion, die auch Wirkung für die Folgejahre entfalte, wenn die Beteiligung nicht mehr vorhanden sei. So habe auch der BFH mit Urteil vom 01.Juli 2014 VIII R 53/12, BStBl II 2014, 975 entschieden:

    10
    „Sofern eine Beteiligung fünf Jahre nach Antragstellung gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht mehr vorhanden ist, kann ein erneuter Antrag auf Option nicht mehr gestellt werden“. Offenbar fordere der BFH erst zum Abschluss des fünfjährigen Optionszeitraums die Prüfung der Frage, ob die Beteiligung noch vorhanden sei oder nicht. Eine rückwärts gerichtete Untersuchung des Optionszeitraumes, ab welchem Veranlagungszeitraum denn die Voraussetzungen der unternehmerischen Beteiligung nicht mehr vorgelegen hätten, werde nicht gefordert. Diese Ansicht werde auch gestützt durch den in diesem Urteil enthaltenen Verweis auf den Aufsatz von Moritz/Strom in BB 2012, 3107, der die Verwaltungsauffassung eindeutig ablehne. Entscheidend sei die Frage, ob es sich bei der Fünfjahresfrist nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG um eine gesetzliche Fiktion oder eine Arbeitserleichterung handele. Eine weitere Option nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums sei nicht mehr möglich, wenn die Beteiligung nicht mehr vorhanden sei.

    11
    2. Im Übrigen sei hilfsweise davon auszugehen, dass die Beteiligung des Klägers an der Z notwendiges Betriebsvermögen der Einzelfirma Y darstelle. Die Anwendung des § 32d EStG scheide daher grundsätzlich aus.

    12
    Der Kläger sei seit 2007 Gesellschafter und Geschäftsführer der Z und zuvor dort als leitender Angestellter tätig gewesen. Gegenstand der Z sei der „Handel mit und der Service für ... ferner alle Tätigkeiten, die mit der vorgenannten in Zusammenhang stehen".

    13
    Der Kläger habe zum ...2009 eine Einzelfirma mit dem Gegenstand „Handel, Service, Schulung im Bereich ..." gegründet. Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen sei der Gegenstand der Firma zum ...2009 formell geändert worden in „..., Beratung, Planung und Durchführung".

    14
    In 2009 seien im Wesentlichen Schulungen und Beratungen durchgeführt in den Bereichen:

    15
    - Ausbildung / jährliche Unterweisung ... gem. ...

    16
    - Ausbildung / jährliche Unterweisung ... gem. ...

    17
    - Ausbildung / jährliche Unterweisung ... gem.  ...

    18
    - Ausbildung / jährliche Unterweisung ... gem.  ...

    19
    - Unterweisung ... gem. ...

    20
    - Unterweisung ... gem.  ...

    21
    - als Referent der M-Schule in den vorgenannten Bereichen

    22
    Zum notwendigen Betriebsvermögen gehörten Wirtschaftsgüter, die nahezu ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Steuerpflichtigen genutzt würden. Das gelte auch für GmbH-Beteiligungen. Die Beteiligung an einer GmbH sei danach dann notwendiges Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens, wenn sie für dieses wirtschaftlich vorteilhaft sei.

    23
    Bei der Zuordnung der Beteiligung zum Privat- oder Betriebsvermögen sei zu unterscheiden, ob es sich um ein übliches „Geldgeschäft" oder um Beteiligungen an Kapitalgesellschaften handele, bei denen ein entsprechender betrieblicher Zusammenhang herstellbar sei (BFH-Urteil vom 10. April 2019 X R 28/16, BFHE 264, 226, BStBl II 2019, 474, mit diversen Beispielen). In der einschlägigen BFH-Rechtsprechung werde für die Zurechnung einer GmbH-Beteiligung zum Betriebsvermögen eine entscheidende Förderung von Dienstleistungen des Steuerpflichtigen gefordert. Entscheidend für den Gesichtspunkt der „Förderung" sei der Anteil des durch die Beteiligungsgesellschaft generierten Umsatzes (Kunden) des Einzelunternehmens. In dem bereits zitieren BFH-Urteil vom 10. April 2019 X R 28/16 würden in den genannten Einzelfällen bereits Umsatzanteile von 12,5 % oder 6 % als ausreichend angesehen. Der Markt für die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten sei begrenzt. Das Geschäftsfeld habe fast ausschließlich nur im Zusammenspiel mit der Z-Tätigkeit erschlossen werden können. Dies habe zu Wettbewerbsstreitigkeiten geführt, deren Ergebnis eine Umfirmierung der Einzelfirma und letztlich auch der Verkauf der Z-Beteiligung zur Folge gehabt habe.

