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  • 23.06.2021 · IWW-Abrufnummer 223076

    Finanzgericht Nürnberg: Urteil vom 24.11.2020 – 1 K 395/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Nürnberg

    Urteil vom 24.11.2020


    In dem Rechtsstreit
    GmbH
    - Klägerin -
    Prozessbevollmächtigte:
    gegen
    Finanzamt
    - Beklagter -

    wegen Körperschaftsteuer 2008, Gewerbesteuermessbetrag 2008 sowie gesonderter Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 und § 28 KStG zum 31.12.2008
    hat der 1. Senat des Finanzgerichts Nürnberg durch

    den Vizepräsidenten des Finanzgerichts,
    den Richter am Finanzgericht und
    die Richterin am Finanzgericht sowie
    die ehrenamtliche Richterin und
    die ehrenamtliche Richterin

    aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 24. November 2020 für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Unter Abänderung des Körperschaftsteuerbescheides 2008 und des Gewerbesteuermessbescheides 2008, jeweils vom 31.07.2014, sowie der Einspruchsentscheidung vom 16.03.2018 wird die Körperschaftsteuer 2008 auf 451.327 € und der Gewerbesteuermessbetrag 2008 auf 105.308 € festgesetzt.
    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    3. Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin zu 9/10 und der Beklagte zu 1/10 zu tragen.
    4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
    5. Das Urteil ist wegen der zu erstattenden Aufwendungen der Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Aufwendungen der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Tatbestand

    Streitig ist das Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen (vGA).

    Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz in 1, die im Streitjahr 2008 den Handel mit und die Durchführung, Erstellung und Vermittlung von div. Diensten zum Unternehmensgegenstand hatte. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war im Streitjahr K.

    Am 17.11.2008 hatte die Klägerin mit ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer K einen "Vertrag über Tausch von Depotpositionen" geschlossen.

    Mit dieser Vereinbarung trat K 31,41% seiner Beteiligung am FONDS A (Gesamtbeteiligung 1.420 T€) aus seinem Privatdepot an die Klägerin ab. Im Gegenzug übertrug die Klägerin an K aus ihrem Depot genau bezeichnete Aktien und Anteile, deren Gesamtwert sie auf Basis der entsprechenden Tageskurse in Höhe von 280.133,76 € ermittelte.

    Mit Rechnungen vom 03.12.2008 über 32.583,15 € und vom 04.12.2008 über 5.656 € hatte der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer K der Klägerin insgesamt 38.239,15 € für Rechts- und Beratungskosten sowie Gerichtskosten in Rechnung gestellt; diese Rechnungen wurden von der Klägerin auch beglichen.

    Die den weiterberechneten Rechtsanwalts- und Gerichtskosten zu Grunde liegenden Rechtsstreitigkeiten hatten die Beteiligung des K an der FONDS A betroffen. Die Kostennoten der Rechtsanwälte datierten vom 11.11.2008, die Gerichtskostenrechnung vom 01.12.2008.

    In den Rechnungen an die Klägerin hatte K jeweils ausgeführt:

    "[...] aufgrund des Depotübertrags vom 17.11.2008 gehen alle Rechte und Pflichten aus der Beteiligung am FONDS A an Sie über.

    Daher und wegen der Tatsache, dass aus dem geschlossenen Vergleich und der damit verbundenen Klagerücknahme erst die Werthaltigkeit Ihres Investments gesichert wurde und Sie damit auch Nutznießer und Begünstigter sind, erlauben wir uns die Erstattung der Rechtsvertretungskosten / Gerichtskosten wie folgt in Rechnung zu stellen: [...]"

    Die Klägerin und B-GMBH (Geschäftsführer C), eine Tochtergesellschaft der Bank 1, waren zwischen 2002 und 2005 bei der Abwicklung von Geschäften im Online-Handel (Schwerpunkt Erotik und Glücksspiel) zwischen Kunden (Karteninhaber) und dem kartenausgebenden Institut (sog. Issuer) eingeschaltet. Die Klägerin als sog. Reseller und die B-GMBH als sog. Aquirer. B-GMBH besaß die von den Kreditkartenunternehmen (D und E) eingeräumte Befugnis, Kreditkartenzahlungen einzuziehen, weiterzuleiten und abzurechnen. Die Klägerin wiederum übernahm die wöchentliche Abrechnung der Händler-Transaktionen auf Grundlage der Daten und Auszahlungen der B-GMBH.

    Nach einem Kauf eines Kunden beim Internet-Händler leitete B-GMBH die Daten an den Issuer (z.B. D) weiter, welcher einerseits dem Kunden die Leistung in Rechnung stellte und andererseits den Zahlungsbetrag an B-GMBH auskehrte. Diese wiederum schrieb den Betrag unter Abzug einer Provision der Klägerin gut, die dann ihrerseits die Gelder unter Abzug der eigenen Provision den Internet-Händlern gutschrieb.