    24
    Der Kläger verweist auf die mit Schreiben vom 20. Januar 2020 übersandte Kundenliste. Es seien ca. 80 % der Kunden über die Z für Schulungszwecke der Einzelfirma des Klägers generiert worden.

    25
    Hinsichtlich der Nichtausweisung der Beteiligung im Anlagenverzeichnis der Einzelfirma und der späteren Anwendung des § 17 EStG liege ein Fehler des seinerzeitigen Erstellers vor, der einer Aufdeckung durch die Betriebsprüfung zugänglich gewesen sei und bedurft hätte. Da sich durch die unterschiedliche Behandlung als Privat- oder Betriebsvermögen keine steuerlichen Auswirkungen ergeben hätten, wäre zudem ein Rechtsbehelf mangels Beschwer ohnehin nicht statthaft gewesen. Die Beteiligung an der Z sei ‒ unabhängig von einer möglicherweise anderweitigen Behandlung im Rahmen der Abschlusserstellung der Vorberaterin ‒ als notwendiges Betriebsvermögen zu beurteilen.

    26
    Die Kläger beantragen,

    27
    die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 vom 10. Juli 2014 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 08. Juni 2016, den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 15. Juni 2015 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 25. November 2016 sowie den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 18. März 2016, geändert am 08. Juni 2016 und 25.November 2016, unter Berücksichtigung der geltend gemachten Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von ... € in 2011, ... € in 2012, ... € in 2013 und ... € in 2014 zu ändern.

    28
    hilfsweise die Einkünfte aus Gewerbetrieb um die geltend gemachten Schuldzinsen zu vermindern,

    29
    im Falle des Unterliegens die Revision zuzulassen.

    30
    Der Beklagte beantragt,

    31
    die Klage abzuweisen,

    32
    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    33
    Er trägt wie folgt vor:

    34
    1. Der BFH habe im Verfahren VIII R 41/15 entgegen der Vorinstanz (Finanzgericht - FG - Niedersachsen 7 K 19/13) im Urteil vom 18. Februar 2018 entschieden, dass das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG auch dann Anwendung finde, wenn Ausgaben, die nach dem 31. Dezember 2008 angefallen seien, mit vor dem 01. Januar 2009 zugeflossenen Kapitalerträgen zusammenhingen. Der BFH habe zudem mit Urteil vom 16. März 2010 VIII R 20/08, BFHE 229, 151, BStBl II 2010, 787, entschieden, dass Schuldzinsen für die Finanzierung der Anschaffungskosten einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung im Sinne von § 17 EStG, die auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfielen, ab dem Veranlagungszeitraum 1999 wie nachträgliche Betriebsausgaben als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden könnten.

    35
    Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 sei aufgrund der Einführung der Abgeltungssteuer der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten jedoch grundsätzlich ausgeschlossen. Stattdessen werde bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen als Werbungskosten ein Betrag von 801 € bzw. 1.602 € als Sparerpauschbetrag abgezogen.

    36
    Der Gesetzgeber habe mit § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG eine Option zur Anwendung der tariflichen Einkommensteuer eingeräumt. Voraussetzung sei, dass ein Anleger entweder bereits aufgrund seiner unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungshöhe (mindestens 25 %) oder aufgrund seiner unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungshöhe (mindestens 1 %) in Kombination mit einer beruflichen Tätigkeit wesentlichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen ausüben könne. Ein einmal gestellter Antrag gelte gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG für den Veranlagungszeitraum der Antragstellung und für die folgenden vier Veranlagungszeiträume als gestellt. Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG finde das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG in diesen Fällen keine Anwendung. Im Falle der Beendigung der Beteiligung seien folgende Grundsätze zu beachten:

    37
    - Sei die Beteiligung vor dem 01. Januar 2009 beendet worden, scheide eine Anwendung der tariflichen Einkommensteuer nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG und damit auch ein Werbungskostenabzug aus.

    38
    - Sei die Beteiligung, für die die Option nach § 32 Abs. 2 Nr. 3 EStG ausgeübt worden sei, nach dem 31. Dezember 2008 beendet worden, gelten die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG letztmalig für den Veranlagungszeitraum der Beendigung als erfüllt. Die Option nach 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG könne letztmalig für den Veranlagungszeitraum Wirkung entfalten, in dem die Beteiligung dem Steuerpflichtigen als Einkunftsquelle zuzurechnen sei. Dies sei das Jahr der Veräußerung oder in Auflösungsfällen das Jahr, in dem der Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG realisiert worden sei (BFH-Urteil vom 19. April 2005 VIII R 45/04, BFH NV 2005, 1545).

    39
    § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG diene lediglich der Verwaltungsvereinfachung in Form eines erleichterten Nachweises der Tatbestandsvoraussetzungen und ersetze nicht das Vorliegen einer Beteiligung nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG. Sinke die Beteiligung unter die Grenzen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG, sei auch innerhalb der Frist des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen.

    40
    Die Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG könne somit letztmalig für den Veranlagungszeitraum Wirkung entfalten, in dem die Beteiligung dem Steuerpflichtigen noch als Einkunftsquelle zuzurechnen gewesen sei. Dies sei das Jahr der Veräußerung oder in Auflösungsfällen das Jahr, in dem der Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG realisiert worden sei (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2005, VI R 45/04, BFH/NV 2005,1545).

    41
    Der Kläger habe seine Beteiligung an der Z im Jahr 2010 veräußert. Mithin habe die Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2010 Wirkung entfalten können. Da die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG in den Streitjahren vorliegend zu keinem Zeitpunkt erfüllt gewesen seien, komme ein Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht mehr in Betracht.

    42
    2. Inwieweit sich die Tätigkeit der Z auf das Einzelunternehmen des Klägers ausgewirkt habe und ob sie dazu habe dienen sollen, das Einzelunternehmen des Klägers „entscheidend zu fördern", ließen die bisherigen Ausführungen nicht erkennen.

    43
    Der Kläger habe laut Auskunft des Betriebsprüfers seine Einzelfirma zum ...2009 wegen Streitigkeiten mit der Z gegründet. Dieser Umstand spreche gerade dagegen, dass die Tätigkeit der Z dazu dienen sollte, das Unternehmen des Klägers „entscheidend zu fördern". Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Beteiligung des Klägers an der Z notwendiges Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens gewesen sei.

    44
    Die Ausführungen der Kläger ließen nicht erkennen, dass die Tätigkeit der Z dazu bestimmt gewesen sei, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Klägers im Rahmen seines Einzelunternehmens entscheidend zu fördern oder dazu gedient habe, den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen des Klägers zu gewährleisten. Der Umstand, dass die im Rahmen der Einzelfirma durchgeführten Schulungen und Beratungen fast ausschließlich mit Personen durchgeführt worden seien, die aus dem Kundenkreis der Z stammten, lasse diesen Schluss jedenfalls nicht zu.

    45
    Entscheidend für den Gesichtspunkt der Absatzförderung sei der Anteil der Beteiligungsgesellschaft am Umsatz des Einzelunternehmens (BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 162, unter 1.b). Die mit Schriftsatz vom 20. Januar 2020 übersandte Kundenliste gebe keinen Aufschluss über den Anteil der Z GmbH am Umsatz des Einzelunternehmens des Klägers in den Jahren 2009 und 2010. Die Kläger müssten weiterhin nachweisen, inwieweit die Beteiligung den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen des Klägers ‒ in Bezug zum Umsatz - in den Jahren 2009 und 2010 gewährleistet habe.

    46
    Auch der Umstand, dass der Kläger seine mit notarieller Urkunde vom ... 2007 zu einem Kaufpreis von ... € erworbenen Geschäftsanteile an der Z mit notarieller Urkunde vom ... 2010 verlustbringend zu einem Kaufpreis von ... € veräußert habe und die Kläger den Verlust i. H. v. ... € gem. § 17 EStG in ihrer Einkommensteuererklärung 2010 geltend gemacht hätten, welcher antragsgemäß im Teileinkünfteverfahren (60 v.H.) mit ... € mindernd berücksichtigt worden sei, spreche gegen die Zugehörigkeit der Beteiligung des Klägers zum notwendigen Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. Der Kläger sei vielmehr offensichtlich davon ausgegangen, dass die Anteile zu seinem Privatvermögen gehören. Diese Rechtsauffassung habe er zunächst auch in der Folgezeit vertreten, indem er die Schuldzinsen zur Finanzierung der Anschaffungskosten seiner Beteiligung in seinen Einkommensteuererklärungen stets als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemacht habe. Selbst in der am 23. Dezember 2019 eingereichten Einkommensteuererklärung 2018 seien die Schuldzinsen als nachträgliche Einkünfte aus Kapitalvermögen geltend gemacht worden. Bereits in den Jahren vor 2010 habe der Kläger die Schuldzinsen zur Finanzierung der Anschaffungskosten seiner Beteiligung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemacht. Erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht am 22. Mai 2019 habe der Kläger seine Rechtsauffassung geändert und beantragt, die Schuldzinsen nunmehr als Betriebsausgaben zu berücksichtigen mit der Begründung, die Beteiligung sei entgegen der bisherigen Beurteilung notwendiges Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens gewesen. Die Beweislast liege insoweit beim Kläger.