    In Reseller-Verträgen vom 27.06.2002 und 16.12.2002 bzw. 06.02.2003 zwischen der Klägerin und B-GMBH wurden die beiderseitigen Rechte und Pflichten, insbesondere die Abläufe und die Vergütung festgelegt. B-GMBH schloss wiederum mit Internet-Händlern Akzeptanzverträge über die verwendeten Kreditkarten (D/E) und die Abwicklung der Zahlungen. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Verträge Bezug genommen.

    Aufgrund häufiger Rückbelastungen der Kunden (sog. Chargebacks) kam es zwischen den Händlern, der Klägerin und B-GMBH zu Meinungsverschiedenheiten, wer das Risiko der Rückbelastung zu tragen habe.

    Der Händler F Ltd. verklagte 2004 gemeinsam B-GMBH und die Klägerin vor dem Landgericht 3 (Az. ) auf Auszahlung rückständiger Transaktionsgelder über insgesamt 2.535.172,11 USD. In einem gerichtlich protokollierten Vergleich vom 12.08.2005 wurde festgehalten, dass B-GMBH an F Ltd. einen Vergleichsbetrag von 225.000 € gezahlt hatte und die Klägerin sich zu einer Vergleichszahlung an F Ltd. von 100.000 € verpflichtet.

    Die Klägerin verklagte mit Klageschrift vom 15.12.2006 B-GMBH auf Zahlung ausstehender Forderungen, woraufhin B-GMBH erstinstanzlich mit Urteil des LG 3 vom 23.11.2007 Az. (im Wesentlichen antragsgemäß) zur Zahlung von 8.704.785,77 € zzgl. Zinsen verurteilt wurde. In der Berufungsinstanz hatte dieses Urteil jedoch keinen Bestand: Vor dem OLG 3 wurde in der mündlichen Verhandlung vom 08.08.2008 Az. ein Vergleich geschlossen, wonach B-GMBH an die Klägerin einen Betrag von 2,8 Mio. € zu zahlen hatte und damit jedwede Zahlungsansprüche gegeneinander egal aus welchen Rechtsgründen, erledigt sind. Ausgenommen wurden Transaktionsbeträge aus dem Zeitraum vom 29.11.2004 bis 24.01.2005, die von der Klägerin ausbezahlt wurden, was noch nachzuweisen war.

    In einem zweiten Vergleich vom 26.11.2008 wurden die Beträge für diesen ausgesparten Zeitraum mit 312.273,70 € beziffert. Zuzüglich Zinsen hatte B-GMBH nunmehr an die Klägerin insgesamt 3.186.840,79 € zu zahlen. Im Gegenzug hatte die Klägerin B-GMBH von jedweden Forderungen der Internet-Händler aus den Akzeptanzverträgen freizuhalten. Hierfür hatte die Klägerin B-GMBH eine bis 31.12.2009 befristete Bürgschaft in Höhe von 386.840,79 € zu stellen.

    Am 11.08.2008 schloss die Klägerin einen Vertrag mit der Fa. G mit Sitz in 4, wonach sämtliche Forderungen aus dem Vergleich mit B-GMBH an G übertragen wurden und sich G im Gegenzug verpflichtete, die Klägerin von künftigen Kosten bzw. Forderungen der Internet-Händler freizuhalten. Alleingesellschafter-Geschäftsführer der G ist K. Die Klägerin zahlte über das Anderkonto ihres im Verfahren gegen B-GMBH mandatierten Prozessbevollmächtigten in drei Teilbeträgen einen Betrag von insgesamt 3.186.840,79 € an die G.

    Die Klägerin erfasste die Zahlungen, die B-GMBH aufgrund des Vergleichs leistete, nicht in ihrer laufenden Buchführung.

    Mit Vertrag vom 25.08.2008 stellte H Ltd. (5, Director: K) die G frei von Ansprüchen, für die sich die G am 11.08.2008 gegenüber der Klägerin verpflichtet hatte. Im Gegenzug erhielt sie dafür 2,2 Mio. €, die die G auf ein eigenes Festgeldkonto separierte und als Verbindlichkeit auswies. In der Folgezeit minderte sich durch Verrechnungen die Forderung der H Ltd. auf 1.810.233,57 €. K erhielt am 13.02.2013 diese Forderung gegen eine Freihalteverpflichtung gegenüber der H Ltd. soweit Händlerforderungen 804.959,84 € übersteigen würden. K rechnete diese Forderung mit Verbindlichkeiten gegenüber der G auf.

    In den Jahren 2005 - 2010 hatte G in großem Umfang Forderungen der Händler I GmbH, J Ltd. und L Ltd. gegen B-GMBH erworben. Die L Ltd. hatte hier zunächst Forderungen für eine Gegenleistung von 270.000 € an die Klägerin verkauft, die diese ohne Gegenleistung an die G abtrat.