    47
    Während des Klageverfahrens ergingen am 25. November 2016 aus nicht streitgegenständlichen Gründen Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2013 und 2014.

    48
    Entscheidungsgründe:

    49
    Die Klage ist begründet. Die geltend gemachten Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen aus der früheren Beteiligung an der Z sind antragsgemäß zu berücksichtigen. Insoweit ist es nicht von Belang, dass in den Streitjahren die Beteiligung nicht mehr bestand und infolgedessen keine Einkünfte aus der Beteiligung geflossen sind.

    50
    Bei der Beurteilung folgt der Senat im Wesentlichen den Überlegungen des FG Köln im Urteil vom 15. Dezember 2020 ‒ 11 K 1048/17 ‒, Rn. 16 - 40, EFG 2012, 1111, Revision VIII R 2/21.

    51
    1. Bei den Einkünften des Klägers aus den Anteilen an der GmbH handelt es sich um Kapitaleinkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG. Diese Einkünfte sind, da sie nicht unter § 20 Abs. 8 EStG fallen, gemäß § 32d Abs. 1 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 grundsätzlich nach dem gesonderten Tarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 25 % abgeltend zu besteuern. Dies gilt jedoch nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a) Satz 1 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 nicht, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, zu mindestens 25 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 finden insoweit § 3 Nummer 40 Satz 2 und § 20 Absatz 6 und 9 keine Anwendung. Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 gilt der Antrag für die jeweilige Beteiligung erstmals für den Veranlagungszeitraum, für den er gestellt worden ist. Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 ist der Antrag spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen und gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.

    52
    Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a) Satz 1 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 im Jahr 2010 gegeben waren und der Kläger seinen entsprechenden Antrag zur Ausübung des Optionsrechts für die tarifliche Besteuerung der Kapitalerträge aus seiner Beteiligung an der Z wirksam gestellt hatte. Der Kläger war insbesondere im Jahr 2010 mit 1/3 zu mehr als 25 Prozent an der GmbH beteiligt und hatte den erstmaligen Antrag für diese Beteiligung innerhalb der Antragsfrist gestellt.

    53
    2. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten liegen die Voraussetzungen für eine tarifliche Besteuerung der Kapitalerträge des Klägers aus seiner früheren Beteiligung an der Z auch in den Streitjahren 2011 bis 2014 vor.

    54
    Der tariflichen Besteuerung der Kapitalerträge steht nicht entgegen, dass der Kläger in den Jahren 2011 bis 2014 unstreitig nicht mehr an der Z beteiligt war. Denn nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 werden die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung des Optionsrechts auch für die dem Antragsjahr (Erstjahr) folgenden vier Veranlagungszeiträume fingiert. Der Wegfall der Beteiligung an der Z in den dem Antragsjahr folgenden vier Veranlagungszeiträumen ist für die Fortgeltung der Option unerheblich.