    Am 21.12.2009 erhob die Firma M Ltd., vertreten durch K als deren Director, Klage gegen B-GMBH wegen Forderungen. In Folge kam es am 03.11.2010 zu einem Vergleich zwischen

    1. B-GMBH/3 (Geschäftsführer C)

    2. Bank 1 AG/2 a Main (N und O)

    einerseits und

    3. Herrn K/6

    4. G/4 (Director: K)

    5. M Ltd./UK (Director: K)

    6. P Ltd./UK (Director: K)

    7. Q Ltd./UK (Director: K)

    8. R Ltd./UK (Director: K)

    9. Klägerin/1 (Geschäftsführer: K)

    in dem die beiden Vergleiche vom 08.08.2008 und vom 26.11.2008 einbezogen wurden und nunmehr eine endgültige und vollumfängliche Abgeltung und Erledigung aller (etwaiger) Forderungen und Zahlungsansprüche von Händlern aus den Reseller-Verträgen und den Akzeptanzverträgen angestrebt wurde. B-GMBH hatte in diesem Vergleich 20 % der gestellten Ansprüche zu begleichen (an G/4 157.401 €, an M Ltd./UK 27.165 €, an P Ltd./UK 22.456 €, an Q Ltd./UK 7.022 € und an R Ltd./UK 5.254 €. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vergleich vom 03.11.2010 verwiesen.

    Im Rahmen einer Außenprüfung u.a. für das Streitjahr 2008 erkannte die Betriebsprüferin die Übertragung der Anteile an dem FONDS A nicht an und wies die Beteiligung in der Prüferbilanz zum 31.12.2008 nicht mehr aus.

    Da die Aktien und Anteile mithin ohne Gegenleistung auf den Gesellschafter-Geschäftsführer K übertragen worden seien, sei diese Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und durch den Ansatz einer vGA zu kompensieren.

    Die Betriebsprüferin sah in der Übernahme der Rechts- und Beratungskosten durch die Klägerin ebenfalls eine vGA, da für die Klägerin keine betriebliche Veranlassung für die Übernahme dieser Kosten bestanden habe.

    Die Forderungsabtretung der Klägerin an die G i.H.v. 3.186.840,79 € erfasste die Betriebsprüferin als vGA, da der Abtretung keine Gegenleistung gegenübergestanden habe; bereits B-GMBH habe sich in dem gerichtlichen Vergleich verpflichtet, die Klägerin von Ansprüchen der Internet-Händler freizustellen.

    Das Finanzamt folgte den Feststellungen und erließ am 31.07.2014 für 2008 Änderungsbescheide. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

    Gegen die Einspruchsentscheidung vom 16.03.2018 hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben.

    Zur Begründung hat sie vorgetragen:

    Die zwischen der Klägerin und K getroffene Vereinbarung vom 17.11.2008 über die Abtretung von Bestandteilen aus dem Privatdepot des K an die Klägerin halte einem Fremdvergleich vollumfänglich stand und sei auch zivilrechtlich ordnungsgemäß abgewickelt worden. Der Ansatz einer vGA sei mithin nicht gerechtfertigt. Über diesen Vorgang sei auch zu entscheiden, da er sich auf den Gewinn und mithin auf die steuerliche Belastung der Klägerin ausgewirkt habe.

    Da bezüglich des Tausches keine vGA vorliege, seien auch die diesbezüglichen Rechts- und Beratungskosten als Betriebsausgaben abzugsfähig.

    Zu Unrecht sei das Finanzamt auch von einer vGA hinsichtlich der Forderungsabtretung und Zahlung der Klägerin an die G in Höhe von rund 3,2 Mio. € ausgegangen.

    Eine vGA liege nicht vor, da sich das Vermögen des Gesellschafters K per Saldo nicht verändert habe und dieser somit keinen Vorteil aus dem Vorgang erlangt habe. Hinsichtlich des Konzern-Gesamtergebnis hätten sich keine Auswirkungen ergeben.

    Eine vGA sei auch deshalb nicht gegeben, da es sich bei den streitigen Beträgen um Fremdgelder gehandelt habe, die nicht zum Vermögen der Klägerin zu rechnen seien.

    Die Klägerin habe die über die Bank 1 und B-GMBH abgewickelten Transaktionsumsätze der Händler lediglich treuhänderisch für diese vorgenommen; wirtschaftliches Eigentum an den entsprechenden Forderungen habe sie nicht besessen. Auch die buchhalterische Erfassung der Transaktionsgelder belege, dass diese stets als Fremdgelder behandelt worden seien.

    Fremdgelder könnten beim Empfänger jedoch niemals eine die vGA charakterisierende "Vermögensmehrung" bewirken.

    Da durch die Zivilgerichtsbarkeit bereits der Fremdgeldcharakter der hier im Streit stehenden Gelder festgestellt worden sei, sei das erkennende Gericht wegen des aus Art. 20 Abs. 3 GG resultierenden Grundsatzes der "Einheit der Rechtsordnung" an dieses Judiz gebunden. Der bloße Grenzübertritt der Zahlung von Deutschland nach 4 bewirke keine vGA. Eine solche Schlussfolgerung verstoße gegen die europarechtlichen Regelungen zur Kapitalverkehrsfreiheit.

    Die Übertragung der Forderung an G sei nicht zu beanstanden; eine vGA liege mithin nicht vor.

    Im Gegensatz zum Rechtsverhältnis zu B-GMBH sei eine vollständige und bedingungslose Freistellung der Klägerin durch G erfolgt. Damit sei die Übertragung der Gelder auf die letztgenannte Gesellschaft gegen eine vollwertige Gegenleistung erfolgt.

    Insgesamt hätten den ca. 20 angeschlossenen Händlern im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses insgesamt ca. 8,7 Mio. € zugestanden. Der geschlossene Vergleich vor dem OLG 3 habe der Klägerin mit ca. 2,8 Mio. € lediglich ein Drittel davon zugesprochen. Zur Vermeidung dieses für die Klägerin existentiellen Risikos und einer sofortigen Insolvenz seien die Rechte und Pflichten aus dem Vergleich an G übertragen worden.

    Die Freihalteverpflichtung der B-GMBH in Tz. 2 des Vergleichs vor dem OLG 3 vom 08.08.2008 habe die Klägerin nicht aus ihrem Gesamt-Obligo gegenüber den Händlern befreien können. Dies stünde auch dem Zweck des vor dem OLG geschlossenen Vergleichs entgegen. Denn im Rahmen der Ziffer 1. des Vergleichs sei der von B-GMBH zu zahlende Betrag von 8,7 Mio. € zu Gunsten von B-GMBH auf 2,8 Mio. € reduziert worden.

    Zu berücksichtigen sei, dass die mit B-GMBH geschlossene Freistellungsvereinbarung nur zwischen der Klägerin und B-GMBH Rechtswirkung habe entfalten können. Gegenüber den Internet-Händlern hätte sich die Klägerin nicht auf diese Vereinbarung berufen können. Dabei sei B-GMBH bereits mit Beschluss vom 08.09.2008 in Liquidation gegangen. Im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung durch die Klägerin für die Jahre 2008 und 2009 sei somit bereits jedwede von B-GMBH ausgesprochene Freistellungsverpflichtung wertlos gewesen.

    Bei über 20 Internet-Händlern, die im hier streitrelevanten Zeitraum über die Klägerin an das Zahlungssystem angeschlossen gewesen seien, habe für die Klägerin ein beachtliches Haftungspotenzial bestanden. Dieses Haftungspotential sei nicht nur theoretischer Natur, sondern habe sich in der Vergangenheit beispielsweise durch das Verfahren "F" bereits real verwirklicht.

    Auch hätten die Auswirkungen der Einführung des Zahlungsdienstleistungsgesetzes zum Jahr 2009 berücksichtigt werden müssen. Denn aufgrund dieses Gesetzes sei ein weiterer Verbleib der Gelder bei der Klägerin als deutschem Unternehmen ab dem Jahr 2009 rechtlich unmöglich geworden. Das Auslagern über den Vertrag mit G sei für die Klägerin im Vorgriff auf die unmittelbar anstehende Gesetzesänderung die einzige Handlungsoption gewesen.

    Dieser Vertrag sei nicht nur geschlossen, sondern auch vollzogen worden. Bereits 2009 sei der erste Händler (J) von der G und eben nicht von der Klägerin ausbezahlt worden.

    Die Forderungen der Internet-Händler seien auch noch nicht verjährt gewesen.

    Zudem bestehe ein Verwertungsverbot. Den vorliegenden Akten des Finanzamts sei zu entnehmen, dass die durchgeführte Betriebsprüfung alleine zum Zweck der Durchführung eines Steuerstrafverfahrens angeordnet worden sei. Dies stelle eine unzulässige Verknüpfung von Steuer- und Strafverfahren dar, so dass wegen der Schwere des Verstoßes ein umfassendes Verwertungsverbot bezüglich aller Feststellungen der Betriebsprüfung bestehe. Weder das Gesetz (§§ 193 ff AO) noch die Betriebsprüfungsordnung (BpO) würden die Durchführung einer Außenprüfung als reine Sachverhaltsermittlung im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens vorsehen.

    Eine anderslautende Auffassung der Finanzgerichtsbarkeit verstoße gegen das Recht auf ein faires Verfahren - Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).

    Soweit sich das Finanzamt auf neue Erkenntnisse berufe, die im Rahmen einer im Jahr 2020 durchgeführten Fahndungsprüfung gewonnen worden seien, bestehe ein weiteres Verwertungsverbot, da in einem laufenden finanzgerichtlichen Verfahren das Gericht und nicht mehr die Finanzbehörde die uneingeschränkte Sachherrschaft über die Erforschung des Sachverhaltes innehabe. Sämtliche angeblich neuen Erkenntnisse des Finanzamts aufgrund der erneuten Hausdurchsuchung unterlägen daher wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen das Rechtsstaatsgebotes des Art. 20 Abs. 3 GG einem Verwertungsverbot.