    55
    Hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a) Satz 1 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 lediglich im Antragsjahr (Erstjahr) oder aber auch in den jeweiligen vier folgenden Veranlagungszeiträumen vorliegen müssen, ist insbesondere ungeklärt, ob § 32d Abs. 2 Satz 4 EStG für die dem Erstjahr folgenden vier Veranlagungszeiträume lediglich eine Nachweiserleichterung (so z.B. BMF vom 18. Januar 2016 - IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306 - BStBl. I 2016, 85 Tz. 139; R 32d Abs. 3 EStR, jeweils allerdings ausdrücklich nur zum Erfordernis der notwendigen Beteiligungshöhe; Blümich/Werth, § 32d Rn. 148) oder aber eine gesetzliche Fiktion der Tatbestandsvoraussetzungen des Optionsrechts (so z.B. Herrmann/Heuer/Raupach/Kühner § 32d Rn. 58; Bordewin/Brandt/Oellerich § 32d Rn. 93 [dort zu § 32d Abs. 2 Nr. 3 lit.a) EStG unter Hinweis auf S. 4]; Redert in: EStG - eKommentar, § 32d Rn. 69; Frotscher/Geurts/Moritz/Strohm § 32d Rn. 61; Moritz/Strohm, BB 2012, 3107, 3110 f.) enthält. Der Inhalt der Vorschrift ist vor diesem Hintergrund im Wege der Auslegung zu ermitteln.

    56
    a. Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (vgl. BVerfG-Urteil vom 20. März 2002 ‒ 2 BvR 794/95, BVerfGE 105, 135 m.w.N.). Um den objektiven Willen des Gesetzgebers zu erfassen, können alle herkömmlichen Auslegungsmethoden herangezogen werden. Sie schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig. Das gilt auch für die Heranziehung der Gesetzesmaterialien, soweit sie auf den objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen. Die Gesetzesmaterialien dürfen jedoch nicht dazu führen, die Vorstellungen des Gesetzgebers dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen. Der Wille des Gesetzgebers kann bei der Auslegung des Gesetzes daher nur insoweit berücksichtigt werden, als er in dem Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat (vgl. BVerfG-Beschluss vom 17. Mai 1960 ‒ 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126 m.w.N.; BFH-Urteile vom 25. August 2015 ‒ VIII R 3/14, BStBl II 2015, 892 und vom 23. Oktober 2013 ‒ X R 3/12, BStBl II 2014, 58).

    57
    b. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, die sich der Senat zu eigen macht, sind § 32d Abs. 2 Nr. 3 Sätze 1 und 4 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 dahingehend zu verstehen, dass die Voraussetzungen für das Optionsrecht lediglich im Antragsjahr vorliegen müssen und der Wegfall der Beteiligung an der Z in den dem Antragsjahr folgenden vier Veranlagungszeiträumen für die Fortgeltung der Option unerheblich ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorliegen der Option werden in den vier auf das Erstjahr folgenden Veranlagungszeiträumen fingiert.

    58
    aa. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a) EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 gewährt die Option zur tariflichen Besteuerung „auf Antrag für Kapitalerträge im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 2 aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, zu mindestens 25 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist“. Der Gesetzeswortlaut stellt eindeutig auf die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft „im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird“ ab. Maßgebend ist mithin, dass der Steuerpflichtige lediglich im Veranlagungszeitraum der Antragstellung (Erstjahr, hier: 2010) zu mindestens 25 Prozent an der Kapitalgesellschaft beteiligt war. Hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, hätte er ausdrücklich auf die Beteiligung in den jeweiligen vier folgenden Veranlagungszeiträumen abstellen müssen (zutreffend Bordewin/Brandt/Oellerich § 32d EStG Rn. 93, dort zu § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 1 lit. a) EStG).

    59
    Nach dem Wortlaut des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 „gilt der Antrag, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind“. Bereits der Wortlaut der Vorschrift legt eine solche Fiktionswirkung hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen nahe. Zwar ist dieser Wortlaut nicht völlig eindeutig und mag der letzte Halbsatz „ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind” isoliert betrachtet als bloße Nachweiserleichterung angesehen werden (vgl. auch Moritz/Strohm, BB 2012, 3107, 3111). Der Wortlaut der Vorschrift ergibt im Gesamtkontext mit der vorangehenden Formulierung „gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume” sowie der Formulierung in § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 jedoch nur dann einen Sinn, wenn die Vorschrift als gesetzliche Fiktion verstanden wird. Es erschließt sich dem Gericht nicht, weshalb eine erneute Überprüfung der Tatbestandsvoraussetzungen in den Folgejahren durch den Beklagten in Betracht kommen sollte, wenn der Antrag nach dem Gesetzeswortlaut auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume gelten soll und die Antragsvoraussetzungen in den Folgejahren gerade nicht erneut zu belegen sind. Denn eine solche Überprüfung ‒ die sich für die Streitjahre im Übrigen auf die Frage des Fortbestehens der erforderlichen Beteiligungshöhe beschränken dürfte ‒ würde dann dazu führen können, dass der Beklagte die Voraussetzungen (z.B. wegen unvollständiger oder fehlerhafter ihm vorliegende Unterlagen/Mitteilungen) als nicht gegeben ansähe und ‒ bei Verneinung der Fiktionswirkung ‒ die Anwendung der tariflichen Besteuerung nebst Abzug von Werbungkosten ablehnte. In diesem Fall wäre der Steuerpflichtige aber gerade angehalten, die Antragsvoraussetzungen ‒ entgegen dem insoweit eindeutigen gesetzlichen Wortlaut ‒ dennoch (erneut) zu belegen. Würde man die Vorschrift als bloße Nachweiserleichterung ansehen, müsste in diesen Fällen nach dem Gesetzeswortlaut auf die Vorlage von Nachweisen verzichtet werden, wobei letztlich konsequenterweise die Voraussetzungen der Norm bzw. für das Vorliegen des Wahlrechts ‒ ohne Nachweis ‒ zu bejahen wären, um der Vorschrift einen Sinn zu verleihen.