    Die Klägerin hat beantragt,

    den geänderten Körperschaftsteuerbescheid 2008 vom 31.07.2014, den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zum 31.12.2008 nach §§ 27, 28 KStG vom 31.07.2014 und den Gewerbesteuermessbescheid 2008 vom 31.07.2014 in Form der Einspruchsentscheidung vom 16.03.2018 aufzuheben.

    Hilfsweise: Festzustellen, dass in sämtlichen Sachverhaltsgegebenheiten keine verdeckten Gewinnausschüttungen gegeben sind.

    Das Finanzamt hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung hat es vorgetragen:

    Die Übertragung der Aktien, der Anteile an Investmentfonds und Bonuszertifikate von der Klägerin an K stelle eine vGA dar, da zwar die Hingabe der Vermögensgegenstände an den Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer K erfolgt sei, jedoch keine zivilrechtlich wirksame Übertragung von Anteilen an dem FONDS A erfolgt sei. Der Treuhandkommanditist habe keine Kenntnis von der Abtretung erhalten. Der FONDS A habe der Übertragung nicht zugestimmt. Im Übrigen entfalte der Vorgang keine Gewinnauswirkung.

    Die Übernahme der Prozesskosten, die in Zusammenhang mit dem FONDS A angefallen seien, stelle eine vGA dar, da es sich hierbei um eine gesellschaftsrechtlich veranlasste Zuwendung an den Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer gehandelt habe. Eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Kostenübernahme habe nicht bestanden.

    Bei der Weiterleitung der Vergleichssumme an G habe es sich um eine vGA gehandelt, da dieser Leistung der Klägerin keine entsprechende Gegenleistung von G gegenübergestanden habe.

    Soweit sich G als Gegenleistung für die Forderungsabtretung verpflichtet habe, die Klägerin von künftigen Kosten bzw. Forderungen der Internet-Händler freizuhalten, habe dies keine Gegenleistung dargestellt, da sich bereits B-GMBH unter Tz. 2 des gerichtlichen Vergleichs verpflichtet habe, die Klägerin gegenüber den Internet-Händlern freizuhalten. Bei der Forderung, die die Klägerin aus dem gerichtlichen Vergleich gegenüber B-GMBH erlangt habe, habe es sich auch nicht um einen durchlaufenden Posten gehandelt. Der Vorgang sei somit in der Gewinnermittlung der Klägerin zu berücksichtigen.

    Die Ansprüche der Internet-Händler gegenüber der Klägerin seien im Streitjahr auch bereits verjährt gewesen.

    Ein Verwertungsverbot bestehe nicht. Die Prüfung der Steuerfahndung im Sommer 2020 sei ohne Kenntnis und ohne Initiative des beklagten Finanzamts und unabhängig vom anhängigen Klageverfahren durchgeführt worden.

    Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Klägervertreter in nachgereichten Schriftsätzen vom 30.11.2020 und 08.12.2020 nochmals zur Streitsache Stellung genommen.

    Wegen der Einzelheiten wird auf die Finanzgerichtsakte, die dem Finanzgericht vorliegenden Finanzamtsakten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 24.11.2020 verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist teilweise unzulässig und teilweise begründet.

    Die Klage wegen gesonderter Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 und § 28 KStG zum 31.12.2008 ist mangels Beschwer unzulässig.

    Gemäß § 40 Abs. 2 FGO ist eine Klage regelmäßig nur zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein.

    Hinsichtlich des Streitgegenstandes "gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 und § 28 KStG zum 31.12.2008" ist keine Beschwer in diesem Sinne ersichtlich. Eine solche wurde von der Klägerin auch nicht vorgetragen.

    Die weitere Klage ist teilweise begründet.

    Die vGA aufgrund des Aktientausches beeinflusst nicht das zu versteuernde Einkommen. Die Übernahme der Beratungskosten stellt eine vGA dar. Die Abtretung an die G stellt insoweit eine vGA dar, als die Gegenleistung nicht gleichwertig ist.

    Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat die Rechtsprechung die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28.01.2004 I R 50/03, BStBl II 2005, 524).

    Eine vGA kann auch ohne Zufluss beim Gesellschafter gegeben sein, wenn der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Das "Nahestehen" in diesem Sinne kann familien-, gesellschafts-, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (BFH-Urteil vom 06.12.2005 VIII R 70/04, BFH/NV 2006, 722).

    1. Die Klage wegen Tausch von Depotpositionen (vGA 280.133,76 €) bleibt ohne Erfolg.

    Der Prüfer setzte zwar eine vGA an, jedoch minderte er im Gegenzug den Aktivposten Aktiendepot um diesen Betrag. Eine Gewinnauswirkung und eine Beschwer ergeben sich deshalb nicht.

    2. Die Übernahme der Rechts- und Beratungskosten in Zusammenhang mit der Beteiligung am FONDS A (vGA 38.239,15 €) stellt eine vGA dar.

    K war Vertragspartner und Schuldner der Vergütung aus der Honorarvereinbarung. Die Klägerin war weder gesetzlich noch schuldrechtlich verpflichtet diese Aufwendungen zu tragen. Die Kostenübernahme ist daher durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und darf nach § 8 Abs. 3 KStG das Einkommen nicht mindern.

    3. Die Abtretung der Forderung aus dem Vergleich vom 08.08.2008 mit B-GMBH an die G ist als vGA anzusetzen. Die Höhe der vGA ist jedoch um den Wert der Gegenleistung um 318.684 € auf 3.008.850 € zu mindern.

    Bei der Forderungsabtretung aus dem Vergleich vom 08.08.2008 an G handelte sich um eine Vermögensminderung bei der Klägerin an eine von ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer beherrschte Gesellschaft (G), der keine gleichwertige Gegenleistung gegenüberstand.

    3.1. Die Forderungsabtretung an die G führte bei der Klägerin zu einer Vermögensminderung. Unbeschadet sämtlicher Rechtsfragen, die dem zivilrechtlichen Klageverfahren vor dem OLG 3 zugrunde gelegen hatten, vermittelte der gerichtliche Vergleich vom 08.08.2008 der Klägerin eine originäre Forderung gegenüber B-GMBH in Höhe von letztendlich 3.186.840,79 €. Die Abtretung führte zum Verlust dieser Forderung bei der Klägerin und somit zu einer Vermögensminderung.

    Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es im Rahmen der gebotenen betriebsbezogenen Betrachtungsweise bei der Beurteilung, ob eine vGA vorliegt, auch unerheblich, ob der aus der Firma abgeflossene Vermögensgegenstand im Konzernverbund verbleibt. § 8 Abs. 3 KStG ist eine Gewinnermittlungsvorschrift. Der Gewinn wird auch innerhalb von Konzernen für die einzelnen Steuersubjekte, wie hier die Klägerin, ermittelt. Gewinne können nur dann zusammengefasst der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn ein Organschaftsverhältnis begründet wurde. Ein solches liegt im Streitfall nicht vor.

    Aus diesem Grund sind auch europarechtliche Grundprinzipien, wie die Kapitalverkehrsfreiheit, nicht berührt. Die gesonderte Gewinnermittlung einzelner Steuersubjekte erfolgt sowohl für inländische als auch für Vorgänge mit Auslandberührung in gleicher Weise.

    3.2. Die Forderungsabtretung an die G ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. K ist sowohl bei der Klägerin als auch bei G alleiniger Gesellschafter. G hat keine gleichwertige Gegenleistung an die Klägerin erbracht; dies war den Beteiligten bewusst. Die Forderungsabtretung ist daher alleine durch das Gesellschaftsverhältnis zu K begründbar; schließlich floss damit seiner Gesellschaft in 4 ein nicht betrieblich begründeter Vermögensvorteil zu.

    Eine betriebliche Veranlassung kann auch nicht aus einem erst nach Ablauf des Streitjahres in Kraft getretenen Gesetz zur Regelung der Zahlungsdienste hergeleitet werden. Und selbst wenn das Geschäftsmodell der Klägerin mit diesem Gesetz nicht in Einklang zu bringen gewesen wäre, so war dadurch nicht die Notwendigkeit begründet, eine eingezogene Geldsumme aus einem gerichtlichen Vergleich an eine nicht in Inland ansässige Gesellschaft zu überweisen.

    3.3. G hat zwar eine Haftung als Gegenleistung für die Forderungsabtretung übernommen, jedoch schätzt das Gericht den Wert dieser Gegenleistung nur mit 10 % des Nennbetrags der übertragenen Forderung ein, da die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme auch zum Übertragungszeitpunkt am 25.08.2008 gering erscheint.

    3.3.1. Hierfür sprechen bereits die vertraglichen Rechtsbeziehungen. Aus den vorliegenden Verträgen ergibt sich, dass die Internet-Händler lediglich gegenüber B-GMBH - nicht jedoch gegenüber der Klägerin - einen vertraglichen Zahlungsanspruch aus den Akzeptanzverträgen hatten. Die Klägerin war in das Vertragsverhältnis Internet-Händler - B-GMBH lediglich als Clearing-Stelle zur technischen Abwicklung des Zahlungsvorgangs eingeschaltet. Dies räumt auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ein.

    Dem steht der Vorgang "F" nicht entgegen, bei dem auch die Klägerin sich 2005 in einem Vergleich verpflichtete, Zahlungen an den Händler F zu leisten. Dem lag jedoch eine Konstellation zu Grunde, wonach die Klägerin bereits Zahlungen von B-GMBH erhalten hatte, die für die Auszahlung an F bestimmt waren, jedoch konkrete Geldflüsse im Einzelnen nicht mehr nachvollzogen werden konnten. Die Forderung gegenüber B-GMBH, die die Klägerin an G abgetreten hatte, umfasste jedoch nur Beträge, die B-GMBH wegen der Chargebacks einbehalten hatte und die sie noch nicht an die Klägerin als Clearingstelle weitergereicht hatte.