    60
    bb. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich ebenfalls, dass der Gesetzgeber die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Fortgeltung des Optionsrechts auch bei einem Wegfall der Voraussetzungen in einem der vier folgenden Veranlagungszeiträume schaffen wollte. In der Gesetzesbegründung (siehe BT-Drs. 16/7036, S. 14) heißt es hierzu ausdrücklich:

    61
    „§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 bis 6 EStG regelt das Verfahren zur Antragstellung sowie zum Widerruf des Antrages. Der Antrag gilt grundsätzlich als für fünf Veranlagungszeiträume gestellt. Dabei wird fingiert, dass die Voraussetzungen für eine Option während dieses gesamten Zeitraums erfüllt sind. Erst nach Ablauf von fünf Veranlagungszeiträumen sind ein erneuter Antrag und eine Darlegung der Antragsvoraussetzungen erforderlich. Diese Regelung dient der Verfahrensvereinfachung sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung. Nach einem einmaligen Widerruf kann der Antragsteller nicht mehr zum progressiven Einkommensteuertarif seiner Dividendeneinkünfte zurückkehren. Diese Regelung soll einen auf Steueroptimierung gerichteten ständigen Wechsel des Besteuerungsregimes verhindern und die Administration dieser Vorschrift erleichtern. Die erneute Ausübung der Option ist dem Steuerpflichtigen jedoch nicht verwehrt, wenn er nach der vollständigen Veräußerung seiner Anteile zu einem späteren Zeitpunkt erneut eine größere Beteiligung am selben Unternehmen erwirbt“.

    62
    Der Gesetzgeber wollte die Regelung daher ausdrücklich in dem Sinne verstanden wissen, dass der Antrag auf tarifliche Besteuerung als für fünf Jahre gestellt gilt und die Voraussetzungen für eine Option während dieses gesamten Zeitraums (Antragsjahr und die vier folgenden Veranlagungszeiträume) als erfüllt fingiert werden. Erst nach Ablauf von fünf Veranlagungszeiträumen soll ein erneuter Antrag und eine Darlegung der Antragsvoraussetzungen erforderlich sein. Auf diese Weise wollte der Gesetzgeber eine Verfahrensvereinfachung sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung bezwecken. Dieser Wille des Gesetzgebers hat im Wortlaut der Norm einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden. Der Wortlaut des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 wird diesem Verständnis nur gerecht, wenn man ihn als gesetzliche Fiktion und nicht lediglich als bloße Nachweiserleichterung versteht. Anhaltspunkte dafür, dass lediglich eine bloße Nachweiserleichterung ohne Fiktionswirkung gewollt wäre, lassen sich der gesetzlichen Begründung hingegen nicht entnehmen.