    3.3.2. Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme der G war auch dadurch gemindert, dass B-GMBH sich im gerichtlichen Vergleich vom 08.08.2008 bereits ebenfalls verpflichtet hatte, die Klägerin von Zahlungsansprüchen der Internet-Händler freizustellen. G konnte daher damit rechnen, dass die Klägerin sich zunächst an B-GMBH halten würde, denn K hatte als Gesellschafter der Klägerin und der G Interesse daran, für den Regress B-GMBH als fremden Dritten in Anspruch zu nehmen.

    Soweit die Klägerin vorträgt, die im gerichtlichen Vergleich vom 08.08.2008 vereinbarte Freistellung habe sich lediglich auf die bis zu diesem Zeitpunkt bekannten Clearing-Beträge bezogen, folgt dem das Gericht nicht, da der Wortlaut der Vereinbarung und der in diesem Zusammenhang stehende Schriftverkehr hierzu im Widerspruch steht.

    Für das Gericht sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, wonach B-GMBH nicht leistungsfähig gewesen wäre, um die (berechtigten) Ansprüche der Internet-Händler zu befriedigen. Ergebnislose Versuche der Händler konnten nicht festgestellt werden. Alleine die Absicht von Gesellschaftern, eine Firma nicht mehr fortführen zu wollen, lässt nicht darauf schließen, dass sie nicht mehr fähig oder bereit wäre, ihre Verbindlichkeiten zu tilgen. Nach der Bilanz zum 31.12.2008 der B-GMBH, die im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, hatte B-GMBH zwar einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von ca. 5 Mio. € aber auch liquide Mittel in der Kasse und auf Bankguthaben von ca. 76 Mio. €. Aus welchem Grund sie diese Beträge erlangt hat und inwieweit sie verpflichtet ist, daraus Verbindlichkeiten zu begleichen oder ob diese Vermögenswerte durch Pfandrechte erfasst werden, kann dahinstehen, da diese Umstände die Verfügungsbefugnis der B-GMBH über diese Beträge nicht ausschließen. Die Leistungsfähigkeit der B-GMBH zeigte sich noch in dem Vergleich vom 03.11.2010, in dem die B-GMBH sich zur Zahlung von 219.298 € verpflichtete und entsprechende Zahlungen leistete.

    3.3.3. Tatsächlich wurden weder die Klägerin noch G in der Folgezeit durch Händler in Anspruch genommen. Die von der Klägerin vorgebrachten Klagen in 2010 betreffen ausschließlich Ansprüche, die G gegenüber B-GMBH aus erworbenen Forderungen geltend machte und die eben deutlich machen, dass die Klägerin keinem realen Haftungsrisiko ausgesetzt war.

    3.3.4. Soweit die Klägerin und B-GMBH mit dem Vergleich vom 26.11.2008 eine Haftungsfreistellung der Klägerin zugunsten von B-GMBH vereinbarten, konnte dies das Haftungsrisiko bei Forderungsabtretung am 11.08.2008 nicht mehr beeinflussen.

    Zudem hinderte diese Zusage der Klägerin K nicht daran, als Geschäftsführer der G im Jahr 2010 Forderungen von Internet-Händler, die inzwischen zum großen Teil von G erworben worden waren, gegenüber B-GMBH geltend zu machen, soweit deren Nominalwert nicht aus der aufgrund des gerichtlichen Vergleichs vom 08.08.2008 zugeflossenen Zahlung abgedeckt worden war.

    3.3.5. K verlagerte den Vermögensvorteil aus der Forderung gegenüber B-GMBH bewusst, planmäßig und mit Verschleierungsabsicht aus dem Zugriffsbereich der inländischen Steuerverwaltung ohne hierfür gleichwertige Gegenleistungen zu gewähren.

    Es ist nicht nachvollziehbar, warum H Ltd. eine Zuwendung von 2,2 Mio. € erhielt, dafür, dass sie einen Teil des potentiellen, aber nie realisierten Haftungsrisikos der G übernahm. Lediglich mit gesellschaftsrechtlichen Erwägungen lässt sich weiterhin erklären, dass K die verbliebene Forderung der H Ltd. gegenüber der G von ca. 1,8 Mio. € in 2013 für eine Haftungsfreistellung für längst verjährte Forderungen von Händlern erwerben konnte.

    3.3.6. Trotz dieser zahlreichen Aspekte, die gegen eine wahrscheinliche Inanspruchnahme aus der Haftungslage sprechen, ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein fremder Dritter nicht bereit gewesen wäre, die Forderung und in Folge die Zahlungen der Klägerin zum Nennbetrag von 3.186.840,79 € zu übernehmen. Das Zahlenwerk der B-GMBH und der Klägerin vermittelte kein klares Bild von ausstehenden Verbindlichkeiten gegenüber den Händlern. Zumindest wurde dies bewusst im Dunkeln gelassen. Auf der einen Seite gelang es der Klägerin die ausstehenden Beträge so zu konkretisieren, dass die Vergleiche vom 08.08.2008 und 26.11.2008 abgeschlossen wurden. Auf der anderen Seite hatten die Händler offensichtlich diese Informationen nicht, da sie andernfalls ihre Forderungen gegenüber der B-GMBH oder der Klägerin geltend gemacht hätten. Vor diesem Hintergrund und den zahlreichen Vereinbarungen hätte ein fremder Dritter einen Bewertungsabschlag vorgenommen, da eine Inanspruchnahme nicht völlig ausgeschlossen werden konnte.

    Aufgrund der erkennbaren Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme schätzt das Gericht den fremdüblichen Bewertungsabschlag bzw. den Wert der Haftungsfreistellung als Gegenleistung mit 10 % des Nennbetrags der übertragenen Forderung.

    Die Vermögensminderung, die der vGA zugrunde zu legen ist, beträgt somit 90% des Nennbetrags mithin 3.008.850 €.

    4. Die festzusetzende Steuer ermittelt sich wie folgt:

    Körperschaftsteuer 2008

    zvE lt. FA    3.327.534 €
    Minderung vGA G    - 318.684 €
    zvE lt. FG    3.008.850 €
    KSt lt. FG (15%)    451.327 €
    Gewerbesteuermessbetrag 2008

    Gewinn / zvE lt. FG    3.008.850 €
    Gewerbeertrag gerundet    3.008.800 €
    GewStMB lt. FG (3,5%)    105.308 €

    5. Die Feststellungen des Finanzamts unterliegen keinem Verwertungsverbot. Im Steuerrecht können nur eklatante Grundrechtsverstöße ein Verwertungsverbot bewirken. Solche Grundrechtsverstöße sind nicht ersichtlich

    5.1. Dem Vortrag der Klägerin, es bestehe insofern ein Verwertungsverbot als das Finanzamt die Betriebsprüfung vorrangig zur Vorbereitung einer Fahndungsprüfung mit nachfolgendem Steuerstrafverfahren eingesetzt habe, folgt das Gericht nicht.

    Unbeschadet der Frage, ob dieses Sachverhaltsverständnis zutreffend ist, resultiert aus dem von der Klägerin unterstellten Sachverhalt kein steuerliches Verwertungsverbot, da der Steuerpflichtige auch nach Einleitung des Strafverfahrens vollumfänglich zur Mitwirkung im Besteuerungsverfahren verpflichtet ist.

    Mit Beschluss vom 14.04.2020 VI R 32/17 (BStBl II 2020, 487) hat der BFH zudem entschieden, dass die Anordnung einer Außenprüfung auch zulässig ist, soweit ausschließlich festgestellt werden soll, ob und inwieweit Steuerbeträge hinterzogen oder leichtfertig verkürzt worden sind. Eine sich insoweit gegenseitig ausschließende Zuständigkeit von Außenprüfung und Steuerfahndung besteht nicht. Es ist möglich und zulässig, dass Ermittlungsmaßnahmen des Außenprüfers eine Doppelfunktion haben: die Ermittlung des steuerlichen und die des strafrechtlichen Sachverhalts.

    5.2. Auch soweit die Klägerin ein Verwertungsverbot geltend macht, weil während des laufenden finanzgerichtlichen Verfahrens von der Finanzverwaltung Fahndungsmaßnahmen ergriffen worden waren, die auch der Feststellung hier streitrelevanter Themenkomplexe dienten, folgt dem das Gericht nicht.

    Der Hilfsantrag, festzustellen, dass keine vGA vorliege, ist unter den Hauptantrag auf Änderung der Bescheide zu subsumieren.

    Aufgrund der nachgereichten Schriftsatzes vom 30.11.2020 und vom 08.12.2020 ist die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 93 Abs. 3 Satz 2 FGO nicht geboten. Sie wäre dann angezeigt, wenn neue, entscheidungserhebliche Tatsachen oder Rechtsmeinungen vorgetragen würden, die eine Partei bisher unverschuldet nicht vorbringen konnte. Ein Verschulden könnte dann unbeachtlich sein, wenn mit einer evident unrichtigen Entscheidung gerechnet werden müsste (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 93 FGO, Tz 9). Eine Wiedereröffnung wäre weiterhin erforderlich, wenn das rechtliche Gehör verletzt würde oder es einer weiteren Sachverhaltsaufklärung bedürfte.

    Die Ausführungen des Klägervertreters nach Schluss der mündlichen Verhandlung enthalten jedoch keine neuen Tatsachen oder Rechtsansichten, die nicht bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert worden wären.

    Die Kosten des Verfahrens sind entsprechend dem Obsiegen verhältnismäßig aufzuteilen (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO).

    Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren diente der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).

    Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten der Klägerin sowie die Abwendungsbefugnis, der von Amts wegen zu erfolgen hat, ergibt sich aus den §§ 151 Abs. 1 Satz 1 FGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    RechtsgebieteKStG, EStG, FGOVorschriftenKStG § 8 Abs. 3 S. 2, § 27, § 28; EStG § 4 Abs. 1 S. 1; FGO § 93 Abs. 3 S. 2, § 136 Abs. 1 S. 1

    Karrierechancen

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