    63
    cc. Für diese Auslegung spricht schließlich auch der Gesetzeszweck. Durch das Wahlrecht nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchstabe a) EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 soll unter anderem eine Überbesteuerung aufgrund des Werbungskostenabzugsverbots nach § 20 Abs. 9 EStG vermieden werden (vgl. nur BFH-Urteil vom 25. August 2015 ‒ VIII R 3/14, BStBl II 2015, 892). Erträge aus einer unternehmerischen Beteiligung sollen gegenüber solchen aus einer Beteiligung, die sich als lediglich private Vermögensverwaltung darstellt, privilegiert werden (vgl. BFH-Urteile vom 14. Mai 2019 ‒ VIII R 20/16, BStBl II 2019, 586 und vom 21. Oktober 2014 ‒ VIII R 48/12, BStBl II 2015, 270). Für die Fälle einer typischerweise unternehmerischen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft hat der Gesetzgeber daher die Möglichkeit geschaffen, die aus der Beteiligung erzielten Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG ‒ vergleichbar einer Beteiligung im Betriebsvermögen ‒ dem progressiven Einkommensteuertarif unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens zu unterwerfen. Zur Vermeidung von Unbilligkeiten soll der Steuerpflichtige durch das Optionsrecht die Möglichkeit erhalten, anfallende Schuldzinsen steuermindernd geltend zu machen. Der ursprünglich vorhandene betriebliche Zusammenhang der Aufwendungen mit dem Erwerb der Beteiligung wird jedoch nicht durch eine Veräußerung oder Aufgabe der Beteiligung an der Gesellschaft unterbrochen. Die weiterhin anfallenden Finanzierungskosten (Schuldzinsen etc.) sind unverändert durch den beruflich motivierten Anteilserwerb veranlasst und sollen daher auch nach der Veräußerung oder Aufgabe der Beteiligung in dem Zeitraum der erfassten Folgejahre weiterhin abziehbar sein (so zutreffend Moritz/Strohm, BB 2012, 3107, 3110 f.). Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 32d Abs. 2 Nr. 3 Sätze 3 bis 6 EStG i.d.F. vom 26. Juni 2013 ein formalisiertes Verfahren zur Antragstellung sowie zum Widerruf des Antrages umfassend normiert hat. Dabei hat er sich zur Vermeidung von auf Steueroptimierungen ausgerichteten ständigen Wechseln des Besteuerungsregimes sowie zur Vereinfachung des Verfahrens sowohl für die Finanzverwaltung als auch für die Steuerpflichtigen bewusst dafür entschieden, dass der Antrag grundsätzlich als für fünf Veranlagungszeiträume gestellt gilt und für die Anteile an der jeweiligen Beteiligung nur einheitlich gestellt werden kann. Die zeitliche Begrenzung dient damit insgesamt insbesondere auch der Erleichterung der Administration der Wahlrechtsausübung (vgl. insgesamt BFH-Urteil vom 14. Mai 2019 ‒ VIII R 20/16, BStBl II 2019, 586). Der vom Gesetzgeber gewollte Vereinfachungszweck für die Finanzverwaltung und die Steuerpflichtigen wäre durch eine bloße Nachweiserleichterung mit einer damit verbundenen (jährlichen) Überprüfungsmöglichkeit der Tatbestandsvoraussetzungen durch die Finanzverwaltung in den dem Antragsjahr nachfolgenden vier Veranlagungszeiträumen ‒ anders als bei einer Fiktion der Tatbestandsvoraussetzungen für diesen Zeitraum ‒ kaum sinnvoll zu erreichen (vgl. zur Fortwirkung des Antrags für die folgenden vier Veranlagungszeiträume unter Verfahrensgesichtspunkten auch BFH-Urteil vom 28. Juli 2015 ‒ VIII R 50/14, BStBl II 2015, 894).

    64
    3. Die von den Klägern im Zusammenhang mit den Erträgen aus der Beteiligung an der Z für die Streitjahre geltend gemachten Aufwendungen von ... € in 2011, ... € in 2012, ... € in 2013 und ...€ in 2014 sind somit als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40 Buchstabe a) EStG) sind sie im Ergebnis wie vom Kläger beantragt zu 60% abzugsfähig, § 3c Abs. 2 EStG.

    65
    4. Da dem Hauptantrag der Kläger entsprochen wurde, sind Ausführungen zum Hilfsantrag entbehrlich.

    66
    5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.

    67
    6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

    68
    7. Die Neuberechnung der Steuer wird dem Beklagten gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO aufgegeben. Die Beteiligten haben der Neuberechnung der Steuer durch den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 14.11.2023 nicht widersprochen.

    69
    8. Die Zulassung der Revision erfolgt im Hinblick auf das einen vergleichbaren Sachverhalt betreffende Urteil des FG Köln vom 15. Dezember 2020 - 11 K 1048/17, EFG 2021, 1111, und die hierzu beim BFH anhängige Revision unter dem Aktenzeichen VIII R 2/21.

